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Stuttgart, 21. Mai 1976

Nr. 21 Jahrgang 101

Dtsch. med. Wschr. 101 (1976), 809-814 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

W. Becker und H. J. Opitz Universitäts-Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke Bonn (Direktor: Prof. Dr. W. Becker)

Das Seromucotympanon ist eine der häufigsten otologischen Erkrankungen des Kindesalters, aber auch im Erwachsenenalter nimmt die Erkrankungszahl zu. Neben der Trommelfelibeurteilung unter dem Mikroskop ist die Tympanometrie die entscheidende diagnostische Maßnahme. Sie beruht auf einer Messung des akustischen Widerstandes des Mittelohres in der Ebene des Trommelfelles. Die Tympanometrie liefert beim Seromucotympanon charakteristische Kurven. Die Therapie besteht in der Parazentese, der Entfernung des Mittelohrsekretes und der Einlage besonders geformter Paukenröhrchen. Der Paukenerguß oder der sekretorische Mittelohrkatarrh war und ist den Ärzten, die otoskopieren können, bekannt, dann besonders, wenn die klassischen Zeichen des Mittelohrergusses (Abbildung 1**_3), nämlich Sëkretlinien in dem otoskopisch beurteilbaren Paukenbereich, »Wasserwaagenphänomen« des Mittelohrergusses bei Bewegungen des Kopfes und typische Bläschenbildung nach gelungener Luftdusche, durch eine Schalleitungsstörung ergänzt wurden.

Diskrete Störungen und Sonderformen jener Mittelohrerkrankungen, besonders die »Leimohren« (»glue type-ears«), entziehen sich aber oft der Diagnostik und natürlich der Therapie, wenn a) Trommelfell und Pauke ohne mikroskopische Betrachtung beurteilt werden und b) diese Mittelohrerkrankungen nur geringe Hörstörungen aufweisen oder wenn c) speziell bei kleinen Kindern die übliche audiometrische Diagnostik oder Otoskopie infolge mangelnder Kooperation scheitert. *

Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit Abbildungen 1-6 und 14 siehe Tafeln Seite 827 und 828

Muco-serous otitis media a frequently missed disease of the middle ear Muco-serous otitis media (mucoserotympanon) is one of the most frequent otological diseases not only among children but increasingly also in the adult age group. In addition to microscopic otoscopy tympanometry is most relevant for diagnosis. Tympanometry is based on measurement of acoustic resistance at the level of the tympanic membrane. In cases of muco-serous otitis very characteristic types of tympanometric curves are obtained. Paracentesis, aspiration of fluid from the tympanum and insertion of a plastic tube through the tympanic membrane are recommended for therapy.

Epidemiologie und Pathogenese Bereits vor zehn Jahren haben Becker und Buckingham die zahlenmäßige Zunahme und damit die klinische Bedeutung des Seromucotympanon erkannt und im Atlas der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (3) dokumentiert. Man ist versucht, von einer Art Seuche zu sprechen, denn allein in den Jahren 973 und 1974 stieg die Zahl der in der Bonner Universitäts-HNO-Klinik diagnostizierten und behandelten Fälle von Seromucotympanon auf 500 (rund 400 Kinder und 100 Erwachsene) an. Aus anderen Hals-Nasen-Ohren-Kliniken (15, 21) wird eine ähnliche Entwicklung berichtet, seitdem die von uns in diesem Zusammenhang in ihrem Wert erkannte Tympanometrie angewendet wird. Ob die Zunahme des Seromucotympanons eine Folge von »Umwelteinflüssen« (Antibiotika) oder aber den Verbesserungen der Funktionsdiagnostik zuzurechnen ist, muß offenbleiben. Pathogenetisch sind alle Formen des Seromucotympanon durch die Funktionsstörung der Tuba Eustachii bestimmt. Entscheidend für den Funktionsmechanismus des intakten Mittelohres ist die luftgefüllte Pauke; der Luftdruck im Paukenraum muß mit dem der Atmosphäre übereinstimmen. Nur dadurch wird eine optimale Schallübertragung durch das Trommelfell-Gehörknöchelchen-System gewährleistet. Das Mittelohr wird durch das schwingungsfähige (809)

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Das Seromucotympanon, eine häufig verkannte Erkrankung des Mitte!ohres*

Becker, Opitz: Das Seromucotympanon

Trommelfell sowie durch das tympanale Tubenostium und durch starre Wände begrenzt, die mit Schleimhaut ausgekleidet sind. Bei dem vorliegenden Partialdruck der Luft im Mittelohr erfolgt eine permanente Resorption durch die Paukenschleimhaut. Dadurch stellt sich ständig ein Unterdruck im Mittelohr ein, der durch meist kurzfristige Tubenöffnung kompensiert wird. Eine regelrechte Tubenfunktion besteht darin, daß die geschlossene Tube vor allem beim Schluckakt geöffnet wird. Der physiologische Tubenschluß wird durch die elastische Spannung des Tubenknorpels, die Oberflächenspannung des Schleimfilmes, den Druc'k des peritubalen Gewebes sowie durch die Sogwirkung verursacht (9). Der funktionell entscheidende Tubenöffner ist der M. tensor veli palatini (4, S). Die störungsanfälligsten Stellen der Tuba Eustachii sind das tympanale und vor allem das nasopharyngeale Orificium. Neben dem Luftdruckausgleich besitzt die Tube für das Mittelohr eine flüssigkeitsableitende Aufgabe. Diese Drainage erfolgt durch Zilienbewegung des zylinderförmigen Schleimhautepithels in Richtung tympanales Tubenostium (12, 19, 21, 22) und durch eine gewisse Sogwirkung beim Schluckakt (16). Aus Tierexperimenten mit künstlicher Obstruktion der Tube geht hervor, daß schon innerhalb von 24 Stunden ein seröser Erguß im Mittelohr auftritt (12, 19, 20, 21). Elektronenmikroskopisch zeigt sich, daß der extra- und subzelluläre Raum des Epithels ödematös geweitet wird. Dadurch werden die epithelialen Zellen alteriert. In diesem Stadium kann durch Sogwirkung ein Transsudat entstehen. Durch entzündliche Reize und die erhöhte Gefäßpermeabilität kann es zur Exsudatbildung kommen. Diese Mittelohrergüsse ähneln in ihrer Zusammensetzung dem Serum. Die muköse »leimige« Beschaffenheit der Ergüsse wird durch die Absonderung von Drüsenzellen verursacht. Inwieweit dabei eine Metaplasie infolge chronisch entzündlicher Vorgänge oder eine Dysfuktion bereits vorhandener Drüsenzellen vorliegt, ist noch umstritten (12, 13, 22, 23).

Der pathogenetisch entscheidende Unterdruck im Mittelohr entsteht durch eine partielle oder vollständige Tubenobstruktion. Nur selten liegt eine echte Verlegung der Tubenostien, häufiger eine Ummauerung im Tubenwinkel vor, durch die die Tubenöffnung beeinträchtigt wird (16). Dies konnten wir in Übereinstimmung mit Münker (16) auch häufig durch das Operationsmikroskop bei der Epipharyngoskopie beobachten. Die häufigste zum Erguß führende Noxe ist zweifelsfrei die Hypertrophie der chronisch entzündeten Rachenmandel, oft in Kombination mit gleichartigen Gaumenmandelveränderungen. Bei Erwachsenen können ferner entzündliche, allergische und tumoröse Veränderungen des Nasen- und Nasen-Rachen-Raumes und der Tube selbst (zum Beispiel radiogene Mucositis) mit entsprechenden Ventilationsstörungen ein Seromucotympanon verursachen. Auffallend ist auch die große Zahl von Seromucotympana bei Gaumenspaltenpatienten.

Deutsche Medizinische Wochenschrïft

in der Schule und eine Verzögerung der Sprachentwicklung vorliegen. In gravierender Mißdeutung des Seromucotympanon wurden einigen Kindern sogar Hörgeräte

verordnet.

Diagnostik Otoskopie. Die klassischen Zeichen des sekretorischen Mittelohrkatarrhs wurden eingangs geschildert. Beim Seromucotympanon können die Trommelfellveränderungen sogar bei der - notwendigen - Betrachtung unter dem Mikroskop sehr diskret sein. So ist das Trommelfell nicht selten - statt transparent - glanzlos, matt, verdickt oder fleischfarben. Daneben kommen Verfärbungen in gelblichen, bräunlichen und seltener auch in blauschwärzlichen Farbtönungen vor. Der Hammergriff ist oft porzellanfarben. Angedeutete oder stärker ausgeprägte radiäre Gefäßinjektionen sind verhältnismäßig häufig (Abbildung 4). Bei länger bestehenden, zum Seromucotympanon führenden Tubenfunktionsstörungen findet man atrophische und retrahierte Trommelfellpartien (Abbildung S und 6). Audjometrie. Bei Erwachsenen und Kindern im Schulalter lassen sich im allgemeinen psychoakustische Audiogramme erstellen. Bei normaler Knochenleitungskurve ist der häufigste Audiogrammtyp durch einen relativ gleichmäßigen Verlust der Schalleitungskomponente über den gesamten Frequenzbereich charakterisiert. Die Hörverluste können zwischen 10 und 60 dB schwanken. Im Mittel liegt der Hörverlust bei 20-30 dB (Abbildung 7). 125

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Anamnese und Klinik Fast immer wird, vor allem bei Kindern, die Symptomatik der rezidivierenden chronisch entzündeten Rachenmandelhyperplasie geschildert: behinderte Nasenatmung, Schnupfen und rezidivierender Ohrschmerz. Die meisten Patienten sind deswegen antibiotisch vorbehandelt worden. Aktuelle Beschwerden bestehen ein- oder doppelseitig in Völle- oder Fremdkörpergefühl im Ohr. Häufig wird Tinnitus, manchmal Autophonie der Stimme angegeben. Die Symptomatik kann sehr arm sein. Am häufigsten wird aber eine mehr oder minder starke Schwerhörigkeit angegeben. Besonders bei Kindern kann infolge der Schwerhörigkeit Leistungsabfall

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Abb. 7. Schwankungsbreite der Hörverluste beim Seromucotympanon schraffiert. Mittlerer Hörverlust etwa 20-30 dB.

In Übereinstimmung mit Goodhill (10) und Huizing (11) fanden wir beim Seromucotympanon gelegentlich

eine Beeinträchtigung der Knochenleitung, die sich postoperativ normalisierte (Abbildung 8). Dieser Effekt kann vielleicht mechanischen Beeinträchtigungen der Knochenleitung zugeschrieben werden.

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Becker, Opitz: Das Seromucorympanon

Nr. 21, 21. Mai 197e, 101. Jg.

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[Muco-serous otitis media- a frequently missed disease of the middle ear (author's transl)].

Muco-serous otitis media (muco-serotympanon) is one of the most frequent otological diseases not only among children but increasingly also in the adul...
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