Topthema

OP-Management

Essentials

Olivier Tschudi • Guido Schüpfer

OP-Management umfasst weit mehr als die Koordination des täglichen Programmablaufs im OP-Betrieb. Seine Aufgabe ist die umfassende Steuerung aller für die Leistungserbringung benötigten Ressourcen: vom Personal über das Material bis hin zu den OP-Räumen. Ausgehend von der Patientensicht beschreibt der Artikel Managementstrukturen für den OP und erläutert Gestaltungsparameter für den Tagesablauf und die Behandlung von Notfällen. Weiter werden räumliche Voraussetzungen für effiziente und sichere Abläufe sowie für den Einsatz moderner Medizintechnik skizziert und Möglichkeiten des OP-Managements in der Materialwirtschaft aufgezeigt, um finanzielle und zeitliche Ressourcen freizusetzen. Sicht der Patienten



Unterschiedliche Erwartungen Für Anästhesisten wie auch für alle anderen Kliniker stehen bei ihrer Arbeit Sicherheit, Effizienz und gute Standards im Fokus. Mindestens ebenso wichtig ist es, die Ängste und Sorgen von Patienten zu realisieren und proaktiv zu agieren. Entscheidet sich ein Patient für eine OP, kann er im Voraus nicht wissen, wie das Ergebnis ausfallen wird. Patienten schätzen kurze Wartezeiten und das Einhalten von Terminen. Ihre Bedürfnisse, die aus verschiedenen Umfragen hervorgehen, finden Sie in q Tab. 1 aufgelistet.

Fallabsagen könnten vermieden werden Die chirurgische und anästhesiologische Aufklärung und Planung muss abgeschlossen sein, bevor eine OP stattfinden darf. Für die Patienten ist das Verschieben eines geplanten Eingriffs mehr als nur ärgerlich. Fallabsagen können verhindert werden durch ▶ eine vollständige präoperative, wenn nötig interdisziplinäre Beurteilung, ▶ die verbindliche Reservierung von Kapazitäten im Umfeld sowie ▶ verbindliche Kommunikation zwischen dem Patient und den involvierten Disziplinen.

Ursachenanalyse und Erklärung für betroffene Patienten Um die Systemfähigkeiten insgesamt zu verbessern, müssen die medizinischen und nicht medizinischen Gründe für Fallabsagen strukturiert erfasst werden. Weshalb Fälle vom regulären Programm abgesetzt werden, ist zu auditieren. Werden Fälle aus nicht klinischen Gründen verschoben, sollte dies durch einen erfahrenen Behandler erklärt werden. Wird ein Patient aus medizinischen Gründen vom Programm abgesetzt, muss die klinische Aufarbeitung dem Patienten erläutert werden. In beiden Fällen ist dem Patient ein alternativer Behandlungsplan oder am besten ein neuer OPTermin verbindlich in Aussicht zu stellen. Patienten haben unterschiedliche Erwartungen – ihre Ängste und Sorgen sind bei der täglichen Arbeit zu berücksichtigen. Fallabsagen sind zu analysieren und dem Patienten zu erklären.

Managementstrukturen für den OP



Management für den OP Der OP-Betrieb als wichtiges Element in der Prozesskette chirurgischer oder interventioneller Behandlungen erfordert einen verantwortlichen Leiter: den OPManager. Er verfügt über die notwendige Budgetverantwortung sowie eine adäquate Informations- und Administrationsunterstützung. Eine breite Erfahrung in den klinisch tätigen Disziplinen kann insbesondere in der Einstiegsphase einen raschen Überblick ermöglichen [1]. OPManagement ist „ […] die bewegende Kraft, überall wo es darum geht, durch ein arbeitsteiliges Zusammenwirken vieler Menschen gemeinsam etwas zu erreichen“ [2], also die Transformation von Wissen und Ressourcen in Nutzen. Steuerung der Ressourcen Zu den wichtigsten Elementen für einen effizienten OP-Betrieb gehören neben effektivem Management mit guter Kommunikation adäquat trainierte Mitarbeiter,

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Prozesssicherheit im OP Das OP-Management muss für Prozesssicherheit sorgen. Dies erfolgt durch die Vereinbarung von Regeln für den Tagesbetrieb (OP-Koordination), die OP-Planung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Klare, übersichtlich gehaltene Standard Operating Procedures (SOP) geben vor, wie z. B. mit Änderungen im Tagesablauf umzugehen ist. SOP sind ein wirksames Mittel, um Sicherheit in den Betriebsabläufen zu gewährleisten und Kosten zu senken. ▶ Die Regeldefinition sollte am besten in einem OP-Statut inkl. SOP und Funktionsdiagrammen festgehalten werden. Dokumentierte Regeln sind auch ein Mittel gegen Wissensverlust, wenn Mitglieder das Team verlassen und neue Mitarbeiter eingeführt werden. Insbesondere bei den Assistenzärzten ist die Fluktuation naturgemäß groß und deren Einführung in den OP-Betrieb wird oft vernachlässigt. Kommunikation In Nutzergruppen kann die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Management gepflegt werden. Das OP-Management muss Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Berufsgruppen schaffen [6]. ▶ Eine enge und offene Kommunikation sowie Koordination zwischen den perioperativen Bereichen und dem OP-Betrieb sind essenziell [7]. Dies ist nützlich, um neue Ideen voranzutreiben, die Strategie im Bereich zu verankern und sich über die Effektivität und Effizienz der etablierten SOP oder Checklisten auszutauschen. Das Liaisonmanagement zwischen den Stationen, einem etwaigen Transportteam und dem OPBetrieb wird idealerweise durch elektronische Hilfsmittel unterstützt. Eine „real time“-Information (Informations-Hol-Prinzip) über den laufenden OP-Betrieb sowie über eventuelle Änderungen muss für das gesamte Personal im Bereich sichtbar sein. Dies reduziert die Anzahl von Telefonaten, vermeidet Leerläufe aufgrund von Informationssymmetrien und führt allgemein zur qualitätsfördernden Beruhigung des OP-Betriebs.

Patientenerwartungen ▶ Wahlmöglichkeiten bezüglich OP-Zeitpunkt ▶ bei OP-Absetzung unmittelbar neue Termin-Vereinbarung ▶ Abgabe von Dokumentationen bezüglich OP und OP-Saalprozess ▶ Mitarbeiter, die sich vorstellen und erklären, was sie tun ▶ ausreichend Zeit, um die Einverständniserklärung zu lesen, und Möglichkeit, Fragen zu stellen ▶ Privatsphäre bei der Diskussion mit dem Krankenhauspersonal ▶ Information über den postoperativen Verlauf sowie mögliche Komplikationen ▶ ein klar definierten Ansprechpartner, wenn Probleme nach Entlassung auftreten Tab. 1

Fachlich qualifiziertes Personal zur Kapazitätssicherung Um elektive und notfallmäßige Patientennachfragen und unerwartete Änderungen abwickeln zu können, müssen die im OP tätigen Kliniken unter Verantwortung derer Direktoren für eine adäquate Personalausstattung sorgen. Die Personaldecke darf nicht zu knapp sein. Die chirurgischen und anästhesiologischen Kliniken haben verantwortliche Personen zu benennen, die bei Abwesenheiten oder Personalausfällen für Lösungen zur Kapazitätssicherung sorgen können. In allen Bereichen ist die Supervision und Supportfähigkeit durch die involvierten Kliniken zu gewährleisten. Durch interklinische Kommunikation ist sicherzustellen, dass kurz- oder langfristige Ausfälle in anderen Bereichen für die Kompensation von Überstunden genutzt werden können. Eine zunehmende Verknappung qualifizierten Personals ist mit hohen unternehmerischen Risiken verbunden und der Unternehmensleitung klar zu adressieren. Respekt, Anstand, Autonomie und das Übertragen von Verantwortung bei verlässlichen Strukturen tragen zur Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung bei. Eine adäquate Einarbeitungszeit durch die im OP-Bereich tätigen Kliniken ist zu gewährleisten [6]. Leistungs- und Prozess-Controlling Planungs-, Steuerungs- und Controlling-Systeme sind entscheidend, um den effizienten OP-Betrieb sicherzustellen [8, 9]. Datenauswertungen ermöglichen ein effektives Audit und stimulieren Ideen für Verbesserungen. Dazu können eine Reihe von Kennzahlen wie z. B. die OP-Saalnutzung, Gründe für Fallabsagen, Überzeiten oder Verzögerungen analysiert und anhand dieser vom OP-Management-Team Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden. OP-Management beschäftigt sich mit der umfassenden Steuerung aller OP-Ressourcen und sorgt für Prozesssicherheit. Nur mit ausreichend und gut ausgebildetem Personal können die Kapazitäten für die Patientenbehandlung gesichert werden. Planungs-, Steuerungs- und Controllingsysteme sind für einen effizienten OP-Betrieb entscheidend.

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brauchbare bauliche Strukturen [3], welche die Prozesse unterstützen, und hinreichendes Equipment [3–5]. Aufgabe des OP-Managements ist die umfassende Steuerung der für die Leistungserbringung benötigten Ressourcen: ▶ kompetentes (Funktions-)Personal ▶ Material ▶ Implantate ▶ Sterilgut ▶ Medizintechnikgeräte ▶ ausgerüstete Räume Die OP-Koordination wirkt als verlängerter Arm des OP-Managements. Sie organisiert nach akzeptierten Koordinationsregeln den Tagesbetrieb.

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Topthema Organisation des Tagesbetriebs



OP-Tagesprogramm In gemeinsamer Absprache ist die Reihenfolge für die Säle nach medizinischer und operativer Logistik vernünftig abzustimmen. Dazu gehört, dass lange OPs so gelegt werden, dass sie während der Saalöffnungszeit abgearbeitet werden können, ohne Überstunden zu verursachen. Insgesamt sollte, basierend auf den institutionellen Erfahrungen, die abzuarbeitende Liste pro Saal so arrangiert werden, dass Überzeiten vermieden werden können. Es hat sich bewährt, pro Saal ein Team zuzuweisen, für das Chirurg und Anästhesist gemeinsam verantwortlich sind [10]. Eine realistische Planung beugt Streichungen vor, was den Patienten zugutekommt. Eine Kultur, sich gemeinsam an den verabredeten Plan zu halten und die Saalnutzungszeiten zu respektieren, hilft auf Dauer, die Produktivität des Bereichs nachhaltig sicher zu verbessern [7, 10–14]. Für einen effektiven Gebrauch der zugewiesenen OP-Kapazität für elektive Chirurgie müssen Saalbeginn und -ende vereinbart und auch respektiert werden [11]. Verzögerungen führen zu einem unwiderruflichen Kapazitätsverlust und beeinflussen den gesamten Programmablauf. Unpünktlichkeit wirkt oft bis in den Nachmittag hinein [5, 11].

Abb. 1 Kostenstruktur der OP-Plattform am Luzerner Kantonsspital 2013 (eigene Analyse).

Bedeutung der prä- und postoperativen Bereiche Die dem OP vorgelagerten Bereiche tragen mit der vollständigen Patientenvorbereitung wesentlich zu einem reibungslosen Tagesablauf bei. Bei der Vorbereitung eines Patienten ist zu bedenken, wie störend sich eine kurzfristige Änderung des Ablaufs auf die Patientenbeziehung auswirken kann. Ein Patient kann z. B. Angst bekommen, wenn er nicht zum vereinbarten Zeitpunkt operiert werden kann.

Kostenstruktur OP-Betrieb

Anlagen 5 %

Medikamente 1 %

Fremdleistungen 7 % Material 26 %

Rest 16 %

Implantate 21 %

Personal 24 %

Bildnachweis: Guido Schüpfer

Im Tagesbetrieb ist es aus anästhesiologischer Sicht möglich, Patienten geplant präoperativ zu sehen und gleichzeitig für die Saalvorbereitung genügend Zeit zu haben. Die präoperative Visite kann nach unserer Meinung teilweise auch an nicht ärztliches Personal delegiert werden [15]. Es ist hilfreich, bezüglich Nüchternheit, Antikoagulation, Zahnprothesen usw. eine SOP zu entwickeln, deren Anwendung kontrolliert wird. Für nachgelagerte Einheiten wie die Intensivstation (ITS) braucht es Ansprechpartner mit geregelten Verantwortlichkeiten. Naturgemäß wird die Verfügbarkeit von ITS-Plätzen bei elektiven Eingriffen vor Anästhesieinduktion überprüft.

Schnittstellen im Patientenprozess Die Schnittstellen im Patientenprozess müssen klar definiert und eine sichere Identifikation des Patienten muss zwingend gewährleistet sein. Zu häufige Checks können Furcht und Verunsicherung bei den Patienten hervorrufen und sollten dementsprechend auf ein vernünftiges Minimum reduziert werden. Am besten identifiziert sich der Patient selber und weist auch eine klare Markierung der OP-Seite auf. Unter Begleitung können sich nicht sedierte Patienten durchaus selber in den OP-Saal begeben. Die übrigen Patienten werden in den OP-Betrieb gefahren und umgebettet. Im Patientenprozess muss die Identifikation des Patienten jederzeit gewährleistet sein.

Disposition im Tagesverlauf Im Tagesverlauf sind die nachfolgenden Patienten in Abhängigkeit ihrer Komplexität so zu bestellen, dass ein möglichst nahtloser Wechsel von einem Fall zum nächsten erfolgt. Die Variabilität der OP-Zeiten ist die größte Herausforderung der Disposition im Tagesverlauf. Wird das OP-Programm über die Regelarbeitszeit hinweg durchgesetzt (Overrun), kann dies nur durch Überstunden der Teammitglieder geleistet werden. Viele OP-Betriebe weisen zu hohe Überstundensaldi aus. Überschreiten die Saldi einen kritischen Wert, ist zunächst mit einer Zunahme von Kurzfehlzeiten zu rechnen, die erfahrungsgemäß in eine erhöhte Fluktuation münden [16]. Nur bei einem gut geplanten OP-Betrieb ist die involvierte Ärzteschaft in der Lage, neben den Aufgaben im OP-Saal auch anderen professionsbedingten Pflichten wie Rapporten, Sprechstunden etc. nachzukommen. Schichtsystem zum Schutz des Personals Das Schichtsystem sollte auf Leistungsspitzen am Vormittag und Nachmittag ausgerichtet sein und angemessene Pausen für das gesamte beteiligte Personal ermöglichen. Es muss Rücksicht neh-

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Topthema

men auf die Altersstruktur der Mitarbeiter. Durch die Reduktion respektive Verminderung von Überzeiten und das Einhalten von Pausenmöglichkeiten werden Müdigkeit und das Risiko von Erschöpfung vermieden [17–19].

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Initiativen in der Materialwirtschaft durch das OP-Management ▶ Sortimentsbreite und -tiefe reduzieren ▶ Logistikkette straffen ▶ Lagerorganisation und Lokationssystem etablieren ▶ Prozesse standardisieren ▶ Kapitalbindung bei Implantaten senken

Trauma- und Notfallchirurgie



▶ Potenzial bei Einkaufsverhandlungen

Kapazitätspuffer für Notfälle Abhängig von der medizinischen Dringlichkeit sollten dank entsprechender Kapazitätspufferung 80 % der Notfälle während der normalen Arbeitszeit abzuwickeln sein [13]. Für die Abarbeitung der Notfälle und deren Priorisierung sind Regeln durch das OP-Management zusammen mit den Klinikdirektoren und der OP-Steuerungsgruppe zu erstellen [8]. Mitentscheidend für einen hohen Qualitätsstandard bei den schwierigsten Fällen ist der Einsatz von Fachärzten mit langjähriger Erfahrung. Für eine vollständige Vorbereitung und ein bestmögliches Ergebnis der chirurgischen Therapie profitieren v. a. ältere Notfall- und Traumapatienten bei der präoperative Beurteilung von einem interdisziplinären Teamansatz. Nach Möglichkeit ist die Notfallkapazität deshalb durch erfahrene Anästhesisten und Chirurgen abzudecken, ohne diese ins Routineprogramm einzubinden [18, 19]. Eine adäquate Auslastung zu regulären Arbeitszeiten führt letztlich zu geringeren Schlafstörungen für diensthabende Anästhesisten und Chirurgen. Die Folgen von Schichtarbeit und deren Konsequenzen, gerade bei älteren Mitarbeitern, sind bestens bekannt und daher zu vermeiden.

Räumliche Voraussetzungen



Kurze Wege für effiziente Abläufe Räumliche Gegebenheiten mit kurzen Wegen sind eine Voraussetzung für einen effizienten und sicheren OP-Betrieb. Die räumlichen Strukturen haben den Patientenfluss durch das System zu erleichtern. Neugebaute Krankenhäuser haben gegen-

▶ Lieferbereitschaftsgrad mit Lieferanten vereinbaren Tab. 2

über älteren Häusern mit teilweise nicht mehr zeitgemäßen Strukturen einen Wettbewerbsvorteil. Der perioperative Prozess am OP-Tag kann durch spezielle Aufnahmestrukturen effizienter gestaltet werden. An diese Strukturen angegliedert sollten sich Räume für die präoperative Beurteilung befinden. Allenfalls kann eine sog. „Holding Area“ durch Abpufferungen für einen geglätteten OP-Programmablauf sorgen.

Die räumliche Nähe von Aufnahmestrukturen, ambulantem Bereich, OP-Betrieb und Aufwachräumen ist eine wesentliche Voraussetzung, um das vorhandene, trainierte Personal optimal einzusetzen und durch kurze Transportwege effizient arbeiten zu lassen.

Platz für moderne Medizintechnik und große Teams Chirurgische und anästhesiologische Prozeduren werden zunehmend komplexer. Damit OP-Räume das nötige Zusatzequipment, z. B. zur Bildgebung, aufnehmen können und flexibel nutzbar sind, müssen sie selektiv größer gebaut werden. Die Raumgröße (Fläche) ist im Vergleich zur modernen Medizintechnik mit IT und Raumtechnik kein wesentlicher Kostentreiber bei der Realisierung neuer OP-Säle.

Materialwirtschaft im OP



Kostenstruktur Die Analyse der Kostenstruktur eines OP-Betriebs zeigt, dass mehr als die Hälfte der Kosten von Verbrauchsmaterial, Implantaten und Sterilgut verursacht wird (q Abb. 1). Die Verund Entsorgung eines OP-Betriebs bindet Ressourcen aus dem OP sowie von internen Supportbereichen und externer Partner für den Einkauf, die Logistik, die Sterilisation und den Transport. Die totalen Beschaffungskosten („total cost of ownership“) sind damit wesentlich höher als die ausgewiesenen Verbrauchskosten. Es gibt mehrere Ansätze dafür, wie die Optimierung der Materialwirtschaft die OP-Effektivität und -Effizienz steigern kann. q Tab. 2 gibt einen Überblick über mögliche Initiativen des OP-Managements, die im Folgenden kurz beschrieben werden.

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Planbare OPs außerhalb der normalen Betriebszeiten Chirurgie außerhalb der regulären Arbeitszeiten führt nicht zwingend zu guten Behandlungsergebnissen [20]. Planbare oder gar elektive Eingriffe sollten nicht unnötig in die Nacht verlegt werden. Wird häufig nach 21 Uhr elektive Chirurgie betrieben, ist dies ein starker Hinweis dafür, dass entweder nicht genügend Kapazitäten vorhanden sind oder tagsüber ineffizient gearbeitet wird. Gegebenenfalls muss auf ein Schichtsystem umgestellt werden, damit die Nachfrage von den Mitarbeitern unter planbaren Bedingungen und ohne Überstunden abgedeckt werden kann. ▶ Das Tages- und Notfall-Team darf nicht mit Überzeiten, verursacht durch schlechte Planung, überlastet werden.

Topthema

Sortimentsbreite und -tiefe reduzieren Die Sortimentsbreite und -tiefe der verwendeten Sachgüter sind der wesentliche Komplexitätsund Kostentreiber. Ursache hierfür sind die Variantenvielfalt bei Standardeingriffen und Eingriffsprozeduren sowie das chirurgische Angebot. Um hier einzusparen, ist die Anzahl verwendeter Artikel und Lieferanten durch Sortimentsstandardisierung zu reduzieren. Können z. B. die Systeme für OPs am Bewegungsapparat standardisiert werden, kann das OP-Team durch die Erhöhung der Anzahl von Eingriffen pro System Routine in der Anwendung gewinnen. Sortimentsmaßnahmen können neben wirtschaftlichen Vorteilen auch die Qualität für den Chirurgen verbessern. Es hat sich bewährt, Sortimentsverbesserungen in einer OP-Materialkommission im Auftrag der OP-Steuerungsgruppe voranzutreiben. Logistikkette straffen Logistikprozesse laufen immer dann ab, wenn Material, Implantate oder Sterilgut vom Personal in die Hand genommen wird. Neben der Bindung von Personalressourcen bergen Logistikprozesse auch Risiken, z. B. dass etwas beschädigt wird. Deshalb ist die Anzahl der Lagerstufen gering zu halten. Die Ware muss möglichst direkt, d. h. ohne Zwischenlagerung, an den Ort des Gebrauchs gelangen. Lagerorganisation und Lokationssystem etablieren In OP-Sälen wissen die Mitarbeiter oft aus Erfahrung, wo welche Ware gelagert wird. Besser wäre es, das Wissen in einem Lokationssystem zu speichern. Sobald alle im OP verfügbaren Artikel (Verbrauchsmaterial, Implantate, Sterilgut) einem Lagerort /-platz zugeordnet sind, kann in einem Lokationssystem ein Artikel gesucht und herausgefunden werden, unter welcher Lageradresse er im OP zu finden ist. Prozesse standardisieren Im OP sind immer wieder Expresslieferungen /-aufträge zu verarbeiten. Nicht alle sind nötig. Der Unterschied zwischen einem industriellen Logistiksystem und der OP-Logistik ist, dass industrielle Logistiksysteme nicht immer wieder aus dem Ruder geraten [21]. Aufgrund der fehlenden Prozessstandardisierung (u. a. individuelle Abläufe in Kliniken / bei Chirurgen) und ad-hoc-Einsätzen wird vielerorts zuviel Personal gebunden (z. B. Leihinstrumente). Es ist für alle Beteiligten nur von Vorteil, wenn die Logistik auf standardisierten Prozessen gründet und sich alle an die vereinbarten Abläufe halten. ▶ Erst wenn Prozesse standardisiert sind, können sie mit IT-Mitteln vereinfachend unterstützt werden.

werden, sind die Bestände aufgrund der knappen Platzverhältnisse oft zu klein sind und es wird viel zu häufig bestellt. ▶ Durch Bestell- und Logistikvorgänge werden Personalressourcen gebunden, die den Warenwert übersteigen können. Sicherheitsbestände bei Implantaten sind auf Basis von Datenanalysen zu bestimmen, allenfalls ergänzt um eine auftragsbedingte Risikokomponente (z. B. Vorhalteanforderungen an eine hochspezialisierte Klinik für Unfallchirurgie). Um zu verhindern, dass Artikel auf Lager genommen werden, die vielleicht bald nicht mehr eingesetzt werden, braucht es den Dialog mit den Chirurgen sowie verbindliche Beschlüsse der OP-Materialkommission. Implantate in Konsignation sind eine gute Lösung, bei der sowohl der Lieferanten als auch der OP profitieren: Der Lieferant kann sein Sortiment im OP „lagern“ und für den OP besteht weniger Kapitalbindung und kein Verfallsrisiko.

Potenzial bei Einkaufsverhandlungen MedicalDevices-Lieferanten weisen in ihren Geschäftsberichten typischerweise Ebit-Margen (Ebit = Gewinn vor Zinsen und Steuern) von rund 20 % aus. Es darf angenommen werden, dass auch nach Berücksichtigung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bei den Preisen noch erhebliches Potenzial vorhanden sein muss. Um dieses zu realisieren, müssen sich Krankenhäuser im Fokus der Geschäftsleitung zu Einkaufsgemeinschaften zusammenschließen und die Sortimente gemeinsam mit den Fachärzten vereinfachen. Lieferbereitschaftsgrad mit Lieferanten vereinbaren Eine ungenügende Lieferbereitschaft äußert sich in Lieferengpässen. Fehlt ein spezifischer Artikel, kann dies den OP-Betrieb stören: Der Zusatzaufwand für Abklärungen und die Suche nach Alternativen führen im schlimmsten Fall zu Eingriffsverschiebungen. Das Ergebnis sind vielfache Opportunitätskosten. Im Gesundheitswesen wird die Lieferbereitschaft von Industriepartnern noch zu selten überwacht und zu wenig geahndet. Mit Lieferanten ist der erwartete Lieferbereitschaftsgrad zu vereinbaren, zu messen und wenn nötig zu bestrafen. Auch hier kann von anderen Industrien wie z. B. dem Einzelhandel gelernt werden. Initiativen in der Materialwirtschaft sind Chancen, um finanzielle und zeitliche Ressourcen zu gewinnen, die gleichzeitig die Qualität fördern und in die knappste Ressource im OP investiert werden können: die Mitarbeiter.

Kapitalbindung bei Implantaten senken Die Kapitalbindung im OP ist nur bei Implantaten relevant. Bei Artikeln, die einen kleinen Einkaufspreis haben und die viel /regelmäßig gebraucht

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Topthema

Fazit Mit einem wirksamen Management kann die

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Kernaussagen

OP-Produktivität kontinuierlich gesteigert und gleichzeitig dank eines zufriedenen Teams die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Dazu ist ein verantwortlicher OPManager erforderlich, der mit den beteiligten Berufsgruppen die Schlüsselthemen adressiert ̶ zum Nutzen der Patienten und des Teams. ◀

▶ Patienten haben unterschiedliche Erwartungen – ihre Ängste und Sorgen sind bei der täglichen Arbeit zu berücksichtigen. Fallabsagen sind ein Ärgernis. Sie sind zu analysieren und dem Patienten zu erklären. ▶ OP-Management beschäftigt sich zur kontinuierlichen Produktivitätssteigerung mit der umfassenden Steuerung aller OP-Ressourcen und sorgt für Prozesssicherheit (Regeln, standardisierte Betriebsabläufe [SOP]). ▶ Nur mit ausreichender Personaldecke und gut ausgebildetem Personal können die Kapazitäten für die Behandlung von Patienten gesichert werden. Dem Personal ist Sorge zu tragen (Schichtarbeit, Überzeiten, respektvoller Umgang).

Dr. oec. publ. Olivier Tschudi ist Leiter OP-Management am Luzerner Kantonsspital. E-Mail: olivier. [email protected]

▶ Planungs-, Steuerungs- und Controlling-Systeme sind für einen effizienten OPBetrieb entscheidend. Datenauswertungen stimulieren Ideen für Verbesserungen.

▶ Der OP muss aktiv mit den anderen perioperativen Bereichen kommunizieren. Vollständige präoperative Abklärungen der Patienten sind wichtig für einen reibungslosen Betrieb. Fallabsagen können vermieden werden.

Dr. Guido Schüpfer ist CoChefarzt an der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Rettungs- und Schmerzmedizin am Luzerner Kantonsspital. Er erwarb sich neben dem Facharzttitel einen PhD an der Universität Gent und einen Master Degree an der Universität St. Gallen. Für sein Engagement zur Vermittlung von Management-Kompetenz an Ärzte wurde er 2014 mit der Goldenen Ehrennadel des BDA ausgezeichnet. E-Mail: [email protected]

▶ 80 % der Notfälle sollten durch Kapazitätspufferung während der normalen Arbeitszeit operiert werden können. Priorisierungsregeln sind durch das OP-Management gemeinsam mit den Klinikdirektoren und dem OP-Steuerungsorgan festzulegen. ▶ Kurze Wege sind ein Erfolgsfaktor für effiziente OP-Betriebe. Die räumlichen Strukturen haben den Patientenfluss durch das System zu erleichtern. ▶ Der Einsatz moderner Medizintechnik setzt voraus, dass OP-Säle selektiv größer gebaut werden. Die Fläche ist im Vergleich zu den Geräten und der Raumtechnik kein primärer Kostentreiber.

Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

▶ Durch Initiativen des OP-Managements in der Materialwirtschaft können zeitliche und finanzielle Ressourcen gewonnen werden und gleichzeitig kann die Qualität verbessert werden.

Literaturverzeichnis 1 Schüpfer G, Bauer M. Wer ist zum OP-Manager geeignet? Evaluationsanleitung für Krankenhäuser und Bewerber. Anaesthesist 2011; 60: 251–256 2 Schleppers A, Bender H. OP-Management – Eine Standortbestimmung. In: OP-Management. Ansorg J, Schleppers A, Diemer M et al., Hrsg. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2006: 3–4 3 Krupka DC, Sandberg WS. Operating room design and its impact on operating room economics. Curr Opin Anaesthesiol 2006; 19: 185–191 4 Alon E, Schüpfer G. Operationssaal-Management. Anaesthesist 1999; 48: 689–697 5 Harders M, Malangoni MA, Weight S et al. Increasing operating room throughput via parallel processing may not require extra resources. Anesthesiology 2009; 110: 435; author reply 435 6 Gfrorer R, Schüpfer G, Schmidt CE, Bauer M. Teambildung im Operationssaal – Auswirkungen auf die Entscheidungsqualität. Anaesthesist 2005; 54: 1229–1234 7 Pandit JJ, Westbury S, Pandit M. The concept of surgical operating list ‘efficiency’: a formula to describe the term. Anaesthesia 2007 62: 895–903 8 Baumgart A, Schüpfer G, Welker A et al. Status quo and current trends of operating room management in Germany. Curr Opin Anaesthesiol 2010; 23: 193–200 9 Berry M, Schüpfer G, Martin J et al. Controlling und Berichtswesen im OP-Management – Analyse des Entwicklungsstands. Anaesthesist 2008; 57: 269–274

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Literatur online Das vollständige Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: Abonnenten und Nichtabonnenten können unter „www.thieme-connect.de/ ejournals“ die Seite der AINS aufrufen und beim jeweiligen Artikel auf „Zusatzmaterial“ klicken – hier ist die Literatur für alle frei zugänglich.

Beitrag online zu finden unter http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1395174

Tschudi O, Schüpfer G. OP-Management – Essentials. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2014; 49: 610–615

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▶ Im Patientenprozess muss die Identifikation jederzeit gewährleistet sein. Zu viele Checks im Beisein des Patienten können zu Verunsicherung führen.

[OR-Management - Essentials].

Operating theaters are strongly linked to other units in a hospital such as the ICU, the wards and the emergency room for example. Good management ski...
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