Archiv fi3r

Arch. Gyn/ik. 223, 55--74 (1977)

Gyn .kologie 9

J. F. Bergmann-Verlag1977

Die Uterusruptur Analyse von 42 F~illen der Jahre 1955 bls 1974

K.-H. Schlensker und A. Bolte Universit/its-Frauenklinik (Direktoren: Prof. Dr. R. Kaiser und Prof. Dr. A. Bolte), Kerpener Strai3e 34, D-5000 K61n 41 Rupture of the Uterus Analysis of 42 Cases of Rupture during the Years from 1955-1975 Summary. In the years 1955--1974, 42 ruptures of the uterus in 37,555 deliveries occured at the Universit/its-Frauenklinik K61n (B.R.D). The incidence of ruptures was one in 894 deliveries. By expansion of prenatal care, increase of hospital deliveries, and avoiding of violent vaginal delivery-methods, a decrease of rupture incidences, to one in 1160 deliveries, could be reached in the last 5 years. The influence of age, natality and interval between the childbirthes for frequency of rupture is discussed. The incidence of rupture in primiparae was 1 of 3418 deliveries out of multiparae 1 of 117 deliveries and in the age group between 2 4 - 2 8 one of 5821 and out of the 3 9 - 4 3 aged women 1 of 270. In 48% the intervals between the pregnancies were less than one year. Traumatic uterine ruptures occured in 31% of the cases and were mostly caused iatrogenic. Ruptures by overstretching of the uterine muscle in 12%, ruptures after vaginal obstetrical operations with overstretching of the lower uterine segment in 14%, uterine-scar ruptures in 31% and "spontaneous ruptures" in 12%. After uterine rupture, following signs were found most frequently: vaginal bleeding (52%), collapse (45%), strong pains (24%). The classical symptomatology of uterine rupture was noticed in 36% out of all cases. 19% showed no symptons. In some cases the differential diagnosis of the uterine rupture and abruptio placentae, placenta praevia-bleeding and placenta-separation-bleeding may be difficult. The maternal mortality rate was 20% from 1955--1964, in the years from 1965-1974 no mother died. The fetal mortality rate was 62%; only caused by uterine rupture among 43%. Sonderdruckanfragen an:

K.-H. Schlensker(Adresse sieheoben)

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K.-H. Schlensker und A. Bolte Uterine rupture occured in 3.7% of 217 women with pregnancy after previously lower segment caesarean section. Altogether there were 30 uterine ruptures in the lower segment, 8 in the corpus uteri, 2 ruptures of both and 2 cases of colporrhexis. In 59.5% a hysterectomy took place, in 21% only an oversewing, in 5% a supravaginal hysterectomy and in 5% an oversewing and sterilization. 9.5% of the women with uterine rupture died before or during the laparotomy. This shows, that the term rupture of the uterus still is one of the most serious complications to the mother and the fetus during the period of pregnancy and delivery. These complications were reduced by intensive care during the last 10 years.

Key words: Rupture of uterus -- Causes of rupture - Frequency of rupture -Diagnosis of rupture - Complications of rupture - Mortality of rupture Therapy of rupture -- Cesarean section scar rupture. Die Uterusruptur gilt auch heute noch als gef~ihrlichste Geburtskomplikation f/Jr Mutter und Kind, auch wenn sich das Krankheitsbild mit dem Wandel der Geburtshilfe in den letzten Jahrzehnten ge~indert hat. Von 1955-1974 wurden an der Universit/its-Frauenklinik K61n unter 37 555 Entbindungen 42 Uterusrupturen beobachtet. Sie sollen nachfolgend hinsichtlich ~.tiologie, Symptomatik, Komplikationen und Therapie kritisch analysiert werden.

Untersuehungsergebnisse Bei der Einteilung der Uterusrupturen wird unterschieden zwischen kompletten und inkompletten Rupturen oder v o n d e r Lokalisation her zwischen Corpus- und Isthmusrupturen und der Colpaporrhexis. Hinsichtlich der Ursachen wird im folgenden unterteilt in: 1. Traumatische oder violente Ruptur, 2. Ruptur nach fAberdehnung, 3. Ruptur bei Uberdehnung und zus/itzlichem geburtshilflich-operativem Trauma, 4. Spontanruptur und 5. Ruptur nach operativ bedingten Uteruswandschaden.

Hdufigkeit: Im Untersuchungszeitraum betrug die Rupturfrequenz 1 : 894 Geburten oder 1,1%o (Tabelle i). Bei der Unterteilung des Berichtszeitraumes in 5-Jahresabschnitte ergab sich, dab in den Jahren 1960--1964 mit einer Ruptur auf 637 Entbindungen die hfchste Rupturh~iufigkeit vorlag. In den folgenden Jahren war ein R/ickgang zu verzeichnen, so daf5 w/ihrend tier letzten 5 Jahre noeh eine Ruptur bei 1160 Entbindungen zu verzeichnen war. Eine Ubersicht der einzelnen F/ille wird in Tabelle 2 gegeben. Prddisponierende Faktoren f/Jr die Entstehung einer Uterusruptur sind hohes Geb/iralter, h6here Paritfit und rasch aufeinanderfolgende Geburten. Das Durchschnittsalter der Schwangeren mit Uterusruptur betrug 33 Jahre, die durchschnittliehe Geburtenzahl 4,2 Kinder. Die jtingste Patientin war 19, die filteste 45 Jahre, die h6chste Paritfitszahl 13 und die niedrigste 1.

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Die Uterusruptur Tabelle

1. Hiiufigkeit der Uterusruptur in verschiedenenJahrgangsklassen

Jahre

1955--1974 1955--1959 1960-1964 1965-1969 1970-1974

Geburten

37 555 8 595 10 198 10 642 8 120

Uterusrupturen Anzahl

%0

Frequenz

42 9 16 10 7

1,1 1,0 1,6 0,9 0,8

1 : 894 1 : 955 1 : 637 1 : 1064 1 : 1160

Eine bessere Auskunft fiber die Bedeutung des Alters der Schwangeren ffir die RupturNiufigkeit wurde erhalten, als die Anzahl der Rupturen in den einzelnen A1tersklassen in Beziehung zu der Geburtenzahl dieser Gruppe gesetzt wurde (Tabelle 3). So zeigte sich bei den 24- bis 28j/ihrigen Frauen nur eine Ruptur auf 5821 Geburten, w/ihrend mit zunehmendem Alter die Frequenz erheblich anstieg. In der Gruppe der Erstgeb~irenden fanden sich Rupturen in 0,29%0 oder 1 Ruptur auf 3418 Geburten (Tabelle 4). Mit zunehmender Geburtenzahl stieg die H/iufigkeit an und betrug bei Vielgeb/irenden mit f/inf und mehr Geburten 8,6%0, d.h. auf 117 Geburten kam eine Ruptur. Berficksichtigt man neben vorausgegangenen Geburten noch Aborte, so fanden sich bei den 42 Frauen mit Uterusruptur anamnestisch nur in zwei Fgllen (4,8%) keine vorausgegangenen Schwangerschaften. Den Einflul3 des zeitlichen Intervalls zwischen den Geburten auf die H~iufigkeit der Geb/irmutterruptur zeigt die Tabelle 5. Bei 16 (48,5%) von 31 Frauen mit Uterusruptur war nach vorausgegangener vaginaler Entbindung die erneute Schwangerschaft bereits innerhalb eines Jahres eingetreten; ebenso waren sechs der neun Frauen mit Ruptur nach Kaiserschnitt im auf den Kaiserschnitt folgenden Jahr wieder schwanger geworden. Die traumatische oder violente Ruptur ist Folge einer /iul3eren Gewalteinwirkung. Sie fand sich unter den untersuchten Rupturen in 13 F/illen (31%) und war fast ausschlieglich iatrogen bedingt durch operative geburtshilfliche Eingriffe; die Ursachen sind in der Tabelle 6 dargestellt. Im Fall der traumatischen Uterusruptur im 8. bis 9. Schwangerschaftsmonat (Fall Nr. 28 der TabeUe 2) nach einem Vergewaltigungsversuch mit kompletter Ruptur des Fundus uteri bei erhaltener Cervix uteri und Geburt des Kindes in die Bauchh6hle, waren vier Spontangeburten und zwei Aborte vorausgegangen, so dab ein vorbestehender Uteruswandschaden anzunehmen ist. Die Oberdehnungsruptur tritt als Folge eines unfiberwindlichen Geburtshindernisses auf. Nach meist vollst~indiger Erweiterung des Muttermundes und weiterer Kontraktion und Retraktion des Corpus uteri reiBt schlief31ich das untere Uterinsegment als wandschw/ichste Stelle ein. In dem untersuchten Kollektiv fanden sich f/infmal (11,9%) reine Uberdehnungsrupturen, davon dreimal beim Versuch der vaginalen Geburtsleitung bei Riesenkind, einmal bei einer als Beckenendlage verkann-

4 -

6 2

9 59 31

10 60 35

4 -

14 60 37

-

-

2 -

13 60 36

Isthm. u. Korpus re., Ifings, kompl.

Vordere Scheitelbeineinstellung

VE wegen drohender let. Asphyxie (,,leicht")

Isthm. li. l/ings inkompl.

Korpus 1/ings kompl.

Isthm. li. l/ings kompl.

Isthm. li., inkompl., l/ings

Isthm. l/ings, li. kompk, partielle Kolporrhexis

Isthm. quer inkompl.

Korpus lfings inkompl.

Isthm. quer kompl.

Isthm. li. kompl. 1/ings

Isthm. bds., kompl, lfings

Fundus kompl. quer

Isthm. inkompl. quer

Isthm. kompl. li., l/ings

Ruptur

SI., Spontanpartus, ,,atonische Nachblutung"

Resectio

*Kohabitation, typische R u p t u r

2

12 60 24

Sectio Korpusl/ings

*vergebl. Wendungsversuch zu Hause. Dekapitation, Extraktion

*Gemini, 1. Kind spontan zu H a u s e geboren. 2. Kind: verschleppte II. QI., Fruchttod, NS- und Armvorfall

11 60 36 13 1

Vergebl. Wendungsversuch, Dekapitat., Extrakt.

Prim/ire Resectio

Primgre Resectio

Prim/ire Resectio

VE/BM, Kleidotomie

Wendung und Extraktion, manuelle Plazental6sung

Versuch der manuellen Plazental6sung

Resectio

Bracht, Veit-Smellie

Geburtshilfliche Operation

Klass. Arml6sung, Veit-Smellie, kr/iftiges Kristellern

V e r k a n n t e I . dorsosup. Querl.,Fruchttod, Hydrops universalis

S1.

S1.

S1.

*I. Hlg.,Fruchttod, Rupturzeichen

*I. dorsosuperioreverschleppte Querlage u. Armvorfall, Fruchttod

SI., Spontanpartus, P l a c e n t a p e r c r e t a

Sl.,Fruchttod, schmerzhafte Querschnittnarbe

I. reineSteiglage, Fruchttod Fieber, Rh-Inkomp.

Geburtshilfliche Situation(eingeliefertmit)*

BEl.,Hydrozephalus

-

Sectio Isthm. quer

2 -

-

8 59 32

9 -

5 57 36

-

Sectio Korpus 1/ings

2 0

4 57 33

Fundusmyomenukleation

2 1

1 1

3 57 38

2 x Sectio Isthm. quer

7 59 38

6 0

2 56 36

Antefixation

2 X Sectio Isthm. quer

5 0

1 55 39

op. Wandschaden

6 58

"~ .~ ~

[Rupture of the Uterus. Analysis of 42 cases of rupture during the years from 1955-1975 (author's transl)].

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