Übersicht

Die transpulmonalarterielle Chemoembolisation – vom Labor zur klinischen Anwendung Pulmonary Artery Chemoembolization – From Bench to Bedside

Autor

P. Schneider

Institut

Klinik für Chirurgie und Thoraxchirurgie, DRK Kliniken Berlin | Mitte, Deutschland

Schlüsselwörter " Chemoembolisation l " Lungenmetastasen l " palliative Therapie l " pulmonalarterielle Chemol embolisation

Zusammenfassung

Abstract

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Die lokoregionären Ansätze bei inoperablen Lungenmetastasen finden in der Literatur wenig Beachtung. Es liegen zwar ausführliche tierexperimentelle Untersuchungen über Wirksamkeit und fehlende Toxizität der isolierten Lungenperfusion (ILP) vor, allerdings sind klinische Studien begrenzt. Dies liegt wahrscheinlich an der Invasivität und am großen technischen Aufwand der Therapie und dies meist in der palliativen Situation. Erst seit Kurzem wird die Chemoembolisation der Lunge im Tiermodell durchgeführt und mit der isolierten Lungenperfusion und der intravenösen Therapie verglichen. Mit simultaner einseitiger Injektion degradierbarer Stärkemikrosphären und Carboplatin in die Pulmonalarterie wurde eine temporäre reversible Embolisation auf kapillärer und arteriolärer Ebene erreicht. Die Chemoembolisation war der intravenösen Chemotherapie überlegen und zeigte ein ähnliches Ansprechen wie die isolierte Lungenperfusion im solitären Lungenmetastasenmodell. Sie war nicht mit einer Frühtoxizität behaftet, und die Spätauswirkung auf das Lungenparenchym war mit denen der intravenösen Therapie und der isolierten Lungenperfusion vergleichbar. Bei der Chemoembolisation wird nur ein Drittel der üblichen, intravenös verabreichten Zytostatikadosis verwendet, daher sind die allgemeinen Nebenwirkungen nicht limitierend. Im Vergleich zur intravenösen Therapie wurde eine signifikant höhere Zytostatikakonzentration im Tumorgewebe, in den Lymphknoten und im gesunden Lungengewebe erreicht. Im Großtiermodell konnte gezeigt werden, dass diese neue Methode interventionell über einen Pulmonaliskatheter durchführbar ist und nicht zu einer relevanten Veränderung des Kreislaufs führt. Chronische Schäden nach 6 Monaten sind nicht aufgetreten. Erste klinische Anwendungen zeigen demnach die Machbarkeit und die gute Toleranz bei Patienten mit inoperablen Lungenmetastasen.

Locoregional approaches for inoperable lung metastases described in the literature are limited to isolated lung perfusion (ILP). A lot of experimental studies show feasibility and good oncological response with low toxicity. However, clinical applications are rare – probably due to the invasiveness of the procedure in a palliative aim. Recently chemoembolisation of the lung in a small-animal model was performed and compared to isolated lung perfusion and intravenous therapy. Using a simultaneous unilateral injection of degradable starch microspheres and carboplatin into the pulmonary artery, temporary reversible embolization at the capillary and arteriolar level has been achieved. Chemoembolization was superior to intravenous chemotherapy and had a response comparable to that of isolated lung perfusion in the solitary lung metastasis model. It was not associated with early toxicity and the long-term effect on lung parenchyma was similar to those of intravenous therapy and isolated lung perfusion. Since only a third of the normal intravenous cytostatic dose is used in chemoembolization, the general side effects are thus not a limiting factor. In the large-animal model, the new method can be performed interventionally via a pulmonary catheter without changing the circulation relevantly. After 6 months no chronic injury was seen. First clinical applications show that the procedure was well tolerated in patients with unresectable metastases.

Key words " chemoembolization l " lung metastases l " palliative treatment l " transpulmonary chemol embolization

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1350870 Zentralbl Chir 2013; 138: 32–39 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044‑409X Korrespondenzadresse Priv.-Doz. Dr. Paul Schneider DRK Kliniken Berlin | Mitte Klinik für Chirurgie und Thoraxchirurgie Drontheimer Straße 39–40 13359 Berlin Deutschland Tel.: 0 30/30 35-64 05 Fax: 0 30/30 35-64 09 p.schneider@ drk-kliniken-berlin.de

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Prinzip der Chemoembolisation und bisherige Anwendung bei Lebertumoren

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Die isolierte Organperfusion ist ein Therapiekonzept, das erstmals 1950 von Klopp et al. bei unterschiedlichen Tumorentitäten eingesetzt wurde und heute in der Therapie von fortgeschrittenen Sarkomen und Melanomen der Extremitäten etabliert ist [1–3]. Die ersten Beschreibungen einer regionären Therapie bei bösartigen Lungentumoren gehen ebenfalls in die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Es war Creech, der 1958 die Methode der isolierten Lungenperfusion (ILP) erstmals beschrieb [4]. Dies ist historisch insofern interessant, weil die erste pulmonale Perfusion beim Menschen vor tierexperimentellen Studien stattfand. Erst später führten Pierpont und Blades sowie Jacobs et al. experimentelle Studien durch. Dabei hat sich die dabei entwickelte Technik der ILP bis heute in ihren Prinzipien erhalten [5, 6]: laterale Thorakotomie, Kanülierung der Pulmonalarterie und der Lungenvenen, schließlich des kleinen Kreislaufs mit einer Pumpe. Erst in den 90er-Jahren bauten Burt und Wechsler vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York dann ein Programm auf, das sich systematisch der Problematik der Lungenmetastasen annahm. Sie entwickelten ein reproduzierbares Kleintiermodell an der Ratte [7]. Das Fazit aller New Yorker Arbeiten war, dass eine geringe Toxizität und ein gutes Ansprechen der Metastasen auf die unterschiedlichen Zytostatika gezeigt werden konnte. Hendriks et al. bestätigten 1998 diese positiven Ergebnisse an einem Tumormodell mit Metastasen des Adenokarzinoms CC531S, welches sie mit Melphalan behandelten [8]. In den letzten Jahren wurden allerdings insgesamt nur 6 klinische Studien mit insgesamt 62 Patienten mit ILP veröffentlicht [9–14]. Alle Autoren kommen zum Ergebnis und zur Schlussfolgerung, dass das technische Vorgehen machbar ist, jedoch in keinem Fall ein anhaltendes onkologisches Ergebnis erzielt wurde. Gelegentlich traten postoperative Komplikationen wie Lungenödem auf [12]. Der große Nachteil der ILP ist jedoch, dass eine Thorakotomie mit großem technischem Aufwand mit Herz-Lungen-Maschine notwendig ist. Dies teilweise bei Patienten in einer Palliativsituation, was dazu führt, dass sich diese Methode in der Klinik nur sehr schwer durchzusetzen scheint. Deshalb entwickelte sich der Gedanke der direkten Perfusion der Lunge mit Pulmonaliskatheter mit Okklusionsballon. Dieser Weg wurde erstmals 1981 von Karakousis et al. beschritten. Sie erreichten experimentell zwar sehr hohe Konzentrationen, höher als ohne Okklusionsballon, aber klinisch waren die Ergebnisse enttäuschend: bei 7 Patienten mit Metastasen eines Sarkoms führte die Applikation von Adriamycin via Swan-Ganz-Katheter nur bei 1 Patienten zu einer partiellen Remission [15]. Der Vorteil dieser Methode war, dass keine Thorakotomie notwendig und die Behandlung damit beliebig wiederholbar ist. Auch Furrer et al. erzielten im Lungengewebe vergleichbar hohe Zystostatikakonzentrationen wie bei der ILP [16]. Leider konnte die Wirksamkeit an einem Tumormodell nicht bewiesen werden. Wir schlagen daher erstmals das Konzept der transpulmonalarteriellen Chemoembolisation der Lunge (PACE) als alternatives Therapieverfahren vor. Dieses Verfahren ist wenig belastend, da interventionell durchführbar. Die sequenzielle Wiederholbarkeit in Zyklen ist daher möglich. Im Folgenden stellen wir die experimentellen Arbeiten am Kleintier- und am Großtiermodell vor mit ersten klinischen Ergebnissen.

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In den 80er-Jahren wurden Embolisationsverfahren von Lebertumoren erprobt [17]. Zunächst war die Idee, durch permanente Abkoppelung des Tumors von der Blutversorgung diesen zu schädigen oder durch Kombination mit einer zytostatischen Substanz den therapeutischen Effekt zu erhöhen. Dann wurde das Konzept der intraarteriellen Applikation von degradierbaren Stärkemikrosphären (DSM) entwickelt. Dieses Konzept führt zu einer temporären Blutflussverlangsamung und damit zu einer Verlängerung der Exposition des Tumors gegenüber dem Zytostatikum. Die Stärkemikrosphären werden in der Blutbahn degradiert, daher ist die Embolisation temporär. Pauser et al. zeigten im Tiermodell, dass die Chemoembolisation von VX2-Lebertumoren effizienter ist als die intraarterielle Chemotherapie allein ohne zusätzliche Embolisation [18]. Pohlen et al. demonstrierten am VX2-Lebertumor des Kaninchens, dass bei gleichzeitiger Instillation von Carboplatin und degradierbaren Stärkemikrosphären in die A. hepatica die Area under the Concentration Curve (AUCC) um einen Faktor 12,8 anstieg im Vergleich zur alleinigen intraarteriellen Perfusion von Carboplatin. Im Vergleich zur intravenösen Gabe stieg dieser Faktor sogar auf das 46,9-Fache an [19]. Klinisch konnten Taguchi et al. in einer randomisierten Studie bei 60 Patienten mit hepatozellulärem Karzinom zeigen, dass die zusätzliche temporäre Mikroembolisation der Leber zu einem signifikanten Vorteil in Bezug auf Ansprechen und tendenziell zu einem Überlebensvorteil im Vergleich zur alleinigen intraarteriellen Doxorubicin-Behandlung führten [20]. Heute findet die transarterielle Chemoembolisation der Leber (TACE) breite Anwendung bei inoperablen Lebertumoren. Aktuell wird über Langzeitüberleben von über 10 Jahren berichtet [21]. Dieses Verfahren wurde bisher an der Lunge noch nicht beschrieben, sodass wir im Folgenden sowohl die experimentellen Grundlagen im Kleintiermodell als auch die weiteren Machbarkeitsstudien im Großtiermodell vorstellen.

Experimentelle Ergebnisse der Chemoembolisation der Lunge im Kleintiermodell Das Ziel dieser Versuche war es, folgende grundlegende Fragen zu klären: 1. Führt die Applikation von degradierbaren Stärkemikrosphären (DSM) allein und in Kombination mit einem Zytostatikum zu einer Embolisation und Blutflussverlangsamung auf arteriolärer und kapillärer Ebene der Lunge? Wie lange hält die Embolisation und Blutflussverlangsamung an? Kommt es nach Embolisation zu einer akuten toxischen Schädigung der alveolokapillären Membran im Sinne eines interstitiellen Ödems bzw. von Permeabilitätsstörungen? 2. Wie ist das onkologische Ansprechen im Lungenmetastasenmodell? 3. Wie ist die Zytostatikakonzentration im Tumor im Vergleich zur herkömmlichen Therapie?

Die temporäre Embolisation der Pulmonalarterie Die Mikroembolisation wurde durch Injektion von biologisch ab" Abb. 1) (Spherex®, baubaren Stärkemikrosphären erreicht (l Pharmacia und Upjohn, Schweden). Sie bestehen aus teilweise hydrolysierter Stärke und haben einen Teilchendurchmesser von 45 ± 7 μm. Die Halbwertszeit der Mikrosphären liegt zwischen 20 und 30 Minuten. Die Mikrosphären werden durch Serumamylase gespalten. Dadurch entstehen Fragmente unterschiedlicher

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Einleitung

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Abb. 2 Videomikrofotografie (480 ×) der subpleuralen Region. Sichtbar sind die Alveolen „A“ und die stillstehenden fluoreszentmarkierten Erythrozyten (→) 4 Minuten nach Injektion von DSM (aus [25], mit Genehmigung von Elsevier).

Abb. 1 Degradierbare Stärkemikrosphären (DSM). Sie bestehen aus teilweise hydrolysierter Stärke und haben einen Teilchendurchmesser von 45 ± 7 µm. Die Halbwertszeit der Mikrosphären liegt zwischen 20–30 Minuten bei 37° (aus [24], mit Genehmigung von Nova Science Publishers, Inc.).

Größe, welche durch die Niere ausgeschieden werden. DSM sind nicht toxisch und führen zu einer temporären 20–30-minütigen Gefäßokklusion [22]. Im Rattenmodell wurden nach Injektion von Stärkemikrosphären einseitig in die Pulmonalarterie die Erythrozytenflussgeschwindigkeit in den Alveolarkapillaren, die Permeabilität und das interstitielle Ödem des Lungenparenchyms mithilfe der Intravitalmikroskopie der Lunge untersucht [23]. Dabei wurden folgende Beobachtungen gemacht: bei allen Tieren wurden anhand der intravitalmikroskopischen Untersuchung der Lungenoberfläche die subpleuralen Strukturen (Alveolen, interalveoläre Septen und " Abb. 2) [24]. Dabei wurde der homoKapillaren) dargestellt (l gene Fluss der fluoreszent-markierten Erythrozyten beobachtet. Nach Embolisation mit DSM wurde folgendes festgestellt: " Es kam in den Alveolarkapillaren sofort zu einem Stillstand der Erythrozyten (Embolisationsphase). " Danach wurde wieder ein langsam gerichteter Erythrozytenfluss mit zunehmender Geschwindigkeit beobachtet (Flussverlangsamung). " Schließlich erreichten die Erythrozyten wieder ihre physiologische Geschwindigkeit, die bis zur Euthanasie der Tiere stabil blieb (Reperfusion).

Im Rattenmodell konnte deshalb erstmalig eine einseitige temporäre Mikroembolisation der Lunge mit DSM gezeigt werden. Intravitalmikroskopisch beobachteten wir einen temporären Stillstand der Erythrozyten auf kapillärer und arteriolärer Ebene. Diese Embolisation dauerte 7,1 ± 2,3 min und war gefolgt von einer Phase der Flussverlangsamung von 14,3 ± 4,6 min Nach 21,4 ± 4,7 min nach Injektion von DSM war wieder ein normaler Blutfluss zu beobachten. Die Mikroembolisation war somit rever" Abb. 3). Dabei fand sich kein Unterschied, wenn zusätzsibel (l lich Carboplatin dem Embolisat zugemischt wurde. Mit der Intravitalmikroskopie konnte weiterhin festgestellt werden, dass die Mikroembolisation nicht mit einer akuten Störung der alveolokapillären Membran bzw. nicht mit einem interstitiellen Ödem einhergeht. Funktionelle Störungen des Gasaustauschs nach der Mikroembolisation traten nicht auf [25].

Onkologisches Ansprechen der transpulmonalarteriellen Chemoembolisation im solitären Metastasenmodell der Lunge Im solitären Lungenmetastasenmodell der Ratte eines CC531Adenokarzinoms wurde das neue Therapieverfahren der Chemoembolisation mit der intravenösen Therapie, der isolierten Lungenperfusion (ILP) und 2 Kontrollgruppen miteinander verglichen. Die verwendete Carboplatindosis betrug bei der ILP und Chemoembolisation jeweils ein Drittel der intravenös verwendeten Dosis. Dabei waren unsere Zielparameter Tumorvolumen, die pleurale Tumorausbreitung, die lokale Tumorinfiltration sowie das Ausmaß von Nekrosen und hilärer Lymphknotenmetastasierung in der histologischen Untersuchung.

Abb. 3 Veränderungen der Erythrozytenflussgeschwindigkeit im subpleuralen Kapillarnetz während der Mikroembolisation bei n = 12 Tieren. ↓ Injektion von DSM in die V. cava. x-Achse: Zeit in Minuten (2-Minuten-Intervall), y-Achse: Einzelwertdarstellung der Erythrozytenflussgeschwindigkeit in % des Ausgangswerts. Darstellung der Einzelwerte (•) und des Mittelwerts (♦). Dabei fand sich kein Unterschied, wenn zusätzlich Carboplatin dem Embolisat zugemischt wurde (aus [25], mit Genehmigung von Elsevier).

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Abb. 4 Differenz der Tumorvolumina in den 5 Therapiegruppen à n = 5. *) p < 0,05 Gruppe I und II vs. III, IV, V; **) p < 0,05 Gruppe III vs. IV, V. (Kruskal-Wallis-Test) (aus [26], mit Genehmigung von American Association for Cancer Research).

Die Volumenzunahme der Lungenmetastase betrug in der ILPKontrollgruppe + 422 ± 226 mm³, in der DSM-Kontrollgruppe + 697 ± 423 mm³, in der i. v. Gruppe + 70 ± 31 mm³, in der isolierten Lungenperfusionsgruppe − 8 ± 17 mm³ und in der chemoembolisierten Gruppe − 17 ± 16 mm³. Das heißt, es kam in den beiden lokoregionären Gruppen (ILP und Chemoembolisation) zu einer Verkleinerung des Tumors. Die Tumoren waren signifikant kleiner als in der intravenösen Gruppe bzw. in den Kontrollgruppen. Weiter konnten wir beobachten, dass in den beiden lokoregionär behandelten Gruppen keine Brustwandinfiltration oder Pleurakarzinose zu erkennen war. Die Tumornekrosen waren in der chemoembolisierten Gruppe signifikant ausgedehnter als in den anderen Gruppen. Lymphknotenmetastasen traten in diesen " Abb. 4 zeigt die Differenz beiden Gruppen nicht auf [26]. Die l der Tumorvolumina in den 5 Therapie- bzw. Kontrollgruppen. Die histologische Untersuchung des Lungenparenchyms dieser Tiere zeigte keine signifikanten Veränderungen des Lungenparenchyms in diesen 5 Gruppen. Es zeigte sich keine Lungengerüstfibrose und nur ein geringes Ödem in allen Therapiegruppen.

Zytostatikakonzentration im Tumorgewebe, Lungengewebe und Serum Die Frage der Zytostatikakonzentration im Tumorgewebe, im Lungenparenchym und im Serum nach Chemoembolisation im Vergleich zur intravenösen Therapie und ILP mit Carboplatin wurde im solitären Lungenmetastasenmodell der Ratte untersucht. 14 Tage nach Implantation einer solitären Lungenmetastase (CC531-Adenokarzinom) wurde in den 3 Therapiegruppen jeweils die Platinkonzentration im Tumorgewebe, im Lungenparenchym und im Serum 15, 30, 60 und 120 Minuten nach Therapie bestimmt. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die pulmonalarterielle Chemoembolisation zu einer signifikant höheren Konzentration von Platin im Tumor und im Lungengewebe führt als die intravenöse Therapie und die ILP, obwohl die verwendete Carboplatindosis nur ein Drittel der intravenös verabreichten Dosis betrug! Die AUC (area under the curve) von den Lungentumoren war 42,6-mal höher (p < 0,01) nach Chemoembolisation im Vergleich zur intravenösen Chemotherapie. Auch der Ver-

Abb. 5 AUC der Platinkonzentration im Serum, Lungengewebe und Tumorgewebe. Die AUC-Werte wurden bestimmt aus den zeitlichen Verlaufskurven der Platinkonzentration 15 Minuten nach Applikation von Platin bis zur letzten Messung 120 Minuten nach Injektion. Alle Werte waren signifikant unterschiedlich zur intravenösen Applikation, Mann-Whitney-UTest p < 0,01 (aus [27] mit Genehmigung von International Institute of Anticancer Research).

gleich zwischen ILP und Chemoembolisation zeigte einen 7,9mal höheren Wert der Chemoembolisation (p < 0,01) in den Lungentumoren. Im Lungengewebe war die Platinkonzentration " Abb. 5). Lungengewebeschädigunebenfalls signifikant höher (l gen konnten histomorphologisch nicht nachgewiesen werden [27]. Diese hohe Zytostatikakonzentration erklärt das signifikant bessere Ansprechen der Chemoembolisation im Vergleich zur intravenösen Therapie.

Fazit der Untersuchungen am Kleintiermodell Wir konnten erstmals am Kleintiermodell zeigen, dass die einseitige transpulmonalarterielle Chemoembolisation der Lunge technisch machbar ist und temporär zu einem Stillstand des Blutflusses sowie einer temporären Blutflussverlangsamung führt. Nach 21,4 ± 4,7 Minuten kommt es zu einer regulären Reperfusion des Lungenparenchyms ohne akuten Reperfusionsschaden. Eine Spättoxizität nach 3 Wochen konnten wir ebenfalls nicht nachweisen. Weiter konnten wir erstmals die Wirksamkeit an einem Tumormodell (solitäres Metastasenmodell) zeigen. Die lokoregionären Therapieverfahren ILP und Chemoembolisation waren der intravenösen Therapie signifikant überlegen, trotz auf ein Drittel reduzierter Zytostatikadosis. Die isolierte Lungenperfusion und Chemoembolisation sind von ihrer onkologischen Wirksamkeit vergleichbar. Es konnten signifikant höhere Zytostatikakonzentrationen im Tumorgewebe und Lungengewebe im Vergleich zur intravenösen Therapie nachgewiesen werden. Im nächsten Schritt galt es dann, die Machbarkeit in einem Großtiermodell in Vorbereitung auf klinische Pilotstudien durchzuführen.

Experimentelle Ergebnisse im Großtiermodell !

Die Übertragbarkeit vom Kleintiermodell ins Großtiermodell bzw. auf den Menschen birgt noch mehrere Probleme. 1. Die Frage der Dosierung von DSM. Die Menge an injizierten DSM muss ausreichend sein, das Lungenparenchym auf einer Seite zu embolisieren, ohne dass es jedoch zu einem DSM-

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Abb. 6 a bis d Digitale Substraktionsangiografie (DSA) im Großtiermodell: a DSA-Bild vor Embolisation zeigt symmetrische Darstellung der Pulmonalarterien und Kontrastierung des Lungenparenchyms. b DSA-Bild 15 min nach Embolisation der rechten Pulmonalarterie. Zu erkennen ist nur eine zarte Kontrastierung der zentralen Pulmonalarterienäste als Indikator für eine erhebliche Flussverlangsamung. c DSA-Bild 20 min nach Embolisation zeigt

Übertritt auf die Gegenseite kommt und damit zu einer beidseitigen Embolisation mit tödlichem Ausgang führt. 2. Die Frage der Spättoxizität (nach 6 Monaten) muss geklärt werden. 3. Im Kleintiermodell wurde die Behandlung aus technischen Gründen wegen der kleinen Dimension des Versuchstiers über eine Thorakotomie gemacht. Im Großtiermodell kommen jedoch die Vorteile der Chemoembolisation schon zum Tragen. Bei der Chemoembolisation erfolgt die Injektion des Zytostatikums und des Embolisats in die Pulmonalarterie. Daher kann die gesamte Behandlung interventionell durchgeführt werden.

Anwendbarkeit am Großtiermodell mit interventioneller Kathetertechnik, Dosisfindung und Funktionsprüfung Die folgenden Untersuchungen führten wir an deutschen Landschweinen mit einem Gewicht von ca. 25 kg durch [28]. In der 1. Versuchsreihe wurde die korrekte Dosis von DSM in Anlehnung an die Vorversuche der Ratten bestimmt. Dazu wurden 2 Pulmonaliskatheter implantiert, einen zur Angiografie sowie zur Druckmessung im kleinen Kreislauf und einen zur Embolisation. Der Eingriff erfolgte in intravenöser Narkose und Spontanatmung mit nasaler O2-Sonde. Unter 0,2 ml DSM/kgKG, entsprechend 6,25 ml Spherex®, kam es zu einem Abfall der O2-Sättigung von 98 auf 76%. Erst nach 15 min hat sich der Sättigungswert wieder normalisiert. Es kam parallel zu einem Abfall des systolischen und diastolischen Druckes auf 75 bzw. 50 mmHg. Nach 5 min war der systemische Druck wieder normal. Der pulmonalarterielle Druck stieg an von 32 respektive 25 (systolisch/diastolisch) auf 70 respektive 40, um sich dann nach 30 min wieder zu normalisieren. In den nächsten Versuchen haben wir dann die Dosis von DSM halbiert auf 0,1 ml DSM/kgKG. Dabei kam es zu einem kurzfristigen Sättigungsabfall auf 83%, der systemische Druck blieb stabil und der pulmonalar" Abb. 6 a–d) terielle Druck stieg kurzfristig systolisch an auf 60 (l [28]. Die Pulmonalisangiografie der Schweine zeigte eine temporäre Embolisation der rechten Seite mit noch kontrastierten Pulmonalarterien und nach 30 min wieder eine normale Reperfusion " Abb. 7 a–c). In dieser 1. Serie konnten wir also nachweisen, (l dass die interventionelle Chemoembolisation am Großtier machbar ist mit einer Dosis von 0,1 ml DSM/kgKG ohne relevante Auswirkungen auf den systemischen Kreislauf.

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eine partielle Wiederherstellung des pulmonalarteriellen Flusses. d Nach 30 min ist eine symmetrische Darstellung der pulmonalarteriellen Äste und des Parenchyms zu erkennen. Komplette Wiederherstellung des Blutflusses (aus [28] mit Genehmigung vom International Institute of Anticancer Research [IIAR]).

Chronische Toxizität In der 2. Versuchsserie am Großtier sollte die chronische Toxizität auf das Lungengewebe bei der Chemoembolisation überprüft werden. Dazu wurde erneut bei 4 deutschen Landschweinen (ca. 25 kg) eine einseitige Chemoembolisation mit 0,1 ml DSM/kgKG und 15 mg/kg Carboplatin durchgeführt. Die Carboplatindosis errechneten wir von der üblicherweise gebrauchten Dosis beim Menschen. Wegen der lokoregionären Gabe haben wir hier nur ein Drittel der normal intravenös verabreichten Dosis genommen. Nach Chemoembolisation wurden bei den Schweinen in regelmäßigen Abständen Röntgenthoraxuntersuchungen zur Erkennung von Lungenödem bzw. Fibrose durchgeführt. Die Röntgenthoraxuntersuchungen zeigten im Verlauf und nach Abschluss von 6 Monaten keine radiologisch erkennbaren Veränderungen. Die histologische Untersuchung des Lungenparenchyms zeigte keine Fibrose und kein Ödem, keine Infiltrate [28].

Fazit der Untersuchungen am Großtier Anhand der Untersuchung am Großtier konnten wir zeigen, dass die einseitige Chemoembolisation am Großtiermodell mit interventioneller Technik durchführbar ist ohne relevante funktionelle Veränderungen während der Chemoembolisation bei Spontanatmung. Weiterhin zeigten wir, dass nach 6 Monaten keine toxischen Veränderungen des Lungenparenchyms aufgetreten sind.

Klinische Studien !

Die Chemoembolisation bei primären und sekundären Lebertumoren ist ein etabliertes Therapieverfahren und wird oft in Kombination mit der Chirurgie und der Radiofrequenzablation eingesetzt. Über Langzeitüberleben von mehr als 10 Jahren wird berichtet [21]. Bei operablen Lungenmetastasen hat die Chirurgie ihren festen Platz und verzeichnet gute Langzeitergebnisse bei entsprechend selektionierten Patienten [29]. Die Metastasenchirurgie ist in Leitlinien z. B. des kolorektalen Karzinoms, der Sarkome, der Hodentumoren verankert. Dennoch sind die meisten Patienten bei Diagnosestellung nicht operabel oder entwickeln nach Operation ein inoperables Rezidiv. Die Chemotherapie allein ist begrenzt durch die allgemeine Toxizität. Daher ergibt sich

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die Frage einer lokoregionären Therapie bei inoperablen Metastasen. Die lokoregionären Therapieverfahren bei diffusen oder inoperablen Lungenmetastasen sind jedoch wenig verbreitet. Hierzu zählt die Radiofrequenzablation. Besonders bei peripher gelegenen Metastasen kleiner als 3 cm führt die Radiofrequenzablation zu einer guten lokalen Tumorkontrolle [30]. Bei zentralen Metastasen ist die lokale Tumorkontrolle jedoch durch den Blutstrom in der Pulmonalarterie und den damit verbunden Abkühleffekt eingeschränkt. Daher empfiehlt die Arbeitsgruppe um Gadaleta aus Bari, Italien, die Kombination von einer temporären Chemoembolisation und Radiofrequenzablation [31]. Den Autoren gelang eine komplette lokale Tumorremission von 65 % nach 6 Monaten. Schwere Komplikationen traten nicht auf. Allerdings setzten die Autoren Mikrosphären ein mit einem Durchmesser von > 200 μm (sogenannte beads) um einen länger anhaltenden Ischämieeffekt zu erzielen. Trotz der erfolgversprechenden experimentellen Ergebnisse wird über den klinischen Einsatz der transpulmonalarteriellen Chemoembolisation bei primären und sekundären Lungentumoren nur selten in der Literatur berichtet. Vogl et al. scheinen in ihrem Zentrum die umfangreichsten klinischen Erfahrungen mit primären und sekundären Lungentumoren zu haben [32–34]. 2007 berichten Vogl et al. über 17 Patienten mit primärem Lungenkarzinom unterschiedlicher Histologie und in unterschiedlichen Tumorstadien. Daher kann auch keine vergleichende Überlebenskurve erstellt werden. Das Therapieregime mit Mitomycin als Chemotherapeutikum und bis zu 10 ml Lipiodol sowie 200–450 mg Mikrosphären war einheitlich. Mitomycin muss als Zytostatikum beim Lungenkarzinom kritisch gesehen werden. Dennoch gelingt es den Autoren in 23,5 %, eine Tumorreduktion im Sinne eines „Response“ zu erzielen. In 41,2 % reagierte das Tumorvolumen auf die Behandlung nur unwesentlich („Stable Disease“) [33]. 2008 publizierte die gleiche Arbeitsgruppe die Ergebnisse von 46 Patienten mit irresektablen Lungenmetastasen von unterschiedlichen Primärtumoren. Erneut wurden die gleichen Zytostatika und Embolisat verwendet. Allerdings wurden diesmal 3,3 Sitzungen pro Patient appliziert. Das Ansprechen war ähnlich bei 30,7 % [34]. Kritisch muss erwähnt werden, dass einige der behandelten Tumoren als chemotherapieresistent gesehen werden müssen (z. B. Nierenzellkarzinom, Schilddrüsenkarzinom). Ob die Ergebnisse besser wären mit chemosensiblen Tumoren und an den Tumor angepassten Zytostatika, muss anhand weiterer Studien geprüft werden.

Blut während und nach Embolisation (aus [28] mit Genehmigung vom International Institute of Anticancer Research [IIAR])).

Die isolierte Lungenperfusion ist ein weiteres lokoregionäres Therapieverfahren, um in der Lunge eine sehr hohe Konzentration von Zytostatika zu erzielen ohne systemische Belastung. Hierzu muss die Lunge allerdings aus dem Kreislauf ausgeschaltet werden und die Pulmonalarterie sowie die Pulmonalvene müssen ausgeklemmt und kanüliert werden. Die Perfusion mit Zytostatikum erfolgt mit einer Herz-Lungen-Maschine. Hier liegen zahlreiche experimentelle Untersuchungen vor, welche die Machbarkeit, die Wirksamkeit und das Fehlen einer pulmonalen Toxizität belegen. Dennoch ist die klinische Anwendung sehr eingeschränkt. Die meiste Erfahrung hat die Arbeitsgruppe um P. van Schil, Antwerpen, Belgien. In der letzten publizierten Studie von 2010 werden 23 Patienten mit resektablen Lungenmetastasen unterschiedlicher Herkunft mit isolierter Lungenperfusion im Rahmen der Metastasektomie behandelt. Das mittlere krankheitsfreie 5-Jahres-Überleben war mit 28 % besser als Vergleichskollektive ohne Lungenperfusion [35]. Die intraarterielle Chemotherapie über die Bronchialarterien bei zentralem fortgeschrittenem Lungenkarzinom ist eine weitere, selten eingesetzte Therapieoption. Die schwierige arterielle Versorgung von zentralen Tumoren ist eine technische Herausforderung. Auch können schwere periinterventionelle Komplikationen wie z. B. Rückenmarksläsionen und Ösophagusnekrosen auftreten. Ob dieses Verfahren für Lungenmetastasen physiologisch sinnvoll ist, muss diskutiert werden, denn die Lungenmetastasen werden ausschließlich arteriell über die Pulmonalarterie versorgt [36, 37]. Miller zeigte an Ausgusspräparaten, dass die Metastasen von einem Gefäßgeflecht umgeben sind, das in Verbindung mit der Pulmonalarterie steht. Im Gegensatz dazu werden die primären Lungentumoren arteriell sowohl über Bronchial- als auch über Pulmonalarterien versorgt [38]. Daraus ergibt sich die wichtige Konsequenz, dass eine regionäre Therapie der Lungenmetastasen über die Pulmonalarterie erfolgen muss. Die regionäre Behandlung des zentralen Bronchialkarzinoms dagegen kann über die Bronchialarterien erfolgen. In der palliativen Situation können schwere Hämoptysen über eine Embolisation der Bronchialarterien gestillt werden [39]. Ein Vergleich der Ergebnisse dieser unterschiedlichen Verfahren ist nicht sinnvoll. Die Patientenzahlen in den einzelnen Publikationen sind teilweise sehr gering (meistens < 10). Größere Patientenkollektive sind so heterogen, sowohl was die Tumorentität angeht als auch die Auswahl der Zytostatika, dass absolut keine vergleichbaren Kollektive entstehen. Darüber hinaus handelt es sich

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Abb. 7 a bis c Blutdruck und Sättigungsverlauf im Großtiermodell: a systemischer arterieller Druck während und nach Embolisation. b Pulmonalarterieller Druck während und nach Embolisation. c O2-Sättigung im peripheren

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Abb. 8 Darstellung der klinischen Anwendung der Chemoembolisation. Punktion der V. femoralis und Einlage eines Pulmonaliskatheters unter Bildwandlerkontrolle in die Pulmonalarterie, hier auf der linken Seite. Das sichere einseitige Platzieren ist eine Grundvoraussetzung der Chemoembolisation. Je nach klinischer Situation kann der Katheter auch weiter peripher platziert werden (Grafik: Christine Voigts, Charité; aus [24] mit Genehmigung von Nova Science Publishers, Inc.).

meistens um ansonsten ausbehandelte Palliativsituationen, sodass das Langzeitüberleben nicht aussagekräftig ist.

Zusammenfassung !

Die besondere Gefäßversorgung der Lunge und der Lungenmetastasen über die Pulmonalarterie bilden die zentrale anatomische Voraussetzung einer regionären Chemotherapie von Lungenmetastasen über den pulmonalarteriellen Kreislauf. Die lokoregionären Ansätze als ergänzende Therapieoption bei inoperablen Lungenmetastasen zur systemischen Chemotherapie finden in der Literatur wenig Beachtung. Es liegen zwar ausführliche tierexperimentelle Untersuchungen über Wirksamkeit und fehlende Toxizität der isolierten Lungenperfusion vor. Allerdings sind klinische Studien begrenzt. Dies liegt wahrscheinlich an der Invasivität und am großen technischen Aufwand der Therapie, und dies meist in der palliativen Situation. Erst seit Kurzem wurde die Chemoembolisation der Lunge im Tiermodell durchgeführt und mit der isolierten Lungenperfusion und der intravenösen Therapie verglichen. Mit simultaner einseitiger Injektion degradierbarer Stärkemikrosphären und Carboplatin in die Pulmonalarterie wurde eine temporäre reversible Embolisation auf kapillärer und arteriolärer Ebene erreicht. Die Chemoembolisation war der intravenösen Chemotherapie überlegen und zeigte ein vergleichbares Ansprechen wie die isolierte Lungenperfusion im solitären Lungenmetastasenmodell. Sie war nicht mit einer Frühtoxizität behaftet und die Spätauswirkung auf das Lungenparenchym war mit denen der intravenösen Therapie und der isolierten Lungenperfusion vergleichbar. Bei der Chemoembolisation wird nur ein Drittel der üblichen intravenös verabreichten Zytostatikadosis verwendet, daher sind die allgemeinen Nebenwirkungen nicht limitierend. Im Vergleich zur intravenösen Therapie wurde eine signifikant höhere Zytostatikakonzentration im Tumorgewebe, in den Lymphknoten und im gesunden Lungengewebe erreicht. Im Großtiermodell konnte gezeigt werden, dass diese neue Methode interventionell über einen Pulmonaliskatheter durchführbar ist und nicht zu einer relevanten Einschränkung der Lungenfunktion und des Kreislaufs führt. Chronische Schäden nach 6 Monaten sind nicht aufgetreten. Erste klinische An-

Schneider P. Die transpulmonalarterielle Chemoembolisation …

wendungen zeigen die Machbarkeit, die gute Toleranz und sogar partielles Ansprechen.

Ausblick und mögliche klinische Anwendungen !

Die Chemoembolisation ist eine interventionelle Methode bei niedriger Invasivität, die in Lokalanästhesie durchführbar ist " Abb. 8). Sie ist sequenziell beidseits durchführbar und in Zy(l klen wie bei der Leber oder der klassischen intravenösen Chemotherapie wiederholbar. Die systemische Toxizität ist bei einem Drittel der üblicherweise intravenös gegebenen Dosis nicht der limitierende Faktor. Die Chemoembolisation könnte klinisch in folgenden Situationen eingesetzt werden: " adjuvant bei resektablen Metastasen im Rahmen der Metastasektomie, " neoadjuvant bei ausgedehnter, zunächst nicht resektabel erscheinender Metastasierung, " bei diffuser inoperabler Metastasierung, " bei lokal fortgeschrittenem Lungenkarzinom, " bei funktionell inoperablem Patienten mit Lungenkarzinom oder Lungenmetastasen. Die experimentelle Grundlagenforschung und die ersten klinischen Studien zeigen die Machbarkeit dieses Verfahrens mit gutem Ansprechen, ohne funktionelle Einschränkungen und ohne chronische Lungentoxizität. Weitere klinische Studien mit chemotherapiesensiblen Tumoren und einer dem Tumor angepassten Chemotherapie sind wünschenswert.

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Übersicht

[Pulmonary artery chemoembolization--from bench to bedside].

Locoregional approaches for inoperable lung metastases described in the literature are limited to isolated lung perfusion (ILP). A lot of experimental...
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