159

Referat 2

Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen und genetlsch bedingter Stoffwechselst/~rungen K. Kn6rr, Univ.-Frauenklinik Ulm Mit Hilfe der Amniocentese und nachfolgender Kultivierung der im Fruchtwasser enthaltenen fetalen Zellen kann man bereits in der frfihen Gravidit/it chromosomal und biochemisch bedingte Defekte des Feten zuverl~issig aufdecken oder ausschlieflen. Die fetalen Zellen gelangen aul3er vonder Amnionh/ille und der Haut etwa ab der 14. Schwangerschaftswoche auch aus dem Nasopharyngealraum, der Lunge und dem Urogenitaltrakt in das Fruchtwasser und sind dort in einer ffir die Zfichtung ausreichenden Zahl erst ab der 15.-16. Schwangerschaftswoche suspendiert. Zum gleichen Zeitpunkt sind im Mittel 170-180 ml Fruchtwasser vorhanden. Der Entzug der zur Diagnostik ben6tigten 10-15 ml Fruchtwasser wird schnell ersetzt und schadlos toleriert. Um diese Zeit hat auch der Uterus eine Gr613e erreicht, die den transabdominalen Zugang erm6glicht. Die genannten Parameter - Fruchtwassermenge, Zellgehalt und Uterusgr6/3e - lassen somit die 15.-16. Schwangerschaftswoche ffir die vorgeburtliche Diagnostik als frfihesten Zeitpunkt geeignet erscheinen. Zum teehnisehen Vorgehen nur wenige Bemerkungen; fiber Einzelheiten wird Herr Jonatha heute im Rahmen der Podiumsdiskussion ausf/ihrlicher berichten. Die dem Eingriff unmittelbar vorgeschaltete Ultrasehalldiagnostik ist heute eine condifio sine qua non. Nach unseren Erfahrungen stellt die yon Herrn Jonatha entwickelte, im schnellen B-Bild w~ihrend des Vordringens sichtbare Spezialkanfile den entscheidenden Schritt v o n d e r Blindpunktion zur Amniocentese unter Ultraschallsicht dar (Abb. 1 u. 2). Andere Gruppen (Bang, Kopenhagen; Hansmann, Bonn; Terinde, Dfisseldorf) verwenden ffir das Sichtverfahren den modifizierten Biopsie-Schallkopf eines Compound-scan. Das Ultrasehall-Siehtverfahren gestattet ein weitgehend paraplazentares Vorgehen, auch bei Vorderwandplazenta. Die Quote der Versager bei der Erstpunktion konnte auBerdem von 12,9% auf 0,9% (Tabelle 1), die Rate blutig konmminierter Fruehtwasserproben von 21,4% auf 2,7% (Tabelle 2), sowie das Risiko einer dutch den Eingriff induzierten Fehlgeburt von 1,6% auf 0,3% reduziert werden. In rund 4% ist nach einer Amniocentese mit einem voriibergehenden Fruehtwasserabgang (leakage) und/oder mit leichten Blutabgdngen (spotting) zu rechnen. Das Risikofiir die Frucht ist demnach - gemessen an dem genetischen Risiko der einzelnen Indikafionsgruppen - gering. Dies enthebt aber nicht yon der ausffihrlichen Beratung fiber die m6glichen Komplikafionen vor jeder Amniocentese. Gefahrenfiir die Mutter bestehen nicht und mfitterliche Kontraindikationen gibt es keine. Bei Rh-Konstellation ist die Anti-D-Prophylaxe angezeigt.

160

K. Knfrr: Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen

Abb. 1. Ober der im Ultraschall als gfinstig ermittelten Stelle wird nach Desinfektion und Lokalanaesthesie mit der Ultraschallsichtkaniile eingegangen. Die mit einem Mandrin versehene Ultraschallsichtkantile ist dutch spiralig verlaufende Rillen, die mit Teflon gegl/ittet sind, im Ultraschall sichtbar. Das Eindringen der Nadel kann unter dem entsprechend aufgesetzten Ultraschallkopf beim Eindringen in die Amnionh6hte verfolgt werden

Abb. 2. Die Ultraschallsichtkan~le (~ links im Bild) ist in der AmnionhShle deutlich sichtbar. Sie karm kontrolliert so geleitet werden, dab fetale Teile nicht tangiert werden

K. Kn6rr: Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen

161

Tabelle 1. Vergleicb der Erfolgs- und Versagerquoten bei konventioneller (,,blind"-) Punktion und bei der Amniocentese unter Ultraschallsicht Fruchtwasserpunktion

Zahl der Ffille mit ,,Blind"-Punktion

Zahl der F~ille mit Punktion unter Ultraschallsicht

abs.

%

abs.

%

Bei der Erstpunktion erfolgreich

54

87,1

582

99,1

Kein Fruchtwasser zu gewinnen trotz 1--3 Punktionsversuchen

8

12,9

5

0,9

(Stand vom 31. 7. 76) Tabelle 2. Vergleich der Raten blutig kontaminierter Fruchtwasserproben bei konventioneller (,,blind"-) Punktion und der Amniocentese unter Ultraschallsicht Fruchtwasserbeschaffenheit bei der Erstpunktion

Zahl der F~ille mit ,,Blind"-Punktion

Zahl der Fglle mit Punktion unter Ultraschallsicht

abs.

%

abs.

%

Klar

44

78,6

566

97,3

Blutig tingiert

12

21,4

16

2,7

(Stand vom 31. 7. 76)

So zuverl~issig wie die Fruchtwasserpunktion muB auch die Zellkultivierung gelingen. Man mul3 ja bedenken, dab jeder Zfichtungsversager eine Wiederholung der Amniocentese nach sich zieht, eine ffir die Schwangere auBerordentlich groge psychische Belastung. Als Beispiel demonstriere ich die Erfolgs- und Versagerquoten aus dem Laboratorium meiner Frau, die zeigen sollen, wie zuverl~issig die Kultivierung gestaltet werden kann (Tabelle 3). Wer kommt nun fiir die vorgeburtliche Diagnostik in Frage? Die lndikationen werde ich Ihnen an Hand des eigenen Beobachtungsgutes er1/iutern, das bis Mitte August ann~ihernd 700 diagnostische Amniocentesen umfaf3t; das ist gut ein Drittel aller in der Bundesrepublik bisher durchgeffihrten vorgeburtlichen Diagnosen. Zun~ichst muB man yon folgenden Zahlen ausgehen: Auf 150-200 Lebendgeborene ist mit der Geburt eines Kindes mit einer Chromosomenanomalie zu rechnen, also in mindestens 0,5%. Die Tatsache, daf3 das Risiko, ein Kind mit einer Chromosomenanomalie zur Welt zu bringen, mit zunehmendem Alter der Mutter steil ansteigt, bedeutet, dab die vorgeburtliche Diagnostik zumindest fiir alle Schwangeren ab dem 40. Lebensjahr,

162

K. Ku6rr: Praenatale Diagnosfik chromosomaler Erkrankungen

Tabelle 3. Erfolgs- und Versagerquoten bei der Zellkulfivierung Jahr

Amniocentesenerfolgreich insgesamt abs.

%

Verlustdurch Infektion

kein Wachstum Verluste insgesamt

abs.

%

abs.

%

abs.

%

1970-1974

242

224

92,6

8

3,3

10

4,1

18

7,4

1975

242

240

99,2

1

0,4

1

0,4

2

0,8

1976 (15. 8. 76)

244

244

.

.

100,0 .

.

.

.

(Stand vom 15. 8. 76)

Alter der Mutter

H/iufigkeitdes Down-Syndrom/Geburten

< 20

1:2300

20-24

1:1600

25-29

1:1200

30-34

1:870

35-39

1:300

40-44

1:100

> 45

1: 45

Tabelle 4. H~iufigkeit des Mongolismus (DownSyndrom) in Abh~ingigkeit vom m/itterlichen Alter (Sch~itzwerte auf der Basis der Neugeborenen-Statisfik der BRD 1969)

(mod. n. K. Sperling)

hoffentlich in Zukunft auch ab dem 35. Lebensjahr, zur Verffigung stehen sollte (Tabelle 4). DaB die bisher mitgeteilten Sch~itzwerte eher zu niedrig liegen, m6chte ich Ihnen an Hand unseres Beobachtungsgutes erliiutern (Tabelle 5). Wir haben bisher bei 171 Schwangeren im Alter yon 40 Jahren und dariiber sechsrnal einen abnormen Karyotyp ermittelt; das entspricht 3,5%. Bei 180 Frauen im Alter yon 3 5 - 3 9 Jahren ergab die cytogenetische UntersuChung viermal eine chromosomale Anomalie, darunter dreimal ein Down-Syndrom (1,7%). Und nun zur zweiten Risikogruppe: Hat eine Frau bereits ein Kind mit einer Chromosomenaberration, z. B. mit einem Down-Syndrom, geboren, so ist das Wiederholungsrisiko entsprechend der Altersgruppe etwa doppelt so grofS. Im eigenen Klientel wurde unter 155 Sehwangeren in dieser Gruppe zweimal eine Chromosomenanomalie des Feten ermittelt; das bedeutet eine Anomalierate von 1,3%, also eine deutliche Erh6hung gegenfiber der Normalpopulation (Tabelle 6). Eine weitere Risikogruppe bilden die Schwangeren, die selbst oder deren Ehepartner nachgewiesene balancierte - also ph~inotypisch gesunde - unauffiillige

K. KnSrr: Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen Tabelle

163

5. Erh6htes Gebgralter

Alter

Anzahl Ergebnis der Anomalie der Chromosomenanalyse F/ille normal abnorm

Anomalie-Rate Interruptio in %

35--39 Jahre 180a

176

3 (+1)

3x G-Trisomie 1x bal. de novo Translokation

1,7 (2,2)

3

40 Jahre . und/ilter

165

6

3x G-Trisomie 3x E-Trisomie

3,5

5 (Ix verweigert)

171a

(Stand vom 15. 8. 76) a EinschlieBlichFruchtwasserproben von auBerhalb

Tabelle

6. Vorausgegangene Geburt eines Kindes mit Down-Syndrom (Trisomie-Mongolismus)

Anzahl der F / i l l e

155a b

Ergebnis der Chromosomenanalyse normal

abnorm

153

2

Anomalie

Anomalie-Rate in %

Interruptio

1 Turnermosaik 1 Trisomie Ex8

1,3

2

(Stand vom 15. 8. 76) a 1 x 2 Kinder mit Down-Syndrom, 1 x 1 Kind mit Down-Syndrom und 1 Kind mit Cri-du-chatSyndrom b EinschlieBlichFruchtwasserproben von ausw/irts

(rbertriiger einer vererbbaren Chromosomentranslokation sind. Dieses Kollektiv ist zahlenm/if3ig gering, das Risiko f/Jr die G e b u r t miBbildeter N a c h k o m m e n aber au13erordentlich hoch. U n t e r 17 eigenen Beobachtungen dieser Gruppe wurde viermal ein mit MiBbildungen einhergehender unbalaneierter Chromosomenstatus - das ist knapp ein Viertel - diagnostiziert (Tabelle 7). Bei gesehleehtsgebundenen rezessiven Erbkrankheiten k 6 n n e n die weiblichen N a c h k o m m e n -- ohne selbst zu erkranken -- fJbertr~iger des Gendefektes sein, w~hrend die Erkrankungswahrscheinlichkeit der mdnnlichen N a c h k o m m e n 50% betr/igt. Diese Erbleiden erfordern infolgedessen die praenatale Bestimmung des Geschlechtes. Wir haben bei 9 Schwangeren, die als fJbertr/igerinnen einer geschlechtsgebundenen Erbkrankheit b e k a n n t waren, mit Hilfe der Chromosomenanalyse viermal einen K n a b e n festgestellt (Tabelle 8). Ein weiteres Indikationsgebiet bilden die praenatal nachweisbaren angeborenen Stoffwechselanomalien. Kinder mit einer dieser erblichen E n z y m o p a t h i e n sind zwar - je nach Krankheit - lebensf/ihig, aber fast immer mit vielf/iltigen k6rperlichen Defekten und schwerem Schwachsinn behaftet. Infolge ihres rezessiven Erbganges

164

K. Kn6rr: Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen

Tabelle 7. Ein (oder beide) Elternteil(e) Ubertr/iger einer balancierten Chromosomentranslokation Anzahl der F/ille 17a

Ergebnisder Chromosomenanalyse normal

balanciert

unbalanciert

8

5

4

(Stand vom 15. 8. 76) a Einschliel31ich Fruchtwasserproben von ausw~irts Tabelle 8. Geschlechtsgebundene Erbkrankheiten Anzahl der F~ille

famili~e Belastung

Ergebnis

Interruptio

2

progressive Muskeldystrophie (Typ Duchenne)

1 Knabe 1 M~idehen

1

6

Haemophilie

3 Knaben 3 M/idchen

3

1

Imundefekt, der bei Knaben h/iufiger sein soil

1 M/idchen

-

(Stand vom 15. 8. 76)

treten die einzelnen biochemischen Defekte selten auf, werden jedoch angesichts ihrer Vielzahl und der stetig zunehmenden praenatalen Nachweisverfahren in Zukunft ein beachtliches Kontingent bilden. Unter den bisher 17 eigenen Beobachtungen trugen sechs Kinder - also knapp ein Drittel - den in der Familie bekannten metabolischen Defekt (Tabelle 9). Gerade die zuletzt dargesteUten Gruppen stellen eindrucksvolle Beispiele ffir den Wandel dar, der sich mit der praenatalen Diagnostik vollzogen hat. Mitgliedern von Familien mit vererbbaren Chromosomenfehlern oder Enzymopathien mul3te man auf Grund der empirischen Risikoziffern bisher von Schwangerschaften abraten und ggf. die Sterilisation eines Ehepartners empfehlen. Seit die MSglichkeit der vorgeburtlichen Diagnostik besteht, k6nnen auch diese Ehepaare zur Schwangerschaft und damit zur Erffillung ihres Kinderwunsches ermutigt werden. Erg/inzend sei bemerkt, dab dutch quantitative Bestimmung der ce-Feto-Proteine im Fruchtwasser offene neurale Spaltbildungen zuverl~issig zu diagnostizieren sind. Dazu mul3 man wissen, dab das Wiederholungsrisiko etwa 5% betr/igt. Bei famili/irem Auftreten ist die Wahrscheinlichkeit noch h6her zu veranschlagen. Die ~-FetoProteinbestimmung wird von uns dartiber hinaus bei jeder diagnostischen Amniocentese vorgenommen. Auf diese Weise konnte durch die Kombination von Ultraschalldiagnostik und Bestimmung der cr-Feto-Proteine eine offene Encephalomeningocele nachgewiesen werden. Im folgenden Diapositiv sind die giiltigen Indikationsgruppen f/Jr die vorgeburtliche Diagnostik nochmals aufgeffihrt (Tabelle 10).

K. Kn6rr: Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen

165

Tabelle 9. Angeborene Stoffwechselanomalien

Anzahl der F/ille

famili/ire Belastung

Ergebnis normal

1 1 1 5 1 1 1 2 ! 1 2

Galaktos/imie (+ Mucoviscidose) Methylmalonacidurie Niemann-Piek (Typ C) Mucopolysaccharidose (I/II) Mucolipidose (I-Cell-Disease) Verdacht auf Gangliosidose Ahornsirup-Krankheit Cystinose M. Tay-Sachs AGS-Syndrom M. Krabbe

17 a

Interruptio abnorm 1

1

1 1 falsch neg.

1

1

1

2

2

5 (6)

5

1 4 1 1 2 1 1 (?)

11

(Stand vom 15. 8. 76) a Ergebnis der Chromosomenanalyse immer normal Tabelle 10

Indiziert ist die Amniocentese bei Graviden 1. die selbst oder deren Ehepartner nachgewiesener Obertr/iger einer vererbbaren Chromosomentranslokation sind, 2. die bereits ein Kind mit einer Chromosomenst6rung geboren haben, 3. die sich bereits in einem h6heren Geb/iralter (tiber 40 Jahre) befinden, 4. die oder deren Ehepartner mit einem der geschlechtsgebundenen Erbleiden belastet sind, 5. die bereits ein Kind mit einem bestimmten Enzymdefekt geboren haben oder in deren resp. des Ehemannes Familie eine erbliche Stoffwechselst6rung bekannt ist, 6. die bereits ein Kind mit offenen neuralen Spaltbildungen geboren haben oder deren resp. des Ehemannes Familie mit diesen Anomalien belastet ist

Als oberstes Gesetz gilt f/Jr die F r u c h t w a s s e r p u n k t i o n - wie Kir jeden operativen E i n g r i f f - das ,,nil nocere". Deshalb sei zur A b r u n d u n g der Ausffihrungen festgestellt, d a b nach den eigenen Verlaufsstudien in Obereinstimmung mit den A n g a b e n in der Literatur keine Beeintr/ichtigung des Schwangerschaftsverlaufes und der sp/iteren Entwicklung der Kinder nach Amniocentese in der Fr/ihschwangerschaft zu verzeichnen ist. Entzogen hat sich bisher der vorgeburtlichen Diagnostik die relativ umfangreiche G r u p p e der multifaktoriell verursachten, vielfach mit multiplen, duflerlich sichtbaren Abnormitdten einhergehenden MiJJbildungen. Ihre praenatale Erkennung erscheint dringlich, da auch diese Defekte famili/ir v o r k o m m e n und d a ein erhdhtes Wiederholungsrisiko nach G e b u r t eines solchen Kindes besteht. Z u ihrem Nachweis in der fr/ihen Schwangerschaft bahnt sich als Fortentwicklung der Amniocentese ein neues Verfahren an: die Fetoskopie. Herr Z a h n aus der

166

K. Knfrr: Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen

Tabelle 11. Rate der abnormen Befunde Zahl der diagnostischen Amniocentesen

685"

Normale Befunde

Abnorme Befunde

Bal. fJbertr/iger und bal. Abnorme de novo-Translokationen Befunde insgesamt

abs.

%

abs.

%

abs.

%

abs.

%

652

95,18

25

3,65

8

1,17

33

4,82

(Stand vom 15. 8. 1976) a Einschliel31ichder Fruchtwasserprobenvon au/3erhalb

II. Miinchner Frauenklinik hat schon fiber erste Erfahrungen berichtet und die G-iegener Gruppe (Rauskolb-Fuhrmann) haben das Verfahren bereits diagnostisch eingesetzt. Mein Mitarbeiter Jonatha hat die ffir die diagnostiscbe Amniocentese entwickelten Verbesserungen auch ffir die Fetoskopie genfitzt, und wir sind so weit, dab wir die direkte Betrachtung des Feten bei strengster Indikationsstellung jetzt in das praenatale Diagnostikspektrum einbeziehen k6nnen. Wir haben bisher 22mal eine Fetoskopie durchgeffihrt, darunter ffinfmal rein diagnostisch, und einmal eine schwere Mil3bildung des Gesichtssch/idels diagnostiziert. Zusammenfassend 1/il3t sich sagen, dab die vorgeburtliche Diagnostik chromosomaler und bestimmter, praenatal nachweisbarer biochemischer Defekte sowie oftener neuraler Spaltbildungen mittels der Amniocentese in der Frfihschwangerschaft ein risikoarmes und diagnostisch zuverl~issiges Verfahren darstellt. Es erfordert abet viel Zeit und Erfahrung und einen grol3en Aufwand. Bezogen auf unser Gesamtkollektiv von 685 praenataldiagnostischen Amniocentesen konnten - in fJ'bereinstimmung mit den Erfahrungen anderer Gruppen - in ca. 95% normale Befunde erhoben werden. Bei rund 4% der Beobachtungen wurde eine abnorme Frucht diagnostiziert, sieht man yon den ermittelten balancierten Obertr/igern - also phgnotypisch normalen Feten -- ab (Tabelle 11). Besonders der Tatsache, dab in 95% eine Anomalie praenatal ausgeschlossen werden konnte, kommt ein besonderes Gewicht zu, denn gerade auf diese Weise wirkt sieh die vorgeburtliche Diagnostik eindeutig positiv auf die Erhaltung der Graviditdt und die gesamte Familienplanung aus. Ffir die Praxis ist wichtig, dab nach unseren Erhebungen, die wir vor einem Jahr vorgenommen haben, fiber 80% des Klientels, das ffir die praenatale Diagnostik in Frage kommt, prim/ir in den Beratungsbereich des Frauenarztes fallen. Dagegen geh6ren die zahlenm/if3ig geringeren, daffir aber beratungsintensiveren und in vielfacher Hinsicht diagnostisch aufwendigeren Erbleiden, wie famili~ir auftretende Chromosomenaberrationen, geschlechtsgebundene Erbkrankheiten und metabolische Defekte in den Kompetenzbereich des klinischen Genetikers und/oder P/idiaters. Gerade diese Zahl yon fiber 80% zeigt, dab sich heute der Gyn/ikologe und Geburtshelfer mit den Problemen der genetischen Risikoschwangerschaft besch/iftigen mug und dal3 wir - vor allem aber auch die daffir zust~indigen staatlichen Institutionen - alles unternehmen mfissen, um die Kapazit/iten der notwendigen Laboratorien auf den zwingend erforderli~.hen Bedarf zu steigern.

[Prenatal diagnosis of chromosome abnormalities and genetic metabolic disorders (proceedings)].

159 Referat 2 Praenatale Diagnostik chromosomaler Erkrankungen und genetlsch bedingter Stoffwechselst/~rungen K. Kn6rr, Univ.-Frauenklinik Ulm Mit H...
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