Laryngo-Rhino-Otologie 2013 801

Operative Techniken

Radiologische Bildgebung

D. Simmen N. Jones Priv.-Doz. Dr. Daniel Simmen Zentrum für HNO- und plastische Gesichtschirurgie ORL-Zentrum Witellikerstraße 40 8032 Zürich Schweiz Nick Jones MD; BDS; FRCS; FRCS (ORL), Professor Department of Otorhinolaryngology Head an Neck Surgery University Hospital Queens Medical Centre Nottingham NG7 2UH Großbritannien Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 D-70469 Stuttgart, Germany

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Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht, Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 801 – 805 · © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0935-8943

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Aus: D. Simmen, N. Jones: Chirurgie der Nasennebenhöhlen und der vorderen Schädelbasis 1. Englische Auflage 2005, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, New York, 2005; Seiten 127–131

802 Op-Techniken

– Magnetresonanztomografie – Digitale Subtraktionsangiografie Magnetresonanztomografie



Indikationen Ein Kernspin- oder Magnetresonanztomogramm (MRT) ist bei entzündlichen Nasennebenhöhlen-Erkrankungen von begrenztem Nutzen. Die Prävalenz zufälliger Veränderungen ist im MRT so groß, dass es für die Diagnostik der Rhinosinusitis wenig geeignet ist (Cook 1991). Der Vergleich zwischen einem T2-gewichteten Bild (Flüssigkeit hell), einem T1-gewichteten Bild (Flüssigkeit dunkel) und einem T1-gewichteten Bild mit paramagnetischem gadoliniumhaltigem Kontrastmittel liefert allerdings nützliche Informationen über die Zusammensetzung von Weichteil- und Knochenverän▶ Abb. 1). Dies gilt insbesondere für Tumoren und derungen (● tumorähnliche vaskuläre (Angiofibrom, Ästhesioneuroblastom, Hämangiom) und pseudotumoröse entzündliche Läsionen (z. B. invasive Mykose). Die Kernspintomografie ist dem CT dort überlegen, wo die Grenzen der Pathologie in Relation zur Dura, Orbitaspitze oder zum Sehnerv dargestellt werden sollen. Feine ossäre Details, die für die endoskopische Nasennebenhöhlen-Chirurgie wichtig sind, können auf dem MRT nicht dargestellt werden. Das MRT liefert kaum Informationen über die Artdiagnose von Läsionen, die ausschließlich auf den Knochen beschränkt sind. Meistens ist zur Diagnosestellung zusätzlich ein CT erforderlich. Das MRT ergänzt das CT in folgenden Fällen: ▶ wenn ein maligner Tumor die Dura der vorderen Schädelba▶ Abb. 2) sis, die Orbitaspitze und den Sehnerv erreicht hat (● ▶ bei einer intrakraniellen oder intraorbitalen Beteiligung ▶ Abb. 3) einer Infektion (● ▶ bei gefäßreichen Tumoren wie dem juvenilen Angiofibrom ▶ Abb. 4) (● ▶ bei Verdacht der Ausdehnung eines Aneurysmas der Carotis ▶ Abb. 5) interna in die Keilbeinhöhle (● ▶ bei kongenitalen Mittellinienprozessen wie Meningozelen, Meningoenzephalozelen oder sinunasalen Gliomen ▶ Abb. 6) (● ▶ bei mittels CT nachgewiesenem Schädelbasisdefekt zur Differenzierung von Hirn, Liquor, Meningen oder Hämatom ▶ zur Unterscheidung Tumor/Sekretretention und damit ▶ Abb. 7). Präzisierung der Ausdehnung (●

Züricher MRT-Protokoll Sequenzen: ▶ axial: T2-Schnellspin-Echo-Sequenzen 3 mm ▶ koronar: T2-Schnellspin-Echo-Sequenz ▶ koronar: T1-Spin-Echo-Sequenz 3 mm ▶ koronar: T1-kontrastverstärkte Spin-Echo-Sequenz ( + Fettsuppression) ▶–axial/(sagittal): T1-kontrastverstärkte Spin-Echo-Sequenz ( + Fettsuppression).

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Magnetresonanzangiografie



Die MR-Angiografie (MRA) stellt den Fluss innerhalb der Blutgefäße dar durch Unterdrückung des Signals, das vom umgebenden unbeweglichen Gewebe ausgeht. Die Untersuchung wird als Teil einer MRT-Untersuchung durchgeführt und erfordert nicht zwingend eine Kontrastmittelinjektion. Eine MRA liefert Informationen über die zuführenden größeren Gefäße bei stark vaskularisierten Tumoren wie Angiofibromen, Hämangioperizytomen oder Paragangliomen, bei Angiomen oder Aneurysmen. Der Nachweis einer erhöhten Durchblutung durch die MRA stellt eine Indikation dar zur Durchführung einer zusätzlichen digitalen Subtraktionsangiografie (DSA, s.u), weniger aus diagnostischen Gründen als zur präoperativen Embolisierung. Eine negative MR-Angiografie schließt eine vaskuläre Läsion nicht definitiv aus: Eine minimale Durchblutung oder ein langsamer Durchfluss, wie er bei kapillären Hämangiomen, Ästhesioneuroblastomen und sogar manchmal bei Angiofibromen vorkommt, kann auch in der MRA nicht dargestellt werden.

Digitale Subtraktionsangiografie



Mit der digitalen Subtraktionsangiografie (DSA) wird die vaskuläre Versorgung eines anatomischen Areals oder eines pathologischen Prozesses am besten dargestellt. Die dafür notwendige intraarterielle Kontrastmittelinjektion erfolgt über einen Katheter via transfemoralem Zugang in das Gebiet der A. carotis externa oder via Mikrokatheter zur superselektiven Darstellung spezifischer Arterien oder Arterienästen wie z.B der A. sphenopala▶ Abb. 8). tina (● Die DSA hat nur selten ausschließlich diagnostische Funktion: ▶ Bei Prozessen (z. B. Chordomen oder Neoplasmen) im Foramen lacerum oder im Sinus cavernosus, die die A. carotis interna einbeziehen. In diesen Fällen kann ein dauerhafter Verschluss der Carotis interna notwendig sein, um eine radikale Resektion zu ermöglichen. Ein passagerer Ballonokklusionstest ist obligatorisch, um die Qualität des Kollateralkreislaufs beurteilen zu können. (Der präoperative Verschluss der A. carotis interna kann bereits als Bestandteil der Therapie endovaskulär, d.h auf dem Gefäßweg mittels eines ablösbaren Ballons, geschehen). ▶ Bei rezidivierender (unstillbarer) Epistaxis kann eine DSA zur Identifizierung der Blutungsquelle erforderlich sein. Eine DSA wird sowohl aus diagnostischen Gründen als auch mit therapeutischer Intention bei Läsionen durchgeführt, die für eine endovaskuläre Behandlung infrage kommen, z. B. bei einem (Pseudo-)Aneurysma oder rezidivierend blutenden Teleangiektasien bei Morbus Osler, und chirurgisch schlechter erreichbar sind. Bei der präoperativen superselektiven Embolisation gefäßreicher Tumoren wird mit Mikropartikeln oder Gewebekleber die Blutzufuhr innerhalb der Läsion unterbrochen, während die Gefäßzugänge erhalten bleiben. Eine Embolisierung bei Epistaxis und Nasenhöhlentumoren mit Mikropartikeln nahe dem Septum birgt ein geringes Risiko, dass Mikropartikel über Kollateralen zur A. ophthalmica in die A. centralis retinae gelangen und zu einem teilweisen oder

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Radiologische Bildgebung

Op-Techniken 803 Interdisziplinäre Kooperation



Der Nutzen der bildgebenden Verfahren wird optimiert, wenn Chirurg und Radiologe eng zusammenarbeiten. Der Lerneffekt kann beträchtlich sein! ▶ Der Radiologe muss die Pathologie der Rhinosinusitis verstehen, um nicht irreführende Begriffe wie „Sinusitis“ anstelle von „Mukosaverdickung“ zu verwenden.

Abb. 1 a Das koronare, T2-gewichtete MRT zeigt in der rechten Kieferhöhle Flüssigkeit und die ödematöse Mukosa mit einem hohen Signal (hell) an. b Das entsprechende T1-gewichtete Bild ohne Kontrast stellt Flüssigkeit mit einem niedrigen Signal (dunkel) dar. c Nach intravenöser Kontrastmittelgabe ist eine Signalerhöhung auf der Schleimhautoberfläche registrierbar, während die zentrale Flüssigkeit kein Kontrastmittel annimmt. Beim Vergleich der Bilder a und b mit c kann die verdickte Mukosa und die Flüssigkeit selbst auf den T1- und T2-gewichteten Bildern ohne intravenöses Kontrastmittel unterschieden werden. Beachten Sie auch die begleitende Veränderung an Signalintensität im vorderen Ethmoid und im Recessus frontalis nach Kontrastmittelgabe.

Abb. 2 a, b 64-jähriger Patient mit einem Plattenepithelkarzinom der Nasenhaupthöhle. a Auf dem sagittalen T1-gewichteten MRT-Bild nach Kontrastmittelgabe reicht der Tumor vom Recessus frontalis vorn scharf umgrenzt bis in den Sinus sphenoidalis und den unteren Nasengang nach hinten. Die Dura ist als eine lineare hyperdense Struktur in direktem Kontakt mit dem Tumor entlang der Lamina cribrosa erkennbar, wo die Infiltration beginnt und sich am Keilbeindach entlang bis zum Tuberculum sellae nach hinten ausdehnt. b Die Kontrastmittelaufnahme eines koronaren CT zeigt, dass der Tumor das Ethmoid, einen Teil der Lamina cribrosa und das Nasenseptum erodiert hat.

Abb. 3 a Die axialen T1-gewichteten MRT-Bilder mit Kontrastmittel stellen eine Infiltration des Sehnervs innerhalb des Canalis opticus und der Orbitaspitze dar. b Ein axialer 1,5-mm-Schnitt mit intravenösem Kontrastmittel zeigt anreicherndes, vom Recessus clinoideus zwischen Sehnerv und Carotis interna des rechten Sinus sphenoidalis ausgehendes Gewebe. Die Lamina papyracea ist erodiert, Orbitaspitze und Sehnervenscheide sind infiltriert. Augenfällig ist der im Vergleich zur Gegenseite stark verdickte Sehnerv (Stern). Diagnose: invasive Aspergillose.

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vollständigen einseitigen Visusverlust führen. Aus diesem Grund ist auch die Embolisation der A. ethmoidalis anterior bei Epistaxis ausgehend vom septalen Ast nur beschränkt möglich (Valavanis 1993).

804 Op-Techniken

Abb. 4 a, b 17-jähriger Patient mit juvenilem Angiofibrom. Axiales T2-gewichtetes MRT a und CT mit Kontrastmittel b. Das CT bietet das typische Bild einer ausgedehnten Kontrastmittel anreichernden Läsion, die multiple intraläsionale Gefäße mit punktuellem Signalverlust im MRT und hoher Dichte im CT aufweist. Typisch ist die Lokalisation im Bereich des Foramen sphenopalatinum. Die Tumorausdehnung in das Foramen und in die Fossa pterygopalatina ist besonders gut im MRT zu sehen.

b

c

Abb. 5 a, b 59-jährige Frau mit retroorbitalen Schmerzen und einer einmaligen Epistaxis vor 9 Wochen. a Das koronare T1-gewichtete MRT zeigt ein Aneurysma mit einer thrombosierten, signalintensiven Komponente innerhalb des Sinus cavernosus und einen „offenen“ Teil (Signalverlust aufgrund des Flusses). b Im hoch auflösenden CT ist die Druckarrosion der knöchernen Keilbeinhöhlenwand mit Verdrängung der Schleimhautauskleidung durch das Aneurysma deutlich zu sehen.

Abb. 6 a Das hoch auflösende, koronare CT stellt einen knöchernen Defekt der Lamina cribriformis und des Siebbeindachs und eine Obliteration der Riechspalte und des Recessus frontalis auf der linken Seite dar. Ein CT kann, selbst bei Weichteiltechnik, eine Pseudomeningozele, eine Meningoenzephalozele oder einen Tumor wie ein Ästhesioneuroblastom nicht zuverlässig unterscheiden. b Das wird durch ein T2-gewichtes MRT erreicht, das die Hernie des Lobus frontalis und eine begleitende Pseudomeningozele in dem Defekt mit einem hellen Liquorsignal zeigt.

a

b

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Abb. 7 a, b Ein MRT hilft zu differenzieren, wie weit ein opaker Bezirk auf einem CT Tumor oder Sekret ist. a Ein axiales Kontrastmittel-CT zeigt ein großes Aneurysma der A. carotis interna, das lateral in den linken Sinus sphenoidalis hineinreicht. b Eine MR-Angiografie mit 3-dimensionaler Rekonstruktion vermittelt einen räumlichen Eindruck der 2-fächerigen Konfiguration und der medialen intrasphenoidalen Projektion des Aneurysmas.

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a

Op-Techniken 805

Abb. 8 a, b Intraarterielle Kontrastmittelinjektion via Mikrokatheter zur superselektiven Darstellung der A. sphenopalatina, die maßgeblich beteiligt ist an der Blutversorgung dieses Angiofibroms. Zustand vor a und nach Embolisation b.

b

▶ Der Radiologe muss die zu einer Checkliste zusammengefassten notwendigen anatomischen Landmarken kennen. ▶ Der Chirurg muss das CT selbst interpretieren können, um nicht vom schriftlichen Befund abhängig zu sein, da Worte allein die Veränderungen und die anatomische Komplexität nicht adäquat beschreiben können. ▶ Der Chirurg kann durch Kenntnis des klinischen Bildes die Interpretation bildgebender Befunde insbesondere bei unklaren Läsionen unterstützen und soll auf Diskrepanzen hinweisen. ▶ Regelmäßige gemeinsame Konferenzen sind lehrreich und nutzen Arzt und Patient gleichermaßen.

CT-Anforderungsschein



Wie wird ein CT-Anforderungsschein ausgefüllt? 1. Geben Sie die provisorische Diagnose (oder Arbeitsdiagnose) an: z. B. ausgedehnte therapierefraktäre Polyposis. 2. Geben Sie an, wofür Sie das CT benötigen, z. B. zur präoperativen Darstellung der Anatomie, Lokalisation und Ausdehnung der Läsion(en). 3. Auflistung der schon durchgeführten Operation(en). 4. Ordern Sie, falls indiziert, ein Feinschnitt-CT, z. B. bei einem Liquorleck, oder eine sagittale Rekonstruktion. 5. Bei Tumorverdacht ordnen Sie eine Kontrastmitteluntersuchung an.

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[Radiological imaging - magnetic resonance tomography - digital subtraction angiography].

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