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Peliosis hepatis: a rare differential diagnosis of focal liver lesions

Einführung ▼▼

Die Peliosis hepatis ist eine seltene, gutartige und prinzipiell reversible Erkrankung, die durch das Auftreten zystischer, blutgefüllter Hohlräume innerhalb des Leberparenchyms gekennzeichnet ist [Mac Sween RNM. Pathology of the liver. Churchill Livingstone, London 2002; 553– 555]. Seltener sind auch andere Organe, wie z. B. das Knochenmark und die Nieren, betroffen.

Abb. 1 Triphasische CT. a Nativ. b Arterielle KM-Phase. c Venöse KM-Phase. Kein Nachweis fokaler Läsionen (Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Dr. Martin Krüger und Christophe Schanz, Ahaus).

Die genaue Inzidenz und Prävalenz der Peliosis sind unbekannt. Viele Fälle werden nur zufällig in der Bildgebung, bei chirurgischen Eingriffen oder bei Autopsien entdeckt. Mögliche Auslöser der Peliosis sind unterschiedliche Medikamente, Toxine, chronische Erkrankungen und Infektionskrankheiten. Die klinische Symptomatik reicht von völliger Beschwerdefreiheit bis zum hämorrhagischen Schock als Folge einer Leberruptur. In der Schnittbildgebung ist die Abgrenzung der Peliosis gegenüber benignen und malignen Raumforderungen der Leber aufgrund ihres heterogenen Erscheinungsbildes häufig eine diagnostische Herausforderung, wie im Folgenden anhand eines Fallbeispiels illustriert werden soll.

Fallbeschreibung ▼▼

Wir berichten über einen 52-jährigen Patienten, bei dem ein Malignes Melanom reseziert worden war. Als Nebendiagnosen waren eine arterielle Hypertonie, nicht weiter klassifizierte Herzrhythmusstörungen und eine Hyperurikämie bekannt. In einer zum Staging auswärts durchgeführten Abdomensonografie fielen in der Leber multiple echoreiche Läsionen auf, bei denen der Untersucher das Vorliegen hepatischer Metastasen nicht sicher ausschließen konnte. Daher wurde zur weiterführenden Diagnostik eine CT des Ab-

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Peliosis hepatis: eine seltene Differenzialdiagnose fokaler Leberläsionen

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Abb. 2 MRT. a T2w-Turbo-Spin-Echo (TSE)-Sequenz axial. Kein eindeutiger Nachweis fokaler Läsionen. b Wasserselektive T1w-Gradientenecho (GE)-Sequenz axial nach Kontrastmittelgabe. Nachweis multipler hyperintenser Läsionen (Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Dr. Martin Krüger und Christophe Schanz, Ahaus).

domens veranlasst. In der triphasischen CT stellte sich das Leberparenchym inhomogen dar, fokale Läsionen ließen sich aber nicht abgrenzen (q Abb. 1). Da eine hepatische Metastasierung auch anhand dieser Untersuchung nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnte, wurde die bildgebende Diagnostik durch eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Oberbauches ergänzt. In den wasserselektiven bzw. Kontrastmittel-gestützten T1w-Sequenzen zeigten sich im gesamten Leberparenchym multiple hyperintense Läsionen, welche sich in der T2wSequenz allenfalls angedeutet nachvollziehen ließen (q Abb. 2 und 3). Auch mithilfe der MR-tomografischen Bilder war eine definitive Diagnose nicht zu stellen, sodass zur diagnostischen Klärung eine Leberbiopsie durchgeführt wurde. Die histologische Begutachtung der gewonnenen Gewebeproben ergab neben einer leichtgradigen Steatosis hepatis eine sinusoidale Ektasie, passend zu einer Peliosis, sowie unspezifische reaktive Veränderungen. Hinweise auf ein malignes Geschehen fanden sich nicht.

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Trotz dieser eindeutigen Diagnose wurde die Patientin zur Durchführung einer PET / CT-Untersuchung überwiesen, um möglicherweise zusätzlich vorliegende Metastasen sicher ausschließen zu können. Die vorbeschriebenen Leberläsionen ließen sich in der nativen Niedrig-Dosis-CT nicht abgrenzen und zeigten in der Posi­ tronenemissionstomografie (PET) auch keinen malignomsuspekten Glukosemetabolismus (q Abb. 4). Ebenso ließen sich keine weiteren metastasensuspekten Läsionen nachweisen.

blutgefüllten Hohlräume sind meist irregulär geformt und finden sich typischerweise in der gesamten Leber; ihre Größe variiert von 1 mm bis zu mehreren Zentimetern [Iannaccone R et al. AJR Am J Roentgenol 2006; 187: W43–52]. Seltener sind auch andere Organe, wie z. B. Knochenmark, Nieren, Nebennieren, Lunge, Lymphknoten oder Teile des Gastrointestinaltrakts, betroffen. Eine Dilatation der Lebersinusoide kann verschiede Ursachen haben. Hierzu zählen u. a. ein erhöhter Druck in den Lebervenen, eine Thrombose der Vena portae oder eine Atrophie der Hepatozyten. Um die Peliosis von einer „einfachen“ Dilatation der Lebersinusoide unterscheiden zu können, sollte sich innerhalb der Läsionen eine Ruptur der Retikulinfasern nachweisen lassen, die die Hepatozyten und Sinusoide physiologischerweise stabilisieren. Je nachdem, ob diese Ruptur durch eine intrinsische Schwäche der Wandfasern der Sinusoide verursacht wird oder mit einer fokalen Nekrose der Hepatozyten assoziiert ist, unterscheidet man einen phleb­ektatischen von einem parenchymalen Typ [Mac Sween RNM. Pathology of the liver. Churchill Livingstone, London 2002; 553–555].

Ätiologie ▼▼

Pathologie ▼▼

Im Hinblick auf die Ätiologie wurden bis heute viele verschiedene Faktoren mit der Entstehung der Peliosis in Verbindung gebracht. Hierzu gehören verschiedene Medikamente (z. B. Kontrazeptiva, Cortico­ steroide, Immunsuppressiva, Zytostatika) und Toxine (Arsen, Polyvinylchlorid (PVC) u.  a.) sowie chronische Erkrankungen (z. B. Malignome, Diabetes mellitus) und Infektionskrankheiten (Tuberkulose u. a.). Zudem kann sich eine Peliosis infolge einer Organtransplantation (insb. Nierenund Herztransplantation) entwickeln.

Die Peliosis hepatis ist eine seltene Erkrankung, in deren Zuge es zu einer Dilatation der Lebersinusoide kommt. Diese

Einen Sonderfall stellt die bei an AIDS erkrankten (und anderen immunsupprimierten) Patienten auftretende Peliosis dar. Bei ihnen wird sie durch eine Infektion mit Bartonella henselae oder quintana verursacht und daher „bakterielle Peliosis“ genannt. Die hier auftretenden Läsionen zeigen ein myxoides Stroma, in dem sich verklumpte Organismen nachweisen lassen. Zudem finden sich bei den von einer bakteriellen Peliosis betroffenen Patienten häufig zusätzliche Läsionen in der Milz und in Lymphknoten [Iannaccone R

Der Name der Peliosis (griechisch pelios, „düster“ oder „violett“) wurde ursprünglich vom makroskopischen Erscheinungsbild der Krankheit abgeleitet, da eine von einer Peliosis betroffene Leber aufgrund der multiplen blutgefüllten Hohlräume dunkel und violett erscheint. Heutzutage wird die Bezeichnung jedoch auch für lediglich mikroskopisch sichtbare Läsionen verwendet.

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Abb. 3 Dynamische MRT. Nachweis flauer Hyperintensitäten insb. in der späten Kontrastmittelphase (Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Dr. Martin Krüger und Christophe Schanz, Ahaus).

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bertransplantation notwendig macht. Große peliotische Läsionen bergen zudem die Gefahr einer Leberruptur [Iannaccone R et al. AJR Am J Roentgenol 2006; 187: W43–52], welche aufgrund der intraperitonealen Hämorrhagie lebensbedrohlich sein kann. In den Fällen, in denen ein auslösendes Agens identifiziert werden kann und die Therapie bzw. die Exposition entsprechend gestoppt wird, kann eine Rückbildung der Peliosis beobachtet werden.

In der B-Bild-Sonografie stellen sich die i.R. der Peliosis auftretenden Läsionen meist echoreich dar (echoarm bei Steatosis hepatis) [Heinrich E et al. Internist (Berl.) 2012; 53: 990–994]. Doppler-sonografisch weisen die Herde einen periund / oder intranodulären Blutfluss auf und in der Kontrastmittel-gestützten Sonografie zeigt sich ein schnelles Anfluten im Zentrum der Läsionen. In der nativen CT finden sich meist multiple hypodense Areale variabler Größe. In der arteriellen Kontrastmittelphase zeigen sich eine frühe, globuläre Anreicherung und kleine KM-Ansammlungen innerhalb der Läsionen (target sign). In der portalvenösen Phase lässt sich typischerweise eine zentrifugale KM-Verteilung nachweisen. Die peliotischen Läsionen zeigen keinen raumfordernden Effekt [Torabi et al. Radiographics 2008; 28: 1967– 1982].

et al. AJR Am J Roentgenol 2006; 187: W43–52].

Lymphadenopathie und bei der durch Bartonella quintana verursachten Infektion zu neurologischen Symptomen.

Klinische Symptomatik ▼▼

Laborchemisch finden sich ggf. eine Erhöhung der γ-Glutamyltransferase (γ-GT), eine Thrombozytopenie oder eine Panzytopenie. Bei der bakteriellen Peliosis zeigt sich häufig eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase (AP) [Radin DR, Kanel GC. AJR Am J Roentgenol 1991; 156: 91].

Die betroffenen Patienten sind häufig asymptomatisch. Gelegentlich kann die Peliosis mit einer Hepatomegalie, abdominellen Schmerzen oder uncharakteristischen Symptomen wie Abgeschlagenheit, Fieber oder Erbrechen einhergehen. In einigen Fällen kommt es zu einer Cholestase mit konsekutivem Ikterus. Bei der bakteriellen Peliosis führt die Infektion mit Bartonella henselae mitunter zu einer

In fortgeschrittenen Stadien kann eine portale Hypertension auftreten, welche u. U. von Aszites begleitet wird. Eine stark ausgeprägte Peliosis kann mitunter in einem Leberversagen enden, das eine Le-

MR-tomografisch stellen sich die Läsionen in der nativen T1w-Sequenz hypound in der T2w-Sequenz hyperintens dar [Kim SH et al. J Comput Assist Tomogr. 2007; 31: 79–85]. Nach KM-Gabe lässt sich auch hier eine vorwiegend zentrifugale Verteilung nachweisen.

Differenzialdiagnosen ▼▼

Die Peliosis muss differenzialdiagnostisch von anderen fokalen Leberläsionen abgegrenzt werden. Hierzu gehören das Leberadenom, das ggf. fetthaltige Anteile aufweist, und das Hämangiom, welches sich durch eine zentripetale KM-Anflutung auszeichnet. Die fokale noduläre Hyperplasie (FNH) zeigt typischerweise eine zentrale Narbe und Lebermetastasen weisen ein schnelles wash out des Kontrast-

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Radiologische Diagnostik ▼▼

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Abb. 4 PET / CT (fusioniertes Bild). Physiologischer Glukosemetabolismus der Leber ohne Nachweis fokaler Läsionen.

mittels auf. Abszesse sind häufig septiert und gehen mit einer entsprechenden Klinik und erhöhten Infektparametern einher.

Therapie ▼▼

Mit Ausnahme der bakteriellen Peliosis, die antiobitisch behandelt wird, gibt es keine spezifische Therapie für die Peliosis hepatis. Daher ist es von großer Bedeutung, das die Peliosis auslösende Medikament oder das verursachende Agens schnellstmöglich zu identifizieren, um die Medikation oder die Exposition umgehend stoppen zu können. Patienten, bei denen es im Rahmen der Peliosis zur Ausbildung einer portalen Hypertension gekommen ist, sollten gemäß den entsprechenden Therapierichtlinien behandelt werden. Im Falle einer durch die Ruptur der peliotischen Läsionen verursachten intrahepatischen oder intraperitonealen Hämorrhagie sind mitunter eine angiografische Intervention oder ein chirurgischer Eingriff unabdingbar. Sehr große peliotische Läsionen sollten ggf. präventiv reseziert werden. In den seltenen Fällen eines Leberversagens besteht die Notwendigkeit einer Lebertransplantation. Die durch Bartonella spp. verursachte bakterielle Peliosis sollte antibiotisch therapiert werden; besonders geeignet sind Erythromycin und Doxycyclin [Löscher T, Burchard GD. Tropenmedizin in Klinik und Praxis. Stuttgart: Thieme Verlag 2010; 530].

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Zusammenfassung ▼▼

Die Peliosis hepatis ist eine seltene, benigne Erkrankung der Leber, in deren Zuge es zur Ausbildung zystischer, blutgefüllter Hohlräume innerhalb der Leber (und ggf. auch anderer Organe) kommt. Als bildmorphologische Charakteristika der Peliosis werden sonografisch echoreiche Läsionen beschrieben, die sich in der nativen CT hypodens sowie MR-tomografisch hypointens in der nativen T1w- und hyperintens in der T2w-Sequenz darstellen. Nach Kontrastmittelgabe kommt es sowohl in der Sonografie als auch in der CT und der MRT typischerweise zu einer zentrifugalen Anreicherung innerhalb der Läsionen. Trotz dieser Unterscheidungsmerkmale ist die Diagnose einer Peliosis hepatis anhand der bildgebenden Diagnostik bisweilen nicht zweifelsfrei zu stellen. So fehlten auch in dem hier vorgestellten Fall die eigentlich typische KM-Anreicherung der peliotischen Läsionen in der CT und die charakteristischen Signalveränderungen in den nativen MR-Sequenzen. Dennoch sollte die Peliosis als seltene Differenzialdiagnose bedacht und ggf. eine Leberbiopsie zur histologischen Sicherung angestrebt werden. A. J. Höink, B. Buerke, W. Heindel, ­ J. Weßling, Münster

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