Aus der Cochrane Library – für die Praxis

V. Kardiologie AUTOR

Neue AusderCochraneLibra y–fürdiePraxis Optionen in der Therapie des Vorhofflimmerns

Online Publikation: DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 0 2013; 8 1383 5 3 :4 /2579–2579 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 New options in the treatment of atrial fibrillation

Bei Vorhofflimmern verringert Antikoagulation auf Dauer je nach CHADS2-Score die Gefahr embolischer Apoplexe. Die Verfügbarkeit therapeutischer Alternativen zum bisherigen Standard oraler Vitamin-K-Antagonisten (VKA) gibt Anlass zu einer Bestandsaufnahme.

Studien: In das Cochrane-Review eingeschlossen wurden 10 randomisierte Studien mit insgesamt 42 084 Patienten, die bei Vorhofflimmern VKA mit Faktor-Xa-Inhibitoren (hauptsächlich Apixaban und Rivaroxaban) in der Langzeittherapie verglichen. Als primärer Endpunkt zusammengefasst wurden alle Apoplexe und systemische Embolien außerhalb des zentralen Nervensystems. Sowohl Patienten mit als auch ohne vorangegangene zerebrale Ischämien wurden eingeschlossen. Von den berücksichtigten Studien wiesen 4 ein doppelblindes Design auf, bei 5 Studien waren nur die verschiedenen Dosen des Faktor-Xa-Inhibitors doppelt verblindet (während Warfarin unverblindet verabreicht wurde), eine Studie war komplett offen. Die Nachbeobachtungszeiten betrugen 12 Wochen bis 1,9 Jahre. Ergebnisse: Die Behandlung mit FaktorXa-Inhibitoren verminderte statistisch signifikant die Anzahl der Apoplexe verglichen mit VKA (Odds Ratio [OR] 0,81; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,72–0,91). Faktor-Xa-Inhibitoren reduzierten auch signifikant die Häufigkeit klinisch bedeutsamer Blutungen (OR 0,89; 95%-KI 0,81–0,98). Die Untersuchung von 5 verschiedenen Faktor-Xa-Inhibitoren bedingt eine hohe Heterogenität der Ergebnisse (I2 = 81%). Die Berechnung im Random-Effects-Modell ergab deshalb hier im Gegensatz zum standardmäßig benutzten Fixed-Effects-Modell keine SigniHerausgeber: Dr. med. Jörg Meerpohl Prof. Dr. rer. nat. Gerd Antes

fikanz. Bei Betrachtung nur der komplett doppelblinden Studien zeigten sich im Fixed-Effects-Modell statistisch signifikant weniger Blutungen unter Faktor-XaInhibitoren, was sich im Random-EffectsModell ebenfalls nicht bestätigte. Die Heterogenität erklären die Autoren u. a. mit dem unterschiedlichen Baseline-Blutungsrisiko der beiden größten Studien. Auch das Risiko intrazerebraler Blutungen fand sich unter Faktor-Xa-Inhibitoren signifikant vermindert (OR 0,56; 95%-KI 0,45–0,70), bei allerdings deutlicher Heterogenität (I2 = 60%). Nach Analyse ausschließlich der doppelblinden Studien bestätigte sich diese Signifikanz, nun ohne statistische Heterogenität (I2 = 0%). Faktor-Xa-Inhibitoren reduzierten, verglichen mit VKA, auch signifikant die Gesamtzahl der Todesfälle (OR 0,88; 95%-KI 0,81–0,97).

Fazit der Cochrane-Autoren Faktor-Xa-Inhibitoren reduzieren signifikant die Zahl von Apoplexen und anderen systemischen embolischen Ereignissen im Vergleich zur Therapie mit VKA. Vermutlich senken diese neuen oralen Antikoagulanzien auch die Häufigkeit relevanter und intrazerebraler Blutungen gegenüber VKA, diese Evidenz ist allerdings weniger robust. Da keine direkten Vergleichsstudien zwischen den Faktor-XaInhibitoren existieren, kann man derzeit keine Aussage treffen, welche der untersuchten Substanzen die beste Effektivität und das beste Sicherheitsprofil aufweist.

Für die Praxis liefert die umfangreiche Analyse des vorliegenden Cochrane-Reviews eindeutige positive Effekte der Faktor-Xa-Inhibitoren auf die Verhinderung von Schlaganfällen und intrazerebraler Blutungen. Während letztere im Vergleich mit Vitamin-K-Antagonisten fast um die Hälfte reduziert werden, ist die Rate von Schlaganfällen nahezu um 20% geringer. Bezüglich auftretender Blutungen ist die Datenlage bei großer Heterogenität der eingeschlossenen Studien unklar (Dosisfindungsstudien, unterschiedliche Fallzahlen, Beobachtungszeiten sowie auch Patientenpopulationen). Um im klinischen Alltag bei Verwendung von Faktor-Xa-Inhibitoren Nebenwirkungen und vor allen Dingen gastrointestinale Blutungen zu vermeiden, ist auf patientenseitige Parameter, wie geringes Körpergewicht (≤ 60 kg), herabgesetzte Nierenfunktion (GFR ≤ 30 ml/min) oder Alter über 80 Jahre zu achten (Heidbüchel H et al. Eur Heart J 2013; 34: 2094– 2106). Bei Patienten mit stattgehabter gastrointestinaler Blutung oder bei gleichzeitiger antithrombozytärer Therapie mit Ticagrelor oder Prasugrel scheinen Vitamin-KAntagonisten im Vergleich zu Faktor-XaInhibitoren aufgrund unterschiedlicher Pharmakokinetik (First-Pass-Effekt versus direkte Synthese über die Magenschleimhaut) von Vorteil. Um Daten aus der klinischen Praxis zu erhalten, sollten Patienten mit Faktor-XaInhibitor-Therapie möglichst in eines der aktuellen Register (z. B. GLORIA-AF) eingeschlossen werden. Diese spiegeln nicht nur den klinischen Alltag wider, sondern generieren vor allem auch Daten über einen längeren Beobachtungszeitraum als 4–19 Monate (wie in dem vorliegenden Cochrane Review).

Prof. Dr. med. Heinz Völler Innere Medizin, Kardiologie, Klinik am See, Rüdersdorf b. Berlin Interessenkonflikte: keine DOI 10.1055/s-0032-1329172

Dr. med. Peter Pommer, Oberammergau Originalarbeit: Bruins Slot KMH, Berge E. Factor Xa inhibitors versus vitamin K antagonists for preventing cerebral or systemic embolism in patients with atrial fibrillation. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 8. DOI: 10.1002/14651858.CD008980.pub2 www.thecochranelibrary.com

Dtsch Med Wochenschr 2013; 138, Nr. 50

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Kommentar aus der Praxis

Schlüsselwörter Cochrane Library

Einleitung: Ende 2011 wurde in Deutschland zur Therapie des Vorhofflimmerns als Alternative zu den VKA der erste Faktor-Xa-Inhibitor zugelassen. Wie sind diese wesentlich teureren Medikamente im Vergleich zu den bewährten und preisgünstigen VKA einzuschätzen?

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