MW Praxis-Forum
. 44, 2. November 1979, 104. Jg.
Aktuelle Diagnostik
'549
Redaktion: Prof. Dr. H. Hombostel, Hamburg Prof. Dr. W. Kaufmann, Köln Prof.. Dr. W. Siegenthaler, Zürich
Dtsch. med. Wschr. 104 (1979), 1549-1550
Zum Risiko von Angiographien in lokaler und allgemeiner Narkose
koserisiko bei relativ leichten Eingriffen,
zu denen auch die Angiographie zählt, zuungunsten der Narkose. Das methodische Risiko macht bis 50% des gesamten Narkoserisikos aus (8). Häufigste methodisch bedingte An-
V. Barth und K. H. Bräutigam
ästhesiezwischenfälle
Zentrairöntgeninstitut (Direktor: Prof. Dr. F. Heuck) und Abteilung fdr Anhisthesie (Direktor: Dr. K. H. Brilutigani) des Katharinenhspitals der Stadt Stuttgart
Bei einer Gefäßuntersuchung mit Kontrastmittel kann es zu Komplikationen von seiten der angiographischen Untersuchungstechnik, der allgemeinen oder der örtlichen Narkose kommen. Sie treten häufiger auf als bei Routineuntersuchungen der Gallenblase und der Nieren mit Kontrastmittel. Es besteht folgendes Letalitätsrisiko:
Doppelte.
Zu den Allgemeinreaktionen auf das Kontrastrnittel zählen Allergien auf das Kontrastmittelmolekül und nur bedingt
abhängiges Risiko. Das Letalitätsrisiko einer Allgemeinnarkose wird unterschiedlich angegeben, je nachdem, ob
oder kardialer vaskulärer Insuffizienz erhöht sich die Komplikationsrate auf das
auf das ¡n ihm abgeblockte Jod. Jodallergie bedeutet nicht unbedingt KonAllergische
Zwi-
19 Todesfälle auf 1000000 intravenöse Pyelographien, bis 21 Todesfälle auf 1000000 intravenöse Cholegraphien, bis 240 Todesfälle auf 1000000 Katheterangiographien.
schenfälle (Symptome an der Haut, den Schleimhäuten, am respiratorischen und kardiovaskulären System sowie am Zentralnervensystem) treten in 75% während oder wenige Minuten nach der Injektion auf. Hinsichtlich der untersuchten Organe bésteht folgendes Letalitäts-
Lokal-toxische Reaktionen des Kontrastmittels am Blutsystem können zu
risiko:
Gefäßthrombosen (6) oder Gerinnungsstörungen mit Nachblutungen (2) führen; an den Nieren können Insuffizienzerscheinungen (bis 12% [91) sowie Infarkte (2) vorkommen; am Herzen werden Rhythmusstörungen beobachtet, wobei Kammerflimmern extrem selten ist. Bei 12 367 Angiokardiographien werden schwere Komplikationen in 3,6% (Kammerflimmern, Koronardissektion, Koronarembolie, Myokardinfarkt, zerebrale Embolie, Schock, Perforation) und Todesfälle in 0,45% verzeichnet (2);
Angiokardiographie 1: 712 zerebrale Angiographie 1: 631 Aortographie mit Kathetertechnik 1: 4067 translumbale Aortographie 1: 3240.
Das Risiko schwerer, nicht tödlicher Reaktionen ist 15mal größer (2,5). Häufigste methodische Komplikationen sind Dissektion mit Gefäßverschluß, lokales Hämatom an der Punktionsstelle (2%),
thrombembolische Verschlüsse an der
am zentralen Nervensystem sind toxi-
Punktionsstelle (0,1 - 8%).
sche Reaktionen seltener, häufiger dagegen hypoxische. Leichte bis mittelgradige Nebenwirkungen werden bei der zerebralen Angiographie in 4-25% der Fäl-
größer, je geringer die Zahl angiographischer Untersuchungen einer Klinik und je unerfahrener der Untersucher ist.
le, schwere Reaktionen mit meist bleibenden Schäden (Hemiparese, Aphasie, Verschlechterung bestehender neurologischer Befunde, epileptische Anfälle, Blindheit) im Promillebereich bis zu wenigen Prozenten gesehen. Bel zerebraler 0012-0472/79
1102 - 1549
Verwechs-
Verletzung des Rachens und der Zähne durch Intubation, Zwischenfälle durch defekte Geräte, Komplikationen infOlge Wiederbelebungsmaßnahmen. Zu dem methodischen Risiko kommt ein »biolo-
trastmittelallergie.
bis
sind
lung von Medikamenten, Aspiration,
Das methodische Risiko ist um so
gisches«, vom Zustand des Patienten
sich die Komplikation ausschließlich
auf die Narkose (I : 15000) oder zusätzlich auf die folgendn 24 Stunden (1:6000) bzw. 30 Tage (1:536) bezieht (8).
Die häufigsten Todesursachen in Nar-
kose sind nach eigenen Erfahrungen Lungenembolien
und
Herzinfarkte.
Zahnschäden werden in einer Häufigkeit von 12 auf 16000 Untersuchungen beobachtet.
Risiken der Lokalanästhesie ergeben sich aus Reaktionen des Organismus auf
das Lokalanästhetikum sowie auf ein eventuell verabreichtes Sedativum. Lokalanästhetika können folgende Nebenreaktionen haben: Blockbildungen am Herzen (nicht mehr als 25 ml einer 1%igen Lösung injizieren!), erregen-
de Wirkung auf das Zentralnervensystem, allergische Reaktionen bis zum anaphylaktischen Schock. Unter 36 113 Leitungsanästhesien wurden 1,5% leichte und 0,3% schwere Reaktionen beobachtet. Das Letalitätsrisi ko schwankt
zwischen 1:13000 (1) und 1:200000
Hinsichtlich des Risikos einer Voll-
Die Komplikationen steigen im Quadrat der verwendeten Ariästhetikakonzentrationen an, sie treten 2 bis 30 Minuten nach der Injektion auf, also zu
narkose ist zwischen anästhesie- und
einem Zeitpunkt, zu dem bei der An-
angiographiebedingten Komplikationen
giographie auch das Kontrastmittel bereits im Körperkreislauf ist. Zwischen allergischen Reaktionen auf das Kontrastmittel und solchen auf das Lokal-
zu unterscheiden. Nicht jeder Tpd in Narkose bedeutet Tod an Narkose (7). Paradoxerweise verschiebt sich das Nar-
$ 02.00 © 1979 Georg Thieme Publishers
(4).
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© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Simon: Akuttherapie des unkomplizierten Herzinfarktes
anästhetlkum ist deshalb nur äußerst schwierig zu differenzieren. Bezüglich der Nebenwirkung von Se-
dativa sei erwähnt, daß zum Beispiel Diazepam (Valium®) bei sehr jungen und bei alten Patienten zu paradoxen Reaktionen mit Angstzusulnden führen kann. Auf eine Prämedikation ist deshalb zu verzichten.
Insgesamt ist das Risiko der Angiographie in Lokalanästhesie wesentlich geringer als in Aligemeinnarkose, weshalb die örtliche Narkose generell zu be-
vorzugen ist. Bei bekannter Kontrast-
mittelallergie empfiehlt sich jedoch eine Allgemeinnarkose, da anaphylaktische
Reaktionen weniger dramatisch ablaufen und besser zu beherrschen sind. Literatur (I) Bonica, J. J., D. C. Moore: Brachial plexus block anesthesia. Cure. Res. Anesth. 29 (1950), 241. Elke, M., A. Ferstl: Notfallsituationen In der Röntgendiagnostik (Thieme: Stuttgart 1974). Goldstein, A., A. S. Keats: The risk of anesthesia. Anesthesiology 33(1970), 130. Klllian, H. (l-Irsg.): Lokatanästhesie und Lokalanttsthetlka (Thieme: Stuttgart 1973). Lang, E. K.: Prevention and treatment of complications following arterlography. Radiology 88 (1967), 950.
Deutsche Medizinische Wochenschrift
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Privatdozent Dr. V. Barth Radiologisches Institut Dr. K. H. Bräutigam Abteilung für Anästhesie Katharinenhospital 7000 Stuttgart 1, Kriegsbergstr. 60
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