Leitthema Z Rheumatol https://doi.org/10.1007/s00393-017-0372-7 © Springer Medizin Verlag GmbH 2017 Redaktion I. Kötter, Hamburg H.-I. Huppertz, Bremen

I. Kötter1 · N. Stübiger2 · C. Deuter3 1

Rheumatologie, Klinische Immunologie und Nephrologie, Asklepios Klinik Altona, Hamburg, Deutschland 2 Poliklinik und Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 3

Department für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland

Augenbeteiligung bei rheumatoider Arthritis, Kollagenosen und Vaskulitiden Häufigkeit der Augenbeteiligung bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen Die rheumatoide Arthritis (RA) als häufigste rheumatische Erkrankung (Prävalenz 0,8–1 %) führt in ca. 25–39 % der Fälle zu einer okulären Beteiligung (. Abb. 1), die umso wahrscheinlicher wird, je länger die RA besteht [5]. Am häufigsten findet sich eine Keratoconjunctivitis sicca (KCS) (15–28 %), die auf eine entzündliche Infiltration der Tränendrüse (sekundäres Sjögren-Syndrom) zurückzuführen ist und z. B. unter dem Bild einer Keratitis filiformis (. Abb. 2) schwere Verläufe annehmen kann. Hierbei ist interessanterweise die Ausprägung der KCS unabhängig von der Aktivität der RA. Seltener wird eine Episkleritis (0,17–3 %) oder auch eine Skleritis (0,67–6 %), entweder diffus oder nekrotisierend, gesehen. Insgesamt ist die RA für ca. 10–20 % aller Skleritiden verantwortlich und stellt damit die häufigste Ursache für eine Skleritis dar. Die periphere ulzerative Keratitis (PUK) (rheumatisches Hornhautulkus, . Abb. 3) ist die seltenste Augenmanifestation der RA (0,1–2 %). Sie findet sich typischerweise bei älteren Patienten mit bereits „ausgebrannter“ Arthritis. Jedoch ist bekannt, dass das rheumatische Hornhautulkus Ausdruck einer generalisierten Vaskulitis ist und somit auf eine vitale Gefährdung der Patienten hinweist. Dies konnte z. B. in einer Arbeit von Stylianides et al. [19] gezeigt werden.

Hier war das Langzeitübeleben von Patienten mit einer RA, die eine Keratoplastik erhielten, signifikant schlechter als das von Patienten mit anderen Indikationen für eine Hornhauttransplantation. Dasselbe gilt übrigens auch für die Patienten, die eine nekrotisierende Form der Skleritis aufweisen. Die vorgenannten Ergebnisse wurden 2016 in einer Arbeit aus Indien bestätigt, zudem konnte erstmals eine Assoziation zwischen dem Vorhandensein von CCP(Cyclisches citrulliniertes Peptid)-Antikörpern und einer Augenbeteiligung gezeigt werden [21]. Es ist zwar zu vermuten, dass die Häufigkeit v. a. schwererer Augenbeteiligungen bei der RA im Zuge der

besseren Behandlungsoptionen und der immer früher einsetzenden Behandlung abnimmt, bisher wurden hierzu jedoch keine systematischen neueren Studien veröffentlicht.

Arthritis »stelltDiedierheumatoide häufigste Ursache für eine Skleritis dar Insgesamt führt die RA überwiegend zu Erkrankungen des äußeren Auges, äußerst selten zu einer intraokularen Entzündung. Beschrieben sind hier lediglich Einzelfälle – neben einer Choroiditis wurde auch über eine retinale Vasku-

25% 25%

20%

15%

10% 6%

5% 0,17%

0,01%

0,001%

Episkleritis

periphere ulzerative Keratitis

zentrales Hornhautulkus

0%

Sjögren

Skleritis

Abb. 1 8 Häufigkeit okulärer Manifestationen bei der rheumatoider Arthritis. (Aus [5]) Zeitschrift für Rheumatologie

Leitthema

Abb. 2 8 Filiforme Hornhautveränderungen bei schwerem Sicca-Syndrom. (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

Abb. 5 8 Schwerste nekrotisierende Skleritis bei Granulomatose mit Polyangiitis. (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

litis, idiopathische retinale Blutungen und auch über Makulaödeme berichtet. Therapeutisch kommen bei nicht entsprechend vorbehandelten Patienten Methotrexat und Leflunomid infrage, ansonsten TNF(Tumor-Nekrose-Faktor)Antagonisten oder Rituximab [1, 6]. Während beim Sjögren-Syndrom als häufigste Kollagenose (Prävalenz 0,7 % der Bevölkerung mit starkem Überwiegen des weiblichen Geschlechts) das trockene Auge (objektiviert mittels des Schirmer-Tests sowie Bengalrosa- oder Lissamingrün- oder Fluoreszeinfärbung unter Anwendung des van BijsterveldScores) zur Definition des Krankheitsbildes gehört, ist eine Augenbeteiligung beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) (Prävalenz 20–150/100.000) selten. Es können praktisch alle Strukturen des Auges, seiner Anhangsgebilde sowie der Sehbahn betroffen sein. Am häufigsten ist eine milde KCS (30–60 %), bei der Chen et al. [3] 2016 zeigen konnten, dass deren Ausprägung sich proportional zum Anti-dsDNA-Antikörperspiegel verhält. Auch eine Episkleritis bzw. Skleritis (2–10 %) sowie eine okklusive retinale Vaskulitis („Lupus-Retinopathie“) (3–29 %) sind beschrieben. Die LupusZeitschrift für Rheumatologie

Abb. 3 8 Periphere ulzerative Keratitis beirheumatoider Arthritis. (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

Abb. 4 8 Mikroangiopathie bei systemischem Lupus erythematodes. (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

Abb. 6 8 Akute okklusive retinale Vaskulitis bei Morbus Behçet. (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

Abb. 7 8 Granulomatöse Rückflächenbeschläge der Hornhaut bei Sarkoidose-assoziierter Uveitis. (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

Retinopathie, bei der es sich um eine Immunkomplex-mediierte Vaskulopathie handelt, zeigt sich in 2 Formen: 4 Die erste, mildere Form ist eine Mikroangiopathie mit Cotton-woolHerden, Mikroaneurysmen, harten Exsudaten und multiplen punktförmigen Blutungen (. Abb. 4). 4 Bei der zweiten, wesentlich ernsthafteren Form kommt es zu ausgeprägten Ischämien durch die Okklusion größerer retinaler Gefäße, wie z. B. der Zentralarterie oder -vene, meist in Verbindung mit einem sekundären Antiphospholipidsyndrom.

um die häufigste systemische Vaskulitis im Erwachsenenalter (Inzidenz 3,5 Fälle auf 100.000 Einwohner). Die Häufigkeit eines Visusverlustes bei der RZA beträgt ca. 50 %, wobei die AION die häufigste Ursache ist. Eine Amaurosis fugax und Diplopie gelten als Alarmzeichen für eine drohende Erblindung. Unbehandelt muss in 40 % mit der Erblindung des zweiten Auges gerechnet werden, davon ein Drittel innerhalb von 24 h [12].

Die retinale Vaskulopathie ist assoziiert mit der Aktivität der Grunderkrankung sowie einer höheren Mortalität der Patienten. Neuroophthalmologische Manifestationen umfassen eine Optikusneuritis, anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION) sowie selten auch Augenmuskelstörungen [14, 16]. Unter den Vaskulitiden stellt die Riesenzellarteriitis (RZA) das für das Auge des Patienten bedrohlichste Krankheitsbild dar. Gleichzeitig handelt es sich auch

Die Häufigkeit eines »Visusverlustes bei der Riesenzellarteriitis beträgt ca. 50 % Die Biopsie der Temporalarterie stellt noch immer den Goldstandard in der Diagnostik der RZA dar. Allerdings darf mit der Einleitung einer hoch dosierten Steroidtherapie (mindestens 250 mg intravenös) keinesfalls bis zum Vorliegen des Biopsiebefundes abgewartet werden. Vielmehr ist eine Biopsie auch nach 14-tägiger Steroidgabe häu-

Zusammenfassung · Abstract fig noch aussagefähig. Die farbkodierte Duplexsonographie mit Nachweis veränderter Strömungsverhältnisse und echoarmer Wandverdickungen der betroffenen Gefäße (Halo-Zeichen) ist pathognomonisch, wird aber aktuell noch zur Markierung der zu biopsierenden Areale und nicht alleinig zur Diagnosestellung genutzt. Ein fehlendes HaloZeichen schließt eine Arteriitis ebenso wenig aus, wie ein Fehlen serologischer Entzündungszeichen. Steroidsparend kommt primär Methotrexat infrage. Die zusätzliche Gabe von 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS) ist umstritten, bei okklusiven Gefäßveränderungen jedoch möglicherweise sinnvoll. Einen großen Fortschritt in der Therapie der RZA stellt Tocilizumab dar, das sich in 2 kürzlich publizierten randomisierten Studien als effektiv, steroidsparend und der Standardtherapie somit überlegen zeigte [18, 22]. Von der Food and Drug Administration (FDA) wurde Tocilizumab bereits für diese Indikation zugelassen. Bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), einer ANCA(antinukleärer zytoplasmatischer Antikörper)-assoziierten Vaskulitis mit einer Prävalenz von 5–7 Fällen auf 100.000 Einwohner sind die Augen in ca. 58 % der Fälle mit beteiligt. Häufig sind Konjunktivitis, Episkleritis/Skleritis sowie Pseudotumor orbitae, seltener dagegen finden sich retinale Vaskulitis und Panuveitis. In verschiedenen Studien fanden sich eine konjunktivale Beteiligung in 4–16 %, eine Episkleritis in 3,5 % sowie eine Skleritis in 16–38 % (davon die Hälfte mit nekrotisierender Skleritis). In einer Kohorte mit 158 Patienten war die okuläre Beteiligung in 15 % erstes Symptom der GPA ([9, 13]; . Abb. 5). In einer neueren Arbeit aus der französischen Vaskulitis-Arbeitsgruppe bestätigte sich dies mit 16,5 % der Patienten mit Augenbeteiligung bei Erstmanifestation [15]. Eine neuere russische Arbeit und auch eine Übersichtsarbeit aus der Cleveland Clinic aus dem Jahr 2010 kommen zu ähnlichen Ergebnissen. In der russischen Arbeit betrug die Häufigkeit der Augenbeteiligung (inklusive orbitaler Granulome) 48,8 % [10]. Bis zu einem Drittel der Patienten mit GPA verlieren durch eine schwere Augenbeteiligung

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Augenbeteiligung bei rheumatoider Arthritis, Kollagenosen und Vaskulitiden Zusammenfassung Zwischen Ophthalmologen und Rheumatologen gibt es diverse Berührungspunkte. Auf der einen Seite steht der Ophthalmologe bei entzündlichen Veränderungen des Auges vor der Frage, ob eine entzündlich rheumatische Systemerkrankung ursächlich ist, umgekehrt muss der Rheumatologe daran denken, dass bei einigen entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen häufiger Manifestationen am Auge vorliegen oder dass diese, wenn sie vorhanden sind, die Prognose und damit auch die Therapie maßgeblich beeinflussen. Im Folgenden soll dargestellt

werden, welche okulären Entzündungen mit der rheumatoiden Arthritis, Kollagenosen und Vaskulitiden assoziiert sind. Hierbei wird auf die Darstellung der akuten anterioren Uveitiden bei Spondyloarthritiden und derjenigen bei der juvenilen idiopathischen Arthritis verzichtet. Über diese wird an anderer Stelle dieses Heftes berichtet. Schlüsselwörter Ophthalmologe · Rheumatologe · Entzündlich rheumatische Systemerkrankung · Okuläre Entzündung · Uveitis

Ocular involvement in rheumatoid arthritis, connective tissue diseases and vasculitis Abstract There are many interfaces between ophthalmologists and rheumatologists. On the one hand ophthalmologists face the question if an inflammation of the eye is caused by systemic inflammatory rheumatic diseases and on the other hand rheumatologists have to consider that ocular manifestations are relatively common in some inflammatory rheumatic diseases. Furthermore, these ocular manifestations may influence therapeutic decisions of the rheumatologist. This article summarizes which ocular inflammations

teilweise ihr Sehvermögen, bis zu 8 % erblinden [20]. Darüber hinaus haben Patienten, die bei Erstdiagnose der GPA bereits eine okuläre Symptomatik aufweisen, schwerere Komplikationen der Grunderkrankung bis hin zum Tod. Zu beachten ist, dass bei der sog. „lokalisierten Form“ der GPA mit ausschließlichem Befall der Kopforgane die antigranulozytären Antikörper (ANCA) zumeist negativ sind. Ihr Fehlen schließt also eine zugrunde liegende GPA nicht aus [23]. Mit ca. 60 % gehört die Augenbeteiligung auch beim Morbus Behçet (MB), einer seltenen Vaskulitis variabler Gefäße (Prävalenz in der deutschstämmigen Bevölkerung ca. 0,6 pro 100.000, in der türkischstämmigen Bevölkerung ca. 40 pro

can be associated with rheumatoid arthritis, connective tissue diseases and vasculitides. The description of acute anterior uveitis in spondyloarthritis and in juvenile idiopathic arthritis is omitted in this article but will be dealt with elsewhere in this issue. Keywords Ophthalmologist · Rheumatologist · Systemic inflammatory rheumatic diseases · Ocular inflammation · Uveitis

100.000) zu den häufigen Organmanifestationen. Häufig sind eine posteriore Uveitis bzw. Panuveitis sowie insbesondere eine okklusive retinale Vaskulitis (. Abb. 6). Dagegen findet sich die in Lehrbüchern als typisch beschriebene Hypopyoniritis in der klinischen Praxis nur noch selten. Bislang galt die Visusprognose des MB als schlecht. Trotz frühzeitiger immunsuppressiver Therapie büßte über die Hälfte der Patienten im Laufe der Zeit ein brauchbares Sehvermögen ein. Erst durch den Einsatz moderner Biologika (Interferon-α, TNF-αAntagonisten) können Rezidive effektiv vermieden und so die langfristige Visusprognose dramatisch verbessert werden [7]. Seit Juni 2016 ist der TNF-α-Inhibitor Adalimumab offiziell für die Therapie Zeitschrift für Rheumatologie

Leitthema

Idiopathisch 63%

Uveitis assoziiert mit Systemerkrankung 37%

27% 50%

Arthritis Nicht infektiös systemisch

23%

Infektiös

Abb. 9 8 Ursachen von Uveitiden in einer Wiener Spezialsprechstunde (Barisani-Asenbauer et al. [2]) Abb. 8 8 Uveitis posterior mit kleinen wie ausgestanzt wirkenden chorioretinalen Narben (nahezu pathognomonisch für Sarkoidose). (Abdruck mit freundl. Genehmigung von C. Deuter)

der nichtinfektiösen Uveitis intermedia, Uveitis posterior und Panuveitis zugelassen. Somit fällt auch die Beteiligung des hinteren Augenabschnitts bei MB unter diese Zulassung.

Der Einsatz moderner »Biologika hat die langfristige Visusprognose dramatisch verbessert Umfangreichere Daten in der Literatur existieren zu Infliximab, das bei MB jedoch im Off-label-Use eingesetzt wird. Ebenso nicht zugelassen bei MB ist Interferon-α, das gegenüber den TNF-αInhibitoren den wichtigen Vorteil aufweist, dass bei einem großen Teil der Patienten die Therapie nach mehreren Monaten komplett beendet werden kann, ohne dass weitere Rezidive der Uveitis auftreten [4].

Sonderfall Sarkoidose Die Sarkoidose ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen. Ihr liegt eine granulomatöse Entzündung zugrunde, die sich in diversen Organen abspielen kann. Die Prävalenz der Sarkoidose wird auf 46/100.000 Einwohner in Deutschland geschätzt. Eine Augenbeteiligung trittin25–50 % der Fälle auf und ist nicht selten die erste Manifestation der Erkrankung.

Zeitschrift für Rheumatologie

Die Sarkoidose kann zu vielfältigen Veränderungen am Auge führen und muss daher zwingend bei jeglicher entzündlicher Augenerkrankung abgeklärt werden. In einer Analyse von 381 Patienten, bei denen die Augenbeteiligung die initiale Manifestation der Sarkoidose darstellte, war die anteriore Uveitis mit 76,4 % am häufigsten (davon 42 % mit akuter anteriorer Uveitis). Eine intermediäre Uveitis fand sich bei 17,3 %, eine posteriore Uveitis bei 4,7 % der Patienten (. Abb. 7 und 8). Seltener waren eine Beteiligung des N. opticus (0,8 %), eine Beteiligung der Tränendrüse (0,5 %) sowie eine Bindehautbeteiligung (0,3 %) [8].

Formen okulärer Entzündungen bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen und Häufigkeit Hier seien Daten aus der interdisziplinären Uveitis-Sprechstunde in Heidelberg zitiert, die 2009 erhoben und publiziert wurden [11]. In dieser Kohorte von 1916 Patienten hatten 43,1 % eine zugrunde liegende Systemerkrankung. Am häufigsten fand sich eine Sarkoidose (in 17,4 %), gefolgt von Spondyloarthritiden (15,8 %). Differenziert man weiter, dann handelte es sich in 45,4 % um eine Uveitis anterior, davon waren 15,4 % mit HLAB27 assoziiert, in 22,9 % um eine Uveitis intermedia, die sich in 53,7 % keiner Grunderkrankung zuordnen ließ, in 10,3 % lag eine multiple Sklerose zugrunde. In 13,5 % lag eine Uveitis posterior vor, von diesen Patienten hatten 24,7 % eine Toxoplasmose, und eine Panuveitis fand sich in 6,2 % der Fälle, davon hatten 12,6 % einen MB und 10,9 % eine Sarkoidose. In 12,9 % lagen extrauveale okuläre

Entzündungen vor (Skleritis, Episkleritis, Keratitis, Optikusneuritis, orbitale Myositis). Interessant ist in dieser Hinsicht auch eine Übersichtsarbeit unter Mitarbeit der Heidelberger Ophthalmologie, die den Zusammenhang zwischen Skleritiden und entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen beleuchtete (. Tab. 1; [17]). Ähnliche Ergebnisse erzielte eine Wiener Arbeitsgruppe unter Leitung von Frau Prof. Barisani-Asenbauer im Jahr 2012 [2]. Hier wurden 2619 Patienten aus einer Uveitissprechstunde evaluiert, von denen 59,9 % eine Uveitis anterior, 14,8 % eine Uveitis intermedia, 18,3 % eine Uveitis posterior und 7 % eine Panuveitis hatten. Von diesen waren 63 % idiopathisch, die übrigen waren mit einer Systemerkrankung assoziiert. Von denen, die mit einer Systemerkrankung assoziiert waren, waren 50 % infektiöser Ursache, die andere Hälfte spaltete sich zu gleichen Teilen in nichtinfektiöse Systemerkrankungen (wie z. B. die Sarkoidose oder den MB) und Arthritiden (Spondyloarthritiden, RA) auf (. Abb. 9). Hier waren die anterioren Uveitiden in 50 % der Fälle mit HLA-B27 assoziiert. Auch hier war die häufigste „idiopathische“, also nicht weiter einer Systemerkrankung oder Arthritis zuzuordnende Entität die Uveitis intermedia. Es wird anhand dieser retrospektiven Erhebungen klar, dass infektiöse Ursachen einer Uveitis genauso häufig sind wie nichtinfektiöse und dass mit Ausnahme der Uveitis anterior und der retinalen Vaskulitis, entzündlich rheumatische Erkrankungen eher selten ursächlich anzuschuldigen sind. Viele der Uveitiden

Tab. 1 Häufigkeit systemischer Grunderkrankungen bei Patienten mit Skleritis [17] Erkrankung Prozentsatz Patienten Rheumatoide Arthritis

10,3–18,6

Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener)

3,8–8,1

Rezidivierende Polychondritis

1,6–6,4

Systemischer Lupus erythematodes

1,0–4,1

Chronisch entzündliche Darmerkrankung

2,1–4,1

Seronegative Spondyloarthritiden (AS, ReA, PsorA)

0,3–3,5

Panarteriitis nodosa

0,4–1,1

Die Daten stammen aus 3 großen Fallserien. Andere immunvermittelte Erkrankungen, die auftraten, aber weniger als 1 % ausmachten, waren Morbus Behçet, Takayasu-Arteriitis, Riesenzellarteriitis, Urtikariavaskulitis, leukozytoklastische Hautvaskulitis, Hepatitis-C-assoziierte Vaskulitis, undifferenzierte Kollagenosen, Polymyalgia rheumatica. Pyoderma gangraenosum, Sarkoidose und Cogan-Syndrom AS Ankylosierende Spondylitis, ReA Reaktive Arthritis, PsorA Psoriasisarthritis

sind „idiopathisch“, d. h. isolierte okuläre Inflammationen, ohne eine zugrunde liegende entzündliche oder infektiöse Systemerkrankung.

Diskussion und Schlussfolgerungen Nach was muss also der Rheumatologe nun fahnden, wenn der Ophthalmologe einen Patienten mit einer okulären Symptomatik zur Abklärung schickt? Bei der anterioren Uveitis kommen in erster Linie Spondyloarthritiden bzw. bei Kindern die juvenile idiopathische Arthritis in Betracht. In Einzelfällen kann auch einmal eine chronisch entzündliche Darmerkrankung oder ein MB infrage kommen. Bei der Uveitis intermedia ist insgesamt eine zugrunde liegende Systemerkrankung eher selten, wenn, dann handelt es sich um eine multiple Sklerose oder eine Sarkoidose. Die Uveitis posterior kommt v. a. bei Vaskulitiden und Kollagenosen vor. Für den MB ist eine retinale okklusive Vaskulitis fast pathognomonisch. Skleritiden und – seltener – Episkleritiden werden bei der rheumatoiden Arthritis, den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, aber auch v. a. bei den Vaskulitiden und hier v. a. bei der GPA gesehen. Die AION ist typisch für die RZA, kommt aber auch bei anderen Vaskulitiden und seltener auch bei Kollagenosen vor. Eine Sicca-Symptomatik ist häufig, nicht nur beim Sjögren-Syndrom. Man

findet sie auch bei der RA und im Rahmen von entzündlichen Infiltrationen der Tränendrüsen auch bei der GPA und der Sarkoidose. Da, wie oben dargestellt, die entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen nicht die häufigsten zugrunde liegenden Erkrankungen bei den meisten okulären Inflammationen sind, sondern viel häufiger z. B. Infektionen zugrunde liegen oder wie bei der Uveitis intermedia andere Systemerkrankungen (multiple Sklerose) wahrscheinlicher sind, sollte primär auch nach diesen anderen Ursachen gezielt gesucht werden. Also sollte bei Letzterer z. B. der Ophthalmologe den neurologischen Ausschluss einer multiplen Sklerose anstreben und zum Ausschluss einer Sarkoidose die Bestimmung des löslichen Interleukin-2-Rezeptors (sIL2R) und des Angiotensin Converting Enzyme (ACE) sowie ggf. eine Computertomographie des Thorax zum Ausschluss einer bihilären Lymphadenopathie, die sich nicht selten der konventionellen Röntgendiagnostik des Thorax entzieht, veranlassen. Diese Diagnostik kann der Ophthalmologe zusammen mit dem Hausarzt des Patienten bereits durchführen, bevor ggf. der internistische Rheumatologe hinzugezogen wird. Wichtig in der Zusammenarbeit zwischen Ophthalmologen und Rheumatologen wäre auch, dass der Ophthalmologe dem Rheumatologen eine möglichst genaue Beschreibung der vorliegenden Augenentzündung, also eine Differenzierung in Uveitis anterior, intermedia, posterior, Panuveitis mit/ohne retinale Vaskulitis inklusive der Angabe des Cha-

rakters der Augenbeteiligung (rezidivierend, akut/chronisch, Vaskulitis okklusiv arteriell/venös etc.) gibt. Nur so kann der Rheumatologe einordnen, nach welcher zugrunde liegenden Erkrankung er mit welcher Wahrscheinlichkeit suchen muss. Die Therapie der okulären Manifestationen entzündlich rheumatischer Erkrankungen sollte letztlich gemeinsam erfolgen, denn nicht selten ist die rheumatologische Problematik gebessert, aber der Augenbefund aktiv oder umgekehrt, und die Intensität der Therapie hängt selbstverständlich von der jeweils aktivsten Organmanifestation ab. Hier ist es wiederum besonders wichtig, dass beide Fachrichtungen ein Verständnis füreinander entwickeln, und z. B. fachspezifische Abkürzungen und Befunde erklärt und besprochen werden. Insbesondere benötigt der Rheumatologe eine genaue Beschreibung der Aktivität und Schwere sowie auch der okulären Prognose, wenn er die Therapie mitgestalten soll.

Rheumatologe benötigt »eineDergenaue Beschreibung der Aktivität und Schwere des okulären Befundes In diesem Zusammenhang hat in Hamburg ein interdisziplinärer Arbeitskreis aus Rheumatologen und Ophthalmologen einen Zuweiserbogen für Ophthalmologen entwickelt, der die Kooperation erleichtern soll. Hier kann der Ophthalmologe ankreuzen, welche Uveitisform vorliegt, wie sie bisher therapiert wurde, und was genau seine Fragestellung an den Rheumatologen ist. Auf der Rückseite des Formulars befindet sich eine Erklärung der wichtigsten Abkürzungen in ophthalmologischen Briefen als Erklärung für die Rheumatologen (. Abb. 10a, b). Insgesamt ist eine enge Kooperation zwischen Ophthalmologe und Rheumatologe für eine optimale Patientenversorgung bei den entzündlichen nichtinfektiösen Augenerkrankungen, insbesondere den Uveitiden, unerlässlich.

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Leitthema

Abb. 10 9 Hamburger Uveitis-Zuweiserbogen: a Vorderseite. CSA Ciclosporin A, TNF Tumor-Nekrose-Faktor, VEGF Vascular endothelial growth factor

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Abb. 10 (Fortsetzung) 9 Hamburger Uveitis-Zuweiserbogen: b Rückseite. CSA Ciclsporin A, TNF Tumor-Nekrose-Faktor, VEGF Vascular endothelial growth factor

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Leitthema Fazit für die Praxis

Literatur

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fektiösen Augenveränderungen (Episkleritis, Skleritis, Uveitis anterior, Uveitis intermedia, Uveitis posterior, retinale Vaskulitis, Panuveitis) ist ein wichtiger Hinweis auf die Entität zugrunde liegender entzündlichrheumatischer Erkrankungen. Deshalb ist eine genaue Klassifikation der Augenentzündung durch den Ophthalmologen wichtig. 4 Insgesamt sind jedoch andere als entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen die häufigere Ursache einer entzündlichen Augenerkrankung. Insbesondere gilt dies für die Uveitis intermedia, die meist „idiopathisch“ ist, oder aber in Assoziation mit einer Multiplen Sklerose, seltener auch mit einer Sarkoidose vorkommt. 4 Bei entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen können Manifestationen am Auge vorliegen, die die Prognose und damit auch die Therapie maßgeblich beeinflussen. 4 Bei den entzündlichen nichtinfektiösen Augenerkrankungen ist deshalb eine enge Kooperation zwischen Ophthalmologen und Rheumatologen für eine optimale Patientenversorgung erforderlich.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. I. Kötter Rheumatologie, Klinische Immunologie und Nephrologie, Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich Str. 1, 22763 Hamburg, Deutschland [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. I. Kötter: Vorträge oder vergleichbare Tätigkeiten finanziert durch Honorare von AbbVie, Actelion, Celgene, Chugai, GSK, Janssen, Lilly, MSD, Novartis, Pfizer, Roche, Sanofi, Sobi. N. Stübiger: Vorträge oder vergleichbare Tätigkeiten finanziert durch Honorare von AbbVie, Allergan, Alcon, Bayer, Bausch & Lomb, InfectoPharm, Novartis, Roche, Santen. C. Deuter: Vorträge oder vergleichbare Tätigkeiten finanziert durch Honorare von AbbVie, Allergan, MSD, Novartis, Pfizer, Roche, Santen, Servier. Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.

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[Ocular involvement in rheumatoid arthritis, connective tissue diseases and vasculitis].

There are many interfaces between ophthalmologists and rheumatologists. On the one hand ophthalmologists face the question if an inflammation of the e...
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