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Eingefleischten Impfskeptikern helfen keine Infos Fehlannahmen, die sich in der Bevölkerung zu medizinischen Maßnahmen festgesetzt haben, lassen sich nur schwer ändern. Manchmal führen Korrekturversuche sogar zu einer Verstärkung irriger Meinungen.



Etwa 1000 US-amerikanische Versuchspersonen bekamen offizielle Informationen zur Grippeimpfung der Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Eine erste Gruppe erhielt dabei die Versicherung, dass die Grippeimpfung keine Grippe auslösen kann (Korrekturgruppe). Einer zweiten Gruppe wurden die üblichen Informationen zur Wirksamkeit einschließlich möglicher Nebenwirkungen der Grippeimpfung gegeben (Nebenwirkungsgruppe). Eine Kontrollgruppe schließlich erhielt gar keine Informationen. Bei allen Probanden wurde eruiert, ob sie Impfungen generell positiv oder negativ beurteilen. Anschließend wurde

ausgeforscht, wie die Informationen die Einstellung zur Grippeimpfung beeinflusst hatten. Von den Probanden glaubten 43%, dass die Impfung manchmal eine Grippe verursachen kann, 16% hielten sie für unsicher. Eine Impfung lehnten 34% ab, 37% strebten sie an, und 29% waren unsicher. Insgesamt führten die Informationen zu einer Korrektur oder Milderung der Bedenken. Überraschend war das Ergebnis, dass bei Probanden mit erheblichen Bedenken die gleichen Informationen zu einer Abnahme der Impfbereitschaft führten, also kontraproduktiv waren. ■ Nyhan B, Reifler J Does correcting myths about the flu vaccine work? An experimental evaluation of the effects of corrective information. Vaccine 2015;33:459–464

Kommentar Die jährlichen Grippewellen fordern Tote, verursachen Krankheitskosten und beein-

trächtigen die Wirtschaft. Deshalb wird beklagt, dass sich nur jeder dritte Erwachsene gegen saisonale Influenza impfen lässt. Dabei lässt sich beobachten, dass viele Menschen ärztliche Maßnahmen wie die Grippeimpfung mit falschen, unvollständigen oder emotional gefärbten Begründungen ablehnen. Es gibt bereits Untersuchungen zu anderen Impfungen, dass Korrekturversuche ineffektiv oder sogar kontraproduktiv sein können. Das triff t vor allem zu, wenn „objektive“ Mitteilungen gleichzeitig die Fehlaussage und ihre Korrektur enthalten und die Zielpersonen ihre bisherige Einstellung zu verteidigen bestrebt sind. Die gleichen Autoren fanden dieses Phänomen auch im politischen Bereich: Als US-Präsident George W. Bush die Invasion des Irak mit dem Risiko von Massenvernichtungswaffen begründete, stieg seine Unterstützung im konservativen Lager trotz wiederholter Meldungen über die vergebliche Suche nach solchen Waffen. Prof. Dr. med. H. Holzgreve ■

Ploppgeräusche beim Einatmen

Ein Patientenohr mit klaffenden Tuben le, die sich beim Ausatmen durch die Nase nach außen und beim Einatmen nach innen bewegten, was sich bei forcierter Inund Exspiration verstärken ließ. Der Befund ist typisch für die sogenannte „klaffende Tube“, einer Funktionsstörung der Eustachischen Röhre, bei der die Tube einoder beidseitig ständig oder zeitweise ge-

© NEJM 2014;371:e37

Einen 20-jährigen Mann störten seit etwa sechs Jahren beim tiefen Einatmen ploppende Geräusche auf beiden Ohren, eine ausgeprägte Autophonie und manchmal auch ein Druckgefühl. Das Hörvermögen war audiometrisch normal. Bei der Otoskopie zeigten sich beidseits verzogene und ausgeprägt atrophische Trommelfel-

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl ■

Verzogene und ausgeprägt atrophische Trommelfelle, die sich bei forcierter In- und Exploration stark nach innen und außen bewegen.

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öffnet bleibt und die Luft aus dem Nasopharynx in die Paukenhöhle und zurück zirkulieren kann. Risikofaktoren sind rascher Gewichtsverlust, Dysfunktion des Musculus tensor veli palatini, Schleimhautatrophie, Vernarbungen und hohe Östrogenspiegel. Der junge Mann gab an, seit der Kindheit immer wieder Mittelohrentzündungen gehabt zu haben, die dreimal zu einer Parazentese geführt hatten. Man setzte ein Paukenröhrchen ein, worauf die Symptomatik rasch vollständig verschwand. Danach war keine Verschlechterung des Hörvermögens feststellbar, und der Mann fühlt sich auch zehn Monate nach dem Eingriff wohl.

■ Kuo CY, Wang CH (Korres.: [email protected]): Patulous Eustachian tube causing hypermobile eardrums. NEJM 2014;371:e37

MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (2)

[No information can help hardcore vaccination skeptics].

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