AKTUELLE MEDIZIN
MMW-ONLINE-SPRECHSTUNDE Kompetente Antworten innerhalb von 48 Stunden
Prof. Dr. med. H. S. Füeßl
Dr. med. P. Stiefelhagen
Isar-Amper-Klinikum, München-Ost, Haar
DRK-Klinikum Westerwald, Hachenburg
Nutzen Sie den Online-Service der MMW! Unter www.springermedizin.de/mmw-sprechstunde erhalten Sie Rat in kniffligen Fällen. Unsere Experten, Prof. H. S. Füeßl und Dr. med. P. Stiefelhagen, beantworten – meist innerhalb von 48 Stunden – medizinische Fragen, die sich in Ihrem Praxisalltag ergeben.
Männer, die Sex mit Männern haben
Sollen Schwule sich regelmäßig Tests unterziehen? Männer unter meinen Patienten kommen regelmäßig auf die Frage, ob es Vorsorgeuntersuchungen gibt, die speziell bei ihnen indiziert sind. Es handelt sich um asymptomatische Patienten, die gelegentlich unterschiedliche Sexualpartner haben. Ich rate in der Regel zu regelmäßigen HIV-Tests, mindestens einmal jährlich. Die gibt es über das Gesundheitsamt kostenfrei. Bei Symptomen folgt selbstredend eine gezielte Diagnostik. Würden Sie weitere Tests empfehlen, z. B. auf Syphilis? Ginge das zulasten der GKV? Und wissen Sie, ob die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) das Analkarzinomrisiko senken könnte?
MMW-Experte Dr. Stiefelhagen: Wenn promiskuitiv lebende Patienten keine Schutzmaßnahmen einhalten wollen, sind HIV-Tests notwendig. Über das Zeitfenster kann man dann streiten. Auch müsste man bei solchen Patienten regelmäßig den Hepatitis-B- und -C-Status kontrollieren. Weitere Untersuchungen dürften aber nur sinnvoll sein, wenn entsprechende Symptome (Fieber, Lymphknotenschwellungen, Ausfluss, Arthritis etc.) vorliegen. Die Untersuchungen dürften Sie aber nur zur Symptomabklärung, nicht als Screening zulasten der GKV abrechnen können. Für die HPV-Impfung gäbe es durchaus eine Rationale.
MMW-Fortschr. Med.
2015; 157 (9)
MMW-Experte Prof. Füeßl: Das statistische Risiko einer Infektion mit HIV, HBV, HCV und Syphilis ist im Einzelfall schwer vorhersagbar, hängt aber entscheidend von der Zahl der Sexualpartner, den Sexualtechniken (z. B. rezeptiver Analverkehr), akzidentell auftretenden genitalen Läsionen und auch dem Setting der Sexualkontakte (z. B. im „Darkroom“) ab. Insofern lässt sich keine allgemein gültige Regel für die Testintervalle aufstellen. Man sollte vielmehr den Patienten nach einschlägigen Risiken befragen und die Entscheidung für oder gegen den Test mit ihm zusammen treffen. Statt fortlaufend Tests auszuführen, sollte man den Patienten auf das Risiko hinweisen und ihn motivieren, Kondome zu verwenden. HPV-6- und -11-bedingte Kondylome lassen sich bei Frauen und Männern effektiv durch die prophylaktische quadrivalente HPV-Impfung vor Erstinfektion verhindern. In randomisierten, placebokontrollierten Studien mit gesunden, HPV-naiven jungen Männern lag die Effektivität der Impfung gegenüber HPV-6/11-assoziierten Kondylomen bei 89–100%. Fast ebenso gute Erfolge ließen sich bei der analen intraepithelialen Neoplasie (AIN), einer Vorstufe des Analkarzinoms, erzielen. Eine kontrollierte randomisierte Studie an 602 gesunden jungen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), konnte eine Effektivität des quadrivalenten HPV-Impfstoffs von 77,5% für HPVassoziierte AIN zeigen. 88–96% aller Anal-
© SolStock / iStock
Frage von Dr. Wolfgang Offenberger, Würzburg: Die homo- oder bisexuellen
Eine rechtzeitige HPV-Impfung schützt. karzinome sind HPV-positiv, wobei HPV-16 in 75–89% gefunden wird. In verschiedenen Studien ergab sich, dass MSM ein 5- bis 33fach erhöhtes Risiko für ein Analkarzinom haben. Bei HIV-positiven MSM besteht das größte Risiko mit einer jährlichen Inzidenz von immerhin 131/100.000. Die jährliche Anoskopie mit zytologischem Abstrich in Analogie zum Zervixkarzinom-Screening ist derzeit noch keine erstattungsfähige Leistung im GKV-Bereich. Bei entsprechend hohem Risiko dürfte es aber nicht schwer sein, diese Erstattung im Einzelfall genehmigt zu bekommen.
Mit dem Thema HPV beschäftigt sich auch unser Schwerpunkt ab S. 40.
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Dr. med. P. Stiefelhagen
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DRK-Klinikum Westerwald, Hachenburg
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Männer, die Sex mit Männern haben
Sollen Schwule sich regelmäßig Tests unterziehen? Männer unter meinen Patienten kommen regelmäßig auf die Frage, ob es Vorsorgeuntersuchungen gibt, die speziell bei ihnen indiziert sind. Es handelt sich um asymptomatische Patienten, die gelegentlich unterschiedliche Sexualpartner haben. Ich rate in der Regel zu regelmäßigen HIV-Tests, mindestens einmal jährlich. Die gibt es über das Gesundheitsamt kostenfrei. Bei Symptomen folgt selbstredend eine gezielte Diagnostik. Würden Sie weitere Tests empfehlen, z. B. auf Syphilis? Ginge das zulasten der GKV? Und wissen Sie, ob die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) das Analkarzinomrisiko senken könnte?
MMW-Experte Dr. Stiefelhagen: Wenn promiskuitiv lebende Patienten keine Schutzmaßnahmen einhalten wollen, sind HIV-Tests notwendig. Über das Zeitfenster kann man dann streiten. Auch müsste man bei solchen Patienten regelmäßig den Hepatitis-B- und -C-Status kontrollieren. Weitere Untersuchungen dürften aber nur sinnvoll sein, wenn entsprechende Symptome (Fieber, Lymphknotenschwellungen, Ausfluss, Arthritis etc.) vorliegen. Die Untersuchungen dürften Sie aber nur zur Symptomabklärung, nicht als Screening zulasten der GKV abrechnen können. Für die HPV-Impfung gäbe es durchaus eine Rationale.
MMW-Fortschr. Med.
2015; 157 (9)
MMW-Experte Prof. Füeßl: Das statistische Risiko einer Infektion mit HIV, HBV, HCV und Syphilis ist im Einzelfall schwer vorhersagbar, hängt aber entscheidend von der Zahl der Sexualpartner, den Sexualtechniken (z. B. rezeptiver Analverkehr), akzidentell auftretenden genitalen Läsionen und auch dem Setting der Sexualkontakte (z. B. im „Darkroom“) ab. Insofern lässt sich keine allgemein gültige Regel für die Testintervalle aufstellen. Man sollte vielmehr den Patienten nach einschlägigen Risiken befragen und die Entscheidung für oder gegen den Test mit ihm zusammen treffen. Statt fortlaufend Tests auszuführen, sollte man den Patienten auf das Risiko hinweisen und ihn motivieren, Kondome zu verwenden. HPV-6- und -11-bedingte Kondylome lassen sich bei Frauen und Männern effektiv durch die prophylaktische quadrivalente HPV-Impfung vor Erstinfektion verhindern. In randomisierten, placebokontrollierten Studien mit gesunden, HPV-naiven jungen Männern lag die Effektivität der Impfung gegenüber HPV-6/11-assoziierten Kondylomen bei 89–100%. Fast ebenso gute Erfolge ließen sich bei der analen intraepithelialen Neoplasie (AIN), einer Vorstufe des Analkarzinoms, erzielen. Eine kontrollierte randomisierte Studie an 602 gesunden jungen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), konnte eine Effektivität des quadrivalenten HPV-Impfstoffs von 77,5% für HPVassoziierte AIN zeigen. 88–96% aller Anal-
© SolStock / iStock
Frage von Dr. Wolfgang Offenberger, Würzburg: Die homo- oder bisexuellen
Eine rechtzeitige HPV-Impfung schützt. karzinome sind HPV-positiv, wobei HPV-16 in 75–89% gefunden wird. In verschiedenen Studien ergab sich, dass MSM ein 5- bis 33fach erhöhtes Risiko für ein Analkarzinom haben. Bei HIV-positiven MSM besteht das größte Risiko mit einer jährlichen Inzidenz von immerhin 131/100.000. Die jährliche Anoskopie mit zytologischem Abstrich in Analogie zum Zervixkarzinom-Screening ist derzeit noch keine erstattungsfähige Leistung im GKV-Bereich. Bei entsprechend hohem Risiko dürfte es aber nicht schwer sein, diese Erstattung im Einzelfall genehmigt zu bekommen.
Mit dem Thema HPV beschäftigt sich auch unser Schwerpunkt ab S. 40.
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