Leitthema Unfallchirurg 2014 · 117:227–234 DOI 10.1007/s00113-013-2402-5 Online publiziert: 17. März 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

F. Mauch1 · M. Kraus2 · J. Gülke3 · B. Ammann4 1 Sektion Obere Extremität/Kernspintomographie (MRT), Sportklinik Stuttgart GmbH 2 Klinik für Wirbelsäulentherapie, Endoprothetik und orthopädische Onkologie,

Hessing-Stiftung Augsburg 3 Zentrum für Chirurgie, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie,

Universitätsklinikum Ulm Redaktion

F. Gebhard, Ulm M. Kraus, Augsburg

4 Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Ulm

MRT-Untersuchungen bei Muskelverletzungen Was ist sinnvoll?

Muskelverletzungen stellen die häufigste Sportverletzung dar. Neben der genauen klinischen Diagnostik sind bildgebende Verfahren wie MRT-Diagnostik und Ultraschall für die exakte Klassifikation notwendig, um eine Therapie und Rehabilitation zielgerichtet durchzuführen. Der behandelnde Arzt steht hier nicht nur im Spitzensport in einem Spannungsfeld zwischen „return to sport“ und erneuter Verletzung. Umfassendes Wissen wird dem sportmedizinisch tätigen Arzt neben der klinischen Untersuchung insbesondere in der Interpretation der Bildgebung abverlangt, um Ausmaß und Lokalisation der Verletzung für die Therapie und Prognose richtig einzuschätzen. Dieser Artikel soll einen Überblick über die Klassifikation und Prognose der Muskelverletzungen unter besonderer Berücksichtigung der MRT-Diagnostik geben. Die vier großen Muskelgruppen (Hamstrings, Adduktoren, Gastrocnemius und die Kniestrecker) stehen im Mittelpunkt der Behandlung [9, 14]. Meist sind es akute Verletzungen, die durch exzentrische Krafteinwirkungen entstehen, die 1,5- bis 1,9-mal höher sein können als die konzentrische Krafteinwirkung [11]. Hierdurch

entstehen indirekte Muskelverletzungen unterschiedlichen Ausmaßes v. a. am Muskel-Sehnen-Übergang. Diese müssen, v. a. auch im Hinblick auf die Prognose von der akuten Kontusion unterschieden werden. Im zeitlichen Verlauf lassen sich bei der Muskelverletzung die akuten von chronischen bzw. Rezidivverletzungen unterscheiden.

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Die Muskelverletzung ist die häufigste Sportverletzung Die meisten Muskelverletzungen sind indirekte Partialrupturen (Minor) und heilen ohne Narbenbildung aus. Hierbei handelt es um Verletzungen, die ohne direktes Trauma einen nur geringen strukturellen Schaden hervorrufen. Die höhergradige Muskelverletzung heilt im Sinne eines reparativen Prozesses mit Ausbildung einer mehr oder weniger stark ausgebildeten Narbe [11].

Klinik und Ultraschall Die Diagnose der Muskelverletzung beginnt mit einer genauen Anamneseerhebung des Unfallmechanismus, gefolgt von einer exakten klinischen Untersuchung, einschließlich Inspektion und Palpation. Die Funktionsdiagnostik steht am Ende [2, 11]. Der frühe Einsatz der Sonographie kann schnell und ohne großen Aufwand den möglichen strukturellen Schaden erfassen und stellt eine gute funktionelle Untersuchungsmethode dar (. Abb. 1, [17]). Superfiziale Strukturen und dynamische Untersuchung sind hiermit sehr gut durchführbar. Neben der Untersucherabhängigkeit stellen gewisse anatomische Regionen (z. B. proximaler Gastrocnemius, proximale Hamstringgruppe) bzw. die genaue Abgrenzung aller möglichen Differentialdiagnosen einen Nachteil der Sonographie dar [6].

Tab. 1  Klinische Klassifikation der Muskelverletzungen nach Jarvinen. (Adaptiert nach [11]) Muskelverletzung Schaden Funktionsverlust Schwellung Schmerzen

Grad I Gering: Nur wenige ­Muskelfasern Gering Gering Gering

Grad II Größer: Riss mehrerer ­Muskelfasern Deutlich Deutlich Deutlich

Grad III Kompletter Riss Komplett Deutlich Deutlich

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Leitthema

Abb. 1 9 a Ultraschalluntersuchung mit normaler Muskelstruktur (Minorverletzung), b deutliche echoarme Zone im Sinne einer Majorverletzung

Abb. 2 9 a Koronare fettsuprimierte (FS-)Aufnahme, b axiale FS-Aufnahme bei einem 27-jährigen Fußballprofi mit unspezifischen belastungsabhängigen Schmerzen (Grad 2A nach Ekstrand). (Aus [20])

Abb. 3 9 Koronare T1gewichtete Spin-EchoAufnahme von einem Marathonläufer mit beidseitiger Stressfraktur. (Aus [20])

Klassifikation Wichtiges Ziel der Diagnostik einschließlich Bildgebung ist es, die strukturelle Verletzung von der funktionellen Störung zu unterscheiden und somit eine möglichst exakte Klassifikation zu erhalten. Ausfallzeiten mit Rückkehr zum Sport können zeitgenauer prognostiziert werden. Klassifikationen sind dann sinnvoll, wenn sie in der Praxis eingesetzt werden und eine therapeutische Konsequenz aufweisen.

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Die klinische Einteilung der Muskelverletzungen erfolgt nach der Münchner Arbeitsgruppe in funktionelle/strukturelle Schäden Unterschiedliche Klassifikationen sind in der Literatur veröffentlicht. Klinische Klassifikationen mit 3 Graden sind weit verbreitet (. Tab. 1). Milde Formen stellen hier Grad-I-Verletzungen mit nur geringem strukturellem Schaden, geringer Schwellung und wenig Schmerzen, begleitet mit geringem Kraftverlust und Be-

wegungseinschränkung, dar. Grad-II-Läsionen sind moderate Verletzungen mit jedoch größerem strukturellen Schaden und deutlichem Funktionsverlust. Eine komplette Ruptur des Muskels stellt einen drittgradigen Schaden dar [11]. Subtypen der Muskelverletzungen und eine exakte Terminologie werden hier nicht erfasst. Mueller-Wohlfahrt et al. [15] schlagen deshalb ein neues klinisch dominiertes Klassifikationssystem vor. Unterschieden werden hier akute strukturelle Schäden von der funktionellen Störung, die in die überlastungsbedingten (Typ 1) und die neuromuskulären (Typ 2) Muskelschädigungen unterteilt werden. Bei den strukturellen Muskelverletzungen werden die partiellen Einrisse (Typ 3, Minor/moderat) von den (sub)totalen Rissformen unterschieden. Diese Einteilung ist vorwiegend klinisch geprägt. Die Kombination aus Anam­ nese, Symptomen, klinischer Untersuchung, Lokalisation und additiver Bildgebung ergeben den entsprechenden Verletzungsgrad. Die meisten indirekten strukturellen Muskelverletzungen stellen Partialrupturen dar (. Tab. 2).

Zusammenfassung · Abstract

Magnetresonanztomographie Die Magnetresonanztomographie (MRT) stellt einen sehr wichtigen Baustein in der Diagnostik von Muskelverletzungen dar [6, 12]. Mit ihrer guten und sensitiven Kontrastdarstellung, der hohen anatomischen Detailschärfe und der guten Reproduzierbarkeit kann die Lokalisation und das Ausmaß der Verletzung exakt erfasst werden. Zudem kann ein eventuelles Ödem bzw. der strukturelle Schaden selbst mit abgebildet werden (. Abb. 2, [18]). In Kombination mit der Klinik lässt sich die Verletzung meist schnell und sicher erfassen und eine Prognose der Ausfallzeit geben [8]. Ein weiterer Vorteil der MRT ist die sichere Erfassung von Differentialdiagnosen im Hüftbereich wie Stressfrakturen (. Abb. 3), Labrumverletzungen, Avulsionsverletzungen und das bei Sportlern häufiger vorkommenden „greater trochanter pain syndrome“.

MRT-Untersuchungsprotokolle Die Untersuchungsprotokolle sollten sich an die anatomische Region und die Größe der Verletzung anpassen. Hochfeldaufnahmen (mindestens 1,5 T) mit guter Spulentechnologie sind Voraussetzung für die exakte Abbildung der Verletzung [8]. Das „field of view“ (FOV) und die Matrix werden an das Verletzungsausmaß angepasst (. Abb. 4). Fettunterdrückte STIRAufnahmen („short-tau inversion-recovery“) stellen den Hauptpfeiler der Diagnostik dar. Diese Sequenzen sind extrem sensitiv gegenüber Flüssigkeiten. Die möglichen Untersuchungsprotokolle für die vier Hauptlokalisationen sind in . Tab. 3 aufgeführt. Bei unklaren Muskelbefunden sind die Protokolle auf andere Sequenzen mit zusätzlicher Gabe von Kontrastmittel zu erweitern.

Zeitpunkt der MRT-Untersuchung In der Literatur gibt es im Moment noch keinen Konsens über den idealen Zeitpunkt der MRT-Bildgebung. Ekstrand et al. [8] favorisieren einen Zeitraum von 24–48 h nach der Verletzung, während Gielen et al. [10] einen längeren Zeitraum für richtig erachten. Die Muskelverletzung mit der Ödemreaktion kommt hier

am besten in den fettunterdrückten T2Aufnahmen zur Darstellung, die in histologischen Untersuchungen meist nach 24 h ihre maximale Ausdehnung erreicht [16]. Daher scheint im Moment der beste Zeitpunkt für die Bildgebung nach 1–2 Tagen nach der Verletzung zu liegen.

Unfallchirurg 2014 · 117:227–234 DOI 10.1007/s00113-013-2402-5 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Follow-up-Untersuchung

Zusammenfassung Muskelverletzungen stellen die häufigsten Sportverletzungen dar. Neben der genauen klinischen Diagnostik sind bildgebende Verfahren wie MRT-Diagnostik und Ultraschall für die exakte Klassifikation notwendig, um eine Therapie und Rehabilitation zielgerichtet durchzuführen. Dieser Artikel hat zum Ziel, Möglichkeiten und Limitationen des MRT im Bereich der Sporttraumatologie vorzustellen und einen Überblick über die dabei zum Einsatz kommende Technik zu geben. Dabei stehen die vier großen Muskelgruppen (Hamstrings, Adduktoren, Gastrocnemius und die Kniestrecker im Mittelpunkt.

Die MRT-Untersuchung stellt eine sehr sensitive Methode für die Follow-upBildgebung im Verlauf der Rehabilitation und zur Unterstützung der möglichen Wiedereingliederung ins Mannschaftstraining bzw. Rückkehr zum Wettkampfsport dar [3, 5]. Das MRT-Bild muss aber immer mit der klinischen Untersuchung und den funktionellen Tests der einzelnen Rehabilitationsphasen betrachtet werden und kann nicht alleine ein Kriterium für die Entscheidung einer Aufbelastung darstellen. Nach einer Hamstringverletzung ist auch noch nach 6 Wochen Signalanhebung an der verletzten Stelle zu sehen [1]. Der ideale Zeitpunkt für eine Followup-MRT-Untersuchung hängt vom Einzelfall ab und ist nicht generell zu empfehlen. Insgesamt wird aber die MRT-Untersuchung als zusätzliche Untersuchung bei verzögerten Rehabilitationsverläufen empfohlen [13].

MRT-Klassifikation und Prognosefaktoren Neben der akkuraten klinischen Untersuchung trägt die Bildgebung mit der MRT-Diagnostik heute einen wichtigen Beitrag zur Klassifikation und Prognose der Muskelverletzung bei [13]. Ekstrand et al. konnten in ihrer Arbeit zeigen, das die MRT-Veränderungen mit der Ausfallzeit korrelieren. Über einen Zeitraum von 4 Jahren konnten 516 Hamstringverletzungen bei 23 Fußballprofiteams erfasst werden. Die MRT-Untersuchung wurde in Anlehnung an Peetrons klassifiziert [8, 17]. Grad 0 stellt ein negatives MRT dar (. Abb. 5). Grad 1 zeigt eine Signalanhebung im Sinne eines meist gefiedert aussehenden Ödems ohne Ruptur (. Abb. 6). Grad 2 stellt die Partialruptur dar, eine komplette Ruptur wird als Grad 3 eingestuft (. Abb. 7).

F. Mauch · M. Kraus · J. Gülke · B. Ammann

MRT-Untersuchungen bei Muskelverletzungen. Was ist sinnvoll?

Schlüsselwörter Sporttraumatologie · Muskel-Sehnen-  Übergang · Rezidivverletzungen ·   Partialruptur, indirekte · Ekstrand-  Klassifikation

MRI in musculoskeletal imaging. Possibilities and limitations Abstract Muscle injuries are the most frequent sport injuries in athletes. In addition to a thorough clinical examination and the history of the trauma mechanism, imaging modalities are required to correctly classify the injury and plan the future treatment and rehabilitation. The two major modalities are ultrasound and magnet resonance imaging (MRI). This article aims to give a comprehensive overview on the possibilities and limitations of MRI imaging in musculoskeletal injuries as well as insight into current development, classifications and technologies. Keywords Sport traumatology · Muscle-tendon   junction · Recurrent injuries · Partial rupture, direct · Ekstrand classification

In Anlehnung an die Münchner Arbeitsgruppe um Müller-Wohlfahrt [15] halten wir eine Unterteilung der Grad-2-Verletzungen für sinnvoll. Die geringere Partialruptur teilen wir als 2A (. Abb. 8) ein, Typ 2B wird analog für die höhergradige Partialrupturen benutzt Der Unfallchirurg 3 · 2014 

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Leitthema Tab. 2  Aktuelle Klassifikation der Muskelverletzungen nach Mueller-Wohlfahrt et al.:

Tab. 5  MRT-Prognosefaktoren am Bei-

Konsensmeeting­ von 15 internationalen Experten. (Adaptiert nach [15])

spiel der Hamstringverletzungen

A. Indirekte Muskelverletzungen/-störungen

Positive MRTPrognosefaktoren Negatives MRT (Grad 0) Ödem im MRT (Grad 1) „Cross-sectional area“ 75% Verletzung der proximalen Sehne Mehrere Muskeln betroffen Große Ausdehnung Große Retraktion

ßere Partialrupturen mit zusätzlicher Faszienverletzung werden als moderate Partialrupturen bezeichnet (. Tab. 4). Der Großteil der Verletzungen mit einem Anteil von 70% waren Grad-0- und Grad-1-Verletzungen. Bei 27% der Verletzungen wurde eine Grad-2-Verletzung diagnostiziert, wobei nur in 3% der Fälle eine Komplettruptur vorlag (Grad 3). Der Grad der Verletzung korrelierte signifikant mit der Länge der Ausfallzeit (. Tab. 4). Während Grad-0- und Grad1-Verletzungen 8 bzw. 17 Tage Ausfallzeit zur Folge hatten, waren es bei Grad-2Verletzungen 22 und 73 Tage bei Grad-3Verletzungen. Die MRT-Diagnostik kann somit sinnvoll nach der in . Tab. 4 aufgeführten Klassifikation erfolgen und für die Prognose der Ausfallzeiten herangezogen werden. In einer aktuellen Arbeit von ­Ekstrand et al. [7] erfolgt die Validierung der „Münchner Klassifizierung“ (. Tab. 2). Die Verletzungen wurden standardisiert nach einem klinischen Untersuchungsbogen erfasst und eine MRT-Untersuchung innerhalb der ersten 24–48 h durchgeführt. Eine Unterteilung erfolgte in der MRT-Klassifikation nach Ekstrand (. Tab. 4). Es wurden 67% strukturelle Verletzungen und 33% funktionelle Muskelprobleme erfasst. Die Ausfallzeit war für strukturelle Verletzungen auch hier signifikant höher als bei den funktionellen Schäden. Zusätzlich waren die Ausfallzeiten zwischen den Subgruppen der strukturellen Schäden (Minor/moderat) signifikant unterschiedlich groß. Für die Subgruppen der funktionellen Schäden traf dies nicht zu.

Abb. 4 9 Typ-2B-Verletzung der proximalen Rektusmuskulatur mit angepasstem FOV mit 2 mm Schichtdicke, a koronare STIR-Aufnahme, b sagittale STIR-Aufnahme

Abb. 5 9 25-jähriger Profifußballer mit ziehenden Schmerzen in den Adduktoren: a koronare FS-Aufnahme, b axiale T2-gewichtete Fast-Spin-EchoAufnahme ohne Hinweis auf Signal oder „Ödem“ in den Adduktoren (Grad 0)

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Die MRT-Einteilung der Muskelverletzungen erfolgt in Anlehnung an die modifizierte Ekstrand-Klassifikation Beim Vergleich mit den MRT-Untersuchungen zeigte sich bei allen klinisch funktionell eingeschätzten Verletzungen eine Grad-0- oder Grad-1-Veränderung. Dagegen zeigte sich bei der klinischen Diagnose eines strukturellen Schadens (moderat) in 77% eine Grad-2-Veränderung und in 23% nur eine Grad-1-Veränderung. Wurde klinisch eine Minorpartialruptur diagnostiziert, fanden sich in der Mehrzahl der Fälle (81%) Grad-0- oder Grad-1-Veränderungen im MRT und nur

in 19% ein struktureller Schaden im Sinne einer Grad-2-Veränderung. Kritisch ist hier anzumerken, dass die Verteilung der Ausfalltage nicht normal war und die Gruppe für die MRT-Untersuchungen gering war. Die Klassifikation der Arbeitsgruppe um Müller-Wohlfahrt erfasst heute alle wichtigen Muskelverletzungen. Die MRT-Diagnostik kann hier insbesondere bei der Unterscheidung von funktionellen und strukturellen Schäden helfen. Funktionelle Schäden weisen meist ein negatives MRT (Grad 0) oder eine Grad-1-Veränderung (Ödem) auf. Strukturelle Schäden werden klinisch eher überschätzt, da sich in der MRT-Korrelation hier weniger ausgeprägte Veränderungen zeigen. Ein Problem stellt die Minorpartialruptur

als strukturelle Verletzung dar, da sie nicht immer in der MRT-Diagnostik als solche erfasst werden kann.

Weitere MRT-Prognosefaktoren Neben der klassischen Einteilung nach Graden bezüglich der Schwere der Verletzung kann die MRT noch zusätzlich Informationen über die Lokalisation der Verletzung in der Muskel-Sehnen-Einheit und der Lokalisation mit Ausmaß der Länge und Breite der Verletzung geben [19]. Askling et al. [1] konnten zeigen, dass die Ausfallzeiten umso länger werden, je kranialer die Hamstringverletzung lokalisiert ist. Des Weiteren konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die Länge (kraniokaudale Ausbreitung) der Der Unfallchirurg 3 · 2014 

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Leitthema

Abb. 6 8 Sagittale FS-Aufnahme eines 23-jährigen Sprinters mit geringen ziehenden Schmerzen beim Training, distaler Oberschenkel und Ödem im distalen M. biceps femoris (Grad 1)

Abb. 7 8 Kompletter Abriss des M. rectus femoris (Grad 3): a sagittale STIR-Aufnahme, b koronare STIR-Aufnahme

Abb. 8 9 25-jähriger Fußballspieler mit Partialruptur (Grad 2a) des M. vastus lateralis: a sagittale FSAufnahme, b axiale FS-Aufnahme

Verletzung mit der Ausfallzeit korreliert (. Abb. 10). Verglichen mit dem Muskelsignal des nicht betroffenen Muskels zeigt der prozentuale Anteil der betroffenen „cross-sectional area“ in der axialen STIRAufnahme mit erhöhtem T2-Signal ebenfalls eine positive Korrelation. Je größer die betroffene Fläche, desto länger ist die Ausfallzeit (. Abb. 11, [4, 18]). . Tab. 5

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Der Unfallchirurg 3 · 2014

fasst die positiven und negativen MRTPrognosefaktoren nochmals zusammen.

Schlussfolgerung Neben der klinischen Untersuchung und der Anamnese des Sportlers spielt die Bildgebung eine wichtige Rolle in der Diagnostik der Muskelverletzungen. Im Frei-

zeitsport reicht hier meist die Ultraschalluntersuchung gefolgt von einer konservativen beschwerdeabhängigen Therapie mit Aufbelastung aus. Bei dem ambitionierten Freizeitsportler und bei der Betreuung im Spitzensport ist die MRT-Diagnostik heute nicht mehr wegzudenken. Trotzdem sind in der aktuellen Literatur einige Einschränkungen zu nennen. Viele

Abb. 9 9 22-jähriger Footballspieler mit höhergradige Partialruptur des M. biceps (Grad 2b): koronare STIR-Aufnahme

Abb. 10 8 23-jähriger Profifußballer mit Verletzung des M. semimembranosus: koronare Aufnahme mit 13 cm langer Signalanhebung im Muskel-Sehnen-Verlauf

Korrespondenzadresse Abb. 11 9 26-jähriger Profifußballer mit unklaren Hüftschmerzen: parasagittale FSAufnahmen mit Partialruptur (Grad 2A) des M. obturatorius internus und einer Signalanhebung in der Cross-sectional-Fläche von 30%

Studien beziehen sich auf die Hamstringgruppe bzw. ein Sportlerklientel. Inwieweit von diesen Erfahrungen auf andere Muskelgruppen bzw. auch andere Sportarten geschlossen werden kann ist unklar. Für die zukünftige Forschung auf diesem Gebiet ist es wünschenswert, dass durch eine genaue Analyse der Anatomie und des Ausmaßes der Verletzung der Nutzen der Bildgebung für die weitere Prognose noch besser eingesetzt werden kann. Die MRT-Protokolle und die gesamte MRTTechnik sollten weiter verbessert werden, damit der strukturelle Schaden sicher erkannt und entsprechende Konsequenzen für das praktische Handeln daraus gezogen werden können.

Fazit für die Praxis F Die MRT-Diagnostik bietet eine schnelle anatomische Zuordnung der Muskelverletzung und Erfassung der Differentialdiagnosen. F MRT-Protokolle werden der verletzten Region angepasst. F Der optimale Zeitpunkt der MRT-Untersuchung ist 24–48 h nach der Verletzung. F Zusammen mit der klinischen Untersuchung bietet die MRT-Diagnostik eine schnelle Klassifikationsmöglichkeit. F Funktionelle Veränderungen werden von der strukturellen Schädigung unterschieden. F Durch eine exakte Klassifikation lassen sich Therapie- und Rehabilitationszeiten sehr gut vorhersagen.

Dr. F. Mauch Sektion Obere Extremität/ Kernspintomographie (MRT), Sportklinik Stuttgart GmbH Taubenheimstraße 8, 70372 Stuttgart [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  F. Mauch, M. Kraus, J. Gülke und B. Ammann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht­.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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J. Hacker (Hrsg.)

Nova acta Leopoldina Nachhaltigkeit in der Wissenschaft Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2013, 128 S., 20 Abb., 1 Tab.,   (ISBN 978-3-8047-3188-2), 21.95 EUR Dieser kleine Band der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gibt die Vorträge und Ergebnisse eines eintägigen Workshops der Akademie wider, welcher mit 16 führenden Wissenschaftlern als Vortragende oder Moderatoren im November 2012 in Berlin stattfand. Die Beiträge gliedern sich in drei Teile: Erforschung der Nachhaltigkeit, nachhaltig forschen und nachhaltige Forschung. Das Zitat „Das Wissen muss dem kausalen Ausmaß unseres Handelns größengleich sein!“ verdeutlicht die Verantwortung der Forschung in unserem technologischem Zeitalter und gibt den Hinweis, dass dieser Band für die Forschungsstrategie einer jeden Wissenschaftsdisziplin den philosophischen Rahmen absteckt, und somit auf ein breites Interesse stoßen sollte. Die einleitenden Überlegungen begründen die Betonung der Nachhaltigkeit (sustainability) mit dem Eintritt in eine geologische Epoche des „Anthropozän“, in der die Veränderungen in der Natur „Mensch-dominiert“ bewirkt sind. Auf den ersten Blick mag dies für die Medizin nicht primär bedeutend sein. Betroffen von dieser „großen Transformation“ ist aber die Wissenschaft als Ganzes. An vielen Punkten wird von den einzelnen Autoren die dominante Ökonomisierung der Wissenschaft analysiert, Fehlentwicklungen aufgezeigt und Lösungsvorschläge vorgetragen. Ein Aspekt ist das Spannungsfeld zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Es wird analysiert, dass angewandte Forschung einen Beitrag zum fundamentalen Verständnis leisten kann. Spätestens hier wird deutlich, dass dies auch für den Forschenden in der Medizin interessant ist: schneller technischer Fortschritt, rasanter Erkenntnisgewinn in der Molekulartechnologie, Gentechnik, Nanotechnik, funktionalbezogene Individualmedizin. Ein weiterer Beitrag betont die Notwendigkeit des diskursiven Wissenstransfers (nachhaltige Transformationsprozesse) und die damit verbundene Überzeugungsarbeit, neue Ergebnisse auch berufspolitisch und gesellschaftspolitisch wirksam werden zu lassen. Hierfür sind eigene Kompetenzstrukturen für die Aus- und

Weiterbildung gefragt, welche die Fähigkeiten und das Wissen weitergeben. Die klaren analytischen Aussagen und Folgerungen sind höchst aufschlussreich und interessant. Die einzelnen Beiträge ergänzen sich gegenseitig und spiegeln ein abgerundetes Bild gegenwärtiger und zukunftsorientierter Forschungsphilosophie wider. Der vorliegende Band der „Leopoldina“ ist für Entscheidungsträger bei der Planung und Führung von Forschungsprojekten zu empfehlen. Auch für die Arbeit in den Vorständen wissenschaftlicher und berufspolitischer Organisationen und in Herausgebergremien ist das Werk vorteilhaft, sowie für die Leser wissenschaftlicher Zeitschriften als Akteure außerhalb des genuin wissenschaftlichen Umfeldes. L. Beyer (Jena)

[MRI in musculoskeletal imaging: possibilities and limitations].

Muscle injuries are the most frequent sport injuries in athletes. In addition to a thorough clinical examination and the history of the trauma mechani...
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