Originalarbeit Gynäkol Geburtsh Rundsch 1992;32:78-83

M. Barnen C. Rageth R. Steiner Maternité Inselhof Triemli. Zürich. Schweiz

Prognosefaktoren beim Endometriumkarzinom Eine retrospektive Untersuchung anhand von 564 Patientinnen

Schlüsselwörter

Zusammenfassung

Endometriumkarzinom Prognose Tumorstadium Grading Myometriuminfdtration

Während der Jahre 1970-1989 wurden an der Universitätsfrauenklinik Zürich 564 Patien­ tinnen mit Endometriumkarzinom primärtherapiert. In dieser retrospektiven Studie wurde die Relevanz der wichtigsten klinischen und pathologisch-anatomischen Prognosefaktoren ausgewertet und mit der Literatur verglichen. Anhand unseres Patientinnengutes konnten die Myometriuminfiltrationstiefc und das histologische Tumorgrading als zuverlässige Progno­ sefaktoren bestätigt werden. Wie die Überlebenskurven zeigen, war ihr Einfluss auf die Übcrlebenszeiten entscheidend. Für beide obengenannten Faktoren ergaben sich im «Log-rank»Test p-Wertc von 0,0001. In Übereinstimmung mit anderen Autorinnen und Autoren liess sich für die Uterussondenlänge keine prognostische Bedeutung bezüglich der Überlebens­ wahrscheinlichkeit ermitteln. Somit erscheint der Ersatz der Uterussondenlänge durch die Tiefe der Myometriuminfiltration in der FIGO-Klassifikation von 1989 auch aufgrund unse­ rer Daten sehr sinnvoll.

Key Words

Prognostic Factors of Endometrial Carcinoma

Endometrial carcinoma Prognosis Tumor state Grading Myométrial infiltration

A Retrospective Analysis of Prognosticators in 564 Patients with Endometrial Carcinoma

564 patients with cancer of the endometrium were treated at the Department of Obstetrics and Gynaecology of the University Hospital in Zurich during the years 1970-1989. The most important clinical and pathologic-anatomic prognostic factors were evaluated and compared with the literature in a retrospective study. Myométrial depth of infiltration and histological tumour grading could be confirmed as reliable prognostic factors. Their influence on survival curves was highly significant (log rank test: p = 0.0001 ). In agreement with other authors the prognostic influence of the uterine length is minimal and not significant. Therefore the replacement of the criterion uterine-sond length by depth of myométrial infiltration in the new FIGO classification of 1989 is justified also in view of our data.

Facteurs de pronostic du cancer de l'endomètre 564 patientes avec un cancer de l'endomètre ont été traitées dans le département de gynécolo­ gie et obstétrique de l'hôpital universitaire de Zurich de 1970 à 1989. Les plus inportants facteurs pronostiques cliniques et anatomo-patologiques ont été évalués et comparés avec la littérature dans une étude rétrospective. La profondeur de l’infiltration du myomètre et le grade histo-pronostique ont pu être confirmés comme des facteurs de pronostic fiables. Leur influence sur le taux de survie était hautement significative («log rank» test: p = 0,0001). En accord avec d’autres auteurs l’influence pronostique de la taille de la cavité utérine est mini­ male et pas représentative. De ce fait, le remplacement du critère de la taille de la cavité utérine par le degré de pénétration du myomètre dans la nouvelle classification d’après FIGO de 1989 est justifié également d’après nos résultats.

Dr. med. M. Bamert Assistenzärztin, Maternité Inselhof Triemli Birmensdorferstrasse 501, CH-8063 Zürich (Schweiz)

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Une analyse rétrospective des dates de 564 patientes

Patientinnen und Methodik Der vorliegenden Arbeit liegen die Daten von 564 Patientinnen mit Endometriumkarzinom zugrunde, welche in den Jahren 19701989 an der Universitätsfrauenklinik Zürich primärbehandelt wur­ den. Der Krankheitsverlauf wurde durch regelmässige, mindestens jährliche Kontrolluntersuchungen in der klinikeigenen ontologi­ schen Sprechstunde, seltener beim Hausarzt oder bei anderen Gy­ näkologen, beobachtet. Die mediane Beobachtungsdauer beträgt 6 Jahre. Behandlungsmethoden In einem Untersuchungszeitraum von fast 20 Jahren ist es kaum vermeidbar, dass modifizierte Therapieformen angewandt werden. Ausserdem musste das vom Tumorstadium her angestrebte thera­ peutische Konzept auch dem Alter und Allgemeinzustand der Pa­ tientinnen angepasst werden. Die wesentlichen therapeutischen Grundsätze, wie z.B. der Vorrang des operativen Vorgehens gegen­ über der primären Radiotherapie, blieben im genannten Zeitraum unverändert. Bei 82% der Patientinnen (467 von 564) wurde eine abdominale totale Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits durchgeführt. Eine erweiterte abdominale Hysterektomie (nach Wertheim-Meigs oder Te Linde) wurde nur in 8 Fällen vorgenom­ men. Der überwiegende Teil der operierten Patientinnen (389) erhielt eine adjuvante prä- oder postoperative Radiotherapie. Davon wurden 63 Patientinnen im Stadium Ib (G| oder G2) nur vaginal bestrahlt. Die übrigen 241 Patientinnen (= 42 % aller Fälle von Endo­ metriumkarzinom) wurden mit einer kombinierten postoperativen Radiotherapie nachbehandelt. Diese kombinierte postoperative Be­ strahlung wurde in den Stadien II und III routinemässig und im Sta­ dium I bei niedrigem histologischen Grading (G3) oder tiefer Myo­ metriuminfiltration verordnet. Eine präoperative Radiotherapie

wurde in 32 Fällen durchgeführt. Eine primäre Strahlentherapie wurde bei 78 Patientinnen mit allgemeiner oder tumorbedingter lnoperabilität angewandt. 81 Patientinnen mit ungünstigen prognosti­ schen Kriterien erhielten zusätzlich zur Operation oder Radiothera­ pie eine adjuvante Hormonbehandlung mit Gestagenen. Eine Che­ motherapie im Sinne einer palliativen Massnahme war bei 12 Patientinnen mit fortgeschrittenem Tumorstadium indiziert. Datenerfassung und Datenauswertung Die retrospektive Auswertung der Krankengeschichten erfolgte mit dem medizinischen Datenerfassungsprogramm ADJUMED. Zur statistischen Auswertung wurden die Daten in das Statistikpro­ gramm SAS («Statistic Analysing System») übertragen. Die Berech­ nung der Überlebenskurven beruht auf der Methode nach KaplanMeier. Als endgültige Beobachtungszeit galt die Zeitdauer vom Ein­ tritt in die Studie bis zum Zeitpunkt, als entweder die Patientinnen am Malignom verstarben oder zensiert (bei interkurrentem Exitus oder «lost to follow-up») wurden. Sämtliche Überlebenskurven sind somit bereinigt und brechen bei 10 in der Studie verbleibenden Patientinnen ab. Die statistische Signifikanz ihrer Unterschiede wurde mit Hilfe des «Log-rank»-Tests bestimmt. Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeiten der einzelnen Prognosefaktoren, die in der vorliegenden Arbeit nachweisbar waren, wurde von einer An­ wendung des «proportional-hazard»-Modells nach Cox abgesehen. Stadienneueinteilung der FIGO von 1989 Bei sämtlichen primär operierten Patientinnen wurde das Tu­ morstadium gemäss den FIGO-Richtlinien von 1989 (Tab. 1) neu festgelegt. Die Umteilung erfolgte anhand der Histologieberichte, wobei der tiefste Punkt der Myometriuminfiltration in Relation zur Gesamtdicke des Myometriums gesetzt wurde. Histologiebefunde bei Status nach präoperativer Radiotherapie wurden für die Neuein­ teilung nicht berücksichtigt. Die genauere Unterteilung des Stadium I erfolgt neu nicht mehr nach Uterusgrösse, sondern nach Tiefe der Myometriuminfiltration, was den Vergleich mit der Literatur er­ schwert.

Tabelle 1. Maligne Tumoren des Corpus uteri: Stadieneinteilung nach FIGO 1989

Ia Ib Ic

Tumor ist auf das Endometrium begrenzt (früher Carcinoma in situ) Invasion bis 1/2 Myometrium Invasion > 1/2 Myometrium

Ila Ilb

Zervixinvasion (nur Drüsen) Invasion des Zervixstromas

lila

Tumor infiltriert Serosa und/oder die Adnexen und/oder die Aszitcszytologie ist positiv Vaginalmetastasen Pelvine oder paraaortale Lymphknotenmetastasen

Illb IIIc IVa IVb

Tumorinvasion in die Blasen- oder die Darmschleimhaut Fernmetastasen einschliesslich intraabdominale und/oder inguinale Lymphknoten

Das G-Stadium (1-3), also die histologische Differenzierung, muss immer erwähnt sein.

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Das Endometriumkarzinom ist in der westlichen Welt das häufigste Genitalkarzinom der Frau. In vielen Län­ dern, darunter auch die Schweiz, ist es nach dem Mam­ makarzinom das zweithäufigste Malignom bei der Frau überhaupt [17]. Die Therapie des Endometriumkarzinoms, insbeson­ dere die postoperative Nachbehandlung, wird heute zu­ nehmend individuell gestaltet. Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko und damit schlechterer Prognose benötigen eine intensive Zusatzbehandlung, während bei Patientin­ nen mit guter Prognose eine unnötige Therapie vermie­ den werden soll. Die Optimierung des therapeutischen Vorgehens setzt voraus, dass bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine sorgfältige Analyse der prognosti­ schen Faktoren erfolgt. Die kürzlich ( 1989) von der FIGO (Fédération internationale des gynécologues et obstétri­ ciens) vorgenommene Stadien-Neueinteilung zeigt, dass die einzelnen Prognosefaktoren in ihrer Wertigkeit noch nicht eindeutig feststchen (es wird heute anstelle der Ute­ russondenlänge die Myometriuminfiltrationstiefe zur Stadieneinteilung herangezogen). Anhand der Therapie­ ergebnisse der Universitätsfrauenklinik Zürich wurde deshalb die Aussagekraft der wichtigsten klinischen und morphologischen Prognosekriterien für das Endometri­ umkarzinom überprüft.

Ergebnisse

Überleben des Gesamtkollektivs Die bereinigte 5-Jahres-Übcrlebensrate aller Patientin­ nen mit Endometriumkarzinom beträgt 80%. die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt 76% (Abb. 1). Von den 564 Patientinnen verstarben 113 am Tumorleiden, wobei 2/3 dieser Patientinnen (74) im Laufe der ersten beiden Jahre nach Diagnosestellung verstarben.

Uterussondenlänge Die bereinigte Überlebenskurve der 291 Patientinnen mit kleiner Uterussondenlänge zeigt einen geringgradig günstigeren Verlauf als diejenige der 253 Patientinnen mit Uterussondenlänge > 8 cm (Abb. 3). Die Unter­ schiede sind jedoch statistisch nicht signifikant (p = 0,08). Grading Bei 514 Endometriumkarzinomen war es retrospektiv möglich, anhand des Histologieberichtes ein histologisches Grading durchzuführen. Die bereinigten Überlebenskur­ ven in Abhängigkeit des histologischen Gradings (Abb. 4) zeigen 5-Jahres-Überlebensraten von 90% fürG | (274 Fäl­ le), 78% für G2 (177 Fälle) und 52% für G3 (63 Fälle). Die entsprechenden 10-Jahres-Überlebensraten betragen 86% für Gi, 71 % fürG 2und 52% fürG 3. Die Unterschiede sind statistisch hoch signifikant (p = 0,0001). Histologisches Grading und FIGO-Stadium Mit zunehmendem FIGO-Stadium sinkt der prozen­ tuale Anteil der hochdifferenzierten Karzinome deutlich ab (Abb. 5). Die G2- und die G 3-Karzinome überwiegen in den Stadien II-IV. Myometriuminfiltration Bei 452 Patientinnen wurde die Myometriuminfiltra­ tion postoperativ untersucht. Zur Berechnung der berei­ nigten Überlebcnskurven (Abb. 6) wurden 3 Gruppen gebildet. Gruppe A umfasst 63 Patientinnen ohne Myo­

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Bamert/Rageth/Steiner

Abb. 1. Bereinigte Überlebenskurve der 564 Patientinnen mit Endometriumkarzinom.

Tabelle 2. Häufigkeit der neuen FIGOStadien gemäss Einteilung von 1989

FIGO-Stadium

Patientinnen n

Ia Ib Ic Ha Ilb lila lllb Ille IVa IVb

55 208 83 12 22 26 11 11 3 16

Summe

447

% 12 46 19 3 5 6 2.5 2.5 1 3 100

metriuminfiltration, Gruppe B 249 Patientinnen mit Myometriuminfiltration bis maximal zur Hälfte und Gruppe C bilden alle 140 Patientinnen mit Tumoren über 1/2 Myometriuminfiltration. Die bereinigte 5- und 10Jahres-Überlebensrate der Gruppe A beträgt 93%. Die 5Jahres-Überlebensrate der Gruppe B beträgt 92%, dieje­ nige der Gruppe C 71 %. Sie sinken nach 10 Jahren auf 88 bzw. auf 63%. Die Unterschiede sind statistisch hoch si­ gnifikant (p = 0,0001). Myometriuminfiltration und Grading Abbildung 7 zeigt, dass parallel zur zunehmenden Ent­ differenzierung des Tumors der prozentuale Anteil der tief ins Myometrium infiltrierenden Karzinome ebenfalls ansteigt. So fand sich bei 18% aller G 3-Karzinome ein Tumorwachstum bis zur Serosa. jedoch nur bei 2% aller G|-Karzinome.

Prognosefaktoren beim Endometriumkarzinom

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FIGO-Stadium Die differenzierte postoperative Stadieneinteilung nach FIGO 1989 liess sich bei 447 Patientinnen durch­ führen (Tab. 2). Fast die Hälfte aller Karzinome wird im Stadium Ib, d.h. mit Tumorinvasion bis maximal 50% des Myometriums, diagnostiziert. Die Überlebenskurven sind in hohem Masse abhängig vom FIGO-Stadium des Tumors bei Diagnosestellung. Die bereinigten 5-Jahres-Übcrlcbensraten betragen im Stadium I 92%. im Stadium II 78%, im Stadium III 40% und im Stadium IV 5%. Die bereinigten 10-Jahres-Überlebensraten waren im Stadium I 87%, im Stadium II 76% und im Stadium III 36% (p = 0,0001; Abb. 2).

FIGO-Stadium 1989 —

Stadium I (n . 392) Stadium III (n = 64)

0

1

2

3

Stadium II (n = 79) Stadium IV (n = 29)

4

5

6

7 8 Jahre

9

10

11

12

13 14

15

----- USL < 8 cm (n = 244) ------ USL > 8 cm (n = 300)

Abb. 2. Bereinigte Übcrlebenskurven für die einzelnen FIGOStadicn (p = 0,0001; n = 564).

Abb. 3. Bereinigte Überlebenskurven nach Uterussondenlänge (USL) < 8 cm und > 8 cm (p = 0,08; n = 544).

100

0

1

2

3

4

5

6

8 9 10 11 12 13 14 15 16 Jahre T umordifferenzierung

----- G, (n m 274)

7

G j (n = 177)

G3 (n - 63)

I

Abb. 4. Bereinigte Überlebenskurven nach Grading für G |, G2 und G3 (p = 0,0001; n = 514).

0

1

2

3

4

5

-i

6

7

8 9 Jahre

10 11 12

13 14 15

II III FIGO-Stadium

IV

Abb. 5. Prozentuale Häufigkeit der Gradingstufen innerhalb der verschiedenen FIGO-Stadien (n = 563).

16

Abb. 6. Bereinigte Übcrlebenskurven nach Myometriuminfiltra­ tion 0 mm, < 'h und > 'h Myometrium (p = 0.0001; n = 452).

Abb. 7. Prozentuale Häufigkeit der Infiltrationstiefen innerhalb der verschiedenen Gradingstufen (n = 452).

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Myometriuminfiltration 0 mm (n = 63) — £ 1/2 Myometrium (n = 249) > 1/2 Myometrium (n = 140)

Bei Betrachtung des Gesamtkollektivs fand sich eine bereinigte 5-Jahres-Überlebensrate von 80% und eine 10Jahres-Überlebensrate von 76%. Diese Werte korrelieren sehr gut mit den Angaben in der Literatur [16, 18, 20, 21].

Die Entdeckung von etwa 3/4 aller Endometriumkar­ zinome im Stadium I wird in vielen Studien erwähnt [57, 15, 19], In unserem Patientinnengut betrug dieser Anteil 70%. Die Ursache dafür liegt in der Charakteristik des Tumors, welcher in Form der vaginalen Blutung eine Frühsymptomatik bietet. Auch die internationale Sammclstatistik von 1986 mit 11 035 Fällen gibt eine Häufig­ keit von 74% des Stadium I an [20], Interessant wären multivariable Analysen der diversen Faktoren, um deren relative prognostische Bedeutung ab­ zuschätzen. Da jedoch zwischen den einzelnen Faktoren deutliche Abhängigkeiten bestehen, hätte eine solche Analyse (z.B. mit dem Cox-Modell) aus statistischer Sicht keine zusätzlichen Informationen gebracht. Die vorliegende Arbeit demonstriert deutlich die hochgradige Abhängigkeit der Überlebensraten vom je­ weiligen FIGO-Stadium und bestätigt den hohen progno­ stischen Wert der FIGO-Stadieneinteilung von 1989 und damit die sinnvolle Wahl der Unterteilungskriterien. Al­ lerdings muss berücksichtigt werden, dass mit der neuen FIGO-Klassifikation im Stadium I die bisherigen Stadien 0 (Karzinome ohne Myometriuminfiltration) einge­ schlossen sind, was den Vergleich mit der internationalen Literatur erschwert. Betrachtet man die 5-Jahres-Überlebensraten des Stadium I in der Literatur, so zeigen Pagel und Bock [ 19] in einer Literaturzusammenstellung Werte zwischen 70 und 87%. Im «Annual Report» [20] wird eine 5-Jahres-Überlebensrate im Stadium I von 72,3% angegeben, diejenige von Kauppila et al. [10] beträgt 77,8%. Die Ursache der deutlich besseren bereinigten 5Jahres-Überlebensrate im Stadium I von 92% in unserem Kollektiv liegt in der Anwendung der neuen FIGO-Sta­ dieneinteilung. Auch die 5-Jahres-Überlebensrate von 78% im Stadium II, wo keine Einteilungsunterschiede bestehen, liegt deutlich über den Ergebnissen anderer Autoren und Autorinnen, welche Werte von 41-71% errechneten [7, 10, 19, 20], Bezüglich der Überlebensra­ ten der Stadien III und IV bestehen keine wesentlichen Differenzen zwischen den eigenen Resultaten und den in der Literatur publizierten. Bereits vor Elimination der Uterussondenlänge als Kriterium der FIGO-Klassifikation haben verschiedene Autoren und Autorinnen darauf hingewiesen, dass die­ sem Parameter keine prognostische Bedeutung zukommt [1, 2, 4, 9, 11], Anhand unseres Patientinnengutes konnte bestätigt werden, dass kein Zusammenhang zwi­ schen der Uterusgrösse und der Überlebenszeit besteht

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Bamert/Rageth/Steincr

und die Uterussondenlänge somit keinen Prognosefaktor darstellt. Die Abhängigkeit der Prognose vom histologischen Tumorgrading konnte deutlich gezeigt werden. Während die Prognose eines Gi-Karzinoms mit einer bereinigten 5-Jahres-Überlebensrate von 90% relativ günstig er­ scheint, reduziert sie sich beim undifferenzierten Karzi­ nom drastisch auf 52%. Annähernd gleiche Überlebensra­ ten publizierten Kusche et al. [14], Christopherson et al. [6] und Pagel und Bock [19], Die deutliche prozentuale Zunahme der entdifferenzierten Karzinome bei höheren FIGO-Stadien entspricht den Resultaten im «Annual Re­ port» [20] und auch denjenigen von Kusche et al. [14] und Kauppila et al. [10], Entdifferenzierte Tumoren ver­ ursachen häufiger eine tiefe Myometriuminfiltration und damit auch ein hohes FIGO-Stadium, was anhand unse­ rer Zahlen eindrücklich gezeigt werden konnte. Wie in mehreren Publikationen beschrieben [13, 14, 16, 20], überwiegen auch in unserem Patientinnengut die Karzinome mit geringer Myometriuminfiltration. Aller­ dings wurde bisher meistens eine Dritteleinteilung be­ nutzt. Die deutliche Korrelation zwischen dem Ausmass der Myometriuminfiltration und dem Überleben bestä­ tigt sich in der vorliegenden Arbeit und wird in der Litera­ tur vielfach erwähnt [ 1,3, 7, 8, 12, 14, 16].

Schlussfolgerungen

Mit der vorliegenden Arbeit konnten die neuen FIGOStadien, das histologische Tumorgrading und die Myo­ metriuminfiltrationstiefe als aussagekräftige und in bezug auf das Überleben entscheidende Prognosefaktoren be­ stätigt werden. Zwischen diesen prognostischen Faktoren bestehen ge­ genseitige Abhängigkeiten, die nachweisbar waren. Dies bedeutet, dass bei der Planung der oft invasiven Therapie des Endometriumkarzinoms immer die Beurteilung aller relevanten Prognosefaktoren erfolgen sollte, da eine mög­ lichst weitgehende Individualisierung der Behandlung wünschenswert ist. Die Übernahme der Myometriuminfiltration, deren wesentliche prognostische Aussagekraft gezeigt werden konnte, in die neue FIGO-Klassifikation erscheint auch aufgrund unserer Daten sinnvoll, zumal der Uterusson­ denlänge keine prognostische Bedeutung zukommt.

Dank An dieser Stelle möchten wir Frau O. Wüthrich vom Biostati­ stischen Zentrum der Universität Zürich für die statistische Bera­ tung danken.

Prognosefaktoren beim Endometriumkarzinom

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Diskussion

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[Prognostic factors in endometrial cancer. A retrospective study based on 564 patients].

564 patients with cancer of the endometrium were treated at the Department of Obstetrics and Gynaecology of the University Hospital in Zurich during t...
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