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Pränatale Diagnostik eines fetalen malignen intrakraniellen Teratoms C. Eckmann 1. B. Hünek e 1. T. C. Sc hlotfe ldt 1. M. H. Carste nse n 1. S. Reinh old /

Zusammenfassung Bei eine r 25jährigen Nulli-Para I. Gravida wurde im Rahmen der Schwa ngere nvors orge in der 24. Schwange rschaftswoche (SSW) anläßl ich der rou tinem äßig durchgeführten Sonog ra phie bei dem Fete n ein int ra zer ebraler zystische r Befund von 3 cm Durchm esse r ohne weite re assoziierte Fehlbildung diagnostizier t. Inn erhalb von 5 Woche n entwickelte sich aus der Zyste ein übe rw iege nd solide imp onier end er Hirntumor im Ber eich des 3. Ventrikels, der vom Ersc heinungs bild her an eine n ma ligne n Prozeß denk en ließ. Aufgru nd eines rasch pr ogr edienten Hydrozeph alu s wur de die Schwangerschaft in der 29 . SSW bei einem biparietalen Durc hmesser von 10, 2 cm durch eine Sectio parva terminie rt. Die Obduktio n erga b ein malignes Teratom. Feta le intra krani elle Symptome sind eine Seltenheit. Diagnostik un d Ther ap ie sollte n in Perinatalzentr en erfolgen. Prenatal Diagnosis of a Malignant Intracranial Foetal Teratoma At 24 weeks of gestation, an intrac ra nial cystic lesi on of 3 cm diameter, without furth er associated foetal malformations, was detected by ultr asound in a 25-year old nullipara prim a grav ida, during routine pr enatal ca re . Within 5 weeks , the cystic mass developed int o a pr edominantly solid tum our locat ed at th e 3rd ventriel e, s how ing patterns of a rapidl y growing mal ignan t intracer ebral pro cess . At 29 wee ks of gest ati on, pr egnan cy was te rmina ted by sectio parva because of a pr ogressive hydro ceph alus with a biparieta l diameter of 10 .2 cm. Autopsy confirme d a malignant tera toma . Foeta l intracr anial teratomas are rare. Diagnosis and thera py sho uld be ca rried out in perin atal centres . Im Rahmen de r Schwangerenvo rsorge werden se it 1980 in der BRDnach den Mutte rsc hafts richtlinien 2 Ultrascha lluntersuchunge n zwisc hen der 16. und 20 . Schwangerscha ftswoche (SSW) sow ie der 32. und 36 . SSW durchgeführt. Es sollte dab ei eine Biometrie (biparietaler Durchm esser [BIP], Abdomenquerdurc hmesse r sow ie Femurlä nge) durchgeführt sowie die sonomorphologische Intaktheit des Feten kontr ollier t werden. Auße rdem

Geburts h . u . Frau enheilk . 51 (1991) 859 -860 © Georg Thi em e Verlag Stuttgart . New York

müssen Fruchtwa ssermenge und Plazentala ge orientierend beschri eben werd en . Mit diesen Unte rs uchungen sollten im Sinn e eines Screenings grobe pathol ogisch e Befund e erkannt werd en . Die pränatale Diagnos e eines fetal en intrakrani ellen Tumors mittels Ultraschall ist selten. Es liegen wenige Beri chte darüber vor (Romero und Mitarb . 1988). Die vorliegende Kasu istik soll daher zeigen, wie im Rahmen der Schwangerenvorsor ge ein fetaler Hirntumor erstma lig in der 24. SSW diagnostiziert werden konnte. Kasuistik Eine 25jä hrige Nulli-Para meldete sich in unser er Klinik in der 24. SSW zur Entbindung an . Der Schwangersc ha ftsverla uf war bis da hin regelr echt , pathologische Befund e wa re n nicht erhoben worden. Eine in der Pra xis durchgeführte Ultrascha llunters uchung in der 18. SSWwa r un auffällig gewesen. Die bei un s routinem äßi g durchgeführte Sonographie in der 24 . SSW erga b bei gesta tionsalt er sent sprechend er Biometrie den Befund eine r intrazer ebralen zystisc he n Raumforderung von 3 cm Durchm esser (Abb. La) ohn e Hinweis auf weitere assoziierte fetale Fehlbildungen. Im Laufe der folgend en 5 Wochen , in den en engmaschige sonographische Kontrollen erfolgten, entwickelte sich ein üb erwi egend solid e imponi er end er Hirntumor im Ber eich des 3. Ventrikels . Sonographisch fand sich in der 28. SSW eine polyzyklisch e, außer ord entlich reflexrei che Raumforderung von 4 x 5 cm Durchm ess er mit massiver Verdrän gun g der umg ebenden Strukturen (Abb. 1b). Vom Ersc he inungs bild her und au fgru nd der Wachstumsgesch windi gkeit muß te von eine m malignen Prozeß aus gegan gen werde n. Differ entialdiagnostisch kam en ein undiffer enzi ert es Gliom, Ter atom oder Sarkom ebenso in Betracht wie eine abgelaufene und in Organi sation befindliche intra zer ebrale Blutun g. Die Schwangersc haft wurde in der 29. SSW aufgrund eines nun rasc h pr ogredienten Hydr ozeph alus (Abb. 1c) bei BIP von 10,2 cm (BIP in der 29. SSW: 5er Perze ntile = 7,0 cm und 95e r Per zentile = 7,9 crn : Romero un d Mitarb . 1988) durch eine Sectio parva te rminie rt. Der Obduktionsbefund erga b ein malignes Ter atom und konsekutiv ausge dehnte Hirndru ckzeichen mit Abflachung des Hirn windungsreliefs. Das Ter at om wur de als ein solider Tumor mit neuralen , epithelialen und mesenchymalen Gewe bskomponenten beschri eben (Abb.2) . Es hatt e sich von der Mittellinie vorwiege nd nach rechts entwickelt, infiltr iert e basale Hirnanteile und hatt e eine unscharfe Grenz e zum um gebend en Hirn gewebe. Weiter e path ologisch e Befund e lagen nicht vor.

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1 Frauen klinik (Direktor: Prof. Dr. H. Maass) und 2 Abteilung für Neuropathologie (Direktor : Prof. Dr. D. Stavrou), Univers itäts-Kranken haus Eppendorf, Ham burg

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Geburtsh. u. Frauenheilk. 5 1 (199 1)

C. Eckma nn. B. Hiin eke, T C. S chlotfe ldt. M. 11. Carstensen . S. Reinh old

Abb.2 Repräsentativer Ausschnitt aus demTeratom (Vergrößerung: 170fach)mit zahlreichen, von einem mehrreihigen Neuroepithel ausgekleideten Kavitäten, die zumTeilan Augenanlagen erinnern. Randlich rechts oben Übergang inflache, plexusartige Epithelien. In der Nähe des Zentrums Ballen aus mesenchymalem Gewebe.

se r stellt häufig das Leitsymptom dar. Da fetale Hirntumoren selten sind, gibt es nur weni g Erfa hrung in der pr änatalen Diagnostik iKirkin en und Mitarb. 1982) . Sie sind z. T. für den Erfahrene n schwe r zu beurteilen tLipman und Mita r b. 19 85, Sauerbrei und Cooperberg 1983 ,strassburg und Mitarb . 1984). Einschränkend muß betont werden , daß eine Ultraschalluntersuchung kein e histolo gisch e Diagnose erla ubt. Das Proced ere sollte stets gem einsam von Geburts he lfern , Pädi at ern und Neurochirurgen festgelegt werd en . Diese Kasuistik zeigt, daß ber eits im Rahmen der Schwanger envorsorge durch erwe iterte Ultraschalldiagnostik eine pathologische intrazerebrale Raumforderung erfaßt werd en konnte. Die weiter e Betr euung der Schwangerscha ft erfolgte in eine m Zentrum für per inatale Medi zin mit den Pädiatern . Aufgru nd der infausten Progn ose zyst ische Tumor en und Teratome bewirken eine n kompl etten Verlu st der normalen Hirnstruktur - wurde die Schwa nge rschaft früh zeitig terminiert und dami t eine Gefährdung der Mutter min imiert. Wegen des massiven Hydrozephalu s wurd e eine Sectio parva erforde rlich.

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Literatur c Abb.l IntrazerebralerTumor. (a)ZystischeRaumforderung von 3 cm Durchmesserin der 24. SSW. (b) Polyzyklische reflexreiche Raumforderung von 4 x 5 cm Durchmesser in der 28. SSW. (c]Ausgedehnter soliderTumor bei einem BIP von 10,2 cm in der 29. SSw.

Diskussion Fetal e Hirn tumor en sind eine Seltenheit (zur Übersic ht siehe Romero und Mitar b. 1988). Maligne intrakrani elle Tumore n find en sich bei 0,04 - 0,18 % aller tote n Kinde r unt er 1 Jahr. Nur ein Teil von ihne n (7,8 % ) entw ickelt sich scho n intr auterin (Jelling er und Su nde rPlassmann 1973). Die Progno se hän gt unter a nde re m vom hist ologisch en Typ, der Grö ße und Lage de r Läsion ab . Zur prän atalen Beurteilun g ist dah er eine gena ue Kenntni s der Anatomie des fetalen ZNS erforde rlich. Intrak ran ielle Tumor en ver hinde rn häu fig eine n normalen Liquorflu ß im Ventrikelsyst em , sie tr eten zum eist in Ver bindung mit einem Hydrozeph alu s a uf iRome ro und Mitar b. 1988). Die-

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[Prenatal diagnosis of malignant intracranial teratoma in the fetus].

At 24 weeks of gestation, an intracranial cystic lesion of 3 cm diameter, without further associated foetal malformations, was detected by ultrasound ...
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