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Möglichkeiten zur Darstellung stereoskopischer Bilder an Monitoren in Verbindung mit dem Operationsmikroskop .J. Reiner
Zusammenfassung Die Beobachtung stereoskopischer Bilder am Monitor in Verbindung mit dem Operationsmikroskop ist durch Anwendung verschiedener, auch freisichtiger Systeme moglich. Alle diese Systeme haben den Nachteil, daB sie das Zusammenspiel von Akkommodation und Konvergenz stören, was auf die Dauer zur Ermudung des Beobachters führen kann. Eine ideale freisichtige Methode zur raumlichen Darstellung des Operationsvorgangs am Auge kOnnte eine der Holographie ahnliche Methode bieten.
Die Prismensysteme in den Fernrohren haben den Zweck, die Entstehung aufrechter und seitenrichtiger Bilder zu gewahrleisten, einen schragen Einblick bei bequemer Kopfhaltung des Beobachters und die Einstellung der beiden Okulare auf dem Augenabstand des Beobachters moglich zu machen.
Das binokulare Fernrohrlupensystem errnoglicht eine stereoskopische Beobachtung raumlicher Objekte. Für die Augenchirurgie ist dies unerläBlich. Die Okulare sind bei verschiedenen Operationsmikroskopen unterschiedlich angeordnet. Bei einigen
Ausfuhrungen sind die Okularachsen parallel, entsprePossible Methods of Reproducing Stereoscopic Images on Monitors in Combination with the Operating Microscope A variety of systems, including open-sight systems, can be used in combination with an operating microscope to reproduce stereoscopic images on a monitor. All these systems have the disadvantage that they disturb the free interplay of accommodation and convergence, and in the long term this can be tiring for the observer. A method similar to holography might be an ideal open-sight method for imaging the surgical procedure three-dimensionally.
Bei den gegenwärtig in der Augenchirurgie verwendeten Operationsmikroskopen handelt es sich urn Fernrohrlupen, die aus einem terrestrischen Prismenfernrohrpaar und einer Lupe bestehen. Zwischen der Lupeund
chend mUssen bei richtiger Anwendung des Gerätes die Augenachsen des Beobachters parallel stehen. Bei anderen Sy-
stemen verlaufen die Okularachsen so, daB bei richtiger Anwendung die Augenachsen des Beobachters konvergent stehen. Bei diesen Mikroskopen ergibt sich bei Veränderung des Augenabstandes eine Verdrehung der Bilder. Bei extremen Einstellungen kann die Bildverdrehung, die einer künstlichen Zykiophorie entspricht, Storungen des beidäugigen Sehens oder Unbehagen beim Benutzer hervorrufen. Systeme mit parallelen Okularachsen ergeben keine Budverdrehung.
Für kurzsichtige Beobachter sind Systeme mit parallelen Okularachsen zu empfehlen, während Ubersichtige und Rechtsichtige angenehmer mit konvergenten Okularachsen arbeiten.
Die Verwendung eines Mikroskops, auch bei schragem Einblick, zwingt den Beobachter zu einer mehr oder weniger starren Kopf- und Korperhaltung. Bei langerer Anwendung des Mikroskops ergeben sich mitunter orthopadische Beschwerden.
den Prismenfernrohren befindet sich im parallelen Offnungsstrahlengang der Vergrol3erungswechsler. Dieser besteht aus drei Linsengruppen, bei denen durch gegenseitige Verschiebung die VergrOBerung zwischen zwei Grenzwerten eingestellt werden kann.
Angenehmer für den Operateur ware es, em stereoskopisches Monitorbild bei bequemer Korperhaltung in einer komfortablen Akkomrnodationsentfernung
beobachten zu kOnnen. Die raumliche Darstellung von Fernseh-Monitorbildern laBt sich unter Anwendung der Von der Lupe werden von räumlichen Ob- gleichen Verfahren verwirklichen, wie sie bei der Stereojekten zwei unendlich ferne, inhaltsverschiedene Teilbilder photographie und Stereoproj ektion verwendet wurden. erzeugt. Diese werden vorn Vergrol3erungswechsler vergroBert oder verkleinert abermals ins Unendliche abgebildet.
Das einfachste stereoskopische Verfahren Diese beiden fernen Bilder werden durch die beiden Pris- stellt das Anaglyphenverfahren (Ro!!mann) dar. Hierbei werden durch Aufnahme mittels zweier Kameras zwei inmenfernrohre betrachtet. haltlich verschiedene Bilder erzeugt, die in roter und blaugrUner Farbe wiedergegeben werden. Beobachtet man dieKIm. Mb!. Augenheilk. 196 (1990) 51—53 farbigen Bilder mit einer se beiden 1990 F. Enke Verlag Stuttgart
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52 K/in. Mb!. Augenheilk. 196 (1990) Brille, bei der das eine Auge em Rotglas, das andere Auge em Blauglas enthalt, so kann em räumliches Bud erkannt werden. Dieses einfache Verfahren ist aber unzulanglich, weil nur em quasi-schwarzweil3es stereoskopisclies Bud entstehen kann. Es ergeben sich auch Wettstreitphanome zwischen den beiden Augen, die sich darin auBern, daI3 mal das rote, mal das blaugrune Bud deutlicher erscheint. Für die Augenchirurgie ware em soiches Verfahren absolut unbrauchbar.
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Die Stereophotographie, die sich des Pola-
risationsverfahrens bedient, konnte nach dem zweiten Weltkrieg als technisch abgeschlossen angesehen werden. Es gab handelsubliche Stereokameras, ebenso Stereoprojektoren auf dieser Grundlage (Vierling).
Man bediente sich hierbei der Polarisation in gleicher Weise wie bei der Darstellung von Polarisationstesten in Sehzeichenprojektoren. Die beiden, dem
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rechten und linken Auge zuzuordnenden Bilder werden un-
terschiedlich polarisiert und ubereinander projiziert. Betrachtet werden die beiden Bilder mittels einer Brille, in der in geeigneter Weise orientierte Polarisationsfilter enthalten
sind. Jedes Auge sieht das ihm zugeordnete Bud, wobei durch Fusion der beiden Bilder der räumliche Eindruck wie bei Stereotesten entstehen kann.
Urn bei der Augenoperation em stereoskopisches Bud zu erhalten, ware es notwendig, in den beiden Strahiengangen der Operationsmikroskophalften geeigne-
te Kameras anzubringen. Die beiden Bilder müssen auf
Beobachter Abb. 1 Darsteflung stereoskopscher Monitorbider Uber Polarisationsfilter und Teilerspiegel
Polarisationsbrille verwendet wird. Der Bildwechsel erfolgt mit euler Frequenz, weiche Uber der Flimmerfrequenz te
liegt und wird daher nicht wahrgenommen.
zwei getrennte Monitore (M1 und M2) geleitet werden. Die beiden Monitore soilten — wie in Abbildung 1 — mit ihren
Derzeit wird das System mit einer ZeilenSchirrnebenen in einem Winkel von 90 zueinander ange- zahi von 350 angeboten. Diese Auflosung ist für ophthalordnet werden. In den Winkeihalbierenden ware em teil- mologische Operationen nicht ausreichend. Es ist jedoch durchiassiger Spiegel anzuordnen. Vor den Bildschirmen anzunehmen daI3 hier nacli diesem Prinzip noch besser müBten grol3flachige Polarisationsfilter in geeigneter auflOsende Karneras und Monitore zum Einsatz gelangen Orientierung angebracht werden. Der Beobachter könnte werden. die beiden Bilder, die ubereinander liegen, mittels einer Polarisationsbrille als Raumbild beobachten. Das eingespieDreidimensionale Polarisationsverfahren gelte Monitorbild (M2) mul3te aufrecht aber seitenver- haben stets den Nachteil, daB durch Polarisationsfilter tauscht erscheinen. Lichtverluste entstehen. Aufierdern sind diese Verfahren nicht freisichtig und konnen nur in Verbindung mit einer Die Lichtverluste bei dieser Anordnung Polarisationsbrille angewandt werden. Fehlsichtige Beobwären erheblich bedingt durch die Absorption in den Pola- achter müssen uber ihrer Korrektionsbrille einen Polarisarisationsfiltern und durch Verluste irn Teilerspiegel. tionsvorhanger anbringen, was in manchen Fallen lastig ist.
Fin besonders elegantes Verfahren zur Darstellung stereoskopischer Monitorbilder in Verbindung mit dem Operationsmikroskop stelit das 3D-Video-System der Firma Ikegami Electronics dar. Von den beiden Kameras, die in den Strahlengangen des Operationsmikroskops angeordnet sind, werden zwei inhaltsverschiedene, den beiden Augen des Beobachters zuzuordnende Bilder erzeugt. Diese erscheinen in rascher Folge abwechselnd auf einem
Denkbar ware auch die Anwendung freisichtiger stereoskopischer Verfahren in Verbindung mit dem Operationsmikroskop, in dessen Strahlengang zwei geeignete Kameras angebracht wurden. Bei Anordnung der beiden Monitore — wie in Abbildung 1 — kOnnte man anstelle eines halbdurchlassi-
gen Spiegels eine Glasplatte verwenden, an der in gleich-
Monitorschirm. Vor dem Monitor befindet sich eine mai3iger Folge schmale senkrechte Spiegeistreifen angedurchsichtige Glasplatte, in der FlUssigkristalle eingelagert bracht wären. Durch die Zwischenraume zwischen den sind. Durch eine elektrische Spannung lassen sich die Kristalle, die das Licht polarisieren, orientieren. Bei Verwendung einer Wechselspannung kann die Orientierung der
Spiegeistreifen ware die Beobachtung des gegenuberliegen-
Kristalle in rascher Folge umgekehrt werden. Durch
sen. Vor den beiden Monitorschirmen mul3te allerdings jeweils em Gittersystem angebracht werden, urn die entspre-
Synchronisierung des Bildwechsels am Monitorschirm und der Polarisationsrichtung der FlUssigkristalle kann erreicht werden, daI3 jeweils nur das recite oder das linke Auge das ihm zugeordnete Bild beobachten kann, wenn eine geeigne-
den Monitorbildes moglich. Die Spiegeistreifen wurden das Bud des seitlich angeordneten Monitors erkennen las-
chenden Bilder den beiden Augen zuzuordnen. Dieses Prinzip entspricht dem auch in der Ophthalmologie verwendeten Spiegeltrenner. Der Beobachter braucht bei die-
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Moglichkeiten zur Darstellung stereoskopischer Bilder an Monitoren
Em soiches Verfahren mit freisichtiger stereoskopischer Beobachtung wurde von dem russischen Ingenieur Iwanow (Selle) fur Lichtspieltheater entwickelt. In den Jahren urn 1950 gab es in Moskau mehrere Lichtspieltheater, in denen dreidimensionale Fume nach dem freisichtigen Systern von Iwanow laufend vorgefUhrt wurden.
Em weiteres freisichtiges stereoskopisches System, auch in Verbindung mit Fernsehmonitoren, ware durch die Anwendung von Linsenrastern (Paustian und Harder moglich. Hierbei werden die beiden inhaltsverschiedenen Bilder in feine senkrechte Streifen zerlegt und abwechselnd nebeneinander angeordnet. Vor jedem Streifenpaar befindet sich eine Zylinderlinse mit einer sehr stark gekrummten Fläche. Beim betrachten eines auf diese Weise zerlegten Bildes durch eine Vielzahl von Zylinderlinsen ergibt sich für jedes Auge das dazugehorige Bud, weiches durch Fusion den räumlich Eindruck hervorruft. Denkbar ware es, die Monitorbilder ebenfalls in senkrechte Elemente aufzulosen und nebeneinander wiederzugeben. Mit Hilfe eines Zylinderlinsen-Rasters ware die freisichtige Beob-
dig. Eine Schadigung des Patientenauges durch die in Frage kommenden Intensitaten könnte nicht stattfinden. Es ist mit groBer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dal3 in Zukunft rnehrere stereoskopische Verfahren für Operationsrnikroskope zur Verfugung stehen werden, wobei insbesondere die Beleuchtung des Patientenauges mit infraroter Strahiung eine nicht unbedeutende Rolle spielen wird.
Betrachtet man Punkte eines raumlichen Objekts, weiche in verschiedenen Entfernungen vom Beob-
achter liegen, so ergibt sich für jeden Punkt eine andere Einstellung der Akkommodation und der Konvergenz des Augenpaares. Bei den hier geschilderten Verfahren zur Darstellung von stereoskopischen Bildern ergibt sich em nicht vermeidbarer Nachteil. Die Akkommodation des Beobachters ist für jeden Punkt auf die konstante Entfernung des Bildschirmes fixiert. Die Konvergenz dagegen ist unterschiedlich, je nach der scheinbaren Lage der Punkte vor oder hinter der Bildebene. Das naturliche Zusammenspiel von Akkommodation und Konvergenz ist gestort.
Vermieden werden konnte dies nur durch Anwendung eines wesentlich aufwendigeren Verfahrens zur Darstellung von Raumbildern, und zwar durch Anwendung der Holographic. Ansatze dazu sind bisher nicht bekannt geworden.
achtung von Raumbildern aus bestimmten Richtungen moglich. Bei diesem Verfahren ware es zweckrnaBig, die Zeilen am Monitor senkrecht anzuordnen; die geradzahligen Zeilen dem einen, die ungeradzahligen dern anderen Auge zuzuordnen. Einen grol3en Vorteil wurden derartige Videosysteme dadurch erlangen, daB man die Beleuchtung
des Patientenauges nicht mit sichtbarem weiBen Licht, sondern mit rotern Licht oder mit infraroten Strahien durchfuhren konnte. Videokameras, die infrarot empfindlich sind, gibt es. Man kOnnte sogar verschiedenen Infrarotwellenlangen Farben zuordnen, urn das Auge des Patienten in diesen ,,Falschfarben" zu beobachten. Damit entfiele die erhebliche Strahienbelastung, die man derzeit bei Anwendung von Operationsmikroskopen hat, vollstan-
Literatur Paustian, W., K. M. Harder: Einrichtung zur Projektion von stereoskopischen Bildern. DRP Nr. 686005 (1935/1939) Reiner, J.: Grundlagen der ophthalmologischen Optik. Stuttgart (1982) Rollmann, W.: Zwei neue stereoskopische Methoden. Pogg. Ann. 90 (1853) 186—187
Selle W.: Der Stereofilm nach Iwanow. Foto-Kino-Technik (1947) Vierling, 0.: Die Stereoskopie in der Photographie und Kinematographie. Stuttgart (1965) Manuskript erstmals eingereicht 23. 10. 1989, zur Publikation in der vorliegenden Form angenommen 25. 10. 1989.
Prof. Dr. J. Reiner Stefan-Lochner-Str. 14 5000 KOln 50
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sem System keine Brille zu verwenden und könnte Raumbilder beobachten. Allerdings mUJ3ten die Spiegeistreifen und die dazwischen liegenden freien Räume so dimensioniert werden, daB sie unterhaib der Auflosung des Auges liegen. Hierbei kOnnten jedoch Storungen durch die Beugung des Lichtes entstehen.