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Die Querschnittlähmung

Intensivmedizinische Aspekte

Patienten mit frischer Querschnittlähmung (QSL) werden im Rahmen der Erstversorgung in vielen Krankenhäusern mit unterschiedlichen Versorgungsmöglichkeiten aufgenommen. Außerhalb von spezialisierten Zentren besteht allerdings oft wenig Routine im Umgang mit Querschnittgelähmten, insbesondere bei hoher Halsmarkläsion. Dieser Artikel ist der Auftakt einer Serie, die sich aus Sicht der 4 Säulen des anästhesiologischen Fachgebiets und der Rehabilitationsmedizin / Paraplegiologie mit dieser speziellen Patientengruppe beschäftigt. Der erste Teil gibt einen Überblick über zu erwartende Frühkomplikationen und die Besonderheiten der Behandlung dieser Patienten in den ersten Tagen auf der Intensivstation und im weiteren Verlauf bis hin zur lebenslangen Dauerbeatmung. Zahlen und Fakten



Mögliche Ursachen Querschnittlähmungen können sowohl traumatische als auch nicht traumatische Ursachen haben. Genaue Zahlen zur Inzidenz der nicht traumatischen Querschnittlähmung gibt es nicht; die Häufigkeit nimmt jedoch mit steigendem Alter deutlich zu. Für eine nicht traumatische Rückenmarkschädigung durch Kompression sind meist Neoplasien die Ursache; nicht kompressionsbedingt ist am häufigsten die Multiple Sklerose der Auslöser (43 %), aber auch systemische Autoimmunerkrankungen, Entzündungen oder spinale Durchblutungsstörungen können eine QSL bewirken.

* Gesa Leyk und Sven Hirschfeld haben zu gleichen Teilen zum Manuskript beigetragen.

Inzidenz Die jährliche Inzidenz akuter traumatischer Rückenmarkverletzungen in industrialisierten Ländern liegt bei ca. 10–30 Fällen pro 1 Mio. Einwohner. Betroffen sind vorrangig Männer im Alter von 30–40 Jahren [1]. Zu den traumatischen Rückenmarkverletzungen kommt es häufig im Rahmen von komplexeren Verletzungsmustern infolge von Unfällen: Bei ca. 30 % aller Polytraumata kommt es auch zu Wirbelsäulenverletzungen, ▶ davon sind in 25 % die HWS und ▶ in 75 % die BWS und LWS betroffen. Insgesamt zeigen ca. 16 % dieser Patienten neurologische Ausfälle, davon etwa 3 % auf zervikalem

Niveau [2]. Eine Untersuchung an 102 Patienten der eigenen Klinik hat hinsichtlich der Lebenserwartung nach traumatischer Querschnittlähmung gezeigt, dass diese bei den Paraplegikern doppelt so hoch ist wie bei den Tetraplegikern. Hinsichtlich der Todesursachen stehen bei den Tetraplegikern die pulmonalen Komplikationen im Vordergrund, während die Gruppe der Paraplegiker sich kaum von Fußgängern unterscheidet [3].

Klassifikation Klassifiziert werden Rückenmarkläsionen zum einen anhand der nach dem letzten vollkommen erhaltenen Segment definierten Läsionshöhe, zum anderen gemessen am Ausmaß der neurologischen Ausfälle wie z. B. mittels einer Einteilung der American Spinal Injury Association (ASIA) (q Tab. 1).

Diagnostik und Therapie



Zeitnah nach Aufnahme Bei Aufnahme eines Patienten mit Verdacht auf Läsion des Rückenmarks muss neben der Immobilisation (bei wachen, unruhigen Patienten wenn nötig auch medikamentös unterstützt) möglichst zeitnah eine entsprechende Diagnostik, wenn erforderlich inklusive MRT, erfolgen. Begleitverletzungen müssen abgeklärt und – sofern lebensbedrohlich – mit Priorität behandelt werden [1, 4–6]. Operative Stabilisierung Eine Notfallindikation zur operativen Stabilisierung der verletzten Wirbelsäule besteht bei einer zunehmenden neurologischen Störung. ▶ Ob eine möglichst frühe operative Stabilisierung bzw. Dekompression zu einem besseren neurologischen Ergebnis führt, ist noch nicht abschließend bewiesen, gilt jedoch zumindest bei Verletzungen im Halsmarkbereich als wahrscheinlich.

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Gesa Leyk* • Sven Hirschfeld* • Ralf Böthig • Ute Willenbrock • Roland Thietje • Stefan Lönnecker • Markus Stuhr

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Für die Indikation zur Gabe von Methylprednisolon besteht bei akuter Rückenmarkverletzung zurzeit keine Evidenz.

Klassifikation der Rückenmarkläsion nach ASIA Grad

neurologische Einschränkung

A

komplette Lähmung: ▶ keine motorische oder sensible Funktion in den Segmenten S4/5

B

sensibel inkomplette Lähmung: ▶ erhaltene Sensibilität in den sakralen Segmenten S4/5

C

motorisch inkomplette Lähmung: ▶ Restmotorik unterhalb des neurologischen Niveaus ▶ > 50 % der Kennmuskeln unterhalb des neurologischen Niveaus haben einen Kraftgrad < 3

D

motorisch inkomplette Lähmung: ▶ Restmotorik unterhalb des neurologischen Niveaus ▶ > 50 % der Kennmuskeln unterhalb des neurologischen Niveaus haben einen Kraftgrad ≥ 3

E

normal: ▶ normale Motorik der Kennmuskeln und normale Sensibilität ▶ pathologische Reflexe können persistieren

Zu erwartende Komplikationen beim frisch Hochquerschnittgelähmten Allgemein



Schwerwiegende Komplikationen Grundsätzlich kann es bei frischen Rückenmarkläsionen zu einer Reihe schwerwiegender und lebensbedrohlicher, u. a. kardiopulmonaler und gastrointestinaler Komplikationen kommen. Diese sind umso ausgeprägter, je ausgedehnter und höher die spinale Läsion ist [1, 5, 7–9]. ▶ Daher sollte jeder Patient mit frischer QSL – unabhängig ob traumatisch oder nicht traumatisch, komplett oder inkomplett – zunächst auf einer Intensivstation betreut werden. Monitoring Die Patienten benötigen ein an die Läsionshöhe (q Tab. 2) angepasstes, engmaschiges, umfangreiches und teils invasives Monitoring insbesondere der kardiopulmonalen Funktionen inklusive der für Diagnostik und Therapie entsprechenden notwendigen Zugänge. Das gilt v. a. für Patienten mit zervikaler oder hochthorakaler QSL. ▶ Der neurologische Status muss in regelmäßigen kurzen Abständen kontrolliert werden, um frühzeitig eine eventuelle Zunahme der spinalen Läsionshöhe (z. B. durch Einblutung oder Ödembildung) zu erkennen [1].

Anforderungen an eine Klinik Die Versorgung von Querschnittpatienten erfordert eine interdisziplinäre und berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit und stellt damit besondere Anforderungen an Logistik und Organisation des Krankenhausaufenthalts. Auch rehabilitative Maßnahmen sollten nach Stabilisierung des Patienten bereits auf der Intensivstation beginnen. Eine frühzeitige Verlegung zur Behandlung in spezialisierte Zentren, die routiniert in der Prävention, Erkennung und Behandlung der typischen Komplikationen sind, führt zu einer geringeren Mortalitätsrate sowie einem besseren neurologischen Outcome und sollte daher immer und v. a. frühzeitig angestrebt werden [1, 5].

Tab. 1 Zusammengefasste, vereinfachte Darstellung der Klassifikation der Rückenmarkläsion nach der American Spinal Injury Association (ASIA).

Grenzbereiche der spinalen Läsionshöhen mit Ausfallerscheinungen spinale Läsionshöhe

betroffene Bereiche

oberhalb C3

▶ Tetraplegie / -parese ▶ Ausfall sämtlicher Atemmuskulatur, keine Spontanatmung möglich

C3–5

▶ Tetraplegie / -parese ▶ Ausfall großer Anteile der Atemmuskulatur, respiratorische Insuffizienz mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, im Verlauf oft rückläufig

oberhalb Th6

▶ Paraplegie / -parese ▶ Ausfall der sympathischen kardialen Steuerung, Überwiegen des Vagotonus, gestörte Vasomotorik unterhalb der Läsionshöhe (untere Extremitäten und innere Organe)

unterhalb Th6

▶ Paraplegie / -parese ▶ ungestörte Atmung und kardiale Steuerung, aber gestörte Vasomotorik der unteren Extremitäten

Tab. 2 Übersicht über wichtige Grenzbereiche der spinalen Läsionshöhen mit zugehörigen Ausfallerscheinungen.

Querschnittgelähmtenzentren Auf der Seite der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegiologie e. V. (DMGP) kann man eine Tabelle mit anerkannten Querschnittgelähmtenzentren in Deutschland, der Schweiz und Österreich einsehen (q www.dmgp.de > Behandlungszentren). Jede frische Querschnittlähmung kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen und sollte daher initial auf einer Intensivstation überwacht werden.

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Gesichert ist, dass die frühzeitige Stabilisierung der verletzen Wirbelsäule eine rasche Mobilisation des Patienten ermöglicht. Neben der früheren Aufnahme rehabilitativer Behandlungen können so immobilisationsbedingte Komplikationen reduziert werden [2, 5].

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Fachwissen Auswirkungen im kardiovaskulären System



Rhythmusstörungen Bei Läsionen oberhalb von Th6 kommt es durch die gestörte bzw. unterbrochene sympathische kardiale Innervation zu einer hypo- oder asympathotonen Kreislaufdysregulation unter alleiniger kardialer Steuerung durch den N. vagus. Dabei ist die Hypotonieund Bradykardieneigung teilweise sehr ausgeprägt, bis hin zur Indikation für die Anlage eines passageren Herzschrittmachers. Auch andere Rhythmusstörungen wie AV-Blockierungen, Repolarisationsstörungen, aber auch gelegentlich auftretende supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien sind zu beobachten [1, 4, 7]. ▶ Aufgrund des sympathischen Einflusses sowie des fehlenden Feedbacks der Barorezeptoren unterhalb der Rückenmarkläsion kommt es durch die gestörte Vasomotorik zu einem venösen Pooling in den unteren Extremitäten. Dieser Mechanismus wird noch verstärkt durch die dort zusätzlich fehlende Muskelaktivität [4, 7]. Das Ausmaß der Dysregulation steht dabei in Relation zu Höhe und dem Schädigungsausmaß des spinalen Schadens – so kommt es bei einer nur partiellen Schädigung des Rückenmarks in der Regel zu einer deutlich weniger starken Dysregulation. Liegt die Rückenmarkläsion tiefer als Th6, ist die kardiale Regulation normal. Dennoch können durch die gestörte Vasomotorik ausgeprägte orthostatische Probleme auftreten [7]. Die Entwicklung der kardiovaskulären Komplikationen ist meist in den ersten 24 Stunden nach der Schädigung des Rückenmarks zu erwarten, die max. Prävalenz nach ungefähr 4 Tagen. Die Störungen halten in der Regel 4–6 Wochen an [1].

Monitoring und Therapie Wichtig ist daher das engmaschige und genaue Monitoring kardialer und hämodynamischer Parameter. Ein neurogener Schock muss ebenso wie Rhythmusstörungen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Empfohlen wird hierzu eine bilanzierte, differenzierte Flüssigkeits- und Katecholamintherapie zum Erhalt einer Euvolämie unter strikter Vermeidung einer Volumenüberladung [1, 4, 7]. ▶ Positive Auswirkungen auf die funktionelle Prognose haben der Erhalt des MAD > 85 mmHg [7] sowie eine ausreichende Oxygenierung [1, 4].

Auswirkungen auf das respiratorische System



Einteilung der Muskulatur Die für eine eigenständige Atmung, das Husten sowie die Sicherung des Atemwegs notwendige Muskulatur kann funktionell grob in 3 Gruppen unterteilt werden.

1. Eine Gruppe sind die für die Inspiration genutzten Muskeln und Hilfsmuskeln, allen voran das Zwerchfell mit der Innervation aus C3–5, Teile der Interkostalmuskeln mit der Innervation jeweils auf segmentaler Höhe und als Hilfsmuskulatur Brust- und Halsmuskulatur mit der Innervation meist ab C3–5 bis in den oberen thorakalen Bereich. 2. Eine weitere Gruppe ist die exspiratorisch genutzte Muskulatur, v. a. die Bauchmuskulatur mit Innervationen aus dem thorakalen Bereich, die für einen kräftigen Hustenstoß benötigt wird. 3. Die 3. Gruppe ist die Schlundmuskulatur, die durch die Hirnnerven IX (N. glossopharyngeus) und X (N. vagus) angesteuert wird und den Atemweg sichert, durch Verschluss und Öffnen der Stimmritze den Hustenstoß unterstützt und den Schluckakt durchführt [10].

Auswirkungen der Läsion Je nach Läsionshöhe verlieren querschnittgelähmte Patienten somit ganz oder teilweise die Fähigkeit von Einatmung, Ausatmung, Hustenstoß und Atemwegssicherung bzw. zum Schluckakt. Die verringerte Vitalkapazität (VK) bei geschwächter Inspiration führt zu Atelektasen, während der abgeschwächte oder nicht mehr vorhandene Hustenstoß bronchialen Sekretstau mit konsekutiv erhöhter Infektanfälligkeit zur Folge hat. Bei einer begleitend vorhandenen Schluckstörung muss mit rezidivierenden Aspirationen gerechnet werden [4, 10]. Patienten mit einer Läsion oberhalb C3 erleiden in der Regel am Unfallort einen Atemstillstand. Werden diese Patienten nicht rechtzeitig beatmet (durch Ersthelfer oder Rettungsdienst), präsentieren sie sich typischerweise mit Kreislaufstillstand. Bei Patienten mit Läsionen oberhalb C4 ist ebenfalls mit der Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz zu rechnen, die aber im Verlauf oft rückläufig ist. Bei etwa 40 % der tetraplegischen Patienten können Schluckstörungen nachgewiesen werden – ergänzende Risikofaktoren hierfür sind einliegende Ernährungssonden, Trachealkanülen und hohes Alter [11]. Eventuell wird eine Sicherung des Atemwegs auch aufgrund von Begleitverletzungen im Halsbereich (Ödembildung, Schwellung, Blutung) notwendig. ▶ Erschwerend für die Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz kommen thorakale Begleitverletzungen wie z. B. Lungenkontusionen oder Rippenfrakturen hinzu [4]. Eigenatmung Wichtigstes Kriterium für die Beurteilung der noch vorhandenen Eigenatmung ist die wiederholt gemessene VK bzw. im Alltag die Messung des Atemzugvolumens mittels Spirometer. Aber auch die kontinuierliche Messung von SpO2 (pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung) und Atemfrequenz, engmaschig durchgeführte Blutgasanalysen sowie die immer wieder neue klinische Beurteilung des Patienten

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Maschinelle Beatmung Grundsätzliche Möglichkeiten der maschinellen Unterstützung bei respiratorischer Insuffizienz sind die Intubation und bei Bedarf im Verlauf die Tracheotomie. Bei erhaltenen Schutzreflexen und Schluckfähigkeit kann auch eine nicht invasive Beatmung (NIV) mittels Maske oder Mundstück in Betracht gezogen werden [10]. ▶ Dieses Verfahren sollte erfahrenen Zentren vorbehalten sein und setzt unbedingt erhaltene Schutzreflexe und teilweise auch die Beweglichkeit von Kopf und Hals (selbständiges Erreichen des Mundstücks) sowie einen ausreichenden Lippenschluss voraus [10]. Der Einsatz von NIV bedarf einer sorgfältigen Sekretmobilisation mittels Lagerungstherapie und MAC-Verfahren (mechanically assisted coughing). Inwieweit die NIV zukünftig im Hinblick auf schwer von einer Beatmung entwöhnbare Patienten eine größere Rolle spielen kann, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen [10]. Intubation Eine Intubation sollte wann immer möglich elektiv unter geordneten Verhältnissen stattfinden. ▶ Verfahren der Wahl ist bei noch instabiler Wirbelsäule die fiberoptische Wachintubation durch erfahrenes Personal, um die Halswirbelsäule möglichst nicht zu bewegen. Falls eine notfallmäßige Intubation unabwendbar ist, sollte eine Rapid Sequence Induction (RSI) unter Inline-Stabilisierung der Halswirbelsäule durchgeführt werden. Für eine schonende Intubation ist hier auch der Einsatz der Videolaryngoskopie zu erwägen. Eine Hyperextension ist bei

Indikationen zur Intubation/maschinellen Beatmung absolute Indikationen:

▶ ▶ ▶ ▶

kompletter Querschnitt oberhalb von C5 starke Atemnot Sättigungsabfälle trotz Sauerstoffzufuhr respiratorische Azidose

relative Indikationen:

▶ Kurzatmigkeit ▶ VK < 10 ml/kg oder abnehmende VK ▶ Notwendigkeit für längere Transporte

der Intubation zu vermeiden [4]. Aufgrund der vagotonen Übersteuerung sollte Atropin bei Manipulationen an Rachen und Trachea bereits aufgezogen bereitliegen [4]. ▶ Extubationsversuche können bei diesen Patienten aufgrund mangelnder Erfahrung außerhalb von Zentren häufig zur Notwendigkeit der Reintubation führen.

Tab. 3 Indikationen zur Intubation und maschinellen Beatmung bei Patienten mit zervikalem Querschnitt, Daten aus [3]. VK = Vitalkapazität.

Tracheotomie Beim intubierten beatmeten Patienten muss im Verlauf auch eine Tracheotomie in Betracht gezogen werden. Diese sollte, wenn notwendig, zu einem frühen Zeitpunkt erfolgen, um die typischen Komplikationen einer Langzeitbeatmung per Tubus wie z. B. Trachealstenosen zu reduzieren und die Vorteile des Verfahrens zu nutzen (kürzere Sedierungszeit, früherer Einstieg ins Weaning [12], geringere Atemarbeit für den Patienten, Möglichkeit einer Sprechfunktion – und damit insgesamt kürzere Beatmungszeiten und einen verkürzten Intensivaufenthalt). Hierfür können sowohl chirurgische als auch dilatative Verfahren sicher angewendet werden [2, 13]. ▶ Bei zu erwartender Langzeitbeatmung sollte ein chirurgisches Verfahren bevorzugt werden. Bei Patienten mit frischem zervikalen oder hochthorakalen Querschnitt muss stets mit der Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz mit der Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung sowie der Atemwegssicherung gerechnet werden.

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sind in der ersten Zeit notwendig. Die Sauerstoffzufuhr sollte bedarfsangepasst sein mit dem Ziel einer SpO2 ≥ 95 %, bei Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz sollte – insbesondere bei adipösen Patienten – frühzeitig eine mechanische Unterstützung anstatt einer stetigen Erhöhung der Sauerstoffzufuhr erwogen werden (q Tab. 3) [10].

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I Fehlende Eigenatmungsfähigkeit Limitierend für die Eigenatmungsfähigkeiten der Patienten ist die Innervation der Zwerchfellmuskulatur, die aus den Wurzeln C3 und C4 gespeist wird. Liegt die Lähmung auf diesem Niveau oder oberhalb, müssen die Patienten häufiger als auf anderen Lähmungsniveaus dauerbeatmet werden. Was früher eine Domäne der Intensivstationen war, ist heute technisch (Respiratorgeräte) und personell (ambulante Intensivpflege) auch im vertrauten häuslichen Umfeld des Patienten machbar [14]. Erst seit Mitte der 1990er-Jahre ist die Entlassung hochquerschnittgelähmter dauerbeatmeter Patienten in die häusliche Umgebung mit einer 24 hBetreuung möglich [15, 16]. Neue Entwicklungen und Therapieoptionen wie der Phrenicus-Nervenstimulator erhöhen zudem die Lebensqualität der Betroffenen, senken signifikant die Rate respiratorischer Komplikationen und auch die laufenden Kosten der dauerhaften Beatmungstherapie [17].

Gastrointestinale Komplikationen



Ernährung und Therapie Initial besteht oft ein neurogener Ileus, der konsequent therapiert werden muss. Eine regelmäßige Stuhlentleerung (empfohlen alle 2 Tage) durch Gabe von Suppositorien und ggf. Prostigmin ist obligat. Die Ernährung solcher Patienten muss in der Regel kombiniert enteral / parenteral erfolgen, um den notwendigen hohen Kalorienbedarf (z. B. durch Weaning) zu decken. Eine frühzeitige PEG-Anlage sollte in Betracht gezogen werden, auch in Bezug auf vorhandene oder durch nasogastral einliegende Ernährungssonden verursachte Schluckstörungen. Später besteht eher Obstipationsneigung, aber auch paradoxe Diarrhoen sind möglich. Die Patienten sind in der Regel stuhlinkontinent. Aufgrund der verminderten viszeralen Schmerzempfindung kann es zur unbemerkten Entwicklung von Ulcera kommen, daher wird eine Ulkusprophylaxe mit PPI empfohlen [1].

Thrombembolische Risiken



Prophylaxe Alle Querschnittpatienten haben ein sehr hohes Risiko für thrombembolische Ereignisse, daher ist eine frühe und effiziente Thrombembolieprophylaxe indiziert. Spezielle Leitlinien für Querschnittpatienten existieren jedoch bisher nicht [1, 7]. In spezialisierten Zentren werden bereits bei Aufnahme Screening-Sonografie-Untersuchungen durchgeführt.

Urologische Komplikationen



Katheter-Drainage Im Rahmen des spinalen Schocks kommt es in den meisten Fällen zunächst zu einer Akontraktilität des Detrusors, klinisch als Harnverhalt imponierend. Um drohende Frühkomplikationen infolge einer Harnblasenüberdehnung zu verhindern (Nierenstauung, Niereninsuffizienz, Pyelonephritis, Urosepsis), muss primär eine Katheter-Drainage der Harnblase angelegt werden. Die Anlage eines suprapubischen Katheters vermeidet die urethralen Risiken des Harnröhren-Dauerkatheters und sollte stets erwogen werden, wenn absehbar ist, dass die Notwendigkeit einer Dauerableitung der Harnblase länger als 7 Tage bestehen wird. Auch die meist notwendige Flüssigkeitsbilanzierung des frisch querschnittgelähmten Patienten erfordert die Dauerableitung der Harnblase.

Dauerkatheter Grundsätzlich muss die Dauerableitung der Harnblase auf die unbedingt notwendige Dauer begrenzt werden [18]. ▶ Es gilt der Grundsatz, dass die Indikation für (insbesondere den transurethralen) Dauerkatheter täglich überprüft werden muss. Wenn keine Bilanzierung mehr notwendig ist und die täglichen Ausscheidungsmengen etwa 2500 ml nicht überschreiten, soll auf den intermittierenden Einmal-Katheterismus (aseptischer Fremdkatheterismus) übergegangen werden [19]. Dieser muss 4–6-mal täglich erfolgen, die Entleerungsmengen sollen 500 ml nicht überschreiten [20]. Voraussetzung ist natürlich u. a. die Katheterisierbarkeit der unteren Harnwege. Antibiotische Therapie Bei einliegendem transurethralem oder suprapubischem Dauerkatheter ist mit einer Bakteriurie zu rechnen. Eine antibiotische Therapie ist nur bei klinischen Symptomen (insbesondere Fieber) [21] notwendig, das individuelle Keimspektrum muss für diesen Fall allerdings bekannt sein (Urinkultur) [22]. Vor Beginn einer antibiotischen Therapie müssen andere Ursachen des Fiebers (z. B. Pneumonie) [23] ausgeschlossen werden. Eine antibiotische Prophylaxe oder Blasenspülungen über einen Dauerkatheter bieten keinen Vorteil und sollten vermieden werden [24]. Neuro-urologische Expertise anfordern Da das neurologische Niveau der Rückenmarkschädigung meist Rückschlüsse auf die zu erwartende Art der Blasenlähmung zulässt, sollte bei länger anhaltender Intensivtherapie rechtzeitig neuro-urologische Expertise hinzugezogen werden, um die notwendige Diagnostik nicht zu verzögern und ggf. frühzeitige Weichenstellungen (z. B. Beginn einer anticholinergen Therapie) zu ermöglichen.

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Langzeitbeatmung



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Therapie Infektionen müssen frühzeitig erkannt und konsequent behandelt werden. Chirurgische Herdsanierung und Antibiotikatherapie folgen den allgemein anerkannten Richtlinien und unterscheiden sich nicht von der Behandlung anderer Patienten. Fieber / Thermoregulation Nur der Bewertung des Fiebers als eines der Leitsymptome einer Infektion kommt bei querschnittgelähmten Patienten eine besondere Bedeutung zu: Aufgrund der gestörten Kontrolle der Thermoregulation in den gelähmten Körperregionen kann eine Erhöhung der Körperkerntemperatur allein schon durch die fehlende Regulationsmöglichkeit bei erhöhter Umgebungstemperatur entstehen, z. B. bei einem zugedeckten Patienten. ▶ Die alleinige Erhöhung der Körperkerntemperatur ohne zusätzliche Befunde (Klinik, Labor, Bildgebung) darf keine Medikation mit Antibiotika zur Folge haben, ohne das Vorliegen einer behinderten Wärmeabgabe ausgeschlossen zu haben. Eine prophylaktische Verordnung von Antibiotika wegen den bei Querschnittlähmung gehäuft auftretenden pulmonalen Infekten ist nicht indiziert.

Veränderungen der Reflexe Autonome Dysreflexie bei Läsionen oberhalb Th6



Lebensbedrohliche Krisen Durch Stimulierung des sympathischen Nervensystems unterhalb der Rückenmarkläsion kann es zu einer unkontrollierten Vasokonstriktion im Splachnikus-Stromgebiet kommen, gefolgt von einem teilweise dramatischen, krisenhaften Blutdruckanstieg und einer Vagus-vermittelten Bradykardie bis hin zur Asystolie [25]. Diese u. U. lebensbedrohlichen Krisen sind zwar eher für das chronische Stadium einer Querschnittlähmung (mit Lähmungsniveau unterhalb D6 oder höher) typisch, können aber auch im Akutstadium vorkommen [26]. Klinische Zeichen sind u .a. ein oft hämmernder Kopfschmerz und profuses Schwitzen oberhalb des Lähmungsniveaus, besonders im Gesicht.

Häufigster Auslöser ist eine Überdehnung der Harnblase, z. B. durch einen abgeknickten Katheter. Aber auch andere Trigger wie eine MastdarmDehnung oder endotracheales Absaugen können Episoden der autonomen Dysreflexie auslösen.

▶ Wichtigste therapeutische Maßnahme ist das sofortige Beseitigen der triggernden Ursache (z. B. Blasen-Sonografie), ggf. gefolgt von einer (nicht zu raschen) medikamentösen Blutdrucksenkung [27].

Kontrakturen, Dekubiti, Spastiken, Mobilisation & Physiotherapie



Lagerungen und Physiotherapie Für alle Querschnittgelähmten ist eine qualitativ gute und strukturierte Dekubitus- und Kontrakturprophylaxe notwendig, die funktionell angepasste Lagerungen im 2–3-stündlichen Wechsel sowie Physiotherapie mit aktiver und passiver Bewegung beinhaltet. Drehungen sollten en bloc und – besonders bei noch vorhandener Instabilität oder Unklarheit bzgl. der Stabilität – nur durch Fachpersonal durchgeführt werden.

Spastischer Muskeltonus Einige Tage bis Wochen nach spinalem Schock kann es zur Entwicklung eines spastischen Muskeltonus und auch zu einschießenden Spastiken kommen. ▶ Spasmolytische Medikamente sollten nur bei echter Notwendigkeit (funktionelle Verschlechterung, Schmerzen) angewendet werden. Training Sehr wichtig ist die Erhaltung und der erneute Ausbau der verbliebenen motorischen Fähigkeiten durch gezieltes funktionelles Training, Einbindung der Ergotherapie (u. a. bzgl. Schienenversorgung zur frühzeitigen Etablierung einer Funktionshand) sowie Lokomotionstraining. Mobilisation ins Sitzbett, an die Bettkante oder in den Stuhl sind im Sinne eines Kreislauftrainings notwendig. ▶ Besonders bei den ersten Mobilisationsversuchen ist jedoch der Kreislauf der limitierende Faktor und es sind ggf. unterstützend Medikamente zur Durchführung nötig [1].

Schmerzen und Psyche Analgesie und psychologische Betreuung Grundsätzlich sollte frühzeitig eine ausreichende Analgesie erfolgen, um einer Chronifizierung der Schmerzen vorzubeugen – möglichst ohne Opiate aufgrund der ohnehin reduzierten Darmmotilität [1]. Die Begleitung von Querschnittgelähmten durch Psychologen und Seelsorger, die den Patienten bereits in der Akutphase auf der Intensivstation kennenlernen, dann aber auch langfristig im Rehabilitationsverlauf den Kontakt halten, ist eine notwendige Ergänzung zum oft vorhandenen sozialen Netz der Patienten.

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Antiinfektive Therapie und Temperaturregulation

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Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Fazit Bei der QSL kann es zu Komplikationen kommen, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordern. Spezielles Wissen über die Besonderheiten der Behandlung sowie die möglichen Komplikationen ist für eine gute Versorgung hier unerlässlich. ◀

Gesa Leyk1*, Dr. med. Sven Hirschfeld2*, Dr. med. Ralf Böthig3, Dr. med. Ute Willenbrock1, PD Dr. med. Roland Thietje2, Dr. med. Stefan Lönnecker1, Dr. med. Markus Stuhr1 1

BG Unfallkrankenhaus Hamburg, Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Rettungsmedizin, Zentrum für Schmerztherapie, Hamburg

2

BG Unfallkrankenhaus Hamburg, Querschnittgelähmtenzentrum, Hamburg

3

BG Unfallkrankenhaus Hamburg, Abteilung für NeuroUrologie, Querschnittgelähmtenzentrum, Hamburg

*Gesa Leyk und Sven Hirscheld haben zu gleichen Teilen zum Manuskript beigetragen.

Kernaussagen ▶ Eine Querschnittlähmung kann traumatisch oder nicht traumatisch entstehen. ▶ Bei spinalen Läsionen im zervikalen oder hochthorakalen Bereich kann es zu einer Reihe schwerwiegender, teils lebensbedrohlicher Komplikationen kommen, allen voran zu Störungen im kardiovaskulären System wie Hypotonien und Bradykardien. ▶ Bei entsprechender Lähmungshöhe ist im Akutstadium jederzeit mit einer respiratorischen Insuffizienz mit konsekutiver Entwicklung einer maschinellen Beatmungspflicht zu rechnen. Daher sollten diese Patienten auf einer Intensivstation überwacht werden. ▶ Aufgrund der Komplexität der Verletzung oder Erkrankung und der Prävention, Diagnostik und Behandlung von Komplikationen sollten frisch querschnittgelähmte Patienten frühzeitig einem spezialisierten Zentrum zugeführt werden.

Literaturverzeichnis

VNR 2760512014144214839

1 Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie „Querschnittlähmung“. 2012 2 Mann V et al. Polytraumaversorgung auf der Intensivstation. Anaesthesist 2010; 59: 739–764 3 Thietje R et al. Woran sterben Querschnittgelähmte heute? – Eine Nachuntersuchung von 102 Fällen. Rehabilitation 2011; 50: 251–254 4 Stein DM et al. Emergency neurological life support: traumatic sine injury. Neurocrit Care 2012; 17: 102–111 5 Fehlings MG et al. A series of systematic reviews to the treatment of acute spinal cord injury: a foundation for best medical practice. J Neurotrauma 2011; 28: 1329– 1333 6 O’Phelan KH et al. Emergency neurological life support: spinal cord compression (SCC). Neurocrit Care 2012; 17: 96–101 7 Furlan JC, Fehlings MG. Cardiovascular complications after acute spinal cord injury: pathophysiology, diagnostics, and management. Neurosurg Focus 2008; 25: 1–15 8 Münster T, Schmitt HJ. Anästhesiologische Aspekte bei Patienten mit Erkrankungen der neuromuskulären Einheit. Anästhesie Intensivmedizin 2006; 47: 722–741 9 Gerbershagen MU, Wappler F. Anästhesie bei neuromuskulären Erkrankungen. Anaesthesist 2010; 10: 953–967 10 Bach JR. Noninvasive respiratory management of high level spinal cord injury. J Spinal Cord Med 2012; 35: 72–80 11 Shem K et al. Dysphagia in individuals with tetraplegia: incidence and risk factors. J Spinal Cord Med 2011; 34: 85–92 12 Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. S2k-Leitlinie „Prolongiertes Weaning“ (AWMF Register 020/015); Kapitel 5.8. „Besonderheiten bei Querschnittlähmung“ 13 Ganuza JR et al. Effect of technique and timing of tracheostomy in patients with acute traumatic spinal cord injury undergoing mechanical ventilation. J Spinal Cord Med 2001; 34: 76–84 14 Hirschfeld S et al. Langzeitbeatmung querschnittgelähmter Patienten – Ergebnisse und Ausblicke aus 25 Jahren Erfahrung mit klinischer und außerklinischer Beatmung. Trauma Berufskrankh 2010; 12: 177–181

15 Giesecke J. Finanzierung der ambulanten Pflege bei maschineller Beatmung/Teil 1. Not 2000; 5: 22 16 Giesecke J. Finanzierung der ambulanten Pflege bei maschineller Beatmung/Teil 2. Not 2000; 6: 28 17 Hirschfeld S et al. Mechanical ventilation or phrenic nerve stimulation for treatment of spinal cord injury-induced respiratory insufficiency. Spinal Cord 2008; 46: 738–742 18 Tenke P et al. European and Asian guidelines on management and prevention of catheter-associated urinary tract infections. Int J Antimicrob Agents 2008; 31 Suppl 1: S68– 78 19 Böthig R, Geng V, Kurze I. Management und Durchführung des Intermittierenden Katheterismus bei Neurogenen Blasenfunktionsstörungen. S2k-Leitlinie AWMF 043/048. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/043-048.html 20 Pannek J et al. Guidelines on Neuro-Urology. EAU 2014. http://www.uroweb.org/gls/pdf/21%20Neuro-Urology_ LR.pdf 21 Everaert K et al. Urinary tract infections in spinal cord injury: prevention and treatment guidelines. Acta Clin Belg 2009; 64: 335–340 22 D’Hondt F, Everaert K. Urinary tract infections in patients with spinal cord injuries. Curr Infect Dis Rep 2011; 13: 544–551 23 Grabe M et al. Guidelines on Urological Infections. EAU 2014; http://www.uroweb.org/gls/pdf/19%20Urological %20infections_LR.pdf 24 Waites KB et al. Evaluation of 3 methods of bladder irrigation to treat bacteriuria in persons with neurogenic bladder. J Spinal Cord Med 2006; 29: 217–226 25 Krassioukov A et al. Autonomic dysreflexia following spinal cord injury. In: Eng JJ, Teasell RW, Miller WC et al, eds. Spinal Cord Injury Rehabilitation Evidence. Version 5.0. Vancouver 2014: 1–35 26 Jain A et al. Severe autonomic dysreflexia induced cardiac arrest under isoflurane anesthesia in a patient with lower thoracic spine injury. J Anaesthesiol Clin Pharmacol 2013; 29: 241–243 27 http://www.scireproject.com/sites/default/files/autonomic_ dysreflexia.pdf

Leyk G, Hirschfeld S, Böthig R et al. Die Querschnittlähmung – Intensivmedizinische Aspekte. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2014; 49: 506–512

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CME

Die Querschnittlähmung Intensivmedizinische Aspekte

Welche Aussage ist falsch?

1 Häufige Ursachen für die nicht traumatische Querschnittlähmung sind: A B C D E

B C

D

2 A B C D E

Welche Antwort zum Vorgehen bei Aufnahme eines Patienten mit Verdacht auf eine Läsion des Rückenmarks ist falsch? Der Patient sollte immobilisiert werden. Begleitverletzungen müssen abgeklärt werden. Zeitnah ist eine entsprechende Diagnostik durchzuführen. Lebensbedrohliche Begleitverletzungen müssen sofort behandelt werden. Ein MRT ist nicht notwendig.

Was ist keine absolute Indikation zur Intubation /

3 maschinellen Beatmung? A B C D E

Sättigungsabfälle trotz Sauerstoffzufuhr Kurzatmigkeit respiratorische Azidose starke Atemnot kompletter Querschnitt oberhalb von C5

4 Welche Aussage ist falsch? A B C D E

Bei einer Läsion zwischen C3–5 ist mit einer ungestörten Atmung zu rechnen. Bei einer Läsion oberhalb Th6 fällt die sympathische kardiale Steuerung aus. Bei einer Läsion unterhalb Th6 kann der Patient ungestört atmen. Bei einer Läsion oberhalb C3 ist keine Spontanatmung möglich. Bei einer Läsion oberhalb Th6 überwiegt der Vagotonus.

Welche Aussage zur Intubation bei Querschnittlähmung

5 ist falsch? A B C D E

Die fiberoptische Wachintubation durch erfahrenes Personal ist das Verfahren der Wahl. Für eine schonende Intubation ist der Einsatz der Videolaryngoskopie zu erwägen. Eine Rapid Sequence Induction (RSI) sollte möglichst nicht durchgeführt werden. Eine Hyperextension ist bei der Intubation zu vermeiden. Aufgrund der vagotonen Übersteuerung sollte Atropin bei Manipulationen an Rachen und Trachea bereits aufgezogen bereitliegen.

6 Was ist kein Vorteil der Tracheotomie? A B C D E

reduziert Trachealstenosen Möglichkeit einer Sprechfunktion kürzere Sedierungszeit Stabilisierung der Wirbelsäule früherer Einstieg ins Weaning

CME

I

7 Welche Aussage zu Harnkathetern ist korrekt? A

Neoplasien Multiple Sklerose allergische Reaktion systemische Autoimmunerkrankungen spinale Durchblutungsstörungen

513

E

Die Indikation für (insbesondere den transurethralen) Dauerkatheter muss wöchentlich überprüft werden. Eine Katheter-Drainage der Harnblase ist nicht sofort notwendig. Die Anlage eines suprapubischen Katheters sollte erwogen werden, wenn absehbar ist, dass die Notwendigkeit einer Dauerableitung der Harnblase länger als 30 Tage bestehen wird. Bei einliegendem transurethralen oder suprapubischen Dauerkatheter ist mit einer Bakteriurie zu rechnen. Der intermittierende Einmal-Katheterismus muss 1–2-mal täglich durchgeführt werden, die Entleerungsmengen sollen 500 ml nicht überschreiten.

Welche Aussage zu gastrointestinalen Komplikationen

8 ist falsch? A B C D E

Initial besteht bei den Patienten oft ein neurogener Ileus. Die Patienten sind in der Regel stuhlinkontinent. Die Ernährung der Patienten muss ausschließlich enteral erfolgen. Es kann leicht zur Bildung von Ulzera kommen. Es können Schluckstörungen auftreten.

9 Welche Aussage zur Temperaturregulation ist korrekt? A B C D E

Die Kontrolle des thermoregulatorischen Schwitzens ist nicht betroffen. Häufig tritt Kältezittern auf. Hyperthermien können auftreten. Hypothermien treten nicht auf. Die Beurteilung der Körpertemperatur birgt keine Besonderheiten.

Welche Aussage zur Mobilisation und Psyche der

10 betroffenen Patienten ist falsch? A B C D E

Wichtig ist ein funktionelles Training zum Erhalt und gezielten Ausbau der verbliebenen motorischen Fähigkeiten. Seelsorger und Psychologen sind eine wichtige Ergänzung zur Unterstützung durch Angehörige. Ergotherapie (u. a. bzgl. Schienenversorung zur frühzeitigen Etablierung einer Funktionshand) ist sehr sinnvoll. Ein Kreislauftraining erfordert die Mobilisation ins Sitzbett, an die Bettkante oder in den Stuhl. Zur ausreichenden Analgesie zur Vorbeugung einer Chronifizierung der Schmerzen bieten sich Opiate an.

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CME-Fragen – Die Querschnittlähmung – Intensivmedizinische Aspekte. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2014; 49: 513

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Fachwissen

[Spinal cord injury (SCI) - Aspects of intensive medical care].

With 2000 new cases/year in Germany spinal cord injury (SCI) is quantitatively less important for intensive care medicine than, e.g., sepsis. But, due...
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