Peters, Breckwoldt: Bromocriptin-Behandlung der puerperalen Mastitis

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Dtsch. med. Wschr. 102 (1977), 1754-1758 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Neue Aspekte bei der Behandlung der puerperalen Mastitis F. Peters und M. Breckwoldt Universitäts-Frauenklinik Freiburgi. Br. (Ärztliche Direktoren: Prof. Dr. H.-G. Hillemanns, Prof. Dr. A. Pfleiderer, Prof. Dr, M. Breckwoldt, Prof. Dr. A. Ladner)

36 Patientinnen mit postpartalem Milchstau erhielten einmalig 2,5 mg Bromocriptin (Pravidel®). 28 Patientinnen gaben danach eine deutliche Besserung der Beschwerden und ein Abschwellen der Mammae an, sechs benötigten eine zweite Gabe von 2,5 mg Bromocriptin, zwei Frauen verspürten keine Besserung der Symptome. Bei der Behandlung der puerperalen Mastitis wurde primär auf Antibiotika verzichtet. 26 Patientinnen, bei denen die typischen Entzündungszeichen wie Fieber, Schmerzen, Rötung und Schwellung bestanden, bekamen ausschließlich Bromocriptin: 3 Tage lang dreimal 2,5 mg, für weitere elf Tage zweimal 2,5 mg. Die Körpertemperatur fiel bei 25 Patientinnen innerhalb von 12-24 Stunden unter 37 oc, gleichzeitig ließen Spannungsgefühl und Schmerzen deutlich nach. Eine Patientin war nach 36 Stunden noch nicht entfiebert, so daß ein Antibiotikum zusätzlich gegeben wurde. Eine Patientin kam erst nach 6 Tagen zur Behandlung, bei ihr war mit Bromocriptin eine Abszedierung nicht zu verhindern. Sonst war in keinem Fall eine Abszedierung zu beobachten. Die Ergebnisse lassen erkennen, daß bei der puerperalen Mastitis in den meisten Fällen auf ein Antibiotikum verzichtet werden kann. Die puerperale Mastitis kann ausschließlich mit Bromocriptin wirksam behandelt werden.

New aspects in the treatment of puerperal mastitis

36 women with postpartal breast engorgement were treated with a single oral dose of 2.5 mg bromocriptine (Pravidel®). Significant relief was recorded in 28 patients, 6 patients required a second dose of 2.5 mg bromocriptine, whereas 2 patients failed to respond. Antibiotics were at first avoided in the treatment of puerperal mastitis. 26 patients with all characteristics of breast inflammation were treated exclusively with bromocriptine: for 3 days 2.5 mg t.i.d., for the following 11 days 2.5 mg twice daily. The temperature dropped below 37 °C in 25 patients within 12-24 hours, tension and pain disappearing simultaneously. One patient did not respond after 36 hours, so that an antibiotic was administered additionally; in another patient who had been admitted to the hospital six days after the onset of the clinical symptoms of breast inflammation, bromocriptine failed to prevent abscess formation. The results indicate that in most cases of puerperal breast inflammation no antibiotics are required. Puerperal mastitis can be treated effectively by the exclusive administration of bromocriptine.

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Ober die Pathogenese der Mastitis puerperalis bestehen kaum Unklarheiten. Rhagaden an den Brustwarzen ermöglichen das Eindringen pathogener Keime, meist Staphylococcus aureus haemolyticus (7, 10), der häufig dem Nasopharynx des Säuglings entstammt (1). Seltener ist die kanalikuläre Infektion über die Milchgänge (9). Als weitere begünstigende Faktoren für das Angehen einer Mastitis sind die Störung des Milchflusses und eine ödematöse Stauung der gesamten Brust anzusehen. Auch eine hämatogene Absiedlung der Keime als Entzündungsursache erscheint möglich, besonders bei gleichzeitigem Milchstau (4). Im Vordergrund der Behandlung stehen bislang staphylokokkenwirksame Antibiotika und die Ruhigstellung der Brust durch sekundäres Abstillen. Das Abstillen mit Östrogenen in hoher Dosierung führt vorübergehend zu einem weiteren Anstau der Milch und hat damit einen ungünstigen Einfluß auf den Therapieverlauf. Die seit kurzem zur Verfügung stehende Möglichkeit der Prolactinhemmung mit Bromocriptin (3, 16) hat auch hinsichtlich der Mastitisbehandlung neue Perspektiven eröffnet. In der Zeit, in der noch keine Antibiotika zur Verfügung standen, sind eine Reihe von konservativen Behandlungsmöglichkeiten der puerperalen Mastitis beschrieben worden, die teilweise eine hohe Erfolgsrate aufwiesen. Dabei war es weniger von Bedeutung, welche der Methoden angewendet wurde, als vielmehr der Zeitpunkt, zu dem die Behandlung begann (19). Heute stehen uns hochwirksame Antibiotika zur Verfügung, deren großzügige und breite Anwendung jedoch zur Resistenzentwicklung von Keimen führen kann (9). In den fünfziger Jahren hat es nach dem Einsatz von Penicillinen und Sulfonamiden ganze Krankenhausepidemien mit dem resistent gewordenen Staphylococcus aureus gegeben (8). Deshalb sollten strenge Maßstäbe an den Einsatz von Antibiotika angelegt werden. Im folgenden berichten wir über die therapeutische Anwendung von Bromocriptin beim postpartalen Milchstau und bei der Mastitis puerperalis; dabei wurde bewußt auf. den Einsatz von Antibiotika verzichtet. Bromocriptin kommt bei dieser Behandlungsform die Bedeutung eines indirekt wirkenden Antiphlogistikums der Mamma zu und bietet die Möglichkeit, weitgehend auf Antibiotika zu verzichten.

Patientinnen und Methoden Behandlung des Milchstaus. Vom 3. bis 9. Wochenbettag wurden 36 Patientinnen mit den Zeichen eines Milchstaus behandelt. Als Kriterium galt eine länger als 48 Stunden anhaltende, harte Schwellung der Brust mit Schmerzen, die mit den herkömmlichen Methoden wie Oxytocin-Nasenspray, Heparin-Salbenverbänden. Alkoholumschlägen und Abpumpen der Brust nicht gebessert werden konnten. Zur Behandlung erhielten die Patientinnen einmalig 2,5 mg Bromocriptin (Pravidele, Prüfbezeichnung CB 154, Sandoz), gegebenenfalls wurde die Gabe am darauffolgenden Nachmittag wiederholt. Der Prolactinspiegel wurde bei neun Frauen, die am vierten Wochenbettag behandelt wurden, vor der Therapie sowie vom ersten bis vierten Tag nach der Therapie jeweils morgens in einer Blutentnahme bestimmt.

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Peters, Breckwoldt: Bromocriptin-Behandlung der puerperalen Mastitis

Mastitis- Therapie. Behandelt wurden 26 Patientinnen mit den klinischen Symptomen einer Mastitis. Dazu gehörten Fieber {über 38 0q, Schmerzhaftigkeit der Brust, Rötung der Haut über einem derben, schmerzhaften Infiltrat. Es handelte sich bis auf zwei Patientinnen um Fälle von Spättnastitis (nach dem neunten Wochenbettag). Zur Therapie erhielten die Patientinnen an den ersten 3 Behandlungstagen dreimal 2,5 mg, an den folgenden Tagen zweimal 2,5 mg Bromocriptin für insgesamt 14 Tage. Bei Fieber um 40°C wurde in einzelnen Fällen ein- oder zweimal 0,5 g Acetylsalicylsäure zusätzlich gegeben. Auf Antibiotika wurde primär verzichtet. Den Patientinnen wurde für 2 Tage Bettruhe angeraten (Tabelle 1). Bereits abszedierte Mastitiden wurden von dieser Behandlungsform ausgeschlossen. Zur Bestimmung des Plasma-Prolactinspiegels wurde vor der Therapie sowie am zweiten, dritten, vierten, sechsten und zehnten Tag Blut abgenommen. Prolactinmessungen erfolgten radioimmunologisch mit dem Kit der National Institutes of Health (NIH), Bethesda, Maryland/USA.

Tab. 1. Behandlungsplan bei Mastitis Therapietag

I

1

I

2

I

3

I

4-14

Bromocriptin

dreimal 2,5 mg

dreimal 2,5 mg

dreimal 2,5 mg

zweimal 2,5 mg

Acetylsalicyl-

bei Bedarf 0,5-1 g

-

-

-

ja

ja

-

-

säure Bettruhe

Ergebnisse Milchstau. 28 von 36 Patientinnen gaben nach einmaliger Einnahme von 2,5 mg Bromocriptin eine deutliche Besserung der Beschwerden an, Schmerzfreiheit oder deutliches Nachlassen der Schmerzen und Rückgang des Spannungsgefühls in der Brust. Palpatorisch war eine Verminderung der Schwellung zu verzeichnen. Sechs Patientinnen benötigten eine zweite Gabe von 2,5 mg Bromocriptin am folgenden Tag. Bei zwei Patientinnen war keine Besserung festzustellen; in diesen Fällen mußte in üblicher Weise mit 5 mg Bromocriptin für 14 Tage abgestillt werden, wobei es dann unter dem Einfluß der erhöhten Dosis rasch zum Abschwellen der Brust kam. Bei den erfolgreich behandelten Patientinnen begann die Milchproduktion am zweiten Tag nach der Bromocriptineinnahme anzusteigen. Die weitere Laktation gestaltete sich dann ohne Schwierigkeiten. Der Plasma-Prolactinspiegel wurde durch die einmalige Gabe von 2,5 mg Bromocriptin deutlich gesenkt, stieg jedoch innerhalb von 24 Stunden wieder an (Abbildung 1). Mastitis-Therapie. Mit Tagesdosen von anfangs 7,5 mg, anschließend 5 mg Bromocriptin, fiel bei allen Patientinnen innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach Beginn der Behandlung die Körpertemperatur unter 37 oe, gleichzeitig ließen Spannungsgefühl und Schmerzen deutlich nach. Der weitere Verlauf war bei 24 der 26 behandelten Patientinnen komplikationslos. Bei einer Patientin trat nach anfänglichem Temperaturabfall erneut ein Fieberschub auf, so daß zusätzlich ein Antibiotikum gegeben wurde; danach bestand Beschwerdefreiheit. Eine weitere Patientin kam erst am sechsten Tag nach Auftre-

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Nr. 48, 2. Dezember 1977, 102. ]g.

Peters, Breckwoldt: Bromocriptin-Behandlung der puerperalen Mastitis

Deutsche Medizinische Wochenschrift

hPRL

hPRL 150

150

Bromocriptin I zweimal 2,5 mg/d 100 - -dreimal 2,5 mg/d

2,5 mg Bromocriptin

l

100

~

I--

,........ ...............,

[New aspects in the treatment of puerperal mastitis (author's transl)].

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