Kasuistiken Anaesthesist 2015 · 64:532–539 DOI 10.1007/s00101-015-0047-1 Eingegangen: 15. März 2015 Überarbeitet: 7. Mai 2015 Angenommen: 12. Mai 2015 Online publiziert: 10. Juli 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

E. Schneck1 · V. Mann1 · C. Körner1 · A. Jost1 · J. Thul2 · J.B. Engel3 · M.F. Müller1 1 Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Gießen

und Marburg, Standort Gießen, Sektion Kinderherzzentrum, Gießen, Deutschland 2 Klinik für Kinderkardiologie, Kinderherzzentrum, Universitätsklinikum

Gießen und Marburg, Standort Gießen, Gießen, Deutschland 3 Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen,

Gießen, Deutschland

Sectio caesarea bei einer Patientin mit Fontan-Zirkulation Anästhesiologisches Management Die Überlebensrate von Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) hat in den letzten Jahren aufgrund der erweiterten medizinischen und operativen Möglichkeiten (FontanOperation) stetig zugenommen. Obwohl schwangere Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern in aller Regel an entsprechenden Zentren betreut werden, ist eine dringliche oder Notfallindikation für eine Sectio caesarea überall sowie jederzeit denkbar und ein Weitertransport in ein Zentrum nicht immer möglich. Dem Anästhesisten sollten daher Grundlagen der Pathophysiologie und das anästhesiologischen Managements von schwangeren Patientinnen mit Fontan-Zirkulation vertraut sein.

Hintergrund Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern stellen den Anästhesisten aufgrund einer Vielzahl an möglichen pathologischen Störungen, komplexen physiologischen Veränderungen und speziellen operativen sowie medikamentösen Therapien vor eine Herausforderung. Die Zahl dieser Patienten hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, sodass auch die Häufigkeit schwangerer Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern steigt [23, 32].

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Fallbericht Anamnese und Befunde Im Oktober 2014 stellte sich die 31-jährige Patientin, die sich in der 29. Schwangerschaftswoche (SSW) befand, erstmalig in der EMAH-Ambulanz des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (Standort Gießen) vor. Die Patientin wurde mit einem „double inlet left ventricle“ (DILV), Mitralklappenanomalie und Transposition der großen Arterien (LTGA) geboren. Die endgültige univentrikuläre Palliation erfolgte nach mehreren Operationen im Alter von 11 Jahren mit der Anlage einer intrakardialen tota­ len kavopulmonalen Anastomose („total cavo-pulmonary connection“, TCPC). Zunächst wurde noch eine Fenestrierung als Überlaufventil in den Systemkreislauf belassen, die 1995 interventionell mithilfe eines Rashkind-Okkluders verschlossen wurde (.  Abb. 1 links). Zudem bestand eine relative, bisher als nichttherapiebedürftig eingestufte Aortenisthmusstenose (ISTA) von minimal 9 mm Durchmesser mit prästenotischer Aorta-ascendens-Dilatation und poststenotischer Aortenek­ tasie (. Abb. 2), die sich bisher aber ohne klinisch feststellbaren Blutdruckgradienten präsentierte. Die Patientin habe vor der Schwangerschaft mehrfach die Woche auf einem Crosstrainer Sport betrieben und war beruflich ohne Einschränkungen aktiv. Intermittierend sei es zu atrioventrikulären Ersatzrhythmen und

einer vermehrten ventrikulären Extrasystolie gekommen, die für die Patientin bisher ohne Konsequenz blieben. Während der Schwangerschaft habe sie intermittierend an stechenden Brustschmerzen gelitten, aber Palpitationen, pektanginöse Beschwerden oder kardiale Dekompen­ sationszeichen wie z.  B. Dyspnoe oder ausgeprägte Ödeme seien nicht aufgetreten. Eine kardiale Medikation habe sie vor und während der Schwangerschaft nicht eingenommen. Weiterhin berichtete die Patientin von einer Penicillinallergie. Die klinischen und apparativen Befunde des Voruntersuchungstermins und die Dauermedikation sind in .  Infobox  1 dargestellt. Die Schwangerschaft war ansonsten unkompliziert. Das Kind war zeitgerecht entwickelt und die pränatale Diagnostik zeigte keine Auffälligkeiten.

Verlauf Anästhesiologischer Verlauf

Die Patientin stellte sich an einem frühen Abend im November 2014 in der 35. SSW mit regelmäßiger Wehentätigkeit vor. Der diensthabende Frauenarzt stellte aufgrund der gynäkologischen Befunde, der kardialen Vorerkrankung und auf Wunsch der Patientin die Indikation zur dringlichen Sectio caesarea. Der hinzugerufene Anästhesist stufte die Patientin in die Risikogruppe III der Klassifikation der American Society of Anesthesiologists (ASA) ein und informierte den kinderkardioanästhesiologischen Hintergrunddienst.

Abb. 1 8 Links Schemazeichnung einer intrakardialen totalen kavopulmonalen Anastomose (lateraler Tunnel); der Systemvorhof ist eröffnet; rechts entsprechender Koronarschnitt einer Magnetresonanztomographieaufnahme der Patientin. Das Artefakt in der Mitte des Tunnels entsteht durch den einliegenden Rashkind-Okkluder. LPA linke Pulmonalarterie, RPA rechte Pulmonalarterie, VCI Vena cava inferior, VCS Vena cava superior, Asteriskus Fenestrierung, Pfeil pulmonalvenöser Blutfluss über den Vorhofseptumdefekt zum Systemventrikel. (Modifiziert nach [21])

Abb. 2 9 Sagittalschnitt einer Magnetresonanztomographieaufnahme der Patientin: Aorta-ascendens-Dilatation, signifikante Aortenisthmusstenose und -ektasie der Aorta descendens. Das Artefakt in der Mitte des Herzens entsteht durch den einliegenden Rashkind-Okkluder

Nach der Zusammenschau aller Befunde boten sich bezüglich der Wahl des Narkoseverfahrens folgende Probleme: 1. Eine Spinalanästhesie (SpA) oder erweiterte Periduralanästhesie (PDA) schied aufgrund des zu kurzen Intervalls (ca. 8 h) zur letzten Enoxaparinapplikation aus. Zudem entsprach die ISTA einer relativen Kontraindikation für eine rückenmarknahe Regionalanästhesie.

2. Im Rahmen einer Allgemeinanästhesie würde die Positivdruckbeatmung („positive pressure ventilation“, PPV) einen erhöhten intrathorakalen Druck verursachen und damit den Blutfluss in der oberen Hohlvene behindern. So käme es zusätzlich zur physiologischen uterinen Kompression der V. cava inferior im letzten Trimenon zu einer weiteren signifikanten Belastung der Fontan-Zirkulation.

Nach sorgfältigem Abwägen der Risiken entschied sich der Anästhesist für die Durchführung einer Intubationsnarkose. Die Patientin erhielt entsprechend den aktuellen Leitlinien eine perioperati­ ve Endokarditisprophylaxe in Form von 600 mg Clindamycin [16]. Aufgrund des erhöhten Narkoserisikos wurde neben 2 großlumigen periphervenösen Zugängen und dem Basis-Monitoring eine invasive arterielle Blutdruckmessung in der rechtsseitigen A. radialis in Lokalanästhe­ sie etabliert. Anschließend erfolgten das sterile Abwaschen und Abdecken der Patientin, sodass unmittelbar nach der Intubation der Hautschnitt vorgenommen werden konnte. Die Narkoseeinleitung erfolgte als „rapid sequence induction“ mithilfe von 20 mg Etomidat, 100 mg Succinylcholin und 100 µg Fentanyl. Die Narkose wurde mit Isofluran (inspiratorische Konzentration 0,6–0,9 %) aufrechterhalten, während die Beatmung der Fontan-Zirkulation angepasst wurde. Ziel dieser Beatmungsstrategie stellte ein möglichst geringer Atemwegsmitteldruck bei ausreichenden Tidalvolumina dar. Hierzu wurden eine inspiratorische Sauerstofffraktion (FIO2) von 1,0, ein inspiratorischer Spitzendruck („peak inspiratory pressure“, PIP) von 17 cm H2O von und ein positiver endexspiratorischer Druck („positive end-expiratory pressure“, PEEP) von 3  cm  H2O mit einer Atemfrequenz von 7–10/min [Atemminutenvolumen (AMV) 3,9–6,0 l/min] gewählt, sodass der Atemwegsmitteldruck maximal 10  cm  H2O betrug. Unmittelbar nach Operationsbeginn blutete die Patientin stark, sodass ein sofortiger Volumenersatz mithilfe von 1000 ml kris­ talloider und 500 ml kolloidaler Lösung sowie 300  ml Erythrozytenkonzentrat (EK) erfolgte. Eine Katecholamintherapie wurde nicht begonnen. Aufgrund des Verdachts einer atonischen Uterusblutung wurde eine Dauerinfusion mit Oxytozin (2,4 I.E./h) begonnen. Nach 34 min konnte die Operation bei stehender Blutung beendet werden. Der Gesamtblutverlust wurde auf ca. 1 l geschätzt [präoperativer Hämoglobin(Hb)-Wert 14,9 g/ dl (9,2 mmol/l), postoperativer Hb 10,1 g/ dl (6,3 mmol/l)]. Die Narkoseausleitung verlief unkompliziert, sodass die Patientin spontan atmend und katecholaminDer Anaesthesist 7 · 2015 

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Zusammenfassung · Abstract frei auf die Intensivstation verlegt werden konnte. Das Neugeborene adaptierte sich zügig (Apgar-Werte 9/10/10), wies keine Auffälligkeiten auf und wog 2090 g.

Intensivmedizinischer Verlauf

Auf der Intensivstation kam es aufgrund einer anämisierender Blutung erneut zu einem Volumenbedarf, sodass insgesamt bei steigender Laktatkonzentration und persistierender Tachykardie 900 ml EK transfundiert wurden. Die diensthabenden Gynäkologen konnten weder eine chirurgische Blutungsquelle noch eine starke vaginale Blutung feststellen, sodass zwar von einer atonischen Uterusblutung auszugehen war, diese aber nicht unmittelbar chirurgisch therapiert werden musste. Die wegen der TCPC begonnene prophylaktische Heparinisierung (103– 201  I.E./kgKG/Tag, maximaler Wert in der partiellen Thromboplastinzeit 41s) wurde beendet. Die Patientin war zwar im postoperativen 48-h-Verlauf hämodynamisch und respiratorisch stabil, benötigte aber insgesamt eine Substitution von 1500 ml EK und 250 ml Thrombozytenkonzentrat (TK). Die Thrombelastographie zeigte keine Auffälligkeiten, sodass auf eine Therapie mit Tranexamsäure und anderen Gerinnungsprodukten verzichtet wurde. In der Nacht vom 2. auf den 3. postoperativen Tag entwickelte die Patientin ein akutes Abdomen, einen erneuten Hb-Abfall von 11,8 auf 7,8 g/dl (7,3 auf 4,8 mmol/l), eine Thrombozytopenie von 169.000 auf 87.000/µl und Zeichen eines „Low-cardiac-output“-Syndroms [Abfalls der zentralvenösen Sauerstoffsättigung (SzvO2) auf ein Minimum von 42,5 % bei einer transkutanen Sauerstoffsättigung (tcSpO2) von 96 %, Anstieg der Laktatkonzentration im Serum von 1,3 auf 4,5  mmol/l]. Interessanterweise wurde keine Tachykardie oder arterielle Hypotension beobachtet. Bei hochgradigem Verdacht auf eine intraabdominelle Blutung wurde die Indikation zur sofortigen chirurgischen Revision gestellt. Intraoperativ konnten diffuse chirurgische Blutungsquellen am rechtslateralen Rand des Uterus und ein Hämatom im rechten Unterbauch identifiziert sowie chirurgisch behandelt werden. Nach der Revisionsoperation war keine weitere Transfusion mehr notwendig, sodass die

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Anaesthesist 2015 · 64:532–539  DOI 10.1007/s00101-015-0047-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 E. Schneck · V. Mann · C. Körner · A. Jost · J. Thul · J.B. Engel · M.F. Müller

Sectio caesarea bei einer Patientin mit FontanZirkulation. Anästhesiologisches Management Zusammenfassung Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern stellen den Anästhesisten aufgrund einer Vielzahl an möglichen pathologischen Störungen, komplexen physiologischen Veränderungen und speziellen Therapien vor eine Herausforderung. Die Zahl dieser Patienten hat aufgrund des wachsenden Überlebens in den letzten Jahren stetig zugenommen, sodass auch die Häufigkeit schwangerer Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern steigt. Der vorliegende Beitrag stellt die Grundlagen der Pathophysiologie und des anästhe-

siologischen Managements von schwangeren Patientinnen mit Fontan-Zirkulation anhand eines Falls vor, der durch eine Aortenisthmusstenose und eine atonische Uterusblutung verkompliziert wurde. Schlüsselwörter Schwangerschaftskomplikationen, kardiovaskulär · Erwachsene · Angeborener Herzfehler · Aortenisthmusstenose · Uterusblutung

Patient with a Fontan circulation undergoing caesarean section. Anesthesiological management Abstract Adults suffering from congenital heart diseases (CHD) represent a challenge to anesthesiologists because of the diverse pathologies, complex pathophysiology and special treatment strategies. Due to improved therapeutic options for CHD, patient quality of life and life expectancy is increasing, leaving them as a growing population including pregnant patients with CHD. This article presents the main principles of the patho-

Patientin sich schnell erholte. Eine persistierende postoperative arterielle Hypertonie wurde zunächst mit einer Dauerinfusion von Urapidil und anschließend mit Amlodipin medikamentös eingestellt.

Diskussion Schwangere mit angeborenen Herzfehler Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern stellen seit den 1970er Jahren aufgrund der erweiterten medizinischen und operativen Möglichkeiten eine kontinuierlich wachsende Gruppe von Patienten dar. In den amerikanischen Leitlinien zur Therapie von EMAH wird geschätzt, dass in den nächsten 10 Jahren mit einem EMAH-Patienten/150 junge Erwachsene zu rechnen sein wird [24, 31]. Zudem weisen diese Patienten, wie im vorgestellten Fall, eine zunehmend bessere Lebensqua-

physiology and anesthesiological management of pregnant patients living with a Fontan circulation based on a case report, which was complicated by an aortic coarctation and atonic uterine hemorrhage. Keywords Pregnancy complications, cardiovascular · Adults · Congenital heart disease · Aortic coarctation · Uterine hemorrhage

lität auf, wodurch auch ein Kinderwunsch in den Vordergrund rückt. Das europäische „Registry of Pregnancy and Cardiac Disease“ (ROPAC) ist eines der größten Register zu diesem Thema und zeigt, dass angeborene Herzerkrankungen mit 66 % die häufigste chronische kardiale Begleiterkrankung bei Schwangeren darstellen und mit 41 % die häufigste Ursache für kardiales Versagen während der Schwangerschaft ausmachen [4, 26]. Insbesondere das univentrikuläre Herz und die Fontan-Zirkulation werden durch die physiologischen Veränderungen während einer Schwangerschaft an die Belastungsgrenzen gebracht. Entsprechend der aktuellen Einteilung der World Health Organization (WHO) nach Thornes et al. und den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) wurde die Patientin in die 3. der 4 Risikogruppen eingestuft; dies entspricht einer Hochrisikoschwangerschaft für Mutter und Kind

Infobox 1  Körperliche und apparative Untersuchungsbefunde der Patientin Körperliche Untersuchung 55Körperlänge/gewicht 155 cm/48 kg 55tcSpO2 96 % an allen Extremitäten 55Blutdruck am rechten Arm 123/71 mmHg, keine Blutdruckdifferenzen an den anderen Extremitäten, Pulse an den Füßen leicht abgeschwächt 55Cor: Herztöne rhythmisch, normofrequent, 2/6 raues Systolikum mit p.m. über dem linksseitigen 2. ICR medioklavikulär mit Fortleitung nach paravertebral 55Pulmo: beidseits seitengleich mit vesikulären Atemgeräusch belüftet 55Turgor: keine Ödeme Elektrokardiogramm 55Sinusrhythmus 55HF: 78/min 55Keine Erregungsüberleitungsstörungen, diskrete Erregungsrückbildungsstörungen über allen Extremitätenableitungen, biphasische T-Welle von V3–6 Echokardiographie 55Univentrikuläres Herz mit guter Funktion und normalem Ventrikeleinstom [maximale frühdiastolische Einstromgeschwindigkeit (E) > maximale spätdiastolische Einstromgeschwindigkeit (A)] 55Keine Hinweise für hochgradige linksventrikuläre Hypertrophie (IVS-d: 7 mm, LVID-d: 42 mm, LVPW-d: 6 mm, IVS-s: 7 mm, LVID-s: 29 mm, LVPW-s: 11 mm) 55AV-Klappeninsuffizienz, Grad I 55TCPC-Tunnel 41 mm ohne Einstromobstruktion, kompetenter Okkluder in situ 55Ungehinderter Einstrom aus der VCS in A. pulmonalis 55Weite Aorta ascendens übergehend in „Aortenbogen-Kinking“ mit Aortenisthmusstenose von 9 mm (Vmax = 3,7 m/s, rein systolisch), poststenotische Aortendilatation (ca. 25 mm) 55Kein Perikarderguss, keine Pleuraergüsse Dauermedikation 55Einmal täglich L-Thyroxin 75 µg p.o. 55Einmal täglich Enoxaparin 40 mg s.c. 55Einmal täglich Magnesium 300 mg p.o. AV atrioventrikulär, HF Herzfrequenz, ICR Interkostalraum, IVS-d/s „intraventricular septum diastolic/systolic“, LVID-d/s „leftventricular inner diameter in diastole/systole“, LVPWd/s „leftventricular posterior wall diastolic/ systolic“, p.m. Puncto maximum, TCPC „total cavopulmonal connection“, tcSpO2 transkutane Sauerstoffsättigung, VCS Vena cava superior, Vmax maximale Geschwindigkeit.

[25, 30]. Neben maternalen Komplikationen wie z. B. akute Herzinsuffizienz und

Arrhythmien kommt es auch zu kindlichen Problemen wie beispielsweise hohe Abortraten, Dystrophien und Anpassungsstörungen [4, 9].

Univentrikuläres Herz Das univentrikuläre Herz („single ventric­ le“) umfasst eine Vielzahl an unterschiedlichen morphologischen Strukturen, die aber alle mit dem Vorhandensein eines einzigen funktionellen Ventrikels einhergehen. Hieraus resultiert die Notwendigkeit zur Durchmischung des oxygenierten und des desoxygenierten Blutes. Zumeist existieren ein Shunt über den Ductus arteriosus (persistierender Ductus arteriosus, PDA) sowie ein atrio- und/oder ventrikoluseptaler Defekt. Die vorgestellte Patientin wies bei Geburt eine DILV-Anomalie mit L-TGA-Stellung der großen Arterien auf. In ihrem Fall münden das desoxygenierte und das oxygenierte Blut über eine atrioventrikuläre Klappe im linken Ventrikel. Anschließend wird das Mischblut in die Pulmonalarterie und die Aorta ausgeworfen, die beide aus dem gemeinsamen linken Ventrikel entspringen. Der rechte hypoplastische Ventrikel spielt für die Hämodynamik keine Rolle. Häufig kommt es infolge des physiologischen Abfalls des pulmonalvaskulären Widerstands („pulmonary vascular resistance“, PVR) in den ersten 2 Lebenswochen zu einer pulmonalen Überflutung, die sich klinisch u. a. durch eine Tachypnoe manifestiert. Die Patientin wies neben dem DILV eine relative ISTA auf, die jedoch keinen Blutdruckgradienten verursachte, was durch eine ausgeprägte Kollateralisierung der arteriellen Gefäße zu erklären ist (. Abb. 1 und 2 vom Dezember 2014).

Fontan-Zirkulation Patienten, die an einem univentrikulären Herzen leiden, werden in mehreren Schritten palliativ versorgt. Ziel der mehrstufigen Therapie ist die Trennung von Lungen- und Körperkreislauf, in dem der verbliebene Ventrikel die Systemperfusion sichert und die Lungenperfusion passiv über eine direkte Konnexion beider Hohlvenen an die Pulmonalarterie erfolgt. Der erste Schritt zur Fontan-Zirkulation erfolgt im Neugeborenen-

alter, wenn eine pulmonale Überflutung nach dem physiologischen Abfall des PVR droht. Wie auch im Fall der vorgestellten Patientin wird ein Drosselbändchen operativ an der Pulmonalarterie angebracht und somit durch eine künstliche Stenose eine Verringerung der pulmonalen Perfusion erreicht. Sollte aufgrund einer hochgradigen Pulmonalklappenstenose die Lungenperfusion gefährdet sein, kann die operative die Anlage eines aortopulmonalen Shunts (Blalock-Taussig-Shunt) oder ein interventionell eingebrachter Ductusarteriosus-Stent notwendig werden. Präoperativ wird in diesem Fall der Ductus arteriosus durch eine i.v.-ProstaglandinGabe offen gehalten. Der Pulmonalarterienstamm wird im Alter der Patienten von 4 bis 6 Monaten vom univentrikulären Herzen getrennt und die obere Hohlvene an die rechte A. pulmonalis (GlennAnastomose) konnektiert. Im Alter von 2 bis 3 Jahren erfolgt die endgültige Palliation mithilfe der Konnexion der unteren Hohlvene an die A. pulmonalis (TCPC). Nun fungiert der morphologisch und funktionell linke Ventrikel als systemarterieller Ventrikel, und die Lungenperfusion erfolgt passiv aus den Hohlvenen direkt in die Pulmonalarterien. Aufgrund etwaiger Komorbiditäten wie z. B. aortaler Koarktationen werden die Operationsschritte vielfach variiert und unterliegen stetiger Innovation [7].

Hämodynamische Aspekte Die durch die Fontan-Zirkulation definierte passive Durchblutung des Lungengefäßbettes führt zu einer ausgeprägten Vulnerabilität gegenüber Änderungen der Vor- und Nachlast, Erhöhungen des PVR, Abfallen des Herzzeitvolumens (HZV) und gegenüber Herzrhythmusstörungen. Der Motor der Fontan-Hämodynamik ist der transpulmonale Druckgradient, der als der Druckunterschied zwischen dem mittleren Pulmonalarteriendruck („mean pulmonary artery pressure“, mPAP) und dem linksatrialen Druck definiert ist. Letzterer steht in direktem Zusammenhang mit dem enddiastolischen linksventrikulären Druck. Diese Drücke sind von der Füllung der Hohlvenen abhängig, sodass der zentrale Venendruck (ZVD) hohe Bedeutung für die Bildung des HZV Der Anaesthesist 7 · 2015 

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Kasuistiken erlangt. Somit haben das Volumen-Monitoring und die Volumenersatztherapie entscheidenden Einfluss auf den Therapieerfolg, und die Indikation zur Anlage eines zentralen Venenkatheters (ZVK) zur Messung des ZVD ist zu prüfen [18, 24]. Der PVR ist ein weiterer entscheidender Faktor, der die Hämodynamik der Fontan-Zirkulation beeinflusst. Steigt der PVR, wird der pulmonale Blutfluss behindert, sodass das HZV konsekutiv abnimmt, und das Sauerstoffangebot sinkt. Es folgen Hyperkapnie und Acidose, die den PVR wiederum erhöhen. Um diesen Circulus vitiosus zu umgehen, kann wie bei der vorgestellten Patientin eine Fenestrierung zwischen der TCPC und dem Systemvorhof geschaffen werden, die als Überlaufventil fungiert und ein adäquates HZV garantiert. Hieraus resultiert allerdings auch eine geringere körperliche Belastbarkeit, da sich oxygeniertes mit desoxygeniertem Blut mischt. Außerdem besteht das Risiko paradoxer Embolien, die eine Indikation zur therapeutischen Antikoagulation darstellen. Aufgrund dieser Nachteile wird bei einem Großteil der Kinder, so auch bei der vorgestellten Patientin, nach Adaptation der Lungengefäßstrombahn die Fenestrierung interventionell verschlossen, sofern diese sich noch nicht spontan verschlossen hat. Das HZV wird neben dem PVR durch die ventrikuläre Funktion, die Vorlast und einen normofrequenten Sinusrhythmus bestimmt. Tachykardien senken die Vorlast, führen zu einer schnellen Erschöpfung des Ventrikels und letztlich zu einer Verringerung des HZV [18]. Dieser Effekt wurde bei der vorgestellten Patientin nach der Narkoseinduktion zur Sectio caesarea sichtbar. Im Rahmen der Narkoseinduktion und des raschen Blutverlusts kam es schnell zu einer Tachykardie (maximale Herzfrequenz: 139/min) und konsekutiv zu einer schweren Hypotonie (arterieller Blutdruck: 63/49  mmHg). Die Steigerung der Nachlast durch Noradrenalingabe könnte in dieser Situation aufgrund einer Vasokonstriktion im pulmonalen Stromgebiet die systemventrikuläre Vorlast senken [6] und über die nachfolgende HZV-Minderung eine zusätzliche Sympathikusstimulation mit konsekutiver Tachykardie und Aggravation der hämodynamischen Entgleisung hervorru-

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fen. Schwer abschätzbar war zudem der Einfluss des Noradrenalins auf die bisher kompensierte ISTA. Aus diesem Grund substituierte der Anästhesist ohne den Einsatz von Katecholaminen zügig Volumen, erhöhte damit den ZVD sowie folglich auch den pulmonalen Blutfluss und die Vorlast. So konnte eine schnelle Stabilisierung erreicht werden. Interessanterweise entwickelte die Patientin im Rahmen der 2. Blutung trotz stetiger Transfusionspflichtigkeit keine Tachykardie. Diese bei Patienten mit Fontan-Zirkulation häufig bestehende chronotrope Inkompetenz kann ein Fallstrick sein, da sie eine Bedarfstachykardie und damit auch die kritische Situation kaschiert. Im vorliegenden Fall trat eine atonische Uterusblutung nach Sectio caesarea auf, die mit Oxytozin behandelt wurde. Diese Therapie ist leitliniengerecht und wurde auch bei Patientinnen mit FontanZirkulation bereits erfolgreich angewendet [15, 28]. Dennoch muss auf potenziell gefährliche Nebenwirkungen der Uterotonika hingewiesen werden, da es insbesondere nach der Anwendung von Prostaglandinen zu schweren Bronchospasmen kommen kann, die den PVR stark steigern und letztlich über die Verminderung des transpulmonalen Blutflusses zur Hypoxämie und einem Low-cardiacoutput-Syndrom führen können. Zudem sind schwere Hyperthermien mit entsprechenden hämodynamischen Auswirkungen wie Volumenmangel und Tachykardien nach Misoprostolgabe beschrieben [10, 13]. Auch Ergometrinderivate können aufgrund des Risikos von schweren Koronarspasmen und krisenhaften pulmonalen Hypertonien für Schwangere mit Fontan-Zirkulation gefährlich sein [10, 17]. Von allen angeborenen Herzfehlern stellen eine 5–8% eine ISTA dar [2]. Sie entsteht in aller Regel an der aortalen Mündungsstelle des Ductus arteriosus, kann sich aber in seltenen Fällen auch an anderen Positionen manifestieren. Bei erwachsenen Patienten kann eine ISTA durch Rezidive von bereits korrigierten Koarktationen, aber auch durch Vaskulitiden und Atherosklerose verursacht werden. Entscheidend für die Operationsindikation sind der Blutdruckgradient über der Stenose sowie zwischen den oberen und den unteren Extremitäten

und das Auftreten einer schweren arteriellen Hypertension [2, 5]. Um die Hirnperfusion adäquat zu beurteilen, sollte wie im vorgestellten Fall, die invasive arterielle Blutdruckmessung am rechten, also am prästenotischen Arm erfolgen. Die präsentierte Patientin wies weder einen Blutdruckgradienten noch eine arterielle Hypertension auf, sodass von einer ausreichenden Kollateralisierung auszugehen war und keine dringliche Interventionsindikation bestand. Dennoch zeigte die Patientin mehrere klassische Probleme der aortalen Koarktation, da sie zum einem während der Narkoseinduktion eine ausgeprägte Sensibilität des Ventrikels gegenüber Veränderungen der Nachlast zeigte und später im intensivmedizinischen Aufenthalt sogar trotz relevanter Blutung zunehmend hypertensiv wurde. Aortenstenosen führen ohne Korrektur bzw. ausreichende Kollateralisierung zu einer linksventrikulären systolischen Belastung und einer konsekutiven myokardialen Hypertrophie. Aufgrund der muskulären Hypertrophie steigt der myokardiale Sauerstoffbedarf, während gleichzeitig ein erhöhter Koronarperfusionsdruck zur Überwindung der erhöhten linksventrikulären Wandspannung erreicht werden muss. Kommt es zu einer Verkürzung der Diastole und/oder zu einem Abfall der Nachlast, kann schnell ein „mismatch“ aus Sauerstoffbedarf und -angebot resultieren. Daher stellen tachykarde und arrhythmische Herzaktionen aufgrund der Verkürzung der Füllungs- und Koronarperfusionszeit während der Diastole eine ernsthafte Gefahr dar und sollten unbedingt vermieden werden [2, 3]. Somit ist die Wahl von Etomidat aufgrund des geringen Effekts auf die kardiale Inotropie trotz der aktuell diskutierten Nebenwirkungen auf die Nebennierenrinde zu verteidigen. Neben den aortalen Stenosen müssen wie bei der vorgestellten Patientin Aortenektasien und -aneurysmen bedacht werden, die ggf. eine Rupturgefahr mit sich bringen.

Präoperative Visite Um potenzielle Gefahren einschätzen zu können, muss eine detaillierte Anamnese erfolgen. Diese umfasst neben den allgemein üblichen Fragen zur Krankheitsge-

schichte, die Erfragung der durchgeführten Operationen, der aktuellen Belastbarkeit, das Auftreten von Palpitationen und die aktuelle Medikation von kardialen Therapeutika sowie der Antikoagulation. Wie oben aufgeführt, kommt es bei Patienten mit Fontan-Zirkulation regelhaft zu einer systemvenösen Hypertension. Daher sollte immer auf Zeichen einer chronischen Thromboembolie in der Lungenstrombahn, Eiweißverlustenteropathie, plastischen Bronchitis und Leberfibrose geachtet werden [27]. Die aktuellen Leitlinien zur Therapie kardialer Erkrankungen während der Schwangerschaft empfehlen zudem eine Evaluation mithilfe der Scores Cardiac Disease in Pregnancy (CARPREG) und Zwangerschap bij aangeboren hartafwijkingen (ZAHARA), anhand deren sich das Risiko für maternale Komplikationen einschätzen lässt [25]. Wichtige Risikofaktoren stellen u. a. eine reduzierte linksven­ trikuläre Funktion, eine linksventrikuläre Ausflussobstruktion und eine Zyano­ se dar [8, 19, 29]. Im Abschn. „Anästhesiologischer Verlauf “ wurde erwähnt, dass der prämedizierende Anästhesist den kinderkardioanästhesiologischen Hintergrunddienst zurate zog. Hierdurch wurden noch einige relevante Informationen zur Patientin und zur Therapie verfügbar. Daher ist es absolut empfehlenswert, das behandelnde oder auch das nächstmögliche EMAHZentrum zu kontaktieren. In der körperlichen Untersuchung stehen v.  a. kardiale Dekompensationszeichen im Fokus der Aufmerksamkeit. Oft sind wie bei der vorgestellten Patientin Operationen an der Aorta oder aortale Veränderungen vorhanden; deshalb empfiehlt es sich, den Blutdruck an allen 4 Extremitäten zu messen, um einen Eindruck der hämodynamischen Relevanz einer etwaigen Stenose zu erhalten. Weiterhin sind aktuelle echokardiographische und Magnetresonanztomographie(MRT)-Befunde von hoher Relevanz, da sie Aussagen zur anatomischen und zur physiologischen Situation erlauben. Zudem geben sie Auskunft über venöse Gefäßanomalien, die ggf. bei der Anlage eines ZVK beachtet werden sollen. Letztlich sollte für die Beurteilung von Herzrhythmusstörungen ein Elekt-

rokardiogramm (EKG) geschrieben wer­ den.

Wahl des Anästhesieverfahrens Die Wahl des Anästhesieverfahrens kann erst nach Zusammenschau der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und der apparativen Befunde erfolgen. Als Hilfe kann die europäische Leitlinie zum Management von kardiovaskulären Erkrankungen während der Schwangerschaft herangezogen werden [25]. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es sehr wenige prospektive Daten zu diesem Thema gibt und die Empfehlungen v. a. auf Expertenmeinungen beruhen. Bezüglich der Entbindungsart zieht diese Leitlinie prinzipiell die spontane Entbindung bei Patientinnen mit einer Fontan-Zirkulation vor, allerdings bestehen auch hier relevante Risiken. Zum einen kann durch das Pressen während der Geburt der intrathorakale Druck den transpulmonalen Druckgradienten übersteigen und zu erheblichen Perfusionsdefiziten in der TCPC und konsekutiv zu einem Abfall des HZV mit dem Risiko einer fetalen Minderperfusion führen. Zusätzlich kann es infolge der intrathorakalen Druckspitzen zu einem Rechts-links-Shunt über eine Fenestrierung kommen. Paradoxe Embolien und schwere Hypoxämien können provoziert werden [25].

Regionalanästhesieverfahren

Mehrere Autoren berichten von der Anwendung sowohl der Spinal- als auch der Periduralanästhesie bei Schwangeren mit einer Fontan-Zirkulation und sehen diese als präferierte Verfahren für deren anästhesiologische Versorgung [9, 10, 12]. Regionalanästhesieverfahren bieten den Vorteil, dass keine Beatmung den pulmonalen Blutfluss beeinflusst und sie den Geburts- und somit auch den kardialen Stress effektiv mindern. Die Senkung der Nachlast infolge einer Sympathikolyse kann bei geringer Ausprägung die Ventrikelfunktion verbessern [9]. Allerdings bewirkt eine Hypotonie auch eine Verschlechterung der pulmonalen Durchblutung, sodass die Medikamentenapplikation langsam und unter engmaschiger Kontrolle der Vitalfunktionen

erfolgen sollte. Gerade unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Periduralanästhesie bei einer elektiven Sectio caesarea im Vergleich zur Spinalanästhesie vorteilhaft zu sein. Prinzipiell können alle gängigen Medikamente der Regionalanästhesie verwendet werden. Letztlich ist zu erwähnen, dass zur Sicherung des passiven pulmonalen Blutflusses auf die konsequente Linksseitenlagerung der Patientinnen zu achten ist. Wie bei der vorgestellten Patientin werden Fragen der Antikoagulation häufig über das Prozedere entscheiden, dennoch kann bei einer elektiven Periduralanästhesie zur Spontangeburt das sichere Pausieren der Antikoagulation erreicht werden. Aortale Anomalien sind bei EMAH häufig und können im Rahmen der Nachlastsenkung durch die Sympathikolyse schwere Komplikationen bedingen und sollten daher immer berücksichtigt werden. Aber auch hier gilt es, die physiologischen Veränderungen exakt zu bewerten. So wies die vorgestellte Patientin zwar eine signifikante ISTA auf, dennoch konnte kein Blutdruckgradient zwischen den oberen und den unteren Extremitäten erfasst werden. Somit konnte von einer ausreichenden Kollateralisierung ausgegangen und eine Regionalanästhesie zumindest in Betracht gezogen werden.

Allgemeinanästhesie

Für die Allgemeinanästhesie existieren aufgrund ihrer häufigeren Anwendung bei Patienten mit Fontan-Zirkulation höhere Erfahrungswerte gegenüber der Regionalanästhesie [9, 10, 15]. Ihre Vortei­ le sind ein sichererer Atemweg, die Un­ abhängigkeit von Antikoagulanzien und ihre schnelle Durchführbarkeit im Notfall. Die Allgemeinanästhesie birgt al­ lerdings aufgrund der Notwendigkeit einer PPV Gefahren für die Fontan-Zirkulation. Welchen Einfluss die PPV auf die Fontan-Hämodynamik hat, konnten Lofland et al. eindrucksvoll zeigen, indem sie nachwiesen, dass der „cardiac index“ von Patienten mit Fontan-Zirkulation um 35,6 % (n = 50; 3,25 auf 5,05 l/ min/m2KOF) unmittelbar nach Extubation und um 47,8 % (3,25 auf 6,23 l/min/ m2KOF) 12 h nach Extubation stieg [14, 22]. Sollte eine Beatmung unvermeidbar

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Kasuistiken Infobox 2  Tipps zum anästhesiologischen Management von Patienten mit Fontan-Zirkulation Beatmung Hauptziel: PVR niedrig halten, Normoventilation 55Hyperkapnie und Acidose vermeiden 55Möglichst lange passive Blutflussphasen erlauben, da der Blutfluss nur in der Exspiration erfolgt 11Niedrige Atemfrequenzen: 8–10-(12)/ min 11Kurze Inspirationszeiten: 0,9–1,2 s 11I:E: 1:3 55Fontan-Zirkulation-protektive Beatmung bei gleichzeitiger Dystelektasenvermeidung 55Tidalvolumen: 8–10 ml/kgKG 11PEEP: 3–5 cm H2O 11PIP: maximal 22–24 cm H2O 11Ziel-MAP: 8–10 cm H2O 11Kurze intermittierende Rekrutierungen zur Dystelektasenprophylaxe 55Pulmonale Vasodilatation 11Hohe FIO2 (bis 100 %) 11NO-Beatmung Intravenöse Zugänge 55Cave: Akzidentelle venöse Luftapplikationen können über Fenestrierungen zwischen dem venösen und dem arteriellen System zu systemischen Luftembolien führen. Eine hohe Gefahr für Luftembolien besteht zudem bei Patienten mit einer Glenn-Anastomose bei gleichzeitig einliegenden ZVK-Zugängen an den unteren Extremitäten, da das Blut der V. cava inferior in den funktionellen linken Vorhof drainiert. Daher sollte immer auf eine absolut luftfreie i.v.-Medikamenten-Applikation geachtet werden 55Anatomische Verhältnisse der großen Venen für ZVK-Zugänge sind häufig verändert. Daher sollte die anatomische Situation vor Punktion per Sonographie dargestellt werden 55Venöse Thrombosen und thrombosierte Gefäße kommen häufig vor Hämodynamisches Management 55Blutdruckabfälle und Tachykardie vermeiden 11Volumenstatus kontinuierlich überwachen und korrigieren 11Indikation für Noradrenalin und Adrenalin kritisch stellen, da sie die ventrikuläre Funktion weiter einschränken können 55Inodilatatoren wie Milrinon weisen für die Behandlung dekompensierter univentrikulärer Herzen mit TCPC günstige Eigenschaften auf

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Infobox 2 (Fortsetzung) 55Stress vermeiden 11Ausreichende Analgesie- und Anästhesietiefe

11Normothermie 55Bei einliegenden ZVK in oberer Hohlvene ZVD (= mPAP) und SzvO2 überwachen

55Hohe PAP-Werte ( > 18 mmHg, Cave: hohe Individualität) behandeln, da sie meist einem hohen PVR entsprechen. Hohe PAP-Werte können durch anatomische Engen im pulmonalen Gefäßstromgebiet oder durch funktionelle Veränderungen in den Lungen verursacht werden. Daher nach respiratorischen Problemen suchen. (Ergüsse? Stauung? Dystelektasen?) Gegebenenfalls Indikation für NO-Beatmung prüfen, frühzeitig Sildenafilgabe evaluieren 55Hohe arterielle Blutdrücke schränken den Ventrikel ein. Daher eine frühzeitige Nachlastsenkung evaluieren Regionalanästhesie 55Cave: Antikoagulation 11Aufgrund eines erhöhten Thromboserisikos (erhöhte Faktor-VIII- und erniedrigte Protein-S-und Protein-C-BlutSpiegel) sowie des häufigen Vorliegens von venoarteriellen Verbindungen besteht häufig eine Marcumarisierung oder therapeutische Heparinisierung 55Die Sympathikolyse kann die Reserven des univentrikulären Herzens und der Fontan-Zirkulation schnell erschöpfen, zu gefährlichen Blutdruckabfällen, Tachykardien und letztlich zur Dekompensation führen 11Langsame Medikamentenapplikation 11Gegebenenfalls invasive Blutdruckmessung vor Anästhesie 11„Volumen-Loading“ vor Spinalanästhesie individuell nach Herzleistung evaluieren, da schnelle Volumengaben das univentrikuläre Herz belasten können Angelehnt an [10, 11, 20]. I:E Inspiration-zu-Exspiration-Verhältnis, MAP „mean airway pressure“, mPAP „mean pulmonary artery pressure“, NO Stickstoffmonoxid, PEEP „positive end-expiratory pressure“, PIP„peak inspiratory pressure“, PVR „pulmonary vascular resistance“, SzvO2 zentralvenöse Sauerstoffsättigung, TCPC „total cavo-pulmonary connection“, ZVD zentraler Venendruck, ZVK zentraler Venenkatheter.

sein, müssen die Beatmungsdrücke so gewählt werden, dass der transpulmonale Druckgradient möglichst erhalten bleibt (. Infobox 2). Führt die PPV zu hämodynamischen Beeinträchtigungen, die nicht mithilfe der Volumen- und Katecholamintherapie behandelbar sind, können inhalativ verabreichte pulmonalarterielle Vasodilatanzien zur Senkung des PVR [FIO2 100 %, Stickstoffmonoxid(NO)-Beatmung, Iloprostinhalation] und auch die „High-frequency-jet“-Ventilation erwogen werden [10]. Die Narkoseinduktion ist durch die vasodilatierende und/oder kardiodepressive Wirkung der Induktionshypnotika eine kritische Phase für die Fontan-Zirkulation. Hier könnte Etomidat aufgrund seines günstigen hämodynamischen Profils von Vorteil sein [1].

Fazit für die Praxis Der vorgestellte Fall macht viele typische Phänomene und Probleme der Fontan-Zirkulation deutlich. Neben der genauen Kenntnis der morphologischen und hämodynamischen Veränderungen steht die exakte Planung der anästhesiologischen Maßnahmen mit Konsultation der entsprechenden Experten im Vordergrund. Die im Beitrag aufgeführten wichtigen Hinweise für das anästhesiologische Management von Patienten mit Fontan-Zirkulation sollten beachtet werden.

Korrespondenzadresse Dr. E. Schneck Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen, Sektion Kinderherzzentrum Rudolf-Buchheim-Str. 7 35392 Gießen emmanuel.schneck@ chiru.med.uni-giessen.de

Danksagung.  Besonderer Dank gilt der Patientin, die in die Erstellung und Veröffentlichung des Fallberichts einwilligte. Außerdem danken die Autoren Herrn PD Dr. J. Bauer, der die MRT-Bilder der Patientin zur Verfügung stellte, sowie dem Team der KinderIntensivstation des Universitätsklinikums Gießen und Marburg, Standort Gießen.

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  M. Müller hat Vortragshonorare der Fa. Linde AG Linde Healthcare, Orion Pharma GmbH und Sorin Deutschland GmbH erhalten. V. Mann Vortragshonorare der Fa. Orion Pharma GmbH erhalten. E. Schneck, C. Körner, A. Jost, J. Thul und J.B. Engel geben an, dass bei dem vorliegenden Beitrag kein Interessenkonflikt besteht. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Fall von nichtmündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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Der Anaesthesist 7 · 2015 

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[Patient with a Fontan circulation undergoing caesarean section: Anesthesiological management].

Adults suffering from congenital heart diseases (CHD) represent a challenge to anesthesiologists because of the diverse pathologies, complex pathophys...
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