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Optische Rehabilitation nach Limbusstammzellinsuffizienz: aktuelle Behandlungsmöglichkeiten und Entwicklungen Rehabilitation Following Limbal Stem Cell Deficiency: Current Treatment Options and Future Developments

Institute 1 Klinik für Erkrankungen des vorderen Augenabschnittes, Universitätsklinikum Essen 2 Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Jena Schlüsselwörter Limbusstammzellinsuffizienz, limbale Stamm‑ und Vorläuferzellen, Limbustransplantation, Ex‑vivo‑Expansion Key words limbal stem cell deficiency, limbal stem and progenitor cells, limbal transplantation, ex vivo expansion eingereicht akzeptiert

3. 11. 2016 20. 2. 2017

Bibliografie DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-106306 Online-publiziert | Klin Monatsbl Augenheilkd © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York | ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Prof. Klaus P. Steuhl Klinik für Erkrankungen des vorderen Augenabschnitts, Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55, 45122 Essen Tel.: + 49/(0)2 01/72 32 37 15, Fax: + 49/(0)2 01/7 23 57 48 [email protected]

Der Limbus als Quelle der Regeneration des kornealen Oberflächenepithels Die Epithelien der Augenoberfläche, das korneale und das konjunktivale, sind als integrale Bestandteile des optischen Systems für die Funktionalität des Auges unabdingbar. Sie bilden gemeinsam eine schützende physische Barriere, die das Augeninnere vor negativen Einflüssen bewahrt. Sie sind an der Sekretion von Komponenten des Tränenfilms, Resorption von Nährstoffen und der Immunabwehr beteiligt. Dem Korneaepithel kommt zudem die Aufgabe zu, die Transparenz der Kornea zu erhalten. Für die Funktionalität des Epithels muss eine kontinuierliche Regeneration

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ZU SAM ME N FA SS UN G Die Behandlung der Limbusstammzellinsuffizienz (LSZI) stellt eine Herausforderung in der Augenheilkunde dar. Es handelt sich um eine Störung der Augenoberfläche, die durch eine nicht funktionale Regeneration des kornealen Epithels entsteht. Die LSZI wird sowohl von hereditären als auch erworbenen Grunderkrankungen verursacht. Je nach Ausprägung unterscheidet man dabei zwischen einer partiellen oder totalen LSZI sowie zwischen uni- oder bilateralen Fällen. Die Behandlung richtet sich nach der Ätiologie der Erkrankung. Es stehen zu diesem Zweck eine Reihe von Techniken zur Verfügung, darunter fallen die Anwendung von Amniontransplantationen, die Transplantation von Limbusgewebe oder die Anwendung von ex vivo expandierten Zellen. In dieser Übersichtsarbeit werden die aktuellen Behandlungsoptionen für die LSZI zusammengefasst sowie neue Entwicklungen auf diesem Gebiet vorgestellt. AB STR AC T Limbal stem cell deficiency (LSCD) is a condition caused by the loss of corneal epithelial regenerative potential. The treatment of this condition is still a challenge. It results from various conditions both intrinsic as well as extrinsic. LSCD can be either uni- or bilateral and either partial or total. Today treatment options include a variety of techniques including transplantation of amniotic membrane and limbal tissue or tissue engineered cell sheets. This article summarizes the current techniques to treat LSCD and upcoming developments.

sichergestellt sein, sowohl unter regulären Bedingungen als auch im Falle von Erkrankungen und Verletzungen. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird die Regeneration des kornealen Epithels von in der basalen Schicht des anatomischen Limbus lokalisierten Stamm- und Vorläuferzellen (SPZs) durchgeführt. Der Limbus bildet dabei die Stammzellnische, in der die SPZs in einem quiescenten Status residieren. Diese bilden sowohl bei der regulären Regeneration des Epithels als auch im Falle von Verletzungen Tochterzellen, sog. „transient amplifying cells“, die ihrerseits von der Peripherie in Richtung der zentralen Kornea proliferieren und migrieren, während sie sich dabei fortschreitend von den basalen Zellen zur Epitheloberfläche hin differenzieren [1–4]. Dieses Modell der Regeneration ist als die „X–Y‑Z“-Hypothese bekannt [4].

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Autoren Henning Thomasen 1, Klaus P. Steuhl 1, Daniel Meller 2

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Limbale Stamm- und Vorläuferzellen Die SPZs des Hornhautepithels weisen bestimmte stammzelltypische Charakteristika auf, so zeichnen sie sich durch einen relativ undifferenzierten Phänotyp aus, erkennbar an der fehlenden Expression der im differenzierten Hornhautepithel typischerweise vorkommenden Zytokeratine K3 und K12 sowie der Connexine 43 [2, 6]. Ebenso besitzen sie einen langsamen Zellzyklus und ein hohes Proliferationspotenzial [3]. Als Biomarker zur Identifikation der limbalen SPZs werden verschiedene Proteine angeführt. Zu den prominenten positiven Markern zählen dabei u. a. der Transkriptionsfaktor p63 und das Transporterprotein ABCG2 [7–9]. Die erwähnten Zytokeratine K3/K12 werden wegen ihrer Abwesenheit in den undifferenzierten SPZs häufig als negative Marker betrachtet [2]. Die Identifikation von limbalen SPZs ist gerade im Hinblick auf die Behandlung der limbalen Stammzellinsuffizienz von hoher Bedeutung. Aufgrund der Tatsache, dass bis dato kein alleiniger definitiver Marker für limbale SPZs bestimmt wurde, werden diese häufig anhand einer Kombination phänotypischer Merkmale sowie funktioneller Eigenschaften charakterisiert [10, 11].

Ätiologie, Klinik und Diagnostik der limbalen Stammzellinsuffizienz Die LSZI wird von einer Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen ausgelöst. Sie kann entweder durch externe Einflüsse erworben werden oder ein Symptom einer hereditären Grunderkrankung sein. Zu den Ursachen erworbener LSZI zählen vor allem Verätzungen und Verbrennungen, das Stevens-Johnson-Syndrom sowie Störungen infolge von massiven oder multiplen ophthalmochirurgischen Eingriffen, z. B. zur Entfernung von Tumoren im Limbusbereich. Zu den hereditären Ursachen gehört u. a. die Aniridie. Die LSZI kann abhängig von der verursachenden Erkrankung durch 2 Mechanismen ausgelöst werden: zum einen durch die teilweise oder vollständige Zerstörung der Stammzellnische im Limbus, zum anderen durch den Verlust der Stammzellen selbst [12] (siehe ▶ Tab. 1). Klinisch zeichnet sich die LSZI durch das Einwachsen von konjunktivalem Epithel und Blutgefäßen in den Bereich des Korneaepithels, was einen Verlust der kornealen Transparenz zur Folge hat. Klinisch sind chronische Entzündungen, Destruktion der Bowman-Membran, ein irreguläres Hornhautepithel sowie persistierende Defekte und Ulzerationen zu beobachten. Betroffene Patienten leiden bei der Erkrankung unter einem verschlechterten Visus, erhöhter Lichtempfindlichkeit und Schmerzen [12, 13].

▶ Tab. 1 Häufige Ursachen der Limbusstammzellinsuffizienz und deren Ausprägung. Ursache

Ausprägung

Stevens-Johnson-Syndrom

bilateral

Aniridie

uni-/bilateral

Verbrennung, Verätzung

uni-/bilateral

KL-induzierte Keratopathien

uni-/bilateral

okuläres Narbenpemphigoid

uni-/bilateral

Pterygium

uni-/bilateral

Tumoren im Limbusbereich

unilateral

chirurgische Eingriffe am Limbus

unilateral

KL: Kontaktlinse(n)

Als Entscheidungsgrundlage für eine erfolgreiche Therapie der LSZI ist eine genaue Diagnose sowohl der Ursachen als auch der Schwere und Ausdehnung der Erkrankung notwendig. Hierzu wird das Auftreten bzw. die Ausdehnung der Konjunktivalisierung anhand des Nachweises von konjunktivalen Becherzellen auf der Hornhaut bestimmt. Die verbreitetste Methode dazu ist die Impressionszytologie. Zusätzlich ist es von Vorteil, den Zustand der Stammzellnische, d. h. der Vogt-Palisaden, im Limbus zu evaluieren. Zu diesem Zweck eignet sich eine klassische Spaltlampenuntersuchung. In den letzten Jahren wurden auch optische Kohärenztomografie (OCT) und konfokale Mikroskopie dazu eingesetzt [12–15]. Espandar et al. beschrieben in einem aktuellen Case-Report die Wertigkeit der OCT-Analyse bei der Planung des chirurgischen Eingriffs in einem Fall von LSZI [16].

Bedeutung der LSZI-Ausprägung für die Therapiefindung Um die LSZI effektiv zu behandeln, muss das Ziel verfolgt werden, die reguläre Regeneration des Oberflächenepithels zu erhalten oder wiederherzustellen. Zu diesem Zweck stehen dem Augenarzt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Einige Methoden wirken unterstützend auf vorhandene Regenerationsmechanismen ein, andere hingegen zielen auf die komplette Wiederherstellung des geschädigten regenerativen Systems ab. Bei der Entscheidung, welche Option zu wählen ist, müssen bei jedem Patienten eine Reihe von Faktoren betrachtet werden. Darunter fällt hauptsächlich die Klärung des folgenden Sachverhalts: Ist die LSZI am betroffenen Auge partiell oder komplett ausgebildet? Handelt es sich um eine uni- oder bilaterale Erkrankung? Ausgehend von diesen Überlegungen muss im individuellen Fall entschieden werden, welche Form der Behandlung die jeweils erfolgversprechendste Option darstellt (▶ Abb. 1). Die Optionen für die Behandlung partieller und kompletter LSZI werden im Folgenden aufgeführt.

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Die zentripetale Migration der limbalen SPZs wurde in aktuellen Arbeiten am Mausmodell anhand von Lineage-Tracing-Experimenten demonstriert [5]. Der Limbus beherbergt nicht nur die Stammzellnische zur Epithelregeneration, er verhindert zudem auch das Eindringen der Konjunktiva in den transparenten Teil der Kornea. Wird das regenerative System des Korneaepithels gestört, bildet sich das Krankheitsbild der limbalen Stammzellinsuffizienz (LSZI) aus.

Behandlungsoptionen bei partieller LSZI Bei einer partiellen LSZI kann u. U. auf die Transplantation von Limbusgewebe oder expandierten Limbusepithelzellen verzichtet werden. In solchen Fällen bietet es sich eher an, Methoden zu verwenden, die die noch bestehenden Regenerationssysteme unterstützen. Voraussetzung dafür ist, dass ein ausreichender Anteil von intaktem Limbus des betroffenen Auges vorliegt, der in der Lage ist, eine eigenständige Regeneration zu gewährleisten. Hierzu genügt i. d. R. ein Limbusanteil von 2–3 Uhrzeiten. Ein Débridement des eingewachsenen Bindehautepithels von der Hornhautoberfläche mittels einer Abrasio konjunktivalen Pannusgewebes aus der optischen Achse kann in solchen Fällen gute Ergebnisse erzielen. In Verbindung damit kann adjuvant eine Transplantation von Amnionmembran die Regeneration des kornealen Epithels unterstützen und die Wundheilung begünstigen. Es ist dabei wichtig, ein erneutes Einwachsen des Konjunktivaepithels bis zur Wiederherstellung des Korneaepithels zu unterbinden [17]. Da diese ein höheres proliferatives Potenzial verglichen mit dem Korneaepithel hat, ist ggf. eine Wiederholung der Prozedur notwendig. Zur Inhibition einer Vaskularisation der zentralen Kornea können Kortison und/oder die Gefäßbildung hemmende Substanzen, wie Avastin, eingesetzt werden. Eine Be-

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handlung mit Mitomycin C zur Kontrolle des einwachsenden Gewebes kann als unterstützende Maßnahme durchgeführt werden.

Behandlungsoptionen bei kompletter LSZI Liegt eine komplette LSZI vor, muss beim betroffenen Auge eine Rekonstruktion der Limbusstammzellnische bzw. Auffüllung des Stammzellreservoirs stattfinden. Im Folgenden werden die Möglichkeiten zur Rekonstruktion der Augenoberfläche bei LSZI mithilfe von übertragenen limbalen Epithelzellen vorgestellt. Hierzu werden entweder expandierte limbale SPZs verwendet, oder es werden SPZs en bloc eingebettet in intaktes Epithelgewebe des Limbus transplantiert. Zu diesem Zweck kann jeweils autologes oder allogenes Material eingesetzt werden. In Hochrisikoaugen oder, wenn andere Optionen versagt haben, ist der Einsatz von Keratoprothesen möglich.

Transplantation von Gewebe Limbusgewebetransplantation Bei der Transplantation von Limbusgewebe wird ein Transplantat eines intakten Limbus zusammen mit den darin wahrscheinlich befindlichen Stamm- und Vorläuferzellen in die beschädigte Oberfläche eingesetzt und vernäht, um so die Regenerationsfähigkeit

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▶ Abb. 1 Vorgehen bei Limbusstammzellinsuffizienz in Abhängigkeit von der Schwere der Erkrankung.

des Epithels wiederherzustellen. Bei der autologen Methode wird i. d. R. Limbusgewebe vom Partnerauge in Form von 2 60°-Lamellen (2 Uhrzeiten) entnommen und transplantiert [18]. Andere Verfahren wurden ebenfalls beschrieben, darunter z. B. die Verwendung von allogenem, von einem Spenderauge gewonnenem Limbusgewebe, das auch in Verbindung mit einem Hornhauttransplantat verpflanzt werden kann. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung der Limbusgewebetransplantation ist die Abwesenheit von Entzündungen und die Entfernung der eingewachsenen Konjunktiva [18]. Ebenso muss nach der Transplantation eine erneute Konjunktivalisierung verhindert werden. Die Technik kann abhängig davon, ob eine bi- oder unilaterale Form der kompletten LSZI vorliegt, sowohl mit autologem als auch mit allogenem Gewebe erfolgen. Im ersteren Fall stammt das Gewebe vom nicht betroffenen Partnerauge. Die Verwendung von autologem Gewebe hat den Vorteil, dass auf den Einsatz von Immunsuppression verzichtet werden kann. Durch die ausbleibende Immunreaktion kann die Gefahr einer Abstoßungsreaktion ausgeschlossen werden. Die Erfolgsraten der autologen Limbusepitheltransplantation sind vielversprechend. Miri et al. berichteten in einer retrospektiven Studie von sehr guten Follow-up-Ergebnissen bei der Limbustransplantation autologen Gewebes [18]. Es besteht aber, bei Entfernung von großen Mengen Limbusgewebe vom Spenderauge des Patienten, dort die Gefahr der Induktion einer Limbusstammzellinsuffizienz. Dies ist in autologen Fällen besonders kritisch, wenn das Spenderauge das einzig verbliebene funktionstüchtige Auge des Patienten ist. In Fällen von bilateraler kompletter LSZI ist die Verwendung autologen Materials häufig nicht möglich. Stattdessen muss auf allogenes Spendergewebe ausgewichen werden. Dieses kann dabei aus verschiedenen Quellen stammen: entweder von Verwandten, lebenden Fremdspendern oder von postmortalen Spendern. Wegen der allogenen Herkunft ist die Durchführung eines HLA-Matchings (HLA: human leukocyte antigen) des Spendergewebes empfohlen, um eine maximale Kompatibilität mit dem Empfänger zu gewährleisten [17–19]. Ebenso muss eine systemische Immunsuppression beim Empfänger durchgeführt werden, um das langfristige Überleben des Limbustransplantats zu gewährleisten [18]. Die Entnahme bei postmortalen Spendern bietet den Vorteil, dass eine verhältnismäßig größere Menge an Spenderlimbus als bei Lebendspendern entnommen werden kann. Die Erfahrungen aus der Anwendung zeigen allerdings, dass allogene Limbustransplantationen trotz der adjuvanten Maßnahmen zur Reduktion des Abstoßungsrisikos eine deutlich schlechtere Erfolgsrate bezogen auf das Überleben der Transplantate haben als bei der Transplantation autologen Gewebes. Verschiedene Studien zeigten dies mittlerweile deutlich [18, 20]. Eine Sonderform der Limbusgewebetransplantation ist die Limbokeratoplastik. Bei dieser Technik werden Anteile des Limbus in Kombination mit der zentralen Kornea transplantiert. Dazu wird bei der Generation des Hornhauttransplantats die Spenderhornhaut so trepaniert, dass auch Limbusgewebe entnommen wird [19–22]. Der Vorteil der Methode liegt darin, dass neben der Wiederherstellung des Epithels auch weitere beschädigte Anteile der zentralen Kornea, vor allem stromale Narben, ersetzt werden können. Damit ist dieses Vorgehen besonders für die Behandlung von

schweren Fällen von kompletter LSZI, bei denen eine großflächige bzw. tiefgehende Beschädigung der Kornea und der Augenoberfläche vorliegt, geeignet. Da die Limbokeratoplastik ausschließlich mit allogenem Gewebe durchführbar ist, besteht die Gefahr immunologischer Reaktionen gegen das Transplantat. Wie bei der Verwendung von allogenem Limbusepithel ist daher eine immunsuppressive Behandlung des Empfängers und die Anwendung von HLA-gematchten Transplantaten notwendig, um eine langfristige Überlebensrate der Transplantate zu gewährleisten [18, 19, 22]. Die bislang größte retrospektive Studie zur Limbokeratoplastik wurde kürzlich von Lang et al. publiziert. Darin wurde in Abhängigkeit von der Ätiologie der LSZI eine mittlere Überlebensrate von 3,2 bis 3,9 Jahren über einen Beobachtungszeitraum von 2,2 Jahren ermittelt [22]. Die publizierten Ergebnisse zeigen, dass das Überleben der mittransplantierten limbalen Stammzellen für die Überlebensrate der Transplantate von besonderer Bedeutung ist.

Simple limbal epithelial Transplantation Im Jahre 2012 wurde eine Technik namens „simple limbal epithelial transplantation“ (SLET) vorgestellt. Dabei wird ein kleiner Streifen biopsierten limbalen Gewebes in mehrere kleine Stücke geteilt, auf azelluläre Amnionmembran aufgebracht und anschließend auf die Kornea transplantiert [23]. Die vorliegenden klinischen Ergebnisse an kleinen Patientenkollektiven zeigen durchweg positive Resultate, allerdings liegen derzeit noch keine Langzeitergebnisse vor, sodass eine abschließende Bewertung der Methode noch nicht möglich ist [23]. Die klinischen Erfahrungen verdeutlichen, dass die Transplantation von Limbusgewebe für eine erfolgreiche Behandlung einer LSZI eingesetzt werden kann. Ein limitierender Faktor ist dabei in jedem Fall die Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge an Spenderlimbus zur Transplantation. In Fällen, in denen eine solche Verfügbarkeit nicht gegeben ist, bieten sich Techniken der Ex-vivo-Expansion von limbalen SPZs oder auch die Verwendung von alternativen Zellpopulationen als Behandlungsoptionen an.

Ex-vivo-Expansion von limbalen Stammund Vorläuferzellen Bei der Ex-vivo-Expansion werden limbale SPZs ausgehend von einer kleinen Gewebebiopsie gezielt vermehrt und dem Empfänger danach transplantiert (▶ Abb. 2). Der Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass nur eine geringe Menge Limbusgewebe als Ausgangsmaterial benötigt wird. Dadurch verringert sich die Gefahr einer durch extensive Gewebeentnahme induzierten LSZI am Spenderauge. Die Methode ist besonders dazu geeignet, um Patienten mit unilateraler kompletter LSZI mit autologen Zellen zu behandeln. Die Behandlung von Patienten mit bilateraler LSZI ist mit diesem Verfahren dann möglich, wenn beim Patienten an mindestens einem Auge nur eine partielle LSZI vorliegt und noch ein ausreichender nicht betroffener Anteil des Limbus zur Biopsieentnahme vorhanden ist. Ebenso, wie bei der Limbusgewebetransplantation ist bei einem Mangel an autologem Material, z. B. in bilateralen Fällen, auch die Verwendung von allogenen Gewebebiopsaten von lebenden oder postmortalen Spendern zur Anlage von Zellkulturen möglich.

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Diverse Protokolle zur Ex-vivo-Expansion von SPZs des Augenoberflächenepithels wurden in den letzten 20 Jahren entwickelt. Sowohl die Kultivierung als auch die Expansion limbaler SPZs in unterschiedlichen Kultursystemen wurden dabei eingehend erforscht. Die Variationen der in der Literatur beschriebenen Kulturprotokolle betreffen u. a. folgende Aspekte: die Aufbereitung der Gewebebiopsie als Explant- oder Suspensionskultur, den Einsatz von xenobiotischen Komponenten, wie Feeder-Zellen, unterschiedliche Kulturmedien und Trägersubstrate für die Zellen und den Differenzierungsgrad der Zellen vor der Transplantation [24– 28]. Einige Kulturprotokolle wurden in die klinische Anwendung zur Behandlung von LSZI übertragen. Betrachtet man diese Techniken, für die ausreichend klinische Daten zur Bewertung der Wirksamkeit vorliegen, so sind vor allem 2 Kultivierungsverfahren zu nennen: die Expansion in Kokultur mit Mausfibroblasten (meist 3T3-Feeder-Zellen) auf Fibrinkleber als Trägermatrix oder die Expansion der Limbusepithelzellen auf Amnionmembran.

Expansion in Kokultur Das Verfahren wurde von Pellegrini et al. publiziert und klinisch angewandt [29–31]. Es beruht darauf, die SPZs in Kokultur mit 3T3-Feeder-Zellen zu expandieren und anschließend zu transplan-

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tieren [29]. Für diese Methode liegen aussagefähige klinische Daten eines ausreichend großen Patientenkollektivs vor. Dabei wurde mit der Technik, bei Verwendung von autologem Material, eine Rate von 66–76 % erfolgreichen Rekonstruktionen verzeichnet [30, 31]. Dem Verfahren wurde 2015 als erster stammzellbasierter Therapie (sog. Advanced therapeutical medical Product = ATMP) in Europa eine vorläufige Genehmigung der European Medical Agency erteilt [32, 33]. Ein möglicher Schwachpunkt bei der Ex-vivo-Kultivierung limbaler Zellen ist die Verwendung xenobiotischer Komponenten, wie Serum aus Rindern oder murinen Feeder-Zellen. Diese bergen das generelle Risiko einer Übertragung von Zoonosen oder auch immunologischer Abwehrreaktionen des Empfängers. Letztere können sich direkt auf das Überleben des transplantierten Limbusepithels auswirken. Um dieses Risiko zu minimieren, sind Sicherheitsstandards für die jeweiligen Komponenten einzuhalten. In den bisher veröffentlichen klinischen Studien wurde von keinerlei negativen Reaktion aufgrund von xenobiotischen Zusätzen im Kulturprotokoll berichtet [31, 34]. Für eine weitere Reduktion potenzieller Risiken ist der weitestmögliche Verzicht auf bzw. Ersatz solcher Bestandteile anzustreben, bspw. durch die Verwendung von autologem Serum des Patienten anstelle von Serum tierischer

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▶ Abb. 2 Schematischer Ablauf der Rekonstruktion einer Augenoberfläche mit Limbusstammzellinsuffizienz mithilfe von ex vivo expandierten Zellen.

Herkunft und der Anwendung von Kulturprotokollen ohne FeederZellen [34, 35].

Kultivierung auf humaner Amnionmembran Die Verwendung der Kombination von limbalen SPZs und Amnionmembran zur Oberflächenrekonstruktion bei LSZI wurde zuerst von Tsai et al. im Jahre 2000 publiziert [36]. Die Zellen werden bei dieser Methode auf der Membran expandiert und zusammen mit dieser als Trägermaterial auf die betroffene Augenoberfläche transplantiert. Amnionmembran als Trägermaterial zeigte sich dabei geeignet, die limbalen SPZs zu expandieren, ohne dass der Stammzellcharakter der Zellen beeinträchtigt wird [36, 37]. Die Methode wird seit nunmehr 15 Jahren in der Klinik verwendet. Somit liegen genügend klinische Befunde vor, um eine Bewertung vornehmen zu können. Die publizierten Ergebnisse des Follow-ups zeigen, dass die Methode eine funktionale Rekonstruktion des Korneaepithels bewerkstelligen kann. Ähnlich wie bei der Limbustransplantation ist der Behandlungserfolg besser, wenn autologe anstelle allogener Zellen übertragen werden, sodass diese Option nach Möglichkeit gewählt werden sollte [38]. In einer retrospektiven Studie der Ergebnisse von Transplantationen autologen Gewebes aus unserem Hause, die an 64 Augen über einen mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 50 Monaten vorgenommen wurde, zeigte sich eine vollständig und partiell rekonstruierte stabile Augenoberfläche in 75,4 % der untersuchten Fälle. Eine Verbesserung des Visus wurde in 65 % der behandelten Augen verzeichnet, wobei Patienten mit präoperativ stark eingeschränktem Visus am meisten profitierten. Aus den ermittelten Daten war zudem erkennbar, dass der Ätiologie der LSZI ein Einfluss auf das klinische Ergebnis zukommt. So konnten hohe Erfolgsraten bei der Rekonstruktion der Augenoberfläche bei Patienten mit Verätzungen beobachtet werden, während z. B. bei den Verbrennungen keine erfolgreiche Rekonstruktion erreicht wurde [39]. Dieser Umstand betont die Notwendigkeit, in jedem Fall die Ätiologie der Erkrankung bei der Auswahl der Behandlungsmethode zu berücksichtigen. Für einen optimalen Erfolg ist auch ein effizientes Management von etwaigen Komplikationen erforderlich [40]. Die Protokolle zur Expansion und Transplantation von Limbusepithel auf Amnionmembran werden weiterhin optimiert. Ziel ist es, dabei die Überlebensrate der Limbusepithelien zu steigern, xenobiotische Risiken zu minimieren und die Wirksamkeit der Methode zu optimieren.

Einsatz von Keratoprothesen Zur Behandlung der LSZI stellen künstliche Keratoprothesen eine mögliche Option dar. Diese bieten die Möglichkeit einer visuellen Rehabilitation des Patienten. Eine Rekonstruktion der regulären Augenoberfläche findet aber nicht statt. Im Gegensatz zur Transplantation von allogenem Spendermaterial, wie Limbusgewebe oder expandierten Zellen, kann bei der Anwendung von Keratoprothesen auf HLA-typisiertes Spendergewebe sowie Immunsuppression i. d. R. verzichtet werden. Keratoprothesen bieten sich daher besonders für Patienten an, bei denen autologes oder immunologisch kompatibles Spendermaterial nicht verfügbar ist

und/oder eine Immunsuppression nicht möglich. Da die Anwendung von Keratoprothesen einen komplexen Eingriff bedeutet, der eine mitunter langwierige Nachsorge benötigt, empfiehlt es sich, deren Einsatz als letztes Mittel für Patienten zu reservieren, bei denen alle anderen Behandlungsoptionen erfolglos blieben. Zur Therapie der LSZI wurden in der klinischen Anwendung verschiedene Modelle verwendet [41]. Davon wurden bislang 2 Modelle in einem größeren Umfang und über längere Zeiträume eingesetzt, sodass entsprechende Daten zur Bewertung der Wirksamkeit vorliegen. Dabei handelt es sich um die Osteoodontokeratoprothese, (OOKP) und die Boston-Keratoprothese (BKP) [41]. Bei der Technik der OOKP wird die Keratoprothese vollständig in die Augenoberfläche integriert. Dazu wird mithilfe einer autologen Knochenlamina aus der Zahnwurzel eines einwurzeligen Zahnes ein Träger für einen optischen Zylinder aus Kunststoff (Polymethylmethacrylat = PMMA) generiert und zentral in das Auge eingesetzt. Zum Schutz dieses Komplexes wird Schleimhaut, meistens Mundschleimhaut, zur Deckung der Bindehaut verwendet [41, 42]. Die OOKP wurde bereits 1963 beschrieben und in der Folgezeit weiterentwickelt und eingesetzt. Die verfügbaren Langzeit-Follow-up-Daten an großen Patientenkollektiven zeigen eine sehr gute Verträglichkeit und Visusbesserung. In einer Studie von Falcinelli et al. an 224 Augen wurde eine Überlebensrate von 80 % und eine stabile Retention des bestkorrigierten Visus von 55 % nach 18 Jahren festgestellt [42]. Daraus ist ersichtlich, dass mit der OOKP insgesamt sehr gute klinische Ergebnisse zur Behandlung der LSZI erreicht werden können. Die OOKP ist allerdings logistisch sehr aufwendig und wird daher eher für die Behandlung schwerer trockener Augen empfohlen. Die BKP ist die am häufigsten eingesetzte Keratoprothese. Es handelt sich dabei um ein aus mehreren Komponenten zusammengesetztes Konstrukt. Das Zentrum bildet ein aus PMMA gefertigter optischer Zylinder. Dieser wird in eine humane Hornhaut als physiologisches Trägermaterial eingeklemmt und dann mit einer Metallplatte mit mehreren Perforationen befestigt. Als Fixierung wird ein Ring aus Titan verwendet. Es werden 2 Subtypen unterschieden: der Typ 1, der für Augen mit feuchter Oberfläche gedacht ist und der Typ 2, der für den Einsatz in sehr trockenen Augen vorgesehen ist. Die bislang publizierten Daten zur Wirksamkeit der BKP bei der Behandlung der LSZI zeigen, dass diese eine zuverlässige Behandlungsoption besonders für Hochrisikoaugen darstellt [43, 44].

Neue Entwicklungen: alternative Zellpopulationen und Trägermaterialien In Fällen bilateraler kompletter LSZI ist die Entnahme autologer limbaler Epithelzellen nicht möglich. Für die Behandlung solcher Patienten werden Alternativen benötigt. Dazu wurde in den letzten Jahren eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansätze beschrieben. So wurde die Verwendung allogener Zellen, wie Amnionepithelzellen, oder embryonaler Stammzellen evaluiert. Embryonale Stammzellen (ESZ) könnten ein potenzieller Ersatz für limbale SPZs sein. Sie wurden in In-vitro-Arbeiten erfolgreich in korneaepithelähnliche Zellen differenziert [45, 46]. Erste Versuche mit einem Konstrukt aus so differenzierten ESZ und azellulärem porcinem Stroma im Tiermodell zeigten das Potenzial zur Behandlung

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„proof of principle“ für ein solches Protokoll wurde von Kolli et al. publiziert [56], allerdings stehen noch keine ausreichenden klinischen Daten zur Bewertung dieses Protokolls zur Verfügung. Die verbreitetsten Trägermaterialien für die Kultur und Transplantation von limbalen SPZs sind Amnionmembran und Fibrin. Beide Materialien sind in der Lage, die stammzelltypischen Eigenschaften der Zellen zu erhalten und funktionale Gewebekonstrukte herzustellen. Die Verwendung von Amnionmembran birgt trotz guter Resultate und dem Fehlen von Abwehrreaktionen der Empfänger das generelle Risiko von Krankheitsübertragungen. Ebenso handelt es sich um ein nicht standardisiertes Produkt, sodass Schwankungen in der Wirksamkeit auftreten können. Aufgrund dessen wurden verschiedene alternative Trägermaterialien evaluiert. Dazu zählen synthetische Materialien, wie Kollagenfolien oder Seidenproteine. Bislang wurde keine dieser Optionen einer klinischen Anwendung zugeführt, sodass trotz ausreichender Invitro-Ergebnisse keine einsatzfähige Alternative zu den bisherigen Materialien gefunden werden konnte. Zusammenfassend bieten die derzeit zur Behandlung der LSZI vorliegenden Methoden eine breite Auswahl an Optionen zur erfolgreichen Behandlung. Die Wahl der optimalen Vorgehensweise entscheidet sich nach dem individuellen Fall.

Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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von LSZI [47]. Der Nachteil bei der Verwendung von ESZ liegt zum einen darin, dass ihr Einsatz ethisch umstritten und juristisch restriktiv gehandhabt wird, zum anderen ist zu bedenken, dass sie als allogenes Spendermaterial unerwünschte immunologische Reaktionen auslösen können. Da der Einsatz autologen Materials die Erfolgsaussichten bei der Oberflächenrekonstruktion deutlich erhöht, wurde im Rahmen des Tissueengineerings die Verwendung alternativer Zellpopulationen aus autologen Quellen zur Oberflächenrekonstruktion untersucht. Diese alternativen Zellen sollten idealerweise 2 Voraussetzungen erfüllen: zum einen sollen sie eine funktionale Rekonstruktion der Augenoberfläche ermöglichen, zum anderen sollen sie leicht zugänglich und in vitro expandierbar sein. Zu den publizierten möglichen Alternativen, die diese Voraussetzungen erfüllen, zählen die Verwendung von adulten Stammzellen anderer Lokalisation, so wie bspw. Haarfollikelzellen oder Stammzellen oder Mundschleimhautzellen [48–50]. Es hat sich dabei gezeigt, dass viele dieser Zellen in der Lage sind, einen kornealen, epithelialen Phänotyp auszubilden. Dazu ist es mitunter ausreichend, wenn die Zellen, wie z. B. Haarfollikelzellen, ebenfalls epitheliale Stammzellen, in eine Mikroumgebung ähnlich jener der Stammzellnische oder der Augenoberfläche eingesetzt werden. MeyerBlazejewska et al. demonstrierten in einer 2011 veröffentlichten Studie, dass mit expandierten Haarfollikelzellen mit kornealem Phänotyp eine erfolgreiche Oberflächenrekonstruktion bei LSZI möglich ist [48]. Mit Ausnahme der Mundschleimhautzellen sind die meisten Ansätze mit den hier beschriebenen alternativen Zellen bislang nicht in einer konkreten klinischen Anwendung verwirklicht worden, sondern bewegen sich auf dem Stand der Grundlagenforschung. Von daher sind keine abschließenden Bewertungen zur Wirksamkeit der Methoden möglich. Aus kultivierten Mundschleimhautzellen hergestellte Gewebekonstrukte sind bereits zur Rekonstruktion einer beschädigten Augenoberfläche an Patienten angewendet worden und stellen womöglich eine vielversprechende Alternative zu limbalen SPZs dar. Mundschleimhautzellen besitzen Eigenschaften, die sie als Ausgangsmaterial für die Rekonstruktion besonders geeignet erscheinen lassen. Sie sind gut zugänglich, haben ein hohes proliferatives Potenzial und lassen sich lange in Kultur halten. Im Jahre 2003 wurden erstmals Protokolle zur Generation von Gewebekonstrukten aus Mundschleimhautzellen von Nakamura et al. veröffentlicht [49, 50]. Kurze Zeit später erfolgte der erste Einsatz am Patienten. Dabei zeigten sich in der Nachbeobachtung Erfolgsraten zwischen 43 und 67 % bezogen auf den bestkorrigierten Visus [52–55]. Die längsten Follow-up-Zeiten lagen bei bis zu 90 Monaten. Diese Daten lassen die Transplantation von kultivierten Mundschleimhautzellen zur Oberflächenrekonstruktion geeignet erscheinen, die publizierten Erfolgsraten sind allerdings niedriger als bei der Verwendung von expandierten Limbusepithelzellen. Wie bei der Kultur limbaler SPZs besteht durch die Verwendung xenobiotischer Komponenten, wie 3T3-Zellen oder tierisches Serum, auch bei den Kulturprotokollen für Mundschleimhautzellen die potenzielle Gefahr einer Übertragung von Zoonosen sowie eines Auftretens von immunologischen Reaktionen. Um diese Gefahr zu minimieren, wird auch hier die Verwendung von Protokollen, die auf nicht humane Komponenten verzichten, empfohlen. Entsprechende Arbeiten wurden unternommen. Ein

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Die Behandlung der Limbusstammzellinsuffizienz (LSZI) stellt eine Herausforderung in der Augenheilkunde dar. Es handelt sich um eine Störung der Augen...
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