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Nekrose beider Ureteren nach Pankreatitis Von E. Justich, H. Höfler, W. Fink und K. Kratochvil 2 Abbildungen Universitätsklinik fur Radiologie Graz (Vorst.snd: Univ-Prof. Dr. E. Vogler). Pathologisch-Anatomisches institut der Universität Graz (Vorstand: Univ-Prof. Dr. M. Ratzenhofer) und Urologische Abteilung des Landeskrankenhauses Graz (Vorstand: Prim. Dr. G. Wandschneider)

versagen beobachter (4). Dreiviertel der davon betroffenen Patienten sterben an Urämie. Als Ursache der Anurie nach akuter Pankreatitis werden Schock, Kreislaufversagen sowie Vergiftung durch Trypsin und toxische Polypeptide angeführt (8). Auch direktes Übergreifen einer Pan-

Zur Abklärung eines Abflußhindernisses wurde die retrograde Pyclographie beider Seiten durchgeführt, dabei fanden sich am Eingang in das kleine Becken lange, unregelmäßig begrenzte Stenosen beider Ureteren. Die prästenotischen Anteile des rechten Ureters waren durch im Lumen gelegene Kontrastmittelaussparungen (nekrotische Massen) verlegt. Die prävesikalen Harnleiter-

kreatitis mit Fettnekroseherden in die Ferrkapsel der Nieren ist

abschnitte waren beidseits unauffällig (Abb. la und 2a). Des

bekannt (6). Unseres Wissens ist noch nie über eine Nekrose beider Ureteren nach nekrotisierender Pankreatitis mit nachfolgender Urämie berichtet worden.

weiteren waren die Kelche und das Nierenbecken rechts sowie die obere Kelchgruppe links gering erweitert. Das linke Nierenbecken

und der obere Ureteranteil waren eingeengt (Abb. lb und 2b). Postpankreatitische, grobschullige Verkalkungen lateral vom

Kasuistik

Röntgendiagnose: In erster Linie entzündlich bedingte Stenose

Zehn Tage vor seinem Tode wurde ein Sljähriger Mann (Alkoholiker) mit starken Oberbauehbeschwerden in ein auswärtiges

rechten Nierenbeckens und der Kelche der linken Niere. Engstellung (Infiltration) des linken Nierenbeckens und proximalen

Krankenhaus eingeliefert. Wegen der im Vordergrund stehenden Symptome einer Anurie wurde der Patient an die Urologische Abteilung des Landeskrankenhauses Graz überwiesen.

Ureterabschnittes. Nach einer Nephrostomie links starb der Patient nach anfänglicher Besserung am 4. postoperativcn Tag an Urämie.

Abb. I a. Lange, unregelmäßig begrenzte, subtutale Srenosc des rechten Ureters über der Massa lateralis des Kreuzbeins. Prästenutisch nekrotische Massen im Lumen des Harnleitcrs.

Abb. 2a. Hochgradige, lange, unregelmäßig begrenzte Stenose des linken Ureters in Höhe des Kreuzbeins.

beider Ureteren am Eintritt in das kleine Becken. Harnstauung des

Abb. I b. Mäßige Harnstauung des rechten Nierenbeckens. Postpankreatitische Verkalkungen lateral vom Psoasrand. 0340-1618/78

rechten Psoasrand (Abb. 1h).

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Abb. 2h. Deutliche Einengung des linken Nierenbeckens und des proximalen Ureteranteiles. Hydrokalikose.

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Nach akuter Pankreatitis wird in etwa 5% der Fälle ein Nieren-

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Schaukasten

renbecken (Zustand nach Nephrostomie) und der proximale Ureterabschnitt getötet, geschwollen und uleckförmige Nekrosen aufweisend. Der rechte Harnleiter durch einen Pfropf aus geronnenem Blut und nekrotischen Massen verstopft. Mikroskopischer Befund: Durch Thrombosierung der kleinen paraureteralen Venen bedingte hämorrhagische Infarzierung der Ureteren mit teilweisem Verlust der Wandstruktur im oben angegebenen Gebiet. Abszedierung und phlegmonöse Infiltration der Ureterwand in den benachbarten Abschnitten. Beginnende, abszcdierende Pyelonephritis rechts. Nierenödem und Tubulusnekrosen beidseits. Phlegmonöse Infiltration beider Nierenbecken (links stärker als rechts) und des oberen Ureteranteiles links mit umschriebenen hämorrhagischen Nekrosen.

Diskussion Ureterstenosen nach Entzündungen sind bekannt und besonders als Folge derselben im kleinen Becken beschrieben (1, 3). In unserem Fall ist die Nekrose beider Ureteten als Folgezustand nach akuter Pankreatitis anzusehen. Bei der hämorrhagischen Nekrose der Ureterwand handelt es sich nicht um eine primäre tryptische Nekrose, sondern um eine totale bzw. partielle hämorrhagische Infarzierung, hervorgerufen durch Thrombose zahlreicher, kleiner (bis 0,5 mm Durchmesset) paraureteraler Venen, in unserem Fall von Ästen der iliakalen Venen (10). Diese Thrombosen werden einerseits durch eine direkte tryptische Schädigung der Venenwand und andererseits durch aus Fettgewebsnekrosen freigesetzte, un-

veresterte Fettsäuren und Gewebsthromboplastin hervorgerufen (9). Ein weiterer begünstigender Faktor könnte die nach akuter Pankreatitis beobachtete Hyperkoagulobilität des Blutes sein (2).

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Die starke phlegmonöse und auch eitrige Infiltration der Ureteren und Nierenbecken ist durch die Harnstauung und Begleitreaktion zu erklären (7, 10). Die Schädigung des linken Nierenbeckens und anschließenden Ureterabschnittes ist durch die Nachbarschaft mit der Bauchspeicheldrüse bedingt. Die exponierte Lage der Ureteren am Eintritt in das kleine Becken ist als Ursache für ihre Beteiligung anzusehen. Außerdem ist in diesem Bereich auch ein Zusammentreffen des Nekrosebereiches beider Seiten gegeben, der proximal durch die Wirbelsäule und die großen Gefäße getrennt ist (5, 6).

Edition. The C. V. Mosby Company

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Dr. E. Justich, Dr. W. Fink, Universitätsklinik für Radiologie, Landesktankenhaus Graz A-8036 Graz

Dr. H. Höfler, Pathologisch-Anatomisches Institut der Universität Graz, A-8036 Graz Dr. K. Kratochvil, Urologische Abteilung des Landeskrankenhauses Graz, A-8036 Graz

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Pathologisch-anatomischer Befund (S. Nr.: 2417/76): Schwerste, hämorrhagisch-nekrotisierende Ureteritis beidseits nach älterer Pankreasapoplexie. Todesursache: Urämie. Makroskopischer Befund: Zustand nach akuter Pankreatitis mit Sequestration. Tryptische Nekrosen der Fettgewebskapsel beider Nieren und ausgedehnte retroperitoneale Nekrosen, die an Zahl und Größe zum kleinen Becken hin abnehmen. Hämorrhagische Infarzierung beider Ureteren über dem Kreuzbein. Das linke Nie-

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[Necrosis of both ureters following pancreatitis].

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