Planta

Planta (Berl.) 130, 81 - 8 3 (1976)

9 by Springer-Verlag 1976

Regulation der Synthese von Plastidenproteinen in Euglena gracilis, Stamm Z* Peter Brandt Pflanzenphysiologisches Institut der Universitfit, Abteilung for Experimentelle Phykologie (W. Wiessner), Untere Karspfile 2, D-3400 GSttingen, Federal Republic of Germany

Regulation of the Synthesis of Plastid Proteins in Euglenagracilis Summary. The multiplication of chloroplasts in synchronized Euglena gracilis, strain Z, requires the existence of a regulating system which coordinates both the synthesis of plastid proteins coded in the plastom and the synthesis of plastid proteins coded in the genom. At 27~ this system can not be influenced by external factors, such as chloramphenicol and cycloheximide. At 35 ~ C, however, the inhibition of the synthesis of plastom-coded proteins by chloramphenicol increases the synthesis of certain plastid proteins coded in the genom. The inhibitor cycloheximide acts vice versa. These results are in favour of the hypothesis that the synthesis of plastid proteins is coordinated by regulator proteins.

Photoautotroph kultivierte Euglena gracilis, Stamm Z, enth/ilt in Abhfingigkeit von den Kulturbedingungen sechs bis zw61f Chloroplasten (Gibor und Granick, 1962; Cook, 1966). In Synchronkulturen findet die Chloroplastenteilung gleichzeitig mit der Zellteilung statt (Cook, 1966), wobei die Synthese plastidfirer DNA der nucle/iren DNA-Synthese vorausgeht (Brandt, 1975). Im Zusammenhang hiermit stellt sich die Frage nach der Basis des harmonischen Zusammenwirkens zwischen Kern und Cytoplasma und den vielfach als semiautonom bezeichneten (Schiff, 1975; Uzzo und Lyman, 1972) Chloroplasten bei der Synthese von Plastidenproteinen (d.i. die Gesamtheit der ffir Struktur und Funktion der Chloroplasten notwendigen Proteine), die z.T. im Genom und z.T. im Plastom codiert sind (Bourque und Wildmann, 1973; * Abkfirzungen: CAP=Chloramphenicol, imid

CHM=Cyclohex-

Freyssinet, 1975; Hartley, Wheeler und Ellis, 1975). Notwendigerweise mfissen Regulationsmechanismen bestehen, welche die DNA-Replikation, die Transkription und/oder die Translation der plastidfiren und der cytoplasmatischen Plastidenproteine koordinieren und zur harmonischen Gesamtsynthese der Plastiden zusammenfassen. Die vorliegende Arbeit stellt erste Befunde zur regulatorischen Wechselbeziehung zwischen cytoplasmatischer und plastidfirer Translation vor. Euglena gracilis (Stamm Z, Sammlung von Algenkulturen, Pflanzenphysiologisches Institut der Universit~t G6ttingen) wurde autotroph (Wiessner, 1968) mit einem Licht-DunkeI-Wechsel yon 14 h Licht und 10 h Dunkel und Verd/_innung der Kulturen am Ende der Dunkelzeit synchronisiert. Die Isolierung der ChIoroplasten erfolgte nach der Methode yon Brawermann (1963) und Jagendorf

(1955) Der Nachweis der Syntheseraten von Plastidenproteinen im Laufe des Zel!cyclus yon Euglena gracilis wurde wie folgt geftihrt : aus der Synchronkultur entnommene Algen wurden jeweils 1 h lang mit [14C]Leucin inkubiert, anschliel3end die Chloroplasten isoliert, der Einbau von [14CJLeucin bestirnmt und auf den Chlorophyllgehalt des Ausgangsmaterials bezogen. Zur selektiven Hemmung der cytoplasmatischen bzw. der plastidfiren Proteinsynthese wurde Cycloheximid (CHM) 15 ~tg/ml) bzw. Chloramphenicol (CAP) (1 mg/ml) verwendet.

Die Gesamtsynthese yon Plastidenproteinen, die in Synchronkulturen yon Euglena gracilis, Stamm Z, in der Lichtzeit des Zellcyclus stattfindet (Brawermann, Pogo und Chargaff, 1962), 1/if3tsich bei einer Kultivierungstemperatur von 27~ durch Anwendung der Gifte Chloramphenicol (CAP) bzw. Cycloheximid (CHM) aufteilen in die cytoplasmatische und die plastidfire Synthese von Plastidenproteinen (Tabelle 1, Spalte 1, 2 und 3). Bezogen wurde die Proteinbiosynthese auf den Chlorophyllgehalt der Chloroplasten, der im Laufe der Kultur in der gichtzeit des Zellcyclus von Euglena gracilis stetig ansteigt, hierbei sich aber die Zahl der Chloroptasten pro Zelle ebensowenig /indert wie die Zellzahl pro ml Kultur.

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P. Brandt: Synthese von Plastidenproteinen

Tabelle 1. Synthese yon Plastidenproteinen (Einbau yon [~C]Leucin/Chlorophyll (cpm/mg)) in unvergifteter Euglena gracilis, Stamm Z bei 27~ und 35~ sowie nach Vergiftung mit Chlorarnphenicol (CAP) bzw. Cycloheximid (CHM); alle Angaben in %, bezogen auf die Proteinbiosynthese bei 27~ ( = 100%); LST=Stunde der Lichtzeit LST

Biosynthese yon Plastidenproteinen bei 27 ~ C

bei 35 ~ C

unvergiftet cpm/mg

vergiftet mit %

1

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

859 588 629 793 755 667 720 443 454 835 615

100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

CAP

CHM

2

3

41 55 60 35 52 48 37 54 43 52 41

59 45 40 65 48 52 63 46 57 48 59

unvergiftet

vergiftet mit CAP

CHM

Summe der Spalten 5 und 6

4

5

6

7

32 40 36 36 42 36 44 34 62 21 36

34 80 87 74 56 65 53 72 102 34 46

31 83 72 49 27 26 27 23 37 38 42

65 164 159 123 83 91 80 95 139 72 88

Bei einer Kultivierungstemperatur von 35~ C, d.i. bei derjenigen Temperatur, die bei lfingerer Anwendung (120 h) zum irreversiblen Vertust der Chloroplasten ffihrt (Pringsheim und Pringsheim, 1952; Brandt, unver6ffentlicht), ver/indert sich in dem hier untersuchten Zeitraum des Zellcyclus yon Euglena gracilis die Zellzahl ebenfalls nicht und steigt der Chlorophyllgehalt/Zelle im gleichen Mage wie bei einer Kultivierungstemperatur von 27~ an. Daher kann auch bei dieser Temperatur der Chlorophyllgehalt der Chloroplasten als Bezugsgr6Be ffir die Proteinbiosynthese herangezogen werden. Wird Euglena gracilis bei 35~ C kultiviert, dann ist zwar als Folge der h6heren Temperatur die Gesamtsynthese der Plastidenproteine gesenkt, die Anwendung der beiden Gifte CAP und CHM f/ihrt aber zu Syntheseraten, die in vergifteten Zellen zu gewissen Zeiten des Zellcyclus h6her sind als in unvergifteten Zellen. So liegt z.B. die Syntheserate bei 35~ C zur 5. LST (LST = Stunde der Lichtzeit) in mit CAP vergifteten Zellen um 100% fiber der der unvergifteten Zellen, zur 11. LST sogar um mehr als 100%. Bei Vergiftung durch CHM tritt diese Erscheinung ebenfalls auf, wobei die Synthesemaxima nicht immer mit den Maxima der Proteinsynthese in den mit CAP vergifteten Zellen zeitlich ~bereinstimmen. So steigert z.B. CHM in der 5. LST die plastid~ire Synthese yon Plastidenproteinen um rund 100%, senkt sie aber in der 11. LST um 32%, verglichen mit unvergifteten Zellen. Insgesamt ffihren diese Giftwirkungen dazu, dab sich die Gesamtsyntheserate bei 35~ (Tabelle 1, Spalte 4) nicht wie

bei 27 ~ C durch Addition der Syntheseraten bei Vergiftung durch CAP bzw. CHM errechnen 1/iBt, und dieser errechnete Weft dann mit der ffir unvergiftete Zellen experimentell ermittelten Syntheserate tibereinstimmt. Sondern der aus den Syntheseraten in den mit CAP bzw. mit CHM vergifteten Zellen errechnete Gesamtwert der Proteinbiosynthese (Tabelle 1, Spalte 7) ist bei 35~ stets gr6ger als der ffir unvergiftete Zellenexperimentell bestimmte Wert. Diese Ergebnisse sprechen ftir die Existenz von steuernden Wechselbeziehungen zwischen der plastid/iren und der cytoplasmatischen Translation auf der Basis eines Systems yon Regulationsproteinen, in dem Plastidenproteine plastid/irer Herkunft Einflul3 auf die cytoplasmatische Synthese yon Plastidenproteinen ausfiben und umgekehrt. Bei 27 ~ C ist dieses Steuersystem der M6glichkeit/iugerer Beeinflussung entzogen, denn die Vergiftung der plastid/iren Proteinbiosynthese durch CAP bleibt ohne Wirkung auf die Synthese cytoplasmatischer Plastidenproteine. Dasselbe gilt gleichermaBen ffir die Vergiftung durch CHM. Bei 35~ ist das Steuersystem often gegen ~iugere EinfluBnahmen, und das Fehlen von plastid~iren Plastidenproteinen bei Vergiftung durch CAP bewirkt eine Steigerung der cytoplasmatischen Synthese derjenigen Plastidenproteine, die unter Normalbedingungen von plastid~iren Steuerproteinen reguliert werden. Somit wird die harmonische Synthese der z.T. im Genom und z.T. im Plastom codierten und ffir den Aufbau eines Chloroplasten erforderlichen Proteine durch Steuerproteine koordiniert, fiber die Natur dieser Steuer-

P. Brandt: Synthese von Plastidenproteinen

proteine wird zu gegebenem Zeitpunkt berichtet werden. Diese Arbeit wurde durch Sonderforschungsmittel des Landes Niedersachsen unterstfitzt.

Literatur Bourque, D.P., Wildmann, S.G. : Evidence that nuclear genes code for several chloroplast ribosomal proteins. Biochem. Biophys. Res. Com. 50, 532-537 (1973) Brandt, P. : Zwei Maxima plastid/irer DNA-Synthese mit unterschiedlicher Lichtempfindliclakeit im Zellcyclus yon Euglena gracilis. Nanta (Bed.) 124, 105- 107 (I975) Brawermann, G. : The isolation of a species of ribosomes associated with chloroplasts development in Euglena gracilis. Biochim. Biophys. Acta (Amst.) 72, 317-331 (1963) Brawermann, G., Pogo, A.O., Chargaff, E.: Induced formation of ribonucleic acids and plastid protein in Euglena gracilis under the influence of light. Biochim. Biophys. Acta (Amst.) 55, 326 334 (1962) Cook, J.R. : The synthesis of cytoplasmatic DNA in synchronized Euglena. J. Cell. Biol. 29, 369-372 (1966) Freyssinet, G.: Ribosomal protein synthesis during chloroplast development of dark-grown Euglena gracilis. In: Proc. Third Internatl. Congress on Photosynthesis. Vol. III, pp. 1731-

83 1744, Avron, M., ed., Amsterdam-Oxford-New York: Elsevier 1975 Gibor, A., Granick, S. : The plastid system of normal and bleached Euglena gracilis. J. Protozool. 9, 327-334 (1962) Hartley, M.R., Wheeler, A., Ellis, R.J. : Protein synthesis in chloroplasts. V. Translation of messenger RNA for the large subunit of fraction I protein in a heterologous cell-free system. J. Mol. Biol. 91, 6 7 - 7 7 (1975) Jagendorf, T. : Purification of chloroplasts by a density technique. Plant Physiol. 30, 1 3 8 - 143 (1955) Pringsheim, E.G., Pringsheim, O.: Experimental elimination of chromatophores and eyespot in Euglena gracilis. New Phytologist 51, 6 5 - 7 6 (1952) Schiff, J.A. : The control of chloroplast differentiation in Euglena. In : Proc. Third Internatl. Congress on Photosynthesis. Vol. III, pp. 1691-1717, Avron, M., ed., Amsterdam-Oxford-New York: Elsevier 1975 Uzzo, A., Lyman, H.: The nature of the chloroplast genome of Euglena gracilis. In : Proc. II. Internatl. Congress on Photosynthesis Research. Vol. III, pp. 2585-2599, Forti, G., Avron, M., and Melandri, A., eds., The Hague: Dr, W. Junk N.V. 1972 Wiessner, W.: Enzymaktivitfit und Kohlenstoffassimilation bei Grfinalgen unterschiedlichen ern/ihrungsphysiologischen Typs. Planta (Bed.) 79, 9 2 - 9 8 (1968)

Eingegangen am 17. Dezember 1975; angenommen am 12. Januar 1976

[Regulation of the synthesis of plastid proteins in Euglena gracilis].

The multiplication of chloroplasts in synchronized Euglena gracilis, strain Z, requires the existence of a regulating system which coordinates both th...
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