Leitthema Ophthalmologe 2014 DOI 10.1007/s00347-013-2847-5 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

P. Szurman · K. Gekeler Knappschafts-Augenklinik Sulzbach Knappschaftsklinikum Saar, Sulzbach/Saar

Sekundäre Intraokularlinsen-  implantation von Sklera-nahtfixierten Intraokularlinsen

Bei inadäquater Kapselsackunterstützung, bei der weder ein Kapselspannring noch eine Implantation der Intraokularlinse (IOL) in den Sulcus ciliaris möglich ist, kann die visuelle Rehabilitation durch eine sekundär implantierte IOL erfolgen. Hier besteht jedoch kein Konsens über die optimale Strategie, insbesondere über die Art der IOL und den Ort der Fixation. Es kommen kammerwinkelgestützte Vorderkammerlinsen, irisfixierte IOL und sulcusgestützte IOL infrage, wobei bei Letzteren eine Fixation mit und ohne Naht an der Sklera möglich ist [8]. Alle Techniken weisen spezifische Vor- und Nachteile auf, was die chirurgische Technik, den Zeitaufwand und die intra- und postoperativen Komplikationen angeht [4, 8]. Deshalb sollten auch verschiedene chirurgische Techniken erlernt werden, um in der jeweiligen Situation die passende Fixationstechnik zu wählen. Aber auch bei der Irisfixation und der Sklerafixation einer IOL sind mittlerweile viele Modifikationen publiziert. So kann eine Hinterkammerlinse (HKL) an der Iris eingenäht werden oder umgekehrt eine Iris-Klauen-Linse retropupillär inklaviert werden [8]. Bei der eigentlichen Sklerafixation muss zwischen Nahtfixation und Sklerafixation ohne Naht gewählt werden [8]. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Techniken zur transskleralen Nahtfixation einer IOL dargestellt. Dabei besteht eine Reihe von Varianten zur Fadenführung (Ab-externovs. Ab-interno-Technik), zur Schnittgröße (ungefaltet vs. Kleinschnittinjektorimplantation) und der anschließenden episkleralen Fixierung des Fadens, die im Einzelnen vorgestellt werden.

Varianten der sklerafixierten Intraokularlinsenimplantation Für die Sklerafixation einer IOL ist eine ausgiebige vordere Vitrektomie besonders wichtig, im Bereich des temporalen und nasalen Sulcus auch unter Indentation. Posteriore Adhäsionen werden scharf getrennt und verbliebene Kapselsackreste entfernt. In einigen Fällen mit ausgedehntem regeneratorischen Nachstar in den peripheren Kapselblättern ist das Einsetzen einer Infusion und die Arbeit über die Pars plana die bessere Alternative. Bei allen Implantationstechniken sollte die Horizontale gemieden werden, da eine Arrosion der langen Ziliargefäße bei 3 und 9 Uhr rezidivierende Glaskörperblutungen verursachen kann. Es sollte also bei 2 und 8 Uhr oder bei 4 und 10 Uhr eingestochen werden.

Sklerafixation in Ab-interno-Technik Im Jahr 1990 publizierten Smiddy et al. [15] ihre Ab-interno-Technik (. Abb. 1). Zur Implantation eignen sich spezielle HKL mit großer 7,0 mm Polymethylmethacrylat(PMMA)-Optik und vorgefertigten Haptikösen zur Fadenfixation. Bei der Ab-interno-Technik werden 2 einfacharmierte Polypropylenfäden mit gebogener Nadel verwendet, die mit den freien Enden jeweils an einer Haptiköse befestigt werden (. Abb. 1a). Alternativ können auch Schlaufenfäden verwendet werden, wodurch ein Haptikknoten überflüssig wird. Die Nadeln werden nacheinander über den Tunnel temporal und nasal unter das Irisdiaphragma geführt, der Sulcus aufgesucht und dieser transskleral von innen durchstochen (. Abb. 1b,

c). Unter leichtem Zug der Fäden wird die

IOL in den Sulcus implantiert und zentriert (. Abb. 1d). Nach wasserdichtem Nahtverschluss des Tunnels erfolgt das Einknoten der Sklerafäden in der jeweils bevorzugten, unten beschriebenen Technik. Die Ab-interno-Technik hat 2 Nachteile: Zum einen erfolgt der Durchstich ohne Sicht unter der Iris, zum anderen findet dieses Manöver unter hypotonen Bedingungen statt, bei denen der Sulcus kollabiert ist. Dies macht eine akzidentelle Fixation in der Pars plicata wahrscheinlicher und begünstigt somit ein Verkippen der IOL und postoperative Blutungen aus dem Ziliarkörper [2].

Sklerafixation in Ab-externo-Technik Lewis [10] publizierte 1991 seine Technik zur Ab-externo-Sulcusfixation einer HKL (. Abb. 2). Hierbei wird die Sklera von außen nach innen durchstochen. Der Faden zur Fixierung an der Haptik wird erst danach über den Tunnel aus dem Auge geführt. Für die transsklerale Nahtführung wird ein doppeltarmierter 10,0-Polypropylenfaden (Prolene®, Ethicon) mit geraden 28-Gauge-Nadeln verwendet. In 1,2 mm Limbusabstand wird die Nadel durch die Sklera oder je nach Nahttechnik durch das Bett des Skleraläppchens geführt (. Abb. 2a). Gegenüber wird eine 27-Gauge-Kanüle im gleichen Limbusabstand eingestochen, um die Nadelspitze aufzunehmen. Die Nadelspitze wird eingefädelt und durch Zurückziehen der Kanüle die Nadel herausgeführt (. Abb. 2b). Erst danach wird ein superiorer korneoskleraler Tunnel über 7 mm präpariert (. Abb. 2d), eine Schlaufe des Der Ophthalmologe 2014 

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Leitthema zen und so zu verdicken, um ein Verrutschen der Naht zu verhindern. Nach dem Einknoten der Haptiken wird die IOL mit einer Faltpinzette über den Tunnel implantiert, unter dem Irisdiaphragma entfaltet und unter Zug an den Sklerafäden im Sulcus positioniert.

Kleinschnitttechnik zur Injektorimplantation sklerafixierter Faltlinsen

Abb. 1 8 Synopsis zur Ab-interno-Technik der transskleralen Nahtfixation einer starren Polymethylmethacrylat(PMMA)-Intraokularlinse (IOL). a Zwei einfacharmierte 10,0-Polypropylenfäden mit gebogener Nadel werden zunächst an den beiden Haptikösen fixiert. b, c Erst danach erfolgt der transsklerale Sulcusdurchstich hinter dem Irisdiaphragma von innen nach außen. d Unter leichtem Zug der Fäden wird die IOL in den Sulcus implantiert und zentriert

Sulcusfadens über den Tunnel nach außen gezogen und durchgeschnitten, sodass 2 Fadenenden resultieren (. Abb. 2e–g). Diese werden an den Haptikösen fixiert, anschließend wird die IOL unter leichtem Zug an den Fäden implantiert (. Abb. 2h, i). Nach wasserdichtem Nahtverschluss des Tunnels erfolgt das Einknoten der Sklerafäden im Sklerabett. D Der Vorteil der Technik ist die

transsklerale Nahtführung von außen nach innen, bevor der Tunnel angelegt wird. So erfolgt der Durchstich unter tonisierten Verhältnissen. Nur dann ist der Sulcus ciliaris weit geöffnet, während er im hypotonen Auge kollabiert [2]. Dadurch kann das Risiko für eine Malpositionierung des Fadens mit nachfolgender IOL-Verkippung, rezidivierenden Blutungen oder Netzhautablösung minimiert werden.

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Sklerafixation von Faltlinsen Anders als in der Kataraktchirurgie war bei der Sklerafixation die Dominanz von PMMA-Linsen lange ungebrochen. Die große Schnittführung führt jedoch während der Manipulation über den Tunnel zu ausgedehnten hypotonen Phasen. Den entscheidenden Schritt zur minimal-invasiven Chirurgie machten Regillo und Tidwell [14], die erstmals auch Faltlinsen für die Sklerafixation vorschlugen. Dies führte zu einer verbesserten Vorderkammerstabilität, weniger Hypotonie-assoziierten Komplikationen, einer früheren visuellen Rehabilitation und einem reduziertem Astigmatismus [9, 13]. Diese Technik basiert auf der klassischen Ab-externo-Technik von Lewis, jedoch genügt ein ca. 3,5-mmSchnitt. Da Standardfaltlinsen keine speziellen Haptikösen zur Nahtfixation aufweisen, wurde vorgeschlagen, das Haptikende mit einem Glühkauter anzuschmel-

Seit der Einführung der Injektortechnik sind in der modernen Kataraktchirurgie inzwischen selbstdichtende Tunnelschnitte unter 3 mm Durchmesser möglich mit entsprechend guten Ergebnissen und Patientenzufriedenheit. Eine modifizierte Variante dieser minimal-invasiven Technik ermöglicht erstmals auch die Injektorimplantation und Sklerafixation von faltbaren Acryllinsen über einen temporalen, nahtfreien 2,75 mm ClearCornea-Tunnel (. Abb. 3, [18, 19]). Die Bindehaut wird nur noch mit kleinen Türflügelschnitten temporal und nasal eröffnet und ein Clear-Cornea-Tunnel von temporal angelegt. Nach der transskleralen Sulcusnaht in klassischer Ab-externo-Technik wird eine Schlaufe des Sulcusfadens über den Tunnel nach außen geführt. Ein Push-Pull-Häkchen als Hypomochleon schützt dabei die temporale Iris vor Verletzungen (. Abb. 3b). Zur Implantation können verschiedene 3-stückige Standardacryllinsen und das dazugehörige Injektorsystem verwendet werden. Besonders geeignet sind dabei solche Faltlinsen, die am Ende tropfenförmige Verdickungen aufweisen und somit ein Abrutschen des Fadens verhindern (z. B. Hoya AF-1 spheric VA65BB), die gleichzeitig auch eine übergroße 6,5-mm-Optik aufweisen, was ein Iris-Capture weitgehend verhindert. Damit eine in der Kartusche befindliche IOL überhaupt eingenäht werden kann, muss darauf geachtet werden, dass die Kunstlinse mit ausgestreckten Haptiken in die Kartusche eingeführt wird. Die Kartusche wird in das Injektorsystem eingelegt und die IOL so weit vorgeschoben, bis das Ende der ersten Haptik aus der vorderen Öffnung knapp herausragt. Dies erlaubt das Einknoten der Führungshaptik (. Abb. 3d), wobei das tropfenförmige Ende der Haptiken die Stabilität der

Zusammenfassung · Abstract Naht gegen ein tangentiales Verrutschen sichert. Zur Implantation wird die Kartusche in den Tunnel eingeführt und die Linse vorgeschoben, bis die vordere Haptik im gegenüberliegenden Sulcus und die hintere Haptik innerhalb des Tunnels zu liegen kommt (. Abb. 3e,f). Nach dem Einknoten wird Letztere im temporalen Sulcus positioniert und die IOL durch Zug an den transskleralen Fäden sicher zentriert (. Abb. 3g,h).

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Durch Arbeiten im geschlossenen System in Kleinschnitttechnik werden Hypotonie-assoziierte Komplikationen minimiert Durch das Arbeiten im geschlossenen System in Kleinschnitttechnik werden Hypotonie-assoziierte Komplikationen wie IOL-Verkippungen oder rezidivierende Glaskörperblutungen durch Malpositionierung des Fadens minimiert. Außerdem muss die IOL nicht – wie bei den anderen Techniken – zum Einknoten auf dem Auge abgelegt werden, sondern bleibt im sterilen Milieu des Injektors. Durch die nahtfreie Wundstabilisierung und die kurze Operationszeit ergibt sich eine rasche visuelle Rehabilitation (. Abb. 4).

Knotentechniken Alle Techniken zur Sklerafixation gleichen sich darin, dass der Polypropylenfaden am Ende in der Sklera fixiert werden muss. Da frei liegende Knoten direkt unter der Bindehaut in vielen Fällen zu einer Fadenerosion führen und das Risiko für eine Endophthalmitis erhöhen, wird eine Deckung oder ein Versenken des Knotens generell empfohlen. Da die Operation mit der Vorbereitung der Bindehaut bzw. Sklera beginnt, muss der Operateur schon am Anfang der Operation die entsprechende Knotentechnik gewählt haben.

Deckung der Knoten mit Skleraläppchen Am häufigsten werden Skleralappen verwendet, die zu Beginn der Operation präpariert werden (. Abb. 5a–c). Nach Eröffnung der Bindehaut über 3 Quadran-

ten wird in der 2- und 8-Uhr- oder in der 4- und 10-Uhr-Position je ein limbusbasierter Skleralappen in halber Skleradicke präpariert Die Nadel des Polypropylenfadens wird durch das Bett der Läppchen gestochen. Die Horizontale sollte gemieden werden, da eine Arrosion der langen Ziliargefäße bei 3 und 9 Uhr rezidivierende Glaskörperblutungen verursachen kann. Dann folgt die Linsenimplantation entweder über einen großen Schnitt oder in Kleinschnitttechnik wie oben beschrieben. Das Einknoten erfolgt auf dem Boden des Sklerabettes, und der Knoten wird mit dem Skleralappen bedeckt [3]. Im Langzeitverlauf konnte jedoch gezeigt werden, dass die lamellären Skleralappen langsam atrophieren, sodass eine Fadenerosion häufig nur verzögert, aber nicht verhindert wird ([16], . Abb. 6) Lewis beschreibt eine Häufigkeit von 20% bei seinen Patienten [11]. In diesem Fall ist eine rasche Revision mit Fadenkürzung nötig, selten auch die Deckung mit lyophilisierter Sklera.

Rotation des Knotens Schon 1993 beschrieb Lewis [11] eine neue Technik zur Vermeidung der Fadenerosion bei Skleraläppchen. Hierbei wird ein doppeltarmierter Faden durch die Öse der IOL geschlungen, und beide Nadeln werden durch die Sklera geführt. So entsteht eine Schlaufe, und der Knoten kann dann nach innen rotiert werden (. Abb. 5d–f).

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Der Vorteil des versenkten Knotens muss gegen die große Schnittführung abgewogen werden Eine Fadenerosion wurde mit dieser Technik nicht berichtet [11], allerdings besteht der Nachteil, dass insgesamt 4 transsklerale Durchstiche erfolgen müssen. Außerdem ist eine Implantation in Kleinschnitttechnik hierbei nicht möglich, es muss eine PMMA-Linse mit den vorgesehenen Ösen verwendet werden. Der Vorteil des versenkten Knotens muss somit gegen die große Schnittführung und den aufwendigen 4-fachen Sulcusdurchstich abgewogen werden.

Ophthalmologe 2014 · [jvn]:[afp]–[alp] DOI 10.1007/s00347-013-2847-5 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 P. Szurman · K. Gekeler

Sekundäre Intraokularlinsenimplantation von Sklera-nahtfixierten Intraokularlinsen Zusammenfassung Die transsklerale Nahtfixation ist eine der möglichen Techniken zur Sekundärimplantation von Intraokularlinsen bei inadäquater Kapselsackunterstützung. Aber auch bei dieser Technik stehen mehrere Varianten zur Verfügung. Die transsklerale Nahtführung kann ab interno oder ab externo und die Implantation der Linse über eine große Schnittführung oder mittels Kleinschnitttechnik über den Injektor erfolgen. Vor allem aber kann die episklerale Fixierung des Fadens unterschiedlich erfolgen: Decken des Knotens unter einem Skleralappen, Rotation des Knotens intraskleral, Präparieren einer sklerokornealen Tasche, eine U-Naht mit Versenken des Fadens in einem Skleragraben oder die knotenfreie intrasklerale Z-Naht mit 5 horizontalen Durchstichen. Schlüsselwörter Sklerafixierte Intraokularlinse · Transsklerale Nahtfixation · Sekundärlinsenimplantation · Sulcus · Aphakie

Secondary intraocular lens implantation using scleral suture fixation Abstract Scleral suture fixation is one of several techniques used for secondary lens implantation in cases of inadequate capsular support for which many variations have been published. A transscleral suture can be accomplished using either an external or internal approach. The lens can be implanted using an injector with large incisions for unfolding lenses or also via small self-sealing incisions. Episcleral fixation of the suture can be accomplished by protecting the knot under scleral flaps, intrascleral rotation of the knot and using sclerocorneal pockets or scleral grooves. The intrascleral Z-suture with five intrascleral passes of the suture is a knotless technique providing several advantages. Keywords Scleral fixed intraocular lens · Transscleral suture fixation · Secondary intraocular lens · Sulcus · Aphakia

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Abb. 2 9 Synopsis zur Abexterno-Technik der transskleralen Nahtfixation einer starren Polymethylmethacrylat(PMMA)-Intraokularlinse (IOL). a Ein doppeltarmierter 10,0-Polypropylenfaden mit geraden 28-Gauge-Nadeln wird in 1,2 mm Limbusabstand durch das Bett des temporalen Skleralappens geführt, b in die Öffnung einer gegenüber eingestochenen 27Gauge-Kanüle eingefädelt und c durch Zurückziehen der Führungskanüle auf der Gegenseite herausgeführt. d Nach der Tunnelpräparation über 7,0 mm wird e–g eine Hapikschlaufe herausgeführt und durchtrennt. h Die Fadenenden werden in die Haptikösen eingeknotet, i die IOL in den Sulcus implantiert und die skleralen Knoten mit den Skleralappen gedeckt

Abb. 3 9 Synopsis zur Implantation und Sklerafixation einer 1-stückigen Faltlinse mit Injektortechnik. a Nach der transskleralen Sulcusnaht entsprechend der klassischen Abexterno-Technik wird der 2,75 mm Clear-Cornea-Tunnel temporal angelegt und b, c eine Schlaufe herausgezogen. d Nach Einlegen der Acryllinse mit ausgestreckten Haptiken in den Injektor wird diese vorgeschoben, bis die führende Haptik angeknotet werden kann. e, f Anschließend erfolgt wie gewohnt die Injektion der Linse in den Sulcus, wobei die zweite Haptik im Tunnel verbleibt. g–i Nach Nahtfixation der temporalen Haptik wird diese in den Sulcus eingeführt

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Komplikationen

Abb. 4 9 Spaltlampenfotografie am ersten postoperativen Tag nach Injektorimplantation einer sklerafixierten 1-stückigen Acrylatfaltlinse. Es besteht nur ein geringer Reizzustand mit rascher visueller Rehabilitation

Sklerokorneale Tasche

U-Naht mit Skleragraben

Hoffmann [7] beschrieb 2006 eine Modifikation des Skleraläppchens. Hierbei wird eine sklerale Tasche angelegt, eine Art peripherer Tunnelschnitt ohne Vorderkammerpenetration. Die Nadel des Polypropylenfadens wird beim transskleralen Durchstich zunächst durch das Dach und den Boden beider Sklerataschen geführt. Nach erfolgter Linsenimplantation werden die Nadeln abgeschnitten, der Faden mit einem kleinen Haken aus der Tasche geborgen und der Knoten dann in dieser Tasche versenkt. Die zuerst beschriebene Technik kam nicht ohne Eröffnen der Bindehaut aus, später publizierte Hoffmann jedoch die einzige Technik zur Sklerafixation ohne Eröffnen der Bindehaut. Der Tunnel wird dabei nicht in der Sklera begonnen und in Richtung Kornea präpariert, sondern umgekehrt am Limbus begonnen und in Richtung Äquator präpariert. Die Nadel des Polypropylenfadens durchsticht dann sowohl die Bindehaut als auch Dach und Boden dieses Tunnels. Nach der Implantation wird der Faden in die Tasche zurückgezogen und darin verknotet (. Abb. 5g–i, [6]). Auch diese elegante Technik birgt den Nachteil, dass die Sklera 4-mal durchstochen werden muss, analog zur von Lewis et al. vorgeschlagenen Technik der Rotation des Knotens. Es können also nur IOLs mit Öse verwendet werden und somit sinnvollerweise nur PMMA-Linsen über einen großen Schnitt implantiert werden.

Eine weitere Technik zur Vermeidung der Fadenerosion ist das Versenken der Knoten in einem skleralen Graben. Anstatt eines Läppchens wird nach Eröffnen der Bindehaut an der Stelle des Fadendurchtritts in der 2- und 8-Uhr- oder in der 4- und 10-Uhr-Position mit einer Klinge ein kurzer limbusparalleler Graben angelegt. Der transsklerale Durchstich muss auf den Außenseiten genau durch diesen Graben erfolgen. Dann kann der Faden als U-Naht eingeknüpft und der Knoten innerhalb des Grabens versenkt werden (. Abb. 5j–l, [1, 5]).

Z-Naht Eine sehr einfache Technik zur völlig knotenfreien Fixation von nahtfixierten IOLs und anderen Sulcusimplantaten ist die Z-Naht. Hierzu wird die Sklera zickzackförmig mehrfach intraskleral durchstochen und dann der Faden ohne Knoten abgeschnitten (. Abb. 5m–o). Wichtig ist hierbei, dass die Spitzkehren des Fadens möglichst steil angelegt werden. Nach 5 Durchstichen ist die Stabilität ausreichend. In-vitro-Messungen haben gezeigt, dass eher der Faden reißt, als dass die Z-Naht zurückgezogen werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Z-Naht bei allen Techniken und Varianten der transskleralen Nahtfixation verwendet werden kann. Neben sklerafixierten Kunstlinsen können auch Irisimplantate, Irisdiaphragmen und andere sulcusfixierte Implantate knotenfrei eingenäht werden (. Abb. 7, [17])

Metaanalytisch lässt sich keine Implantationsstrategie hervorheben, die anderen deutlich überlegen wäre [4, 21]. Der Fixationsort in der Hinterkammer bietet den theoretischen Vorteil eines geringeren Risikos für Endothelprobleme, Glaukom und zystoides Makulaödem [12]. Gerade für unkomplizierte Ausgangssituationen werden für die Skerafixation exzellente Resultate mit akzeptablem Sicherheitsprofil berichtet [12]. Dies muss abgewogen werden gegen die längere Operationszeit und die größere chirurgische Komplexität. Zudem müssen spezifische Komplikationen der Sklerafixation bedacht werden. Diese ergeben sich durch die Sulcusposition (IOL-Verkippung, Dezentrierung, Pigmentdispersion) und insbesondere durch die Nadelpenetration des uvealen und skleralen Gewebes (Blutungen, Hypotonie, Fadenerosion). Eine zu weit posteriore Fadenplatzierung ist die häufigste Ursache für eine IOL-Verkippung, suprachoroidale und rezidivierende Glaskörperblutungen sowie eine Netzhautablösung. Tatsächlich findet sich in bis zu 80% aller Fälle eine Malpositionierung der Haptiken [2]. Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko für eine Spätendophthalmitis nach Fadenerosion durch die Bindehaut [16]. Mit der Injektorimplantation in Kleinschnitttechnik und knotenfreier Fixation mittels Z-Naht können die Risiken zwar minimiert werden, bleiben aber im Grundsatz erhalten [17, 18, 19]. Noch nicht endgültig geklärt ist die Kontroverse um die Langzeitstabilität der Polypropylenfäden. Während mittelfristige Ergebnisse eine gute Stabilität zeigen, berichten einzelne Fallserien von eine Bruchrate von bis zu 30% im Langzeitverlauf, insbesondere bei jüngeren Patienten [20].

Fazit für die Praxis F Sklerafixierte Linsen bieten den theoretischen Vorteil der Hinterkammerimplantation sowie die Möglichkeit zur Kleinschnittimplantation von Faltlinsen, weisen aber eine längere Lernkurve auf sowie ein Komplikationsspektrum, das maßgeblich von der operativen Erfahrung abhängt. Der Ophthalmologe 2014 

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Leitthema

Abb. 5 9 Synopsis der verschiedenen Nahttechniken zur Sklerafixation. a–c Decken des Knotens unter einem Skleralappen, d–f Rotation des Knotens intraskleral, g–i sklerokorneale Tasche, j–l U-Naht mit Skleragraben oder m–o die knotenfreie intrasklerale Z-Naht mit 5 horizontalen Durchstichen

F Langzeitergebnisse stehen immer noch aus. F Letztlich hängt die Wahl des Verfahrens von der individuellen Patientenselektion, der anatomischen Ausgangssituation und auch von der persönlichen Neigung und Erfahrung des jeweiligen Operateurs ab. F Die neuen Techniken der Injektorimplantation von Faltlinsen und die modernen Varianten der transskleralen Vernähung bieten erstmals ein minimal-invasives Vorgehen mit kurzen

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Operationszeiten und wenig hypotonen Phasen. Somit hat sich auch die Sekundärimplantation von sklerafixierten IOLs von einer aufwendigen und invasiven Prozedur hin zu einer Clear-Cornea-Kleinschnitttechnik analog zur Kataraktchirurgie gewandelt.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. P. Szurman Knappschafts-Augenklinik Sulzbach Knappschaftsklinikum Saar An der Klinik 10, 66280 Sulzbach/Saar [email protected]

Abb. 6 8 Fadenerosion durch die Bindehaut eines mit Skleraläppchen gedeckten Polypropylenfadens

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  P. Szurman und K. Gekeler geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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Abb. 7 8 Z-Naht nach 8 Monaten in einem Auge nach traumatischer Aphakie und Sekundärlinsenimplantation. Der intrasklerale Faden ist stabil und nur dezent zu erkennen

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[Secondary intraocular lens implantation using scleral suture fixation].

Scleral suture fixation is one of several techniques used for secondary lens implantation in cases of inadequate capsular support for which many varia...
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