Pitfalls Pathologe 2015 DOI 10.1007/s00292-014-2055-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

T. Katzenberger1 · O. Al-Taie2 · W. Fischbach3 · M. Eck1 1 Institut für Pathologie, Klinikum Aschaffenburg 2 Medizinische Klinik, Sankt-Elisabeth-Hospital, Gütersloh 3 Medizinische Klinik II, Klinikum Aschaffenburg

Redaktion

C. Kuhnen, Münster

Plasmazellmyelom im Magen?

Klinische Angaben Bei der Aufnahme klagt die 79-jährige Patientin über mehrmaliges Erbrechen, z. T. mit Blutbeimengung. Laborchemisch liegt eine mikrozytäre normochrome Anämie vor (Erythrozytenzahl 4,3 Mio./µl, Hämoglobin 11,3 g/dl, Hämatokrit 32,9%, MCV 77 fl, MCH 26 pg, MCHC 34 g/dl). In der Ösophagogastroduodenoskopie imponiert die Antrumschleimhaut verdickt und zeigt eine auffällige Felderung, rarefizierte Gefäßzeichnung und mehrere fibrinbelegte Erosionen.

zentren und wächst diffus gegen die umgebenden Magendrüsen vor, die es unter Ausbildung sog. lymphoepithelialer Läsionen (≥3 B-Lymphozyten oberhalb der Basalmembran der Foveolen oder Magendrüsen) zerstört (. Abb. 1b). Zytologisch finden sich luminal akzentuiert ganz überwiegend plasmazelluär differenzierte Zellen mit zahlreichen RussellKörperchen (. Abb. 1b, c), in den basalen Abschnitten auch einige monozytoide B-Zellen, „centrocyte-like cells“ und einzelne transformierte B-Zellen, die an Zentro- bzw. Immunoblasten erinnern.

Histologischer Befund

Fallstrickdiagnose

In der Magenschleimhaut findet sich ein dichtes, morphologisch heterogenes lymphoides Infiltrat, das sich teils expansiv verdrängend, teils infiltrativ und destruierend in der Lamina propria mucosae ausbreitet (. Abb. 1a). Ähnlich verbreiterten Marginalzonen umgibt es die präexistenten, reaktiven und aufgesiedelten Keim-

F Plasmazellmyelom im Magen.

Weitere Diagnostik Immunhistochemie Das Infiltrat besteht aus CD20- und CD79a-positiven B-Zellen, die für CD5,

CD23, CD10, bcl2 und CyclinD1 negativ bleiben. Die B-Zellen zeigen als Zeichen ihrer plasmazytischen Differenzierung eine zytoplasmatische monoklonale Expression der Immunglobulinketten IgG/ Lambda, bleiben jedoch für CD138 negativ. In den Keratinfärbungen AE1/3 und Cam5.2 lassen sich typische LEL nachweisen (. Abb. 2a, b, c). Vereinzelt erkennt man Helicobacter pylori.

Molekularpathologie Die monoklonale Expression der Immunglobulinleichtkette Lambda wird in der Hellfeld-in-situ-Hybridisierung bestätigt. Kein Nachweis der chromosomalen Translokation t(11;18)(q21;q21) in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridiserung unter Verwendung locusspezifischer Sonden­ (LSI MALT1 „dual color break apart rearrangement probe“, Vysis/Abbott Molecular Diagnostics, Wiesbaden-Delkenheim, Germany). Nach Literaturangaben ist diese in bis zu 30% der extrano-

Abb. 1 8 a Destruktion der Antrumschleimhaut durch ein dichtes lymphoides Infiltrat, das ähnlich verbreiterten Marginalzonen präexistente, reaktive Keimzentren umgibt (HE-Färbung, Vergrößerung 100:1). b Lymphoepitheliale Läsion (HE-Färbung, Vergrößerung 400:1). c Plasmazelluär differenzierte B-Zellen mit Russell-Körperchen (Giemsa-Färbung, Vergrößerung 400:1) Der Pathologe 2014 

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Pitfalls dalen Marginalzonen-B-Zell-Lymphome des Magens (MALT-Lymphom) zu finden [5].

D Wie lautet Ihre Diagnose? Ausgehend von den durchgeführten Un­ ter­suchungen lautet die abschließende Diagnose: Gastrales Marginalzonen-BZell-Lymphom vom MALT-Typ mit ausgeprägter plasmazytischer Differenzierung vom Typ IgG/Lambda (sog. MALT-Lymphom des Magens)

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Diagnose: Gastrales Marginalzonen-B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ mit ausgeprägter plasmazytischer Differenzierung vom Typ IgG/Lambda Diskussion Das neoplastische B-Zell-Infiltrat der MALT-Lymphome des Magens ähnelt in seiner Zusammensetzung und Anordnung Peyer-Plaques [5]. Zentrozyten­ ähnliche B-Zellen dominieren neben Lymphozyten, die eine monozytoide oder zentroblasten- bzw. immunoblastenähnliche Morphologie aufweisen. Das B-ZellInfiltrat destruiert die präexistenten Magendrüsen unter Ausbildung von LEL. Die B-Zellen können eine immunhistochemisch und molekulargenetisch detektierbare monoklonale Expression von Immunglobulinketten aufweisen. Diese sogenannte plasmazelluläre Differenzierung ist meist in recht geringer Ausprägung in bis zu 30% der MALT-Lymphome nachweisbar [5]. Der vorliegenden Fall weist eine ganz ungewöhnliche starke Plasmazelldifferenzierung mit zahlreichen Russel-Körperchen auf, sodass hier in die differenzialdiagnostischen Überlegungen eine Infiltration des Magens durch ein (okkultes) Plasmazellmyelom bzw. ein primäres Plasmozytom des Magens als seltene Manifestationen extraossärer Plasmozytome einbezogen werden müssen [2, 5]. Durch den Nachweis eines morphologisch bunten lymphoiden Infiltrats CD20-positiver und CD138-negativer B-Zellen, die unter Ausbildung von LEL die Magenschleimhaut dest-

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Der Pathologe 2014

Zusammenfassung · Abstract Pathologe 2015 · [jvn]:[afp]–[alp]  DOI 10.1007/s00292-014-2055-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 T. Katzenberger · O. Al-Taie · W. Fischbach · M. Eck

Plasmazellmyelom im Magen?

Zusammenfassung Der Nachweis eines diffusen, kleinzelligen, lymphoiden Infiltrats in der Lamina propria mucosae, das einen ausgeprägten Epitheliotropismus zeigt und unter Ausbildung typischer lymphoepithelialer Läsionen (LEL) die Magenschleimhaut destruiert, legt die Diagnose eines extranodalen Marginalzonenlymphoms des mukosaassoziierten Gewebes (MALT-Lymphom) nahe. Durch den Nachweis einer monoklonalen B-Zell-Population mittels Immunhistochemie bzw. In-situ-Hybridisierung oder Polymerasekettenreaktion werden reaktive Läsionen im Magen ausgeschlossen. Zur Differenzialdiagnose indolenter   B-Zell-Lymphome im Magen lassen sich mit dem Einsatz eines Panels von 5 immunhistochemischen Markern die chronische lympha-

tische B-Zell-Leukämie (Positivität für CD5 und CD23), das Mantelzelllymphom (Positivität für CD5 und CyclinD1) und das follikuläre Lymphom (Positivität für CD10 und BCL2) zuverlässig diagnostizieren. Der molekulargenetische Nachweis der rekurrenten Translokation t(11;18)(q21;q21) bzw. des API2/MALT1Translokationsprodukts liefert weitere Informationen zum klinischen Verlauf und zur   Prognose des MALT-Lymphoms des Magens. Schlüsselwörter Plasmozytom · MALT-Lymphom · Immunglobuline · Immunhistochemie · In-situ-Hybridisierung

Plasma cell myeloma in the stomach? Abstract The detection of a diffuse infiltrate of heterogeneous small B-cells in the lamina propria mucosae invading the epithelium and destroying the glandular tissue by discrete aggregates of three or more marginal zone   B-cells above the basal membrane (so-called lymphoepithelial lesions) is suspicious of a mucosa-associated lymphoid tissue (MALT) lymphoma of the stomach. The demonstration of a monoclonal B-cell population by immunohistochemistry, in situ hybridization or PCR excludes a benign lymphatic   lesion. In the differential diagnosis with   other small B-cell lymphomas in the stomach, a panel of five different immunohistochemi-

ruieren [5], lässt sich dies ausschließen. Auch fanden sich serologisch keine Erhöhung von Immungobulinketten oder eine monoklonale Hyperimmunglobulinämie in der Serumelektrophorese. Eine Russell-Körper-Helicobacter-pylori-Gastritis liegt als reaktive Läsion bei Nachweis einer monoklonalen Immunglobulinkettenrestriktion der B-Zellen und LEL definitiv nicht vor. Mittels Immunhistochemie sollten differenzialdiagnostisch weitere B-ZellNeoplasien, die gelegentlich eine plasmazelluläre Differenzierung zeigen können, ausgeschlossen werden, wie z. B die chronische lymphatische B-Zell-Leukämie (CD23- und CD5-positiv), das Mantel-

cal markers is useful to diagnose a small lymphocytic lymphoma (CD5 and CD23 positive), a mantle cell lymphoma (CD5 and CyclinD1 positive) or a follicular lymphoma (BCL2 and CD10 positive). The presence of the translocation t(11;18)(q21;q21) or the API2/MALT1 rearrangement could give further information about the clinical course and the prognosis of a gastric MALT lymphoma. Keywords Plasmacytoma · MALT lymphoma · Immunoglobulins · Immunohistochemistry · In situ hybridization

zelllymphom (CylinD1 und CD5-positiv) oder das follikuläre Lymphom (CD10und BCL2-positiv [5]). Die Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori spielt eine pathogenetische Schlüsselrolle bei der Entstehung von MALT-Lymphomen des Magens [1]. Die medikamentöse Helicobacter-pylori-Eradikation ist die Therapie der Wahl [1, 4, 5]. Als Zeichen des guten Ansprechens des MALT-Lymphoms auf die Helicobacter-pylori-Eradikation zeigte sich im vorliegenden Fall nach 3 Monaten eine komplette Regression des neoplastischen Infiltrats. Die Translokation t(11;18) (q21;q21), die in bis zu 26% der MALTLymphome gefunden werden kann und

Abb. 2 8 CD20-positives (a, Vergrößerung 100:1) und CD138-negatives (b, Vergrößerung 200:1) plasmazellulär differenziertes B-Zell-Infiltrat. c Lymphoepitheliale Läsion (AE1/3, Vergrößerung 400:1)

mit einem einen signifikant aggressiveren klinischen Verlauf [5] einhergeht, konnte nicht nachgewiesen werden. In den Staginguntersuchungen konnten keine weiteren Organmanifestationen gefunden werden, insbesondere lag keine Knochenmarkbeteiligung vor.

Korrespondenzadresse PD Dr. T. Katzenberger Institut für Pathologie, Klinikum Aschaffenburg Am Hasenkopf, 63739 Aschaffenburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  T. Katzenberger, O. Al-Taie, W. Fischbach, M. Eck geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur 1. Eck M, Fischbach W (2010) Gastric MALT-type lymphoma. Pathology, pathogenesis, diagnostics and therapy. Pathologe 31:188–194 2. Kanzawa M, Hirai C, Morinaga Y et al (2013) Primary submucosal nodular plasmacytoma of the stomach: a poorly recognized variant of gastric lymphoma. Diagn Pathol 8:30 3. Liu H, Ruskon-Fourmestraux A, Lavergne-Slove A et al (2001) Resistance of t(11;18) positive gastric mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma to Helicobacter pylori eradication therapy. Lancet 357:39–40 4. Ruskone-Fourmestraux A, Fischbach W, Aleman BM et al (2011) EGILS consensus report. Gastric extranodal marginal zone B-cell lymphoma of MALT. Gut 60:747–758 5. Swerdlow SH, Campo E, Harris NL et al (Hrsg) (2008) WHO classification of tumours of haematopoietic and lymphoid tissues. IARC Press, Lyon

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[Plasma cell myeloma in the stomach?].

The detection of a diffuse infiltrate of heterogeneous small B-cells in the lamina propria mucosae invading the epithelium and destroying the glandula...
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