Originalien HNO 2014 · 62:813–817 DOI 10.1007/s00106-014-2914-5 Online publiziert: 11. Oktober 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Redaktion

P.K. Plinkert, Heidelberg B. Wollenberg, Lübeck

G. Mühlmeier1 · R. Hausch1 · A. Arndt2 · K. Kraft2 · B. Danz3 · H. Maier1 1 Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm 2 Institut für Pathologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm 3 Institut für Radiologische Diagnostik, Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Respiratorische epitheliale adenomatoide Hamartome der Nase und der Nasennebenhöhlen Seltene Differenzialdiagnose   der Polyposis nasi

In kontinental geprägten Regionen Mitteleuropas ist die nasale bzw. sinunasale Polyposis ein häufiges Krankheitsbild, das häufig operative Eingriffe erforderlich macht. Gelegentlich werden intraoperativ oder bei der histopathologischen Aufarbeitung tumoröse Läsionen diagnostiziert, die präoperativ nicht aufgefallen waren. Dabei handelt es sich in erster Linie um invertierte Papillome und im Frühstadium befindliche Adenokarzinome [20]. Außerordentlich selten werden Hamartome diagnostiziert [17]. Diese benignen Läsionen werden in seromuzinöse Hamartome (SMH) und respiratorische epitheliale adenomatoide Hamartome (REAH) unterteilt. Im Gegensatz zum SMH, das meist im Bereich der hinteren Septumabschnitte und des Nasopharynx auftritt, manifestiert sich das REAH vorwiegend am Nasenseptum, der seitlichen Nasenwand, den Nasenmuscheln, den Nasennebenhöhlen (NNH) und dem Nasopharynx. Das durch Wenig und Heffner [23] im Jahr 1995 erstmals als eigene Entität in der Nasenregion beschriebene REAH tritt bevorzugt bei Männern und mit einem Altersgipfel in der 6. Lebensdekade auf. Makroskopisch imponieren REAH als derbe Raumforderungen mit oftmals glatter, gelegentlich auch exophytischer Oberfläche. Feingeweblich finden sich glanduläre Proliferationen mit verdickter Basalmembran, umsäumt von mehrschichtige Zilien tragendem respiratorischem Epithel. Häufig werden Stromaödeme und

inflammative Begleitprozesse beschrieben, die eine Abgrenzung zu entzündlichen Nasenpolypen erschweren können. Immunhistochemisch lassen sich Zytokeratin 7 (CK7) in den Zellen des Zilien tragenden Epithels und das p63-Gen sowie Keratine mit hohem Molekulargewicht in den Basalzellen nachweisen [9]. Über die Epidemiologie, Ätiologie und das klinische Verhalten dieser Tumoren ist aufgrund der vergleichsweise seltenen Manifestation im Bereich der Nasen- und NNH-Schleimhaut bislang nur wenig bekannt. Da es sich bei REAH um benigne Läsionen handelt, besteht die Therapie der Wahl in der vollständigen Entfernung. Diese erfolgt einerseits zur Sanierung und andererseits zur histopathologischen Klärung mit Ausschluss einer tumorösen Raumforderung im Sinne von Papillomata oder gut differenzierten Adenokarzinomen [8, 17, 13, 18, 22]. Rezidive nach vollständiger Resektion wurden bislang nicht beschrieben [12, 22]. Es bleibt weiterhin unklar, warum und wodurch eine Proliferation ortsständigen Gewebes im Lauf des Erwachsenenalters induziert wird und ob REAH im weiteren Verlauf eine Vorstufe möglicherweise maligner Prozesse, beispielsweise eines Adenokarzinoms, darstellen können.

Material und Methoden Im Zeitraum von Januar 2003 bis Dezember 2012 wurden in der Klinik für HalsNasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses (BwKrhs) Ulm insgesamt 8145 Operationen wegen entzündlicher Prozesse oder tumoröser Raumforderungen im Bereich der Nase und NNH durchgeführt. Über das Archiv der Abteilung Pathologie des BwKrhs Ulm wurde analysiert, wie häufig und bei welchen Patienten in den hierbei entnommenen Geweberesektaten REAH diagnostiziert wurden. Anhand der Krankenakten und eines Interviews der betroffenen Patienten wurden das Alter bei Diagnosestellung, das Geschlecht, die klinischen Beschwerden (Nasenatmungsbehinderung, Sinusitisschübe, Rhinorrhö und frontale bzw. infraorbitale Zephalgien) sowie der postoperative Verlauf erfasst. Außerdem wurden die präoperativ in allen Fällen angefertigte native Computertomographie (CT; . Abb. 1) der Nasen- und NNH-Region sowie der histopathologische Befund (Art der Läsion, Größe, Lokalisation und Umgebungs- bzw. Begleitreaktion; . Abb. 2) analysiert. Zusätzlich wurde aus den archivierten Paraffinblöckchen Tumorgewebe entnommen und mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) auf humane Papillomaviren (HPV) untersucht. Die Bestimmung HNO 11 · 2014 

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Originalien einer Sinusitis, bei 8 (36,4%) aus Rhinor­ rhö und bei 5 (22,7%) aus häufigen oder persistierenden frontalen bzw. infraorbitalen Zephalgien.

Diagnostik

Abb. 1 8 Computertomographie der NNH in Nativtechnik. Patientin (68 Jahre) mit Polyposis nasi und REAH, ausgehend von der rechten mittleren Nasenmuschel

erfolgte mit dem CE-zertifizierten HPV Typing Kit RBD 2080 der Fa. AID (Autoimmun Diagnostika GmbH, Strassberg). Dieser Test beinhaltet neben einer Konjugat- und einer Positivkontrolle die Mischung der HPV-Viren (HPV poly), der Hochrisiko-HPV (HPV HR), der Niedrigrisiko-HPV (HPV LR), der Hochrisikoviren der 30er-Gruppe (HPV 30er, enthält HPV 31, 33, 35 und 39) und der 50erGruppe (HPV 50er, enthält HPV 51, 52, 53, 56, 58 und 59) sowie im Einzelnachweis HPV 6 und 11 sowie die kanzerogenen Hochrisikoviren HPV 16, 18 und 45 [4, 21]. Die Auswertung der Daten erfolgte deskriptiv mit Darstellung von Medianen und 5- bzw. 95%-Konfidenzintervallen. Im Falle stetiger Merkmale wurden Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet.

Ergebnisse Im Kollektiv der 8145 untersuchten Fälle fanden sich 22 Patienten, bei denen ein REAH diagnostiziert wurde (0,027%). Es handelte sich dabei um 20 Männer und 2 Frauen im Alter von 31–74 Jahren (Median: 57,5 Jahre).

Klinik Die Hauptbeschwerden, die Patienten mit einem REAH in ärztliche Behandlung und letztlich zur Operation führten, bestanden bei 20 Patienten (90,9%) aus einer Nasenatmungsbehinderung, bei 18 (81,8%) aus rezidivierenden Schüben

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Im Rahmen der präoperativen Untersuchung fielen bei der Nasenendoskopie bei 15 der 22 Patienten (68,2%) Polypen in der Nasenhaupthöhle auf. Die präoperative Bildgebung in Form einer routinemäßig angefertigten nativen CT der NNH zeigte bei allen Patienten typische Zeichen einer Weichteilschwellung im Bereich der NNH. Bei 16 (72,7%) lag eine Teilverlegung und bei 2 Patienten (9,1%) eine Komplettverlegung der Nasenhaupthöhle(n) durch eine polypöse Schleimhautschwellung vor. Bei 2 Patienten stellten sich kalkdichte Strukturen in der Kieferhöhle bzw. im Siebbein dar. Radiologischerseits wurde in keinem Fall der Verdacht auf ein REAH oder eine sonstige Tumormanifestation gestellt. Aufweitungen der Riechrinne waren nicht sichtbar. Intraoperativ fanden sich die Hamartome bei 12 Patienten im Siebbein, bei 8 Patienten im mittleren Nasengang bzw. im Bereich des Infundibulums und bei 2 Patienten in der Riechrinne.

Histologie Die makroskopische und histologische Auswertung ergab Gewebe von derber Konsistenz in einer Größe von 4–25 mm im größten Durchmesser mit homologem Gewebe ohne Anhalt für Dysplasien bzw. Malignität. In keiner der 22 Proben wurde HPV-DNS nachgewiesen. Die histopathologische Aufarbeitung des Materials zeigte in 22 Fällen neben einer chronischen Sinusitis mit typischen Zeichen von ödemsklerotischem Stroma, verdickter, hyalinglasartig verbreiterter Basalmembran und Becherzellhyperplasie ein respiratorisches, epitheliales adenomatoides Hamartom (REAH). Zwei dieser Patienten wiesen intraläsionale Retentionszysten auf und ein weiterer Patient deutliche Inflammationszeichen von Stroma und Hamartomgewebe. In den restlichen 19 Fällen war das histologische Bild der Hamartome weitgehend homogen. Das mittlere Volumen

der Hamartome lag bei 3,7 ml (Standardabweichung, SD: 4,0 ml) und einem Median von 2,15 ml (95%-KI: 1,7 ml). Der Ursprungsort der Hamartome war bei 12 Patienten im Siebbein (54,5%), bei 8 im mittleren Nasengang (36,4%) bzw. am Infundibulum und bei 2 Patienten in der Riechrinne (9,1%) lokalisiert.

Verlauf In der Nachbeobachtungszeit, die im Mittel 68 (±30) Monate (minimal 21 bis maximal 128) betrug, konnte klinisch bei keinem Patienten ein Rezidiv eines Hamartoms gesichert werden. Drei Patienten wiesen Polypenrezidive nach 1–4 Jahren auf, die zur erneuten Operation führten. Bei 3 Patienten wurde im weiteren Verlauf eine Intoleranz gegenüber ASS diagnostiziert und mit einer adaptiven Desaktivierung behandelt.

Diskussion Respiratorische epitheliale adenomatoide Hamartome (REAH) sind seltene benigne Raumforderungen der Nase und der NNH, die in unserem Patientengut bei durchschnittlich jeder 370. NNH-Operation im resezierten Gewebe diagnostiziert wurden. Dies entspricht einer Häufigkeit von 0,27%. Betrachtet man die internationale Literatur zu dieser Fragestellung, so zeigt sich, dass neben Fallberichten [1, 2, 3, 5, 7, 10, 11, 14, 15, 16, 18, 19] in den meisten Publikationen die Inzidenz ebenfalls mit unter 1% angegeben wird [9, 12, 13, 23]. Lediglich Vira et al. [22] beschrieben in den Resektaten aus bei 3120 NNH-Operationen in Los Angeles, USA, eine deutlich höhere Rate von 1,7% an REAH. Ausgehend von 50.000–60.000 Eingriffen an den Nasenebenhöhlen in Deutschland pro Jahr und einer Häufigkeit von 0,27% wären somit etwa 150 Hamartome der Nase und der NNH zu erwarten. Dies entspricht einer Jahresprävalenz von etwa 0,2 pro 100.000 Einwohner. Die späte Erstbeschreibung der REAH im Jahre 1995 durch Wenig und Heffner [23] und die bislang eher geringe Anzahl an Publikationen weltweit dürfte verschiedene Gründe haben. Einerseits treten REAH insgesamt selten auf. Andererseits gibt es klinisch keine spezifischen

Zusammenfassung · Abstract HNO 2014 · 62:813–817  DOI 10.1007/s00106-014-2914-5 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 G. Mühlmeier · R. Hausch · A. Arndt · K. Kraft · B. Danz · H. Maier

Respiratorische epitheliale adenomatoide Hamartome der Nase und der Nasennebenhöhlen. Seltene Differenzialdiagnose der Polyposis nasi Zusammenfassung Einleitung.  Hamartome sind benigne tumorartige Gewebeveränderungen, die aus fehlerhaft differenziertem Keimgewebe entstehen und sich im Bereich verschiedener Organsysteme manifestieren können. In der Nasenhaupthöhle und den Nasennebenhöhlen (NNH) sind diese Läsionen selten. Bislang liegen nur wenige Informationen zur Ätiologie, Epidemiologie und Klinik dieser Tumoren vor. Methodik.  In einer retrospektiven Untersuchung am Krankengut der Klinik für HNOHeilkunde/Kopf- und Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses (BwKrhs) Ulm wurden Inzidenz und klinisches Verhalten respiratorischer epithelialer Hamartome (REAH) der Nase und der NNH untersucht. Darüber hinaus wurden formalinfixierte paraffineingebettete Gewebeproben nachbegutachtet und mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) auf das Vorliegen von Desoxyribonukleinsäure (DNS) humaner Papillomaviren (HPV) untersucht.

Ergebnisse.  Es wurden Gewebeproben aus 8145 Eingriffen, die im Zeitraum von 2003 bis Dezember 2012 an Nase und NNH durchgeführt wurden, in die Studie einbezogen. Hierbei wurden 22 Patienten (3 Frauen, 19 Männer; mittleres Alter: 57,5 Jahre), bei denen ein REAH diagnostiziert wurde, identifiziert. Hauptbeschwerden waren Nasenatmungsbehinderung (91%), sinusitische Beschwerden (82%), Rhinorrhö (36%) und Zephalgien (23%). Die Nasenendoskopie zeigte bei 68% der Betroffenen eine Polyposis nasi. In der nativen Computertomographie (CT) der NNH wurde bei keinem der Patienten der Verdacht auf ein REAH gestellt. Intraoperativ fanden sich die Hamartome bei 12 Patienten im Siebbein, bei 8 Patienten im mittleren Nasengang bzw. im Infundibulum und bei 2 Patienten in der Riechrinne. Die makroskopische und histologische Auswertung ergab Gewebe von derber Konsistenz in einer Größe von 4–25 mm im größten Durchmesser mit homologem Gewebe ohne Anhalt für

Dysplasien bzw. Malignität. HPV-DNS wurde in keinem Fall nachgewiesen. Diskussion.  REAH der Nase und der NNH sind seltene ortsständige benigne Gewebsläsionen. Im Regelfall finden sich keine Hinweise auf Proliferationsautonomie. Die klinischen Symptome und Befunde entsprechen weitgehend denen einer Pansinusitis polyposa. Lediglich bei Lokalisation nur auf einer Seite bzw. in der Riechrinne liefert die CT Hinweise auf eine tumoröse Raumforderung. Zur Abgrenzung echter Neoplasien ist eine operative Entfernung inklusive histopathologischer Klärung indiziert. Therapeutisch ist nach bisherigen Kenntnissen die vollständige chirurgische Resektion ausreichend. Schlüsselwörter Hamartom · Neoplasien · Nasenhöhle ·   Nasennebenhöhlen · Nasenpolypen

Respiratory epithelial adenomatoid hamartoma of the nose and nasal sinuses. A rare differential diagnosis of nasal polyposis Abstract Introduction.  Hamartomas are benign tumor-like lesions resulting from incorrectly differentiated germplasm and can manifest in different organ systems. In the nasal cavity and the sinuses these lesions are rare. Only few data on etiology, epidemiology and clinical significance of these tumors exist to date. Materials and methods.  In a retrospective study, material from patients treated in the Clinic for Otorhinolaryngology, Head and Neck Surgery of the Ulm Military Hospital was screened on the incidence and clinical courses of respiratory epithelial adenomatoid hamartomas (REAH) of the nose and nasal cavity. Furthermore, for cases of REAH, formalin-fixated paraffin-embedded tissue samples were re-evaluated and examined for human papillomavirus (HPV) DNA by PCR.

Symptome für dieses Krankheitsbild. In vielen Fällen erfolgt keine umfassende Aufarbeitung resezierter Nasenpolypen. Ferner kann gelegentlich die histopathologische Differenzialdiagnose zu einer gewöhnlichen polypösen Sinusitis schwierig sein [8]. Auch im vorliegenden Kollektiv

Results.  Tissue samples from 8145 surgical interventions on the nose and nasal sinuses from 2003 to 2012 were included. A total of 22 patients (3 female, 19 male; median age 57.5 years) diagnosed with REAH could be identified. Major complaints were nasal blockage (91%), sinusitis (82%), rhinorrhea (36%) and cephalgia (23%). Nasal endoscopy showed polyps in 68% of patients. Native nasal sinus CT scans revealed no indications of REAH. Intraoperatively, hamartomas were found in 12 patients originating from the ethmoid bone, in 8 from the middle meatus or infundibulum and in 2 from the olfactory cleft. Macroscopic and histological examination showed compact lesions sized between 4 and 25 mm in the largest diameter containing homologous tissue, without signs of dys-

war in 3 Fällen die Abgrenzung durch intraläsionale Zysten oder Inflammationszeichen erschwert. Hinsichtlich der Geschlechts- und Altersprävalenz stimmen die Ergebnisse unserer Studie gut mit den bislang publizierten Daten überein. So zeigte sich ein

plasia or malignancy. HPV DNA was not identified in any case. Conclusion.  REAH of the nasal cavity and sinuses are rare benign local tissue lesions, usually without any autonomous proliferation. Clinical signs and findings correspond to those in polypoid pansinusitis. Only with single-sided or olfactory cleft location might CT scans provide indication of a tumorous lesion. For differentiation from true neoplasms, surgical resection and histopathological clarification is indicated. On the basis of current knowledge, complete surgical resection is adequate therapy. Keywords Hamartoma · Neoplasms · Nasal cavity ·   Paranasal sinuses · Nasal polyps

deutliches Überwiegen der männlichen Patienten, und der Altersdurchschnitt lag bei fast 60 Jahren [9, 13, 22, 23]. Unterschiede fanden sich hinsichtlich der Lokalisation der Hamartome. Während in der Literatur 80% in den Sinus [22] und 70% am Nasenseptum [23] beschrieben wurHNO 11 · 2014 

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Originalien

Abb. 2 9 Histologisches Bild eines respiratorischen epithelialen adenomatoiden Hamartoms eines 48-jährigen Patienten   (a HE, Vergr. 1:2,5. b HE, Vergr. 1:40)

den, fanden sich in der vorliegenden Studie 55% der REAH in sinusaler und 45% in nasaler Lokalisation. In der nativen CT-Diagnostik, die bei NNH-Eingriffen operationsvorbereitend obligatorisch durchgeführt wird, ergaben sich keine direkten Anhaltspunkte für Hamartome. In keinem einzigen Fall wurde seitens des befundenden Radiologen präoperativ die Verdachtsdiagnose eines Hamartoms geäußert. Vielmehr sind die Befunde in der Bildgebung pathognomonisch für eine Pansinusitis polyposa. Dies deckt sich weitgehend mit den Erfahrungen von Hawley et al. [8], die lediglich bei einer Aufweitung von mehr als 10 mm der mit Weichteilen verlegten olfaktorischen Spalte einen Hinweis auf das Vorliegen eines REAH sehen. Allerdings muss diese Aussage mit Vorsicht gewertet werden, zumal auch anderweitige intranasale Raumforderungen differenzialdiagnostisch in einem derartigen Fall zu erwägen sind. Die in 2 unserer Fälle beschriebenen Verkalkungsformationen können differenzialdiagnostisch auf Kieferhöhlenfremdkörper nach Zahnwurzeleingriffen oder auf Pilzformationen hinweisen und haben keinen direkten Bezug zu den REAH. Über die Ätiologie der REAH ist wenig bekannt. Bislang konnten keine Risikofaktoren identifiziert werden. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde die Frage untersucht, ob humane Papillomaviren möglicherweise ursächlich beteiligt sein könnten. Letzteres konnte zumindest für die meisten bislang bekannten HPV ausgeschlossen werden. Interessant ist die Beobachtung, dass Mastzellen signifikant häufiger in REAH vorkommen und REAH nicht selten mit einer Po-

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lyposis einhergehen [6]. Möglicherweise könnte die klinische Manifestation dieser benignen Raumforderung bei genetisch determinierter Prädisposition durch mastozytäre Entzündungsmediatoren forciert werden. Aus therapeutischer Sicht ist davon auszugehen, dass die komplette chirurgische Entfernung den Goldstandard darstellt. Lee et al. [12] und Vira et al. [22] beschrieben lediglich 2 Rezidive in einem Kollektiv von insgesamt 54 Patienten bei einer Nachbeobachtungszeit von 2,3 respektive 3,8 Jahren. Letztere konnten durch eine erneute Resektion gut beherrscht werden. Im Ulmer Patientenkollektiv wurde bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,7 Jahren kein Rezidiv diagnostiziert. Bislang ergaben sich keine Hinweise für eine maligne Entartung. Die Indikation zur operativen Therapie ergibt sich in erster Linie aus einer behinderten Nasenatmung oder rezidivierenden Sinusitiden aufgrund einer gestörten sinunasalen Drainage. Jedoch auch bei fehlenden Beschwerden sollte beim klinischen oder radiologischen Nachweis einer Raumforderung im Bereich der Nase und/oder der NNH zumindest eine histologische Klärung erfolgen, um schwerwiegende Erkrankungen die zumindest initial ebenfalls symptomarm imponieren können, wie z. B. Papillome und Low-grade-Adenokarzinome, auszuschließen.

Fazit für die Praxis F Hamartome sind in der Nase und den Nebenhöhlen selten vorkommende, benigne Raumforderungen ohne direkten Krankheitswert.

F Die zugrunde liegenden Ursachen sind weitgehend unbekannt. F Hinweise für eine HPV-bedingte Genese von sinunasalen REAH finden sich nicht. F Ähnlich wie entzündlich bedingte Polypen können REAH jedoch zu einer behinderten Nasenatmung und einer gestörten sinunasalen Drainage führen. F Sie werden häufig im Rahmen von NNH-Operationen bei der histopathologischen Aufarbeitung von Resektionspräparaten diagnostiziert. F Die Therapie der Wahl ist die vollständige chirurgische Entfernung. F Eine spezifische Nachbehandlung ist nicht erforderlich. F Die Prognose ist ausgezeichnet. F Eine maligne Entartung wurde bislang nicht beschrieben.

Korrespondenzadresse Dr. G. Mühlmeier Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,   Kopf- und Halschirurgie,   Bundeswehrkrankenhaus Ulm Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  G. Mühlmeier, R. Hausch, A. Arndt, K. Kraft, B. Danz und H. Maier geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.     Alle beschriebenen Untersuchungen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission der Universität Ulm (152/13), im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung von Oktober 2013) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.

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[Respiratory epithelial adenomatoid hamartoma of the nose and nasal sinuses : a rare differential diagnosis of nasal polyposis].

Hamartomas are benign tumor-like lesions resulting from incorrectly differentiated germplasm and can manifest in different organ systems. In the nasal...
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