Sozial- und Pdiventivmedizin

M6decine sociale et prOventive 24, 271-273 (1979)

Die prfiexpositionelle Schutzimpfung gegen Tollwut M. Stransky

Einleitun~ Die einzige wirksame Massnahme zur Vorbeugung der Tollwut beim Menschen besteht in der Immunisierung. Die mittels Entenembryonenkultur gewonnenen Impfstoffe haben sich fdr die pr~expositionellen Impfungen als weniger Wirksam erwiesen. Mit der Adaptation des Tollwutvirus an menschliche Diploidzellen gelang es, einen Tollwutimpfstoff herzustellen, der sich durch eine sehr hohe Antigenit~t und Vertr~glichkelt auszeichnet und praktisch in allen F~llen zu einem signifikanten Anstieg der Antik~rper f~hrt. Als Substrat zur Vermehrung des Impfvirus dienen menschliche diploide Fibroblasten-Zells t ~ m m e (WI-38), die bereits ausgiebig zur Herstellung anderer Impfstoffe f~r die Humanmedizin benUtzt wurden. Das Ausgangsmaterial und der hohe Reinigungsrad garantieren, dass der Impfstoff a priori kein Nervengewebe enth~it und einen sehr geringen Gehalt an Fremdeiweiss aufweist. Das schliesst Nebenwirkungen und Komplikationen, wie sie bei allen bisherigen Tollwutimpfstoffen auftraten, aus. Die Wirksamkeit des Impfstoffes beruht auf der hohen Antigenit~t die einerseits durch hohe Viruskonzentration und anderseits durch die hohe Vermehrungsrate des verwendeten Pitman Moore-Stammes erzielt wird.

Es wurden zu Beginn und 1 Monat nach der Basisimmunisierung resp. nach der Auffrischimpfung neutralisierende Antik6rper bestimmt. Weitere Antik~rperbestimmungen wurden 8 und 12 Monate nach der Impfung durchgef~hrt. Resultate

und Diskussion

Die Basisimmunisierung fOhrte bei allen F~llen zu einer gen~genden Antik6rperbildung. Die meisten Titer bewegten sich zwischen 1:200 und 1:5OO, der geometriche Mittelwert lag bei 1:238 (Tab. i). Nur bei einem ProWIRKSAMKEIT DES HDC-[MPFSTOFFESGEGENTOLLWUTBEI 118 PERSONENMIT BASISIMMUNISIERUNG.

ZEITPUNKT DER ANZAHLDER AflTIK~RPER- PERSQNEN BEST{MMUNG

NE~TRALI$IERENDE ~/TIKORPER 9 1:20

1:20 1:51 1:201 h501 eIS

BIS

BIS

BIS

9

GEOM, SPANNE MITTEL

1:50 1:200 1:500 1:1000 ] ~ONATNACH BASIS~e'~UNrSIERUN$

118

1

5

40

47

l0

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1:2)8

8 MONATENACH BASISIMMUNISIERUN$

27

5

17

)

I

0

1

1:40

12NONATE NACH BASISIMMUNISIERUNG

75

1 ~OfiAT NACH REVAKZINATION

68

Die Aktivit~t (im Vergleich zum WHO Standard) lag bei der Charge Nr. N O196 bei 10,60 IE fur die bei + 4 ~ C aufbewahrte Probe resp. bei 8,78 IE f~r die bei + 37o C aufbewahrte Probe; die entsprechende Aktivit~t der Charge Nr. P 1253 war bei beiden Temperaturen 4,98 IE. Gem~ss den Empfehlungen des Herstellers wurde die Basisimmunisierung mit 2 Impfstoffapplikationen im Abstand von 4 Wochen bei Personen vorgenommen, die vor dem Beginn der Impfung entweder keine Antik~rper besassen oder einen Titer von weniger als 1:20 aufwiesen. Probanden, die fr~her schon geimpft wurden und einen Antik6rpertiter yon mehr als 1:20 hatten, erhielten nut eine Auffrischimpfung. Nach 12 Monaten wurde bei allen Personen eine Revakzination vorgenommen.

1:13 als

1:1210 36

14

0

1

20

q

13

29

0

1

9

16

1:25

1:397

h2

,Is

1:1296

l:4q SiS 1:3504

Methodik W~hrend die Wirksamkeit des neuen Impfstoffes bei postexpositionellen Impfungen wiederholt best~tigt wurde, (1,2) ist Uber die Schutzkraft der Vakzine und Ober die Schutzdauer der pr~expositionellen Impfungen wenig bekannt. Um Ober die Wirksamkeit des HDC-Impfstoffes etwas N~heres zu erfahren, wurden 150 beruflich exponierte Mitarbeiter des Tierspitals in ZOrlch prophylaktisch gegen Tollwut geimpft. Zur Anwendung gelangte die HDC-Tollwutvakzine des Institutes M~rieux Lyon, Chargennummern N O196 und P 1253 mit d e m Wistarstamm des Tollwutvirus PM/WI- 38 1503-3M hergestellt und auf WI-38-Zellen gez~chtet.

I:17

sis 1:141)

banden wurde ein Tlter von i:17 festgestellt, der als ungen~gend betrachtet werden muss. Denjenigen Personen, die zu Beginn der Immunisierung Antik6rper von mindestens 1:20 aufwiesen, wurde nur eine einmalige Auffrischimpfung verabreicht. Ebenfalls bei dieser zweiten Gruppe wurde ein signifikanter Titeranstieg yon durchschnittlich 1:98 auf 1:660 beobachtet (Tab. 2). IMMUHANTHORTAUF HDC-]MPFSTOFF GEGENTOLLWUT, AUFFRISCHiMPFUNGBEI )2 PERSONEN,

ZEITPUNKT DER ANZAHL DER, ~EUTRALISlERENDE ~NTIK~RPER ANTIK~RPERPERSONEN 1:201 1:51 1:201 1:501 BESTIKMUNG 9 1:20 els els Bzs BJs . h l 0 0 0 6EOM. SPANNE h50 1:200 h500 1:1000 NITTEL

AM TAG DEe AUFFRISCHIMPFUNG

1 RO~T NACH DER AUFFR[SCH]MPFUNG

32

0

6

15

9

0

2

1:98

1:20 ,is

1:1413 32

0

0

3

7

7

15

1:660

1:61 uls

1:1431

8 MONATENACH DER AUFFR|SCHIMPFUNG

15

],2 MONAXENkCHI DIER AUFFRISCH|MPFUNG

20

1 ~,AT NAt. EINER NELIE~ REVAKZINATION

16

0

4

9

1

1

0

1:%

1:31 szs

1:521 3

6

7

3

1

1:11 0

1:68

Bls

l:fi16 0

2

5

4

2

3

1:295

1:36 sis

1:1672

Die Basisimmunisierung wurde mit Impfstoff Nr. N O196, die Revakzination nach einem Jahr mit der Charge Nr. P 1253 durchgef~hrt.

271

Sozial- und Pr~Zventivmedizin MOdecine sociale et preventive 24, 271-273 (1979)

Acht Monate nach Beginn der Immunisierung wurden bei 39 Personen die Antik~rpertiter Oberpr~ft; es wurde dabei ein deutlicher Abbau der Antik6rper festgestellt, so dass mehr als 20 % der Personen mit Basisimmunisierung keinen gen~genden Titer mehr aufwiesen. Der geometrische Mittelwert sank bei dieserGruppe betr~chtlich, von 2:238 auf 1:40. Bei Probanden, die anstatt der Basisimmunisierung nur eine Auffrischimpfung erhielten (2. Gruppe), wurde zwar auch ein massiver Abbau der Antik~rper von 1:660 auf 1:94 beobachtet, er sank jedoch bei keinem Probanden unter die kritische Schwelle von 1:20 (Tab. 1 und 2). Ein Jahr nach der Basisimmunisierung hatten bereits 50 % der Probanden keinen genfigenden Antik~rpertiter mehr; der geometrische Mittelwert lag bei dieser Gruppe bei 1:25 (Abb. i). WIRKS~KEIT DES ~-IMPFSTOFFE$ GEGEN~ L L ~ T B~I 118 PERSONENNIT BkSISI~UNIS|ERUN6,

i :~;97 1 ; 238

100

Die Revakzination nach einem Jahr fdhrte ausnahmslos zu einem deutlichen Titeranstieg; der geometrische Mittelwert stieg von 1:25 auf 1:397 in der ersten Gruppe mit Basisimmunisierung resp. yon 1:68 auf 1:295 in der zweiten Gruppe mit Auffrischimpfungen. (Abb. 1 und 2). Der Impfstoff wurde gut vertragen; allf~llige Reaktionen lokaler Art (R6tung, Schwellung, Schmerzen an der Impfstelle, Reaktion der regionalen LymphdrUsen) sowie allgemeine Reaktionen (Fieber, Kopfweh, Mattigkeit usw.) wurden selten beobachtet. Schlussfolgerungen Die Antik~rperbestimmungen haben die Wirksamkeit des neuen HDC-lmpfstoffes gegen Tollwut fur die pr~expositionelle Impfung bewiesen; es hat sich allerdings dabei gezeigt, dass der Antik6rperabbau viel rascher erfolgt als angenommen wurde. Aufgrund der Resultate wird empfohlen, das vom Hersteller empfohlene Impfschema der Basisimmunisierung durch eine dritte Impfung - vier Wochen nach der zweiten - zu erg~nzen. Es bleibt unerl~sslich, sowohl nach der durchgef~hrten Immunisierung, als auch nach einer Exposition mit einem tollw~tigen oder tollwutverd~chtigen Tier den Antik~rpertiter bestimmen zu lassen. Zusammqnfassun@

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2

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Ein etwas hSherer Mittelwert von 1:68 wurde bei der zweiten Gruppe der Probanden fest" gestellt, die anstatt der Basisimmunisierung nur eine Auffrischimpfung erhielten (Abb. 2).

Bei 150 beruflich exponierten Personen wurden prophylaktische Impfungen gegen Tollwut vorgenommen. Zur Anwendung gelangte ein neuartiger, auf diplolden menschlichen Zellen hergestellter Totimpfstoff. Die B a s i s i ~ u n i sierung f~hrte zu einer raschen Bildung der neutralisierenden Antik~rper. Der Abbau von Antik6rpern erfolgte sehr rasch, so dass nach 12 Monaten mehr als 50 % der Probanden keinen gen~genden Titer mehr aufwiesen. Auf eine Revakzination reagierten alle Probanden mit einem deutlichen Anstieg der Antik~rper. Der Impfstoff wird gut vertragen, lokale und allgemeine Reaktionen wurden selten be0bachtet. R~sum~

1000"

WIRKSAMKEIT DES HDC-IMPFSTOFFE$GEGs TO~U~IT, AUFFR]SCH[rtPFUNG BE] 32 PERSONEN.

1:600 1 i 295

1001:68

150 personnes, dont la profession comporte des risques d'infection par la rage, ont ~t~ vaccin~es contre cette maladie. Un nouveau vaccin, cultiv~ sur cellules diploides humaines, a ~t~ utilis~. Les deux premieres injections de base ont ~t~ suivies de l'apparition rapide d'anticorps neutralisants. La disparition des anticorps a aussi ~t~ rapide. Ainsi, apr@s 12 mois, le titre d'anticorps de plus de la moiti~ des sujets ~tait insuffisant. Le niveau d'anticorps, chez les 150 personnes ~tudi~es, est mont~ nettement apr~s le rappel. Le vaccin est bien tol~r~ et on n'a observ~ de r~actions, locales ou g~n~rales, que rarement. Summary

auf~rl

272

Prophylactic vaccinations against rabies were given to 150 occupationally exposed persons. A new killed vaccine, grown on human diploid cells, was used. The first immunization resulted in a rapid development of neutralizing antibodies. Antibodies declined very quickly so that 50 % of the probands

Sozial- und Priiventivmedizin

M6decine sociale et prOventive 24, 273 (1979)

f a i l e d to s h o w a d e q u a t e t i t r e s a f t e r 12 months. All p r o b a n d s r e a c t e d w i t h a d i s t i n c t rise in a n t i b o d i e s on r e - v a c c i n a t i o n . The v a c c i n e w a s w e l l t o l e r a t e d and local or g e n e r a l r e a c t i o n s were observed only rarely Literatur (i) B a h a m a n y a r M., F a y a z A., N o u r - S a h e l i S., M o h a m m a d i M. and K o p r o w s k i H. (1976):

S u c c e s s f u l p r o t e c t i o n of h u m a n s e x p o s e d to r a b i e s i n f e c t i o n . P o s t - e x p o s u r e t r e a t m e n t w i t h the n e w h u m a n d i p l o i d cell r a b i e s v a c c i n e and a n t i r a b i e s serum. J A M A 236, 2 7 5 1 - 2 7 5 4 . (2) K u w e r t E.K., W e r n e r J., M a r c u s I. and Cab a s s o V.J.: S e r v o v a c c i n a t i o n b y h u m a n immune globulin and HDCS-Vaccine against rabies. D e v e l o p . biol. s t a n d a r d . , vol. 40, pp. 1 2 9 - 1 3 6 (S. Karger, B a s e l 1978).

Bauernjugend und Gesundheit K. B i e n e r

A n 436 B a u e r n b u r s c h e n u n d 278 B a u e r n m ~ d c h e n im A l t e r v o n 1 7 - 2 0 J a h r e n in d e r N o r d o s t und Z e n t r a l s c h w e i z w u r d e n die g e g e n w ~ r t i g e n G e s u n d h e i t s p r o b l e m e u n t e r s u c h t . 6 % der m ~ n n l i c h e n und 7 % d e r w e i b l i c h e n J u g e n d l i c h e n s t a n d e n zur Zeit in ~ r z t l i c h e r B e h a n d l u n g . 16 % der B a u e r n b u r s c h e n und v e r g l e i c h s w e i s e 30 % v o n s t ~ d t i s c h e n M a s c h i n e n b a u l e h r l i n g e n h a t t e n eine T o n s i l l e k t o m i e o d e r T o n s i l l o t o m i e h i n t e r sich, 6 % bzw. 7 % eine A p p e n d e k t o m i e . Die B a u e r n m ~ d c h e n w e r d e n in 20 % an den Tons i l l e n o p e r i e r t und in 5 % a p p e n d e k t o m i e r t . Die U n f a l l a n a m n e s e ergab, dass 38 % d e r Baue r n b u r s c h e n und 3 1 % d e r B a u e r n m ~ d c h e n e i n e n Helm- oder Arbeitsunfall erlitten, VerkehrsunfMlle j e d o c h 17 % der B u r s c h e n und 2 1 % d e r M ~ d c h e n . F a s t jeder d r i t t e U n f a l l h a t t e e i n e n K n o c h e n b r u c h zur Folge. Z i g a r e t t e n k o n s u m e n t e n f a n d e n sich bei d e n B a u e r n b u r s c h e n 23 %, bei den M ~ d c h e n 20 %, v e r g l e i c h s w e i s e bei S t a d t b u r s c h e n 55 %. ii % der B a u e r n b u r s c h e n t r a n k e n t~glich, 17 % m e i s t a m W o c h e n e n d e , 58 % g e l e g e n t l i c h bzw. s e l t e n u n d 14 % nie a l k o h o l i s c h e Getr~nke. Nur 1% hatten bisher Drogen probiert. 27 % d e r B a u e r n b u r s c h e n g e h ~ r t e n e i n e m S p o r t k l u b an, e b e n s o 14 % d e r B a u e r n m ~ d c h e n . Jeder dritte Bauernbursche trieb praktisch k e i n e n F r e i z e i t s p o r t . 99 % d e r B u r s c h e n ~uss e r t e n d e n W u n s c h e i n e r s p ~ t e r e n Heirat, geg e n ~ b e r nur 86 % y o n S t a d t b u r s c h e n aus M a s c h i nenbaubetrieben; ein spMterer Kinderwunsch war m i t 4,3 • 0,2 K i n d e r n w e s e n t l i c h a u s g e p r ~ g t e r als bei d e n g e n a n n t e n S t a d t b u r s c h e n m i t 2,5 •

0,i Kindern. Vergleichsstudien bei erwachsenen B ~ u e r i n n e n im Z 0 r c h e r W e i n l a n d sowie im Engadin, e b e n s o bei d e r B e r g b a u e r n b e v ~ i k e r u n g im S a f i e n t a l / G r a u b ~ n d e n z e i g e n d e u t l i c h d e n G e n e r a t i o n e n w a n d e l in d e n L e b e n s g e w o h n h e i t e n auf d e m Lande. R~sum@ La s a n t ~ de la j e u n e s s e

paysanne

278 j e u n e s p a y s a n n e s et 436 ] e u n e s p a y s a n s de 17 ~ 20 ans, v i v a n t en S u i s s e a l l e m a n d e o u e s t ont ~t~ e n q u ~ t ~ s c o n c e r n a n t leurs p r o b l ~ m e s de sant@ actuels. 6 % des j e u n e s h o m m e s et 7 % des j e u n e s filles se t r o u v a i e n t e n traitement m~dical. Summary H e a l t h and f a r m e r s

youth

In N o r t h S w i t z e r l a n d , some f a c t o r s of h e a l t h f r o m 436 boys and 278 g i r l s f r o m f a r m e r s w e r e e x a m i n e d . F r o m this p o p u l a t i o n , 6 % of the m e n a n d 7 % of the g i r l s have b e e n in m e d i c a l c o n t r o l at the time of e x a m i n a t i o n . The facts are p r i n t e d in a b o o k " F a r m e r s y o u t h and h e a l t h " . Literatur B i e n e r K.: B a u e r n j u g e n d u n d G e s u n d h e i t . S c h w a b e - V e r l a g , B a s e l 1979, i00 Seiten, Tabellen, 7 Abbildungen.

58

273

[Pre-exposure rabies vaccination].

Sozial- und Pdiventivmedizin M6decine sociale et prOventive 24, 271-273 (1979) Die prfiexpositionelle Schutzimpfung gegen Tollwut M. Stransky Einle...
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