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Septischer Schock



Strengeres Protokoll senkt nicht die Mortalität Die frühe, zielgerichtete Therapie (EGDT) soll die Überlebensrate bei einem septischem Schock verbessern. Das Verfahren ist in internationalen Leitlinien verankert, jedoch nicht unumstritten. In einer britischen Studie konnte EGDT die Sterblichkeit nicht verringern.

In die multizentrische Studie wurden zwischen 2011 und 2014 insgesamt 1260 Patienten mit Verdacht auf septischen Schock aufgenommen. Die Patienten wurden innerhalb von 6 Stunden nach stationärer Aufnahme antibiotisch behandelt und 1:1 in zwei Gruppen randomisiert. Die EGDT-Gruppe erhielt über 6 Stunden eine liberale Volumen- und Erythrozytensubstitution sowie Vasopressoren. Regelmäßig wurden Blutdruck und die Sauerstoffsättigung kontrolliert. Ziel war es, den

Sauerstofftransport im Gewebe zu verbessern. Die Kontrollgruppe erhielt die klinikspezifische Standardtherapie. Primärer Endpunkt der Studie war die Gesamt­ sterblichkeit bis Tag 90. Sekundäre Endpunkte waren u. a. die Einstufung auf der Organversagens-Skala (SOFA-Score), organ­ unterstützende Maßnahmen, Aufenthaltsdauer und Lebensqualität. Die EGDT brachte keinen Überlebensvorteil: Bis Tag 90 starben 29,5 % der EGDTGruppe vs. 29,2 % der Kontrollgruppe. Als

möglichen Grund für das Ergebnis nennen die Autoren Weiterentwicklungen in der Standardtherapie. EGDT-Patienten benötigten allerdings mehr Medikamente, hatten schlechtere SOFA-Werte und blieben länger auf der Intensivstation. Zudem verursachte die EGDT höhere Kosten (umgerechnet etwa 1365 € pro Patient). Dr. Elke Ruchalla, Trossingen DOI 10.1055/s-0041-101578 Mouncey et al. Trial of early, goal-directed ... N Engl J Med 2015; DOI 10.1056/NEJMoa1500896

Kommentar aus der Praxis Die Therapie bot keinen Überlebensvorteil, verbrauchte jedoch mehr Ressourcen. Die Kosten waren tendenziell höher und die Liegedauer nachweislich länger.

Prof. Dr. med. U. Janssens

Mitte der 90 er Jahre konzipierten Rivers et al. die Meilensteinstudie zur EGDT bei schwerer Sepsis und septischem Schock. In der monozentrischen Studie wurden die Patienten bereits in der Notaufnahme randomisiert und einer Standardtherapie oder EGDT zugewiesen. Folgende Parameter sollten optimiert werden: ▶▶ Vorlast (zentralvenöser Druck [ZVD]), ▶▶ Nachlast (mittlerer arterieller Druck [MAD]), ▶▶ kardiale Kontraktilität (zentralvenösen O2-Sättigung [ScvO2]). Aufgrund der deutlich reduzierten Sterblichkeit in der EGDT-Gruppe wurden die Parameter ZVD, MAD und ScvO2 in die Sepsis-Leitlinien aufgenommen. Dennoch blieben viele Intensiv- und Notfallmediziner skeptisch. Drei hochrangige, aktuelle Studien konnten nun in einzigartiger Weise die Ineffektivität der EGDT nachweisen: Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 706–713

schlichtweg unzureichend, um eine multidimensionale Therapie mit Volumen, Vasopressoren und Inotropika erfolgreich zu überwachen. Zumal die pathophysiologische Gesamtsituation nach wie vor unklar Die verwendeten Zielparameter der EGDT ist. Die Surviving Sepsis Campaign hat besind offensichtlich nicht effektiv. Deshalb reits angekündigt, die Leitlinien zu überbenötigen wir dringend prüfen und die Inhalte ein neues Therapie-Konneu zu bewerten. Die Bezept für die frühe, alles stimmung von ZVD und „Früh“ bleibt das entscheidende Phase eiScvO2 biete keinen ÜberZauberwort – trotz lebensvorteil für septiner schweren Sepsis bzw. eines septischen Schocks. sche Patienten, die zeitAus für die EGDT. Neben der klinischen Ernah eine antibiotische Therapie und Flüssigkeit fahrung, die nicht immer erhalten. Es bleibt zu hoffen, dass sich nun unmittelbar zur Verfügung steht, sollten endlich die Therapie dieser schwer kransich neue Protokolle ausrichten an ▶▶ einfachen klinischen Parametern, ken Patienten verbessert. „Early“ bleibt al▶▶ Laborbefunden, lerdings weiterhin das Zauberwort und in ▶▶ bettseitiger Bildgebung und Diagnostik und Therapie der Sepsis: ▶▶ Prüfung des Volumenreagibilität. ▶▶ Frühe Diagnose, ▶▶ frühe mikrobiologische Diagnostik, Zwingend eingesetzt und in den Leitlinien ▶▶ frühe Antibiotika- und Volumengabe, verankert werden sollten die Bildgebung ▶▶ frühe Stabilisierung der Makro- und (Sonografie, Echokardiografie) und ein funktionelles hämodynamisches MonitoMikrozirkulation sind die unverzichtbaren und elementaring (z. B. Beinhebeversuch, Schlagvolumenvariation). ren Bestandteile einer Sepsistherapie. Man sollte endlich Abschied nehmen von Werten, die nicht das messen, was sie vorgeben. Dies gilt insbesondere für ältere Patienten mit erheblichen kardiopulmonalen Komorbiditäten. ZVD, ScvO2 und MAP sind

Prof. Dr. med. Uwe Janssens Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und internistische Intensivmedizin, St.-AntoniusHospital Eschweiler Interessenkonflikt | keiner

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[More stringent protocol does not reduce mortality].

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