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Referat 3

Die Rekonstruktion der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomle H. HShler, Frankfurt a. M. Die Wiederherstellung der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomie gehSrt zu den operativen Rarit~iten, obwohl jiihrlich Tausende von Bdisten amputiert werden. In Deutschland erkranken in jedem Jahr zwischen 12 000 und 15 000 Frauen an einem Mammacarcinom. Die anatomischen Bedingungen, die wir nach einer Mamma-Amputation vorfinden, sind ffir die Wiederherstellung als ungfinstig zu bezeichnen. Die ganze Brust mit Einschluf3 der Warze und des Vorhofes fehlt. Die Haut liegt direkt der Brustwand auf und ist durch Bestrahlung in ihrer Vitalit~it oft gestfrt. Wundheilung wechselt sich ab rnit Hautnekrosen. Transplantationsschwierigkeiten stellen sich ein. Weiterhin fehlen der Pectoralis sowie das Fettpolster in der vorderen Axilla. Die gesamte Symmetrie der oberen Thoraxh/ilfte ist zerst6rt. Die Forderungen f/ir die Wiederherstellung nach radikaler Mastektomie sind folgende: 1. Ersatz der fehlenden Haut. 2. Ersatz des fehlenden DriJsen-, Fett- und Muskelgewebes. 3. Wiederherstellung der Symmetrie der oberen Thoraxh~ilfte und der Brust selbst. 4. Ersatz der Brustwarze mit Warzenhof. AUe bisher beschriebenen Methoden gehen davon aus, dab die noch verbliebene Brust ffir den Wiederaufbau verwendet wird, d. h., dab diese Brust grog genug und beweglich genug ist, um zwei Briiste aus einer zu machen. In wenigen F~illen wurde die angedeutete Methode praktisch durchgef/ihrt, doch waren die Ergebnisse so wenig zufriedensteUend, daB sie bisher keine Verbreitung gefunden hat. Durch Ausfeilung der Operationstechnik ist es in den letzten 2 Jahren gelungen, den Wiederaufbau einer Brust in 1-20perationsakten durchzufiihren. Fiir den Ersatz der fehlenden Haut, des fehlenden Driisen-, Fett- und Muskelgewebes sowie der Mamille mit Warzenhof steht der plastischen Chirurgie eine weite Palette yon MSglichkeiten zur Verffigung, aus der je nach den Erfordernissen die eine oder andere Methode ausgew/ihlt wird. Auch wurden in den letzten 2 Jahren die Ergebnisse so gut, dab nicht nur brustfihnliche Gebilde, sondern wirkliche weibliche Briiste entstanden. 1. Ersatz der fehlenden Haut a) mit Hilfe yon Nahlappen, b) mit Hilfe yon Fernlappen, c) mit Hilfe yon Gewebe aus der verbliebenen Brust.

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2. Ersatz des fehlenden Dr/isen-, Fett- und Muskelgewebes a) mit Hilfe von k6rpereigenem Material, b) mit Hilfe yon plastischem Material. 3. Rekonstruktion der Mamille mit Warzenhof a) mit konservierter Mamille aus Warteposition, b) aus Labium minus pudendi, c) Bildung zweier Brustwarzen mit Warzenhof durch Teilung der verbliebenen Brustwarze, d) Bildung der Brustwarze durch mehrere sandwichartig fibereinander gelegte Reverdinl/ippchen, e) Bildung der Brustwarze dutch horizontale Teilung der verbliebenen Brustwarze und Einpflanzung wie ein Reverdinl/ippchen, 0 Simulierung des Warzenhofes durch Farbimplantation. Gerade bei diesen Operationen muB der Chirurg nicht nur in der Lage sein, das Endresultat, das er anstrebt, vorauszusehen, sondern er muB auch all die notwendigen Schritte, die zu diesem Resultat fiihren, genau vorausberechnen k6nnen. Die Grundbegriffe, mit lebendem Gewebe umzugehen, mtissen bekannt sein und strengstens beachtet werden. Es muB vor allem darauf geachtet werden, dab die urspr/ingliche Deformit/it durch unser Handeln nicht noch verschlimmert wird oder dab wir an anderer Stelle bei dem Versuch einer Rekonstruktion eine neue h/igliche Verunstaltung setzen. Ich m6chte meinen Vorschlag, den ich erstmals 1972 bei einem Symposium im Memorial-Cancer-Institute in New York gemacht habe, auch heute wiederholen: Die

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 1. Amputation durch quer-ovale Excision. Brustwarze in Warteposition am linken Unterbauch Abb. 2. Patienfin mit amputierter Brust links (Rotter-Halstedsche Schnittfiihrung)

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H. H6hler~ Die Rekonstruktion der weiblichen Brust

Abb. 3. Dieselbe Patientin nach der Operation. Folgende Eingriffe wurden durchgef/ihrt: Augmentation rechts, da auch die rechte Brust sehr klein. Ersatz der fehlenden Haut mit Hilfe yon Fernlappen linke Brust. Ersatz des fehlenden Dr/isen-, Fett- und Muskelgewebes mit Hilfe yon k6rpereigenem Material. Rekonstruktion der Mamille mit Warzenhof durch mehrere sandwichartig iibereinander gelegte Reverdinl/ippchen. Simulierung des Warzenhofes dutch Farbimplantation

Abb. 4. Amputation linke Brust mit gleichzeitigem Ersatz der fehlenden Haut mit Hilfe eines Nahlappens

Abb. 5. Dieselbe Patientin naeh dem Wiederaufbau. Ersatz des fehlenden Dr/isen-, Fett- und Muskelgewebes mit Hilfe yon plastischem Material (Silikon-Inlay). Rekonstruktion der MamiUe mit Warzenhof: Brustwarze durch horizontale Teilung der verbliebenen Brustwarze und Einpflanzung wie ein Reverdinl/ippchen. Simulierung des Warzenhofes durch Farbimplantation. Diese Operationen wurden in einem Akt durchgef/ihrt

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Abb. 6. Aufbau rechte Brust nach Amputation bei querer Schnittf/ihrung. Ersatz des fehlenden Drfisen-, Fett- und Muskelgewebes mit Hilfe von plastischem Material. Bildung der Brustwarze durch horizontale Teilung. Simulierung des Warzenhofes durch Farbimplantation

Abb. 7. Dieselbe Patientin: Nahaufnahme der rechten Brustwarze mit Warzenhof

Abb. 8. Amputation rechte Brust (Rotter-Halsted-Schnittf/ihrung)

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H. H6hler: Die Rekonstruktion der weiblichen Brust

Abb. 9. Wiederaufbau der rechten Brust. Ersatz der Haut mit Hilfe von Nahlappen. Ersatz des fehlenden Drtisen-, Fett- und Muskelgewebes durch Silastik-Inlay. Ersatz der Brustwarze mit Warzenhof durch Teilung der verbliebenen Brustwarze

Brustwarze sollte in j e d e m Falle erhalten werden. Selbst wenn sie nicht mehr verwendet wird, sei es durch das Fortschreiten der Erkrankung, so soil sie eine moralische St/itze sein, damit die operierte Patientin immer die Hoffnung vor A u g e n hat, dab eine Wiederherstellung m6glich und geplant ist. Z u s a m m e n f a s s e n d sei gesagt: Die radikale Mastektomie stellt eine verst/immelnde Operation dar und bedeutet somit f/Jr die betroffene F r a u ein tiefes emotionelles T r a u m a . Der Operateur sollte seine Patientin so radikal operieren, wie er es f/ir notwendig h/ilt, aber er sollte bedenken, d a b bei Fehlen von L y m p h k n o t e n m e t a s t a sen die Heilungsrate so hoch ist, dab eine Wiederherstellung in j e d e m einzelnen Fall einer sorgf'~iltigen Abw~igung wert ist. Die M6glichkeit der Rekonstruktion der weiblichen Brust sollte allgemein bekannt gemacht werden, um die Qualit/it der Uberlebenszeit der Patientin zu verbessern, aber auch nicht zuletzt deshalb, damit die F r a u e n frfiher einen A r z t aufsuchen, wodurch es dann zur weiteren Senkung der Brustkrebsmortalit/it k/ime. Jede Methode, die wir heute als M e t h o d e der W a h l ansprechen, wird nicht die letzte sein. St/indig werden neue Operationsmethoden entwickelt, bestehende verbessert oder verworfen werden. Literatur

Bohmert, H.: Eine neue Methode zur Rekonstruktion der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomie. In: Plastische Chirurgie des Kopf- und Halsbereichs und der weiblichen Brust. Stuttgart: Thieme 1974 H6hler, H.: Die M6glichkeiten der Rekonstruktion der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomie. In: ,,Bruns Beitr~ige" 1973 H6hler, H.: Reconstruction after mastectomy. In: Symposium on neoplastic and reconstructive problems of the female breast. St. Louis: C. V. Mosby Comp. 1973 H6hler, H.: Die Rekonstruktion der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomie. In: Langenbecks Arch. Chir. 337 (1974) H6hler, H.: Wiederaufbau der Brust nach radikaler Mastektomie. In: Plastische Chirurgie des Kopfund Halsbereichs und der weiblichen Brust. Stuttgart: Thieme 1974 H6hler, H.: Reconstruction of the female breast following radical mastectomy. Vortrag auf dem KongreB der Amer. Soc. of Plast. & Reconstr. Surg. in Houston am 28. Oktober 1974

K. A. Walz et al.: Die beiderseitige subkutane Mastektomie

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H6hler, H.: Die Rekonstruktion der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomie. Wissenschaftliche Ausstellung auf der 92. Tagung der Deutschen Gesellschaftfiir Chirurgie vom 7. bis 10. Mai 1975 in M/inchen H6hler, H.: Reconstruction of the female breast after radical mastectomy. Wissenschaftliche Ausstellung auf dem Kongrel3 der Amer. Soc. of Plast. & Reconstr. Surg. vom 19. bis 24. Oktober 1975 in Toronto H6hler, H.: Fortschritte in der Technik der Rekonstruktion der weiblichen Brust nach radikaler Mastektomie. In: Langenbecks Arch. Chir. 580 (1976) H6hler, H.: Further progress in the technique of reconstruction of the female breast after radical mastectomy. Vortrag auf dem Kongref3der Amer. Soc. of Plast. & Reconstr. Surg. am 29. September 1976 in Boston Pierer, H.: Reconstruction of the breast after carcinoma operation. Kongref3band,4. Intern. Congr. for Plastic Surgery, Rom, 1967 Snyderman, R. K.: Symposium on neoplastic and reconstructive problems of the female breast. St. Louis: C. V. Mosby Comp. 1973

Vortr~ige zum Thema 203. K. A. Walz, K. F. Jacobs, J. Genz (Essen/D/isseldorf'): Die beiderseitige subkutane Mastektomle mlt plastiseher Rekonstruktlon tier Mamma vom lateralen Zugang naeh Dufourmentel und Mouly Bei strenger Indikation (z. B. proliferierende Mastopathie, Befund nach Vielfachbiopsien an der Brust) ist der Weft der subkutanen Mastektomie mit plastischer Rekonstruktion der M a m m a in der operativen Gyn~ikologie nicht mehr in Frage gestellt. Da in manchen F/illen die plastische Rekonstruktion der M a m m a schwierig sein kann, sollte eine Abgrenzung zum Aufgabenbereich der plastischen Chirurgie gewahrt bleiben. Dem hier vorliegenden Erfahrungsbericht aus einer integrierenden Zusammenarbeit mit der Spezialklinik ffJr plastische Chirurgie Dfissddorf-Kaiserswerth liegen seit 1973 insgesamt 60 subkutane Mastektomien zugrunde; 32 sind vom lateralen Zugang nach Dufourmentel und Mouly aus operiert. Die Methode ist gekennzeichnet durch einen schr~ig-lateral, keilf6rmig nach kaudal gef/ihrten Zugang. Durch alleinige Deepithelisierung fiberschfissiger Hautareale werden perimamill~ire Exzisionen vermieden. Dadurch treten Durchblutungsprobleme der Haut und besonders der Mamille nicht mehr auf. Nach Entfernung des Mammadr/isenk/Srpers, die durch den lateralen Zugang sehr fibersichtlich m6glich ist, kann die eingelegte Endoprothese - in unserem Kollektiv bisher vorwiegend Natural-Y-Endoprothese nach Ashley - durch eine rotatorisch nach kranial und medial gef/ihrte Verlagerung des dreiecksf6rmigen deepithelisierten Hautanteils und durch dessen Fixierung an die Pektoralisfaszie tfirflfigelartig doppelt gedeckt werden und eine suspensorische Stfitzung erfahren. Die abschliel3ende Belastung durch Narben ist gering; insbesondere erlaubt die Operationsmethode eine sehr flexible und modifizierbare Legung der Umschneidungsfigur. Dutch die damit erreichbare Reduktionsplastik und Behebung einer Ptose gen/igt die Methode therapeutischen und kosmetischen Anforderungen. Sie bietet daher eine Reihe von Vorteilen: 1. Modifizierbar nach Mammagr6fie und -form. 2. fJbersichtliche Darstellung der Wundh6hle. 3. Gleichzeitige Axillapr/iparation m6glich. 4. Zuverl/issige Vermeidung yon Komplikationen. 5. Gtinstiges kosmetisches Ergebnis. Wegen der Vielfalt der Mammaformen sollten verschiedene praktikable Operationstechniken nach Erfordernis des Einzelfalls Anwendung finden. Die einfache

[Reconstruction of the female breast following radical mastectomy (proceedings)].

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