Journal Club Hautarzt 2015 · 66:390–391 DOI 10.1007/s00105-015-3624-y Online publiziert: 21. April 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Redaktion

J. Krutmann, Düsseldorf Redaktionelle Mitarbeit

C. Hafner, Regensburg B. Homey, Düsseldorf R. Gläser, Kiel A.S. Yazdi, Tübingen

Originalpublikation Sarin KY, McNiff JM, Kwok S, Kim J, Khavari PA (2014) Activating HRAS mutation in nevus spilus. J Invest Dermatol 134:1766–1768 Kinsler VA, Krengel S, Riviere J-B et al (2014) Next-generation sequencing of nevus spilus–type congenital melanocytic nevus: exquisite genotype–phenotype correlation in mosaic RASopathies. J Invest Dermatol 134:2658–2660

Beim Naevus spilus handelt es sich um eine kongenitale nävoide Fehlbildung, die durch einen ca. 0,5–10 cm großen hellbraunen Café-au-lait-Fleck charakterisiert ist, der zahlreiche dunklere Einsprengungen zeigt. Letztere können auch erst im Laufe der Zeit hinzukommen und eine dunklere Farbe bekommen. Aus diesem charakteristischen Erscheinungsbild resultieren auch die Bezeichnungen „Kiebitzei-Nävus“ und „speckled lentiginous nevus“. Man unterscheidet dabei einen makulösen und einen papulösen Naevus spilus entsprechend der Morphologie der dunklen Einsprengungen. Daneben können auch klassische kongenitale melanozytäre Nävusanteile in aggregierter Form mit einem Café-au-lait-Fleck vergesellschaftet sein (kongenitaler melanozytä­ rer Nävus vom Naevus-spilus-Typ). Zudem ist der Naevus spilus (papulosus) neben einem Naevus sebaceus obligater Bestandteil bei der Phakomatosis pigmen­ tokeratotica. Histologisch ist der Naevus spilus charakterisiert durch eine hyperpigmentierte lentiginöse Epidermis mit allenfalls gering vermehrter Zahl einzelner Melanozyten wie bei einer Lentigo simplex (entsprechend dem Café-au-lait-Anteil) und melanozytären Nestern im Bereich der Junktionszone und/oder der Dermis wie bei einem gewöhnlichen Junktions-, Com-

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C. Hafner Dermatohistologisches Labor, München, Deutschland

Naevus spilus Ein Beispiel für eine Mosaik-RASopathie pound- oder kongenitalen melanozytären Nävus (entsprechend den dunkleren Einsprengungen).

Genetik des Naevus spilus Zwei Arbeitsgruppen [1, 2] haben kürzlich gezeigt, dass sporadische (nichtsyndromale) Naevi spili durch eine postzygotische aktivierende RAS-Mutation verursacht werden.

Arbeitsgruppe Sarin et al. Sarin et al. [1] analysierten 8 Naevi spili. Da sie bereits bei agminierten SpitzNävi auf dem Boden eines Naevus spilus eine HRAS-Mutation gefunden hatten, konzentrierten sie sich auf dieses Gen. Mit der konventionellen Sequenzi­ erung nach Sanger fanden sie aber in ih­ rer Serie zunächst keine HRAS-Mutationen. Dies führen die Autoren darauf zurück, dass im Naevus spilus die Melanozyten als vermutliche Träger der Mutati­ on im Vergleich zu anderen kontaminierenden Zellen (Keratinozyten, Fibroblasten etc.) im Biopsat zahlenmäßig zu gering sind und deren DNS daher zu stark verdünnt wird. Sie verwendeten daher ein modifiziertes Analyseverfahren, bei dem zunächst ein Restriktionsverdau des polymerase chain reaction (PCR)-Produkts stattfindet, wodurch die mutierte DNS angereichert wird. Diese angereicherten PCR-Produkte wurden dann weiter amplifiziert und sequenziert. Mithilfe die­ ser Technik gelang in allen 8 Naevi spili der Nachweis einer HRAS p.G13R-Mutation, während normale Haut als Kontrolle keine Mutation aufwies. Die gleiche Mutation wurde auch bereits im Naevus spilus als Bestandteil der Phakomatosis pigmentokeratotica beschrieben [3]. Zusätz-

lich wurden von den Autoren der Arbeit verschiedene Zellpopulationen im Naevus spilus selektiv mittels Lasermikrodissekti­ on gewonnen und getrennt analysiert. Die HRAS-Mutation ließ sich dabei nur in den Kompartimenten nachweisen, die Mela­ nozyten enthielten. Dies spricht dafür, dass die Melanozyten die Träger der postzygotischen HRAS-Mutation sind. Entsprechend zeigten die Melanozyten immunhistochemisch eine Aktivierung des MAPK-Signalwegs.

Arbeitsgruppe Kinsler et al. Kinsler et al. [2] haben Fälle mit einem kongenitalen melanozytären Nävus vom Naevus-spilus-Typ untersucht. Ursprünglich gingen die Autoren von einem „Twohit-Modell“ aus, wonach eine erste geneti­ sche Alteration in Melanozyten den Caféau-lait-Fleck verursacht, auf dessen Boden bei einer zweiten genetischen Alteration dann die entsprechenden kongenitalen Nävi entstehen. Deshalb analysierten die Autoren den Café-au-lait-Anteil und den kongenitalen melanozytären Nävusanteil getrennt voneinander mittels Whole-Exom-Sequenzierung. Sie fanden jeweils die gleiche aktivierende NRASPunktmutation in beiden Kompartimenten, nicht aber im Blut der Patienten, was für ein Mosaik spricht. Die NRAS-Mutationen unterschieden sich von den bei ge­ wöhnlichen kongenitalen melanozytären Nävi bekannten NRAS-Mutationen. Auch wenn die Autoren nicht sicher ausschließen können, dass noch weitere, bisher unentdeckte genetische Alterationen vorhanden sind, deutet die derzeitige Datenlage darauf hin, dass entgegen dem „Twohit-Modell“ sowohl der Café-au-lait-Anteil als auch der (kongenitale) Nävusan­ teil des Naevus spilus von nur einer einzi­

Lesetipp gen aktivierenden postzygotischen NRASMutation verursacht werden.

Ergebnisse der Studien Die Ergebnisse beider Studien erlauben es, den Naevus spilus zur neu definierten Gruppe der sog. Mosaik-RASopathien zu zählen [4]. Diese Gruppe umfasst kongenitale Fehlbildungen und Syndrome, die durch eine postzygotische Mosaikmutation im Ras/MAPK-Signalweg hervorgerufen werden. Im Gegensatz zu den RASopathien, die durch eine Keimbahnmutation im Ras/MAPK-Signalweg verursacht werden, liegt die Mutation bei den Mosaik-RASopathien nur in einem Teil der Zellen im Körper vor. Je nach Zeitpunkt des Auftretens der postzygotischen Mutation während der Embryogenese und des Differenzierungspotenzials der mutierten Progenitorzelle resultieren unterschiedliche klinische Phänotypen. Zu den Mosaik-RASopathien werden auch der keratinozytäre epidermale Nävus bzw. das entsprechende epidermale Nävussyndrom, der Naevus sebaceus, das Schimmelpenning-Syndrom und kongenitale melanozytäre Nävi gerechnet. Der Naevus spilus erweitert nun diese Liste. Es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren noch weitere Mosaik-RASopathien identifiziert werden.

Fazit für die Praxis 55Der Naevus spilus (papulöse und makulöse Form) wird durch eine postzygotische aktivierende HRAS-Mutation einer melanozytären Progenitorzelle verursacht. 55Der kongenitale melanozytäre Nävus vom Naevus-spilus-Typ beruht auf einer postzygotischen NRAS-Mosaikmutation. 55Die mutierte melanozytäre Progenitorzelle ist offensichtlich der Ausgangspunkt sowohl für den Caféau-lait-Anteil als auch für die eingesprengten melanozytären Nester des Naevus spilus. 55Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse kann der Naevus spilus zur Gruppe der Mosaik-RASopathien gerechnet werden.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. C. Hafner Dermatohistologisches Labor Sonnenstr. 7, 80331 München [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  C. Hafner gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur 1. Sarin KY, McNiff JM, Kwok S, Kim J, Khavari PA (2014) Phacomatosis pigmentokeratotica is caused by a postzygotic HRAS mutation in a multipotent progenitor cell. J Invest Dermatol 134:1766–1768 2. Kinsler VA, Krengel S, Riviere J-B et al (2014) Nextgeneration sequencing of nevus spilus–type congenital melanocytic nevus: exquisite genotype– phenotype correlation in mosaic RASopathies. J Invest Dermatol 134:2658–2660 3. Groesser L, Herschberger E, Sagrera A et al (2013) Activating HRAS mutation in nevus spilus. J Invest Dermatol 1334:1998–2003 4. Hafner C et Groesser L (2014) Mosaic RASopathies. Cell Cycle 12:43–50

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[Nevus spilus: An example of mosaic RASopathy].

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