Ubersichts- und Fortbildungsaufsätze Tränenfilmdiagnostik bei Ko ntaktlinsenträgern * M. A. Lemp, J. B. Gold Center for Sight, Georgetown University Medical Center Washington, D. C. USA (Direktor: Prof. Dr. Michael A. Lemp)
Herrn Prof. Dr. Rolf Marquardt zum 65. Geburtstag gewidmet
Zusammenfassung
Da Kontaktlinsen eine besonders enge Beziehung zum prakornealen Tranenfilm aufweisen, kommt der qua!itativen und quantitativen Tranenfilmdiagnostik eine besondere Bedeutung bei der Kontaktlinsenanpassung zu. In der vorliegenden Ubersicht werden anamnestische Aspekte, diagnostische Methoden und grundlegende Aspekte aufgefuhrt, die vor einer erfoigreichen Kontaktlinsenanpassung zu beachten sind
und die es ermoglichen, Risikofaktoren zu erkennen
barkeit von Sauerstoff wird begrenzt (22), der biochemische Stoffwechsel der Hornhaut wird gestort (25), em Austausch der TranenflUssigkeit wird behindert, oberflch1iche Hornhautze!len werden abradiert (14) und die Austrocknung der Hornhautoberflache wird verstarkt (4). Alle diese Veranderungen pradisponieren das Auge zu mi!den Irritationen bis hin zu ernsthaften lnfektionen. Die gute Vertraglichkeit einer Kontaktlinse hangt zwar von vie!en Faktoren ab, aber die Existenz eines entsprechenden prakornealen Tranenfi!ms stelit eine der wesentlichen Voraussetzungen dar.
bzw. auszuschlieBen.
Precorneal Tear Film Diagnosis in Contact Lens Wearers
Contact lenses have an intimate relationship with the precorneal tear film and it is important to attempt to prognosticate the likelihood of successful contact lens wear by evaluating, both quantitative and qualitative aspects of the precorneal tear film. Aspects
of history diagnostic methods and general aspects
which are necessary to notice prior to contact lens fitting are described in this review.
Einleitung
Die Untersuchung des Tranenfilms stelit eine der wichtigsten Untersuchungen vor dem Anpassen von Kontaktlinsen dar. Da Kontaktlinsen eine besonders enge Beziehung zum prakornealen Tranenfilm haben, kommt der Untersuchung der qualitativen und quantitatiyen Aspekte des prakornealen Tränenfilms eine besondere Bedeutung zu, urn eine gute Vertraglichkeit der Kontaktlinsen vorherzusagen und zu gewährleisten. TrAnenmangelsyndrome stellen nicht nur einen Mange! an waBriger TranenflUssigkeit dar (die jedoch wichtig ist, urn eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Hornhautepithels zu gewahr!eisten), sondern sind des weiteren mit Veranderungen der Hornhautoberflache verbunden, was wiederurn zu einer Abwehrschwachung des Auges fQhrt und eine
Untersuchungsmethoden Anamnese
Sehr nutzliche Informationen kOnnen durch eine kurze Anamnese der bisherigen Augenerkrankungen gewonnen werden. Der Patient solite nach Beruf und Umweltbedingun-
gen befragt werden. Sind Irritationen der Augen nach Zigarettenrauch aufgetreten? Arbeitet der Patient in einer staubigen Umgebung oder wie grol) ist die Wahrscheinlichkeit einer Expo-
sition zu Fremdkorpern? Gibt es vielleicht Umstande, die das Tragen von Kontaktlinsen gefahrlich erscheinen lassen, d. h. besteht eine Exposition zu chemischen Gasen, Dmpfen oder Lo-
sungen? Gibt es Hinweise auf rezidivierende Infektionen wie z. B. eine Blepharitis oder eine Conjunctivitis? Viele Kontaktlinsentrager klagen uber Schwierigkeiten bei larigen Flugen, da im Flugzeug eirie extrern niedrige Luftfeuchtigkeit herrscht. Aus diesern Grunde stelit z. B. Flugzeugpersonal eine prognostisch Un-
ganstige Gruppe zur Anpassung von Kontakt!insen dar, insbesondere dann, wenn noch andere Risikofaktoren hinzukomrnen.
Hat der Patient bereits Erfahrungen mit Kontaktlinsen? Wenn ja, gab es Probleme mit LOsungen, Reinigungsflussigkeiten, Desinfektions- oder Aufbewahrungssystemen? Sind saisonal auftretende oder spezifische Allergene bekannt? Hande!t es sich urn eine Tei!manifestation einer generellen allergischen Disposition oder sind nur die Augen betroffen? Des weiteren ist eine Medikamentenanamnese von besonderer Wichtigkeit. Eine Reihe von Medikamenten besitzen bekanntermafien anticholinergische Nebenwirkungen. Eine der Nebenwir-
kungen dieser Pharmaka stellt die Herabsetzung der wl3rigen Tranensekretion dar.
Haufig angewandte Medikamente, die die genannten Nebenwirkungen besitzen, sind Antidepressiva und die erhöhte Anfalligkeit für Infektionen bedeutet (8). Eine bei funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen applizierten SpasKontaktlinse stelit immer einen Fremdkorper am Auge molytika; des weiteren Antihistaminika, Diuretika und eine Vieldar und wird !eicht mikrobiel! besiede!t (9). Die Verfug- zah! anderer Wirkstoffe (12). Bei den meisten Patienten mit aus-
KIm. Mbl. Augenheilk. 197 (1990) 202-206
1990 F. Enke Verlag Stuttgart
* Teilweise unterstutzt durch Research to Prevent Blindness, Inc.
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reichender Tranenproduktion kann der Einflul3 dieser Medikamente auf die Tranenproduktion vernachlassigt werden. Bei geringer oder grenzwertiger Tranenproduktion jedoch kOnnen genannte Präparate Symptome hervorrufen und dies insbesondere in Zusammenhang mit dem Gebrauch von Kontakilinsen.
AuJiere Untersuchung
Bei der Untersuchung des Tränenfilms kann diese nicht von einer Untersuchurig des Auges selbst getrennt werden. Es soliten ebenso die Lider, die Lidspalten, die Wimpern und die Lidschlul3koordination beachtet werden. Besonders soilte auf chronische EntzUndungen, wie z. B. eine Blepharitis geachtet werden. Eine haufig mit einer chronischen Blepharitis kombinierte Hauterkrankung stelit die Akne rosacea dar (3). Diese ma-
K/in. Mb/. A ugenheilk. 197 (1990) 203 scheint wichtig darauf hinzuweisen, dal3 der Fluoreszeinfarbstoff in Risse der Lipidmernbran der oberfltichlichen Epithelzellen emdringt. Somit erscheinen kieine und groi3ere intrazelluläre Risse
der wasserabstoBenden Schicht intensiv mit dem Farbstoff gefarbt. Auf der anderen Seite farbt Bengalrosa abgestorbene Zellen und Schleim. Es ist zu beachten, daJ3 diese Anfärbemethoden nicht nur zur Beurteilung der Hornhautoberfläche sondern ebenso zur Beurteilung der Bindehaut, des Bulbus und der Lidränder dienen. Desweiteren soilte auf Anomalien der Oberflache — insbesondere auf Erhebungen wie Pterygien oder Pingueculae — geachtet werden. Manchmal finden sich neben diesen Erhebungen kleinere Vertiefungen in der Hornhautperipherie.
Diese werden als Fuchs'sche Dellen bezeichnet und stellen lokalisierte Austrockungseffekte dar, die auf eine defekte Benetzung durch die Lider zuruckzufQhren sind. Bei der Untersuchung der Augenoberflache muD weiterhin auf Anzeinifestiert sich durch Teleangiektasien auf der Nase und auf der chen für chronische EntzDndungen — wie Follikel oder Papillen Wangenhaut und in Extremfallen kann eine Rhinophym der werden. Papillen sind em haufig nachzuweisender BeNase beobachtet werden. Bei der Sborrhoe hingegen findet sich geachtet fund bei Patienten mit Akne rosacea und weisen aui3erdem auf em Schuppen der Kopfhaut, der Augenbrauen und der Wim- em chronisch entzDndliches Geschehen hin. pern. Insbesondere soilten bier die Wimpern auf Schuppen, Krusten und Entzundungszeichen der Follikel hin untersucht werden, Der 1-lornhautdurchmesser solite dokumentiert da all diese Symptome chronische Entzundungen der Lider auf- werden, da dieser einen wesentlichen Parameter für die richtige zeigen konnen. Sind die Ausfuhrungsgange der Meibom'schen Kontaktlinsengrol3e darstellt. Drusen offen? Eine chronische Verstopfung dieser Ausfuhrungsgange weist auf eine chronische EntzUndung dieser Drusen hin. Fine Dysfunktion der Meibom'schen Drusen führt haufig zu einer zu schlechten Vertraglichkeit von Kontaktlinsen und zu AblageTränenfilmdiagnostik rungen auf den Kontaktlinsen (7).
Fine funktionelle Methode, urn die Stabilitat des Tranenfilms zu untersuchen, steilt die Messung der linsentrger besonders durch schwerwiegende lnfektionen ge- TränenfilmaufreiBzeit oder BUT (Break-up time) dar (13). Dieser Test wird meist mit einem befeuchteten Fluoresfährdet. ceinstreifen, der kurz in die untere Umschlagfalte gehalten Zeigen die Lidränder eine glatte und regulare wird, durchgefDhrt. Der Patient wird aufgefordert rnehrAnlage an der I-lornhaut? Dies ist für eine Oberflãchenerneue- mals zu blinzeln, urn das applizierte Fluorescein zu verteiPatienten, die unter chronischen Lidinfektionen mit begleitenden okularen Symptomen leiden, sind als Kontakt-
rung des Tranenfilms von grol3er Bedeutung. Desweiteren mul3 auf eine mogliche Trichiasis und eine Distichiasis geachtet wer-
len. Darauthin darf der Patient nicht melir blinzeln und muD geradeaus schauen. Die Zeitspanne zwischen dem
den, da diese zu Abrasionen der Hornhautoberfläche oder zu Ietzten vollstandigen Lidschlul3 und einern Aufreifien des Unterbrechungen des Tranenfilms fuhren können. Fine normal grol3e Lidoffnung ist ebenfalls von groBer Bedeutung, da bei zu grol3er Lidspalte haufig mechanische Schwierigkeiten bei der Anpassung von Kontaktlinsen auftreten und die Patienten von einer vermehrten Austrocknung des Auges betroffen sind. Findet sich em intaktes Bell'sches Phanomen? Bei Ca. 5% der Patienten ist dieser normale Reflex gestort und es kann somit zu einer Keratitis filiformis et punctata des unteren Hornhautdrittels kommen. Abschliet3end mul3 auf eine gute Anlage der TranenpUnktchen an den Aufapfel geachtet werden. Eine exakte Anlage ist u.a. eine wesentliche Voraussetzung für em regelrechtes Abfliel3en der TranenflUssigkeit.
Spaltlampenuntersuchungen Unter Anwendung einer breiten Spaltgrol3e wird
mit Fluorescein angefarbten prakornealen Tranenfilrns wird notiert. Diese Zeit wird als TranenfilmaufreiBzeit bezeichnet. Eine erhebliche Variation dieses Parameters ist bei Normalpersoners bekannt, aber dennoch findet sich in
der Regel immer em Wert uber 10 sec. Somit sprechen Werte unter zehn Sekunden für eine Instabilitat des Tränenfilrns. In neueren Untersuchungen konnte des weiteren gezeigt werden, dal3 eine Applikation von Fluorescein den Tranenfilm destabilisiert. Aus diesem Grunde werden andere nichtinvasive Methoden beschrieben, die ebenfalls eine Bestimmung der Tränenfilmaufreil3zeit ohne Verwendung von Fluorescein ermoglichen (19).
Veranderungen der Tränenfilrnstabilität konnen durch eine verminderte wal3rige Tranenflussigkeit
die Hornhaut- und Bindehautoberflache sowie der Trnenfilm oder durch einen Muzinmangel im Tranenfilrn bewirkt untersucht. Besonders wichtig sind die Tränenmenisci. Sind diese
sowohi am Unter- wie auch am Oberlid kontinuierlich gefulit? Bei Beobachtung des prttkornealen Tranenfilms sollte auf die Anwesenheit von Debris und Zellen geachtet werden. Unter normalen Umstanden sind keine derartigen Bestandteile in der Tränenflussigkeit zu finden. Bei trockenen Augen oder chronischer Entzundung der Lidrnder hingegen findet man meist regelmi3ig zellulären Detritus (11). Mit besonderer Genauigkeit solite die Augenoberfläche untersucht werden. Unter Anwendung der wasserlOslichen Farbstoffe Bengalrosa und Fluoreszein ist es moglich Epi-
werden. Weiterhin konnen pathologische MeDwerte bei chronischen Infektionen und bei Anornalien der Oberfiache auftreten. Dennoch kann eine sehr geringe TAZ als em wichtiger und ernster Hinweis auf eine Instabilitat des Tranenfilms gewertet werden. Bei der DurchfUhrung dieser Untersuchung wird der breiteste Spalt der Spaltlarnpe und em Kobaitfilter verwendet.
Saute der Patient zwischenzeitlich dennoch blinzeln, so wird er aufgefordert erneut mehrere Male die Lider zu schlieBen, urn den Tränenfilm wieder zu stabilitheldefekte und Oberflächenanomalien nachzuweisen. Es er- sieren. Daraufhin kann der Test erneut begonnen werden.
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Tranenfilmdiagnostik bei Kontaktlinsentragern
M. A. Lemp, J. B. Gold
Gewohnlich fUhrt man drei Messungen durch und nirnrnt Gilbard und Farris (5) steilten den sogezur Auswertung den Mitteiwert aus diesen drei Messun- nannten Tranen-Osrnolaritäts-Test vor. Die Autoren halgen. Wie bereits erwähnt, liegt der Normaiwert tiber 10 ten diese Testmethode fur die spezifischste, urn Tränenrnangelsyndrorne - insbesondere der waBrigen Phase Sekunden. nachzuweisen. Vermutlich wird beim trockenen Auge der Eine haufig verleumdete und negativierte Tränenfilrn hyperosmolar und dies soil zur vermehrten Methode stelit der Schirmer-Test zur Messung der Tranen- Austrocknung der Oberflachenstrukturen des Auges beiproduktion dar. Dieser basiert auf der Benetzung eines tragen. Grundstz1ich geht man davon aus, daB MeBwerte Filterpapierstreifens, der Uber die temporale Unterlidkan- Uber 312 milliosrnol/ml als pathologisch erhoht anzusehen te gefaltet wird und normalerweise dort funf Minuten be- sind. Dieser Test ist bisher nicht sehr weit verbreitet, da er lassen wird. Dieser Test ist besonders nUtzlich, da er em- schwierig durchzufUhren ist, em Mikroosmorneter erforfach, leicht durchfUhrbar und kostengunstig ist. Die Po- dert, weiches im ailgerneinen klinisch nicht zur Verfugung pularitat des Testes hat etwas nachgelassen, nachdern Be- steht. Fehier konnen bei dieser Methode in einer GroBenrichte uber eine sehr hohe Streubreite dieser Methode ver- ordnung von Ca. 5% auftreten (21). Diese sind meist offentiicht wurden. Bei Durchfuhrung groller Mel3reihen durch Stimulationsartefakte oder durch eine zu schnelle konnte diese hohe Variabilität der Testergebnisse bestatigt Reflexsekretion bei Gewinnung der Tranenflussigkeit bewerden. Sie iiegt darin begrUndet, daB eine individuell un- dingt. terschiedliche Stimulation der Tranensekretion bei dieser Methode angeregt wird. Diese Beobachtung hat zur AnEine Reihe von Testmethoden wurde entwendung lokaler Anasthetika vor Durchfuhrung des wickelt, urn einzelne Bestandteile des Tränenfilms zu unSchirmer-Testes gefuhrt, urn die ,,Reizsekretion" zu ver- tersuchen. So gibt es beispielsweise den Lysozym-Test (1, hindern, und um so genauere Daten zur ,,Basalsekretion" 2, 24) und den neueren Lactoferrin-Test. Der Lysozymzu gewinnen. Inzwischen wurde jedoch die strikte Unter- Test ist nach wie vor relativ schwierig durchzufuhren; scheidung zwischen Basalsekretion einerseits und Reizse- man findet jedoch exakte MeBwerte, die em MalI fur die kretion andererseits wieder verlassen. Grundsatzlich geht Funktion der Tranendruse sind. man nun von der Vorstellung aus, dalI die gesamte Tränenproduktion eine Reizsekretion auf verschiedene und Vor nicht allzu langer Zeit wurde em praunterschiedlich stark wirkende Stimuli ist (10). Die An- xistaugliches Testinstrumentariurn zur Bestimmung des wendung lokaler Oberflächenanasthetika verrnindert die Lactoferrins im Tranenfilm vorgestelit (6). Beide SubstanReizsekretion, die der Filterpapierstreifen bei Kontakt mit zen, d. h. Lactoferrin und die Lysozymkonzentration sind der Bindehaut auslost. Es ist jedoch em Irrturn anzuneh- beirn trockenen Auge deutlich verrnindert. men, daB jede Reizsekretion durch eine lokale Oberflächenantisthesie ausgeschaltet werden kann.
Em in den letzten Jahren sehr populares
Der Filterstreifen wird — trotz Applikation eines Lokalanästhetikurns - die Lidränder und die Wimpern irritieren, was wiederurn zu einer sofortigen Reizsekretion fUhrt. Die Art und Weise wie der Filterpapierstreifen appliziert wird, die Art und Weise wie das Patientenauge behandelt wird und das Verstandnis des Patienten, bei dern der Test durchgefuhrt wird, sind Faktoren, die zur Variabilität der Ergebnisse beitragen. Dennoch glauben wir, daB es sich beim Schirmer-Test urn einen sehr
nUtzlichen Test handelt. Insbesondere dann, wenn die Mellwerte reproduzierbar sind. Untersuchungen an unserer Klinik (18) haben gezeigt, daB bei abnehmender Tränensekretion die Reproduzierbarkeit der Schirrnertestwerte deutlich ansteigt. Diese Beobachtung läBt sich auf eine verminderte Fähigkeit des ,,trockenen Auges" zurttckfUhren, auf Irritationen mit einer entsprechenden Reizsekretion zu reagieren. Somit besitzt der Schirmer-Test eine diagnostische Aussagekraft und stelit eine klinisch wertvoIle Methode dar.
Verfahren steilt die von Nelson und Mitarbeitern (20) sowie von Tseng und Mitarbeitern (26) propagierte Methode der Impressionszytologie der Bindehaut dar. Die Autoren konnten zeigen, daB bei Patienten mit Keratoconjunctivitis sicca eine schaumige Metaplasie der konjunktivalen Oberflachenepithelien zu finden ist. Unter Benutzung eines Filterpapierstreifens, der auf die Bindehaut gepreBt, sofort entfernt und angefarbt wird, gelang es, em abgestuftes Bewertungssystem zu entwickeln. Diese interessante Methode konnte verschiedene Oberflächenveränderungen bei verschiedenen Schweregraden des trockenen Auges aufzeigen.
So findet sich z.B. eine schaumige Metaplasie der Bindehautzellen ausschlieBlich bei Patienten mit
Sjogren-Syndrom und bei Patienten mit stark narbenbildenden Erkrankungen wie dem Erythema multiforme und dem okularen Pemphigoid.
Es ist weiterhin moglich, die TranenproEs gibt ferner eine Anzahl selten ange- duktion mit der FluoresceinverdUnnungsmethode zu bewandter und auBergewohnlicher Testmethoden, die sich stimmen. Hier wird die Abnahme der Fluoresceinfarbnicht unbedingt zur aligemeinen Anwendung eignen. In stoffkonzentration im Tränenfilm gemessen. Es scheint diesern Zusammenhang werden sie nur erwahnt, da sie bei potentiellen Kontaktlinsentragern einige weitere diagnostische Hinweise liefern, falls in den o.g. Tests und Untersuchungsmethoden bereits Besonderheiten aufgefallen sind. Des weiteren sind diese Methoden interessant, da sie das Wissen Uber die Physiologie und Funktion des Tränenfilms deutlich bereichert haben.
sich hierbei urn die genaueste Methode zur Tranenproduktionsmessung zu handein.
Bei Bildung von neuer TranenflUssigkeit kommt es zu einer Verdunnung der Farbstoffkonzentration. Die Fluoreszeinverdunnungskurven werden aufgezeichnet und es können daraus Aussagen fiber Tränenflull und Tranenmenge extrapoliert werden (23).
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204 KIm. Mb!. Augenheilk. 197 (1990)
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Tranenfilmdiagnostik bei Kontaktlinsentragern
Obwohl all diese genannten Methoden
Tab. 2 Kontraindikationen bei der Kontakthnsenanpassung
zum gegenwartigen Zeitpunkt die genauesten Tests zur Be-
stimmung der Tranenproduktion darstellen, handelt es sich urn Laborrnethoden. Dennoch konnte mit diesen Methoden gezeigt werden, daB bei Patienten mit Keratoconjunctivitis sicca das Tranenvolumen bzw. die Tranenmenge signifikant herabgesetzt ist.
A. Relative Kontraindikationen — Gering bis mittelgradig ausgepragt trockenes Auge — Gering bis mittelgradig ausgepragte Dysfunktion der Mubomschen DrUsen )Blepharitis) — Vorgeschichte hinsichtlich rezidivierender oku)ärer niektiOn
In unserem Institut benutzen wir die Farbspekularrnikroskopie zur Untersuchung des Hornhautepi- B. Absolute Kontraindikationen — Fehlende Hornhautsensibilitat thels und des Tranenfilrns, urn morphologische Verände— Ausgeprdgt trockenes Auge rungen der Hornhautoberfläche nachzuweisen. Es wurde — Lahmungen der Lider bzv. fehlender LidschluR die Zellmorphologie bei Normalpersonen (17), bei Patien— Ausgepragte Anomalien des Hornhautendothels ten mit Keratoconjunctivitis sicca (KCS) (16) und bei Kontaktlinsentragern, die Kontaktlinsen mit verlangerter Tragedauer benutzten (15), untersucht. Bei der KCS findet sich eine deutliche Verschiebung der Zeilpopulation zu kleinen, jungeren Zellen, da sich die Epitheizellen vermutlich bei der KCS früher von der Hornhantoberfläche aba. Wenmg erfoigversprechende Pro gnose schilfern. Bei Patienten, die Kontaktlinsen mit verlangerHierunter fallen Patienten, die leichte bis ter Tragedauer benutzten, konnte das Gegenteil beobachtet werden. Es fand sich eine statistisch signifikante mittelschwere Anomalien des Tranenfilms aufweisen. Dies Verschiebung zu grofieren, alteren Zellen an der Horn- beinhaltet verminderte Schirmer-Test-Werte, pathologisch hautoberflache. Dies ist wahrscheinlich durch die langere beschleunigte TränenfilmaufreiBzeiten, Anfärbbarkeit der Anwesenheit der Oberflachenepithelien beim Tragen der- Hornhaut und Bindehautoberfläche mit Bengalrosa und Anomalien des Tranenrneniskus. Wenn bei soichen Patiartiger Kontaktlinsen bedingt. enten dennoch Kontaktlinsen angepaBt werden, so soilten In Tabelle I sind die Tests und Untersu- Tränenersatzmittel zusätzlich appliziert werden. Des weichungsmethoden der ersten Wahi bzw. die Standardrne- teren erschwert eine leichte bis mittelschwere Dysfunktion thoden zur Untersuchung der Augenoberflache darge- der Meibomschen DrUsen im Sinne einer Blepharitis eine stelit. Aul3erdem sind die erwähnten Spezialmethoden un- erfolgreiche Kontaktlinsenanpassung. Bei diesen Patienten finden sich gehauft Ablagerungen auf den Kontaktlinter sekundären Tests aufgefuhrt. sen, insbesondere dann, wenn es sich um hoch sauerstoffdurchlassige Linsen handelt. In solchen Fallen sind eine adaquate Behandlung dieser Veranderungen sowie eine Diskussion sorgfaltige Lidhygiene unabdingbare Voraussetzungen fur Obwohl eine erfoigreiche Anpassung von eine erfoigreiche Kontaktlinsenanpassurig.
Kontaktlinsen, sowohi weicher als auch harter Linsen, von vielen Faktoren abhangt, setzen die im folgenden beschriebenen Bedingungen die Wahrscheinlichkeit einer erfoigreichen Anpassung deutlich herab (Tabelle 2).
b. Sehr sch!echte Prognose
Patienten mit den im folgenden beschriebenen Symptomen besitzen eine sehr geringe Chance auf eine erfoigreiche Kontaktlinsenanpassung. Diese Aussage mull jedoch relativiert werden, da weiche Verbandslinsen
sehr sinnvoll in der Behandlung von oberflachlichen Tab.
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Methoden zur Untersuchung des Tranenfilms
1. Standardmethoden 1 . Spaitlampenuntersuchungen a) Tränenmeniskus b) BindehauU und Hornhautoberfldche C) Tränenfilm
d) Lider 2. Schirmer-Test 3. Bengalrosatest 4. Blinkfrequenz 5. TrdnentilmaufreiRzeit II. Sekundäre Untersuchungsmethoden a) Tranenfilmosmolarität b) Lysozym- und Laktoferrintest c) Impressionszytologie der Bindehaut d) Kulturen und Antibiogramme e) FluoresceinverdLnnungstests 1) Farbspeku)armikroskopie des Hornhautepithels
Hornhauterkrankungen sein können. Insbesondere ist die Behandlung z. B. einer Keratitis filiformis bei Patienten mit sehr ausgeprägter KCS mit einer weichen Verbandslinse sehr sinnvoll, aber dennoch mit unmittelbaren Gefahren verbunden.
Diese Gefahren umfassen vor allem die Entwicklung sehr ernsthafter Infektionen und aullerdem besteht die Gefahr einer sehr schnellen Ablagerung auf den Linsen. Patienten mit mittelschwerer bis zu einer ausgeprägten Keratoconjunctivitis sicca haben eine sehr schlechte Prognose bei der Anpassung ausschlielllich kosmetisch indizierter Kontaktlinsen. Besonders gefahrlich stelit sich die Anpassung von Kontaktlinsen bei Patienten mit Sjogren Syndrom dar, da mittlerweile anerkannt ist, daB es sich beim SjOgren Syndrom urn das Endstadium des KCS-Spektrums handelt; diese Patienten haben eine
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— Diabetes mellitus
M. A. Lemp,
J. B. Gold: Tranenfllmdiagnostik bei Kontaktlinsentragern
verminderte Abwehrfahigkeit gegenuber oberflach!ichen Hornhaut- und Bindehauterkrankungen, so daB eine wesentlich erhohte Infektionsgefahr besteht.
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Eine andere Gruppe von Patienten, bei denen eine Kontaktlinsenanpassung wenig erfolgversprechend erscheint, sind Patienten mit einer verminderten oder aufgehobenen Hornhautsensibilität. Der Austausch
574
A., D. Korb: Meibomian glands and contact lens wear. Brit. 3. Ophthalmol. 65 (1981) 108-117 Holly, F. J., M. A. Lemp: Tear physiology and dry eyes. Survey Ophthalmol. 22(2) (1977) 69 John, T.. M. Refojo, L. Henninan, F. Leong, A. Medino, K. Kenyon: Adherence of viable and non-viable bacteria to soft contact lenses, Henriquez,
der Epitheizellen bei denervierten Hornhauten ist substan-
tie!! gestort. Mit der Farbspekularmikroskopie konnten wir deutlich morphologisch veranderte Oberflächenzellen in denervierten Hornhauten nachweisen. Somit ist die Wahrscheinlichkeit einer Epitheldekompensation bei die-
'°
Cornea 8 (1989) 21—27 Jordan,
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Des weiteren erscheint eine Kontaktlinsenanpassung bei Patienten mit schwerer Storung der Muzin- 3 Lemp, M., J. Ham/il: Factors affecting tear film break up in normals. Arch. Ophthalmol. 89 (1973) 103—109 schicht des Tränenfilms wie z. B. bei Vitamin A AvitamiLemp, M. A.: Breakup of the tear film and dry eye syndromes. Intern. nose, okularem Pemphigoid, Stevens-Johnson-Syndrom Ophthalmol. Clinics 13(1) (1973) 97 und Laugenveratzungen nicht sinnvol!. Grundsätz!ich sind ° Lemp, M. A., J. B. Gold: The effect of extended-wear hydrophilic contact lenses on the human corneal epithelium. Am. J. Ophthalmol. diese Patienten keine Kandidaten fur eine kosmetisch mdi101 (1986) 274—278 zierte Kontaktlinsenanpassung; manchmal jedoch finden 6 Lemp, M. A., J. B. Gold, S. Wong, M. A. Mahmood, R. Q. Guimasich irregulare Veranderungen der Hornhautoberf!äche, raes: An in vivo study of corneal surface morphological features in so daB potentiell eine Visusverbesserung durch Anpassung patients with keratoconjunctivitis sicca. Am. J. Ophthalmol. 98 (1984) einer Kontaktlinse moglich erscheint. Dies so!!te jedoch 17 426 Lemp, M. A., R. Q. Guimaraes, M. A. Mahmood, S. Wong, H. J. mit äuBerster Vorsicht geschehen, da diese Patienten wieBlackman: In vivo surface morphology of the human cornea by color derum eine sehr verminderte okulare Abwehrfa.higkeit specular microscopy. Cornea 2 (1983) 295
aufweisen und daher das Infektionsrisiko relativ hoch ist.
18
9
Die dritte Gruppe, bei der eine Anpassung euler Kontakt!inse wenig empfehlenswert erscheint, sind Patienten mit chronischen Entzundungen der Augen oder der Augenanhangsgebilde. Dies schlief3t Patienten mit chronischer und rezidivierender Blepharitis, mit Chalazien und Dacryocystitis em.
Eine sorgfaitige Untersuchung des Trnenfilms und die Untersuchung des Auges vor Anpassung der Kontakt!inse kOnnen zur Auswahl der Patienten, die eine Kontakt!inse wahrscheinlich gut tolerieren und Erkennung der Patienten, die em erhohtes Risiko beim Tragen von Kontaktlinsen aufweisen, beitragen.
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Manuskript erstmals eingereicht 12. 2. 90, zur Publikation in der vorliegenden Form angenommen 31. 5. 90.
Prof. Dr. Michael A. Lemp Georgetown University Medical Center Department of Ophthalmology 3800 Reservoir Road, N.W. Washington, D.C. 20007 U.S.A.
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