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Fachwissen: Topthema

Palliativmedizin 

Aktueller Stand in Klinik, Forschung und Lehre

Friedemann Nauck • Bernd Alt-Epping • Gesine Benze

Die umfassende Behandlung und Begleitung von Patienten mit ­inkurablen und fortschreitenden Grunderkrankungen erfordert eine spezifische Haltung und Expertise in medizinischen, pflege­ rischen, psychosozialen, spirituellen, ethischen und rechtlichen Fragen. Gleichzeitig sind spezialisierte Strukturen nötig, die diese intensive ­Betreuung der Patienten und deren Angehöriger überhaupt ermög­lichen, sowie Strukturen für den diesbezüglichen Wissenserwerb (Forschung) und für die Wissensvermittlung (Lehre). Der folgende Beitrag beschreibt die Strukturen der Palliativ­ versorgung und den Stand der derzeitigen palliativmedizinischen Forschung und Lehre und zeigt aktuelle Entwicklungen auf. Etablierung in Klinik, Lehre und Forschung Die Palliativmedizin hat sich in den vergangen Jahren zunehmend weiterentwickelt. Sie ist i­nzwischen in Klinik, Lehre und Forschung mit Lehrstühlen für Palliativmedizin universitär etabliert und es gibt eine wachsende Anzahl von Palliativstatio­ nen, spezialisierten ambulanten Palliativdiensten und stationären und ambulanten Hospizen. In der Lehre konnte das Querschnittsfach Palliativ­ medizin Q 13 als Pflichtlehr- und Prüfungsfach im Medizinstudium verankert werden. Die For­ ­ schung auf dem Gebiet der Palliativmedizin hat sich insbesondere an den Standorten weiterent­ wickelt, an denen Lehrstühle für Palliativmedizin in den Universitätskliniken bestehen. Notfall- und Intensivmedizin  In der Notfallund Intensivmedizin ist palliativmedizinisch ­reflektiertes Handeln zunehmend ein explizites Thema. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass die Entwicklung palliativmedizinischer Struktu­ ren durchaus als Reaktion auf die zunehmende Technisierung der Medizin ab der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts verstanden werden kann. Diese Technisierung ging mit einer Fülle neuer technischer und medikamentöser Thera­ pieoptionen einher, u. a. in der onkologischen ­Tumortherapie, den operativen Fächern, der Anäs­ thesiologie, der Intensiv- und Notfallmedizin, dem Transplantationswesen, der Nierenersatz­ therapie und vielem mehr.

Mit den Entwicklungen in der Medizin war eine eher aggressive therapeutische Grundhaltung verbunden, infolge derer teils hohe Therapie­ belastungen in Kauf genommen wurden. Gleich­ zeitig war d ­ ie Entwicklung geprägt durch eine Zurückhaltung bei Aufklärungen und anderen ­ kommunikativen Aspekten in der Arzt-Patienten-­ Beziehung sowie durch ein geringes Bewusstsein gegenüber ethischen Fragen bei schwerer Erkran­ kung – auch bei Patienten in bereits inkurabler oder gar sterbe­naher Erkrankungssituation [1]. Der Umgang mit kommunikativen Herausforde­ rungen und ethischen Fragen wird in den Top­ thema-Beiträgen von Vanden Bergh et al. (q S. 56) sowie von Salomon (q S. 48) in dieser Ausgabe dargestellt. Der folgende Beitrag gibt einen aktu­ ellen Überblick über die Entwicklung der Palliativ­ medizin in Klinik, Lehre und Forschung.

Aktuelle Entwicklung und Stand der klinischen Palliativversorgung Definition  Palliativmedizin ist definiert als ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und deren Familien, die mit den Pro­ blemen einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind [2]. Wesentliches Ziel ist es – ­neben einer qualitativ hochwertigen und flächen­ deckenden Palliativversorgung -, die Autonomie und die Würde Schwerstkranker und Sterbender zu respektieren und das Thema Tod und Sterben wieder in die Mitte der Gesellschaft zurück­zu­ holen. Zunehmende Verbreitung  In der klinischen ­Palliativversorgung haben sich in den vergangen Jahren stationäre und ambulante Einrichtungen etabliert. Im Jahr 1983 eröffnete in Köln die erste Palliativstation in Deutschland. Mittlerweile existieren deutlich mehr als 300 Palliativstatio­ nen (306 im Jahr 2012 [3, 4]) und 273 sog. SAPVTeams [5], welche die spezialisierte ambulante Palliativ­versorgung (SAPV) in sehr unterschied­ lichen Strukturmodellen anbieten.

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Entwicklungspotenzial  Palliativmedizin bedeu­ tet nicht ausschließlich Behandlung am Lebens­ ende („End-of-Life Care“). Sie kann für viele Pati­ enten zu einem erheblich früheren Zeitpunkt im Verlauf ihrer Erkrankung eine große Hilfe sein. Palliativmedizinische Betreuung richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten und seiner Ange­ hörigen und nicht nach einer Diagnose, einem ­bestimmten Krankheitsstadium oder der verblei­ benden Lebenszeitprognose. Insofern kann das umfassende palliativmedizinische Angebot auch Patienten zugutekommen, die auf Intensivstatio­ nen behandelt werden, selbst wenn deren Pro­ gnose noch unklar ist. Hier besteht für die Zukunft ein deutliches Entwicklungspotenzial. Palliativmedizinische Betreuung richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten und dessen Angehöriger und nicht nach einer Diagnose, einem ­bestimmten Krankheitsstadium oder der verbleibenden Lebenszeitprognose. Sie kann daher nicht nur sterbenden, sondern auch vielen schwerkranken Patienten ein große Hilfe sein.

Aufgaben und Ziele der Palliativmedizin Ziele  Die spezialisierte Palliativversorgung ver­ folgt das Ziel, schwerkranken und sterbenden Menschen sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Versorgung beizustehen, durch eine umfassende Symptomlinderung die Lebens­ qualität so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und die Autonomie der Patienten zu bewahren.

S Inhalte und Aufgaben der Palliativmedizin ▶▶ spezielle Maßnahmen der Symptomkontrolle ▶▶ Rund-um-die-Uhr Krisenintervention ▶▶ Wundmanagement ▶▶ Konzepte zu Volumen- und Ernährungstherapie ▶▶ pflegerische Anwendungen ▶▶ psychosoziale Konzeptarbeit ▶▶ kommunikative Kompetenzen und Case Management ▶▶ Strukturierung ethischer Fragen ▶▶ Advance Care Planning ▶▶ rehabilitative / versorgungsdienstliche Maßnahmen ▶▶ Trauerbegleitung Tab. 1 

Aufgaben Palliativmedizinische Behandlung und Begleitung umfasst spezielle Kompetenzen in der Schmerztherapie und Symptomkontrolle, im Wundmanagement oder bei ethischen Fragen bei fortgeschrittenen Grunderkrankungen. Sie sensi­ bilisiert für die Bedürfnisse Sterbender und deren Umfeld und bietet Konzepte zur Flüssigkeitsgabe und Ernährung am Lebensende, psychosoziale Unterstützung und Begleitung des Patienten und dessen Angehöriger sowie seelsorgerische Beglei­ tung in Aspekten der Spiritualität und Religiosität, aber auch rehabilitative Maßnahmen, Ehrenamt­ lichenarbeit und Trauerbegleitung an (q Tab. 1). Ab welchem Zeitpunkt?  Intensiv diskutiert wird darüber, wann im Erkrankungsverlauf Strukturen der spezialisierten Palliativversor­ gung einbezogen werden sollten. Frühere Kon­ zepte, einschließlich der früheren WHO-Defini­ tion von „Palliative Care“, sprechen von einem Einbezug von Palliativmedizin bei Patienten „who are not responsive to curative treatment“ [6]. ­Abgesehen davon, dass die Bedeutung des Begriffs „curative“ uneinheitlich ist (im Sinne von „hei­ lend“, aber auch von „erkrankungsspezifisch“) und damit Freiraum für Interpretationen lässt, setzt eine solche Definition einen modellhaften linearen Erkrankungsverlauf voraus. Dieser liegt insbesondere bei nicht onkologisch erkrankten Patienten oder Intensivpatienten nicht vor. Oft ist unklar, ob der Patient z. B. eine Sepsis oder andere schwere Krankheitssituation überleben wird. Neueres Verständnis  Neuere Definitionen ver­ suchen daher weniger ein prognoseabhängiges, als mehr ein bedürfnisorientiertes Unterstüt­ zungskonzept zu beschreiben [7, 8] (q Tab. 2). Mit diesem Verständnis palliativmedizinischen ­Handelns, wie es auch in der derzeit in Endredak­ tion befindlichen S3-Leitlinie Palliativmedizin beschrieben wird, ist es keinen Widerspruch, pal­ liative Mitbehandlung simultan zu onkologischen Tumortherapien, interventionellen Therapiekon­ zepten bei Herzinsuffizienz oder zu einer inten­ sivmedizinischen Behandlung zu beginnen. Zu ­einer optimalen Betreuung von Intensivpatienten gehört z. B. (in Anlehnung an einen Beschluss der

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Erweiterung des Patientenspektrums  In den Jahren der Entwicklung der Hospiz- und Palliativ­ versorgung zeigte sich, dass die hospizlich-palli­ ativen Behandlungsangebote nicht nur für Patien­ ten mit fortgeschrittenen inkurablen Krebser­ krankungen hilfreich sein können, sondern auch für Menschen mit fortgeschrittenen nicht onko­ logischen Erkrankungen mit hoher Symptom­ belastung, z. B. Patienten mit neurodegenera­ti­ven Grunderkrankungen (wie z.  B. Amyotrophe Lateral­sklerose) oder Organinsuffizienzen (Herz­ insuffizienz, terminale Niereninsuffizienz). Eine Herausforderung in der Strukturentwicklung ­besteht darin, ▶▶einerseits die Palliativmedizin weiter zu spezi­ alisieren und damit in schwierigen Situationen Patienten eine noch bessere Betreuung und Linderung belastender Symptome anbieten zu können, und ▶▶andererseits palliativmedizinische Behandlungs­ ansätze nachhaltig in die allgemeine Versor­ gung schwerkranker Menschen zu integrieren.

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S Definitionen von Palliativmedizin WHO 1990 [6]  „[...] the active total care of patients whose disease is not responsive to curative treatment [...]“ WHO 2002 [7] „Palliative care is an approach that improves the quality of life of patients and their families facing the problems associated with life-threatening illness […]“ EAPC 2009 / 2010 [8] „Palliative care is the active, total care of the patient whose disease is not responsive to curative treatment […] Palliative care is appropriate for all patients from the time of diagnosis with a life threatening or debilitating illness. The term ‘lifethreatening or debilitating illness’ here is assumed to encompass the population of patients of all ages with a broad range of diagnostic categories, who are living with a persistent or recurring condition that adversely affects daily functioning or will predictably reduce life expectancy.“ Tab. 2 

5th International Conference in Critical Care in Brüssel 2003 [9]) die Konzentration auf „cure, care and comfort“ als gleichwertige Elemente unter Beachtung palliativmedizinischer Prinzi­ ­ pien. Das bedeutet auch die Einbeziehung des ­Patienten und dessen Angehöriger im Sinne von „shared decision making“ unter Berücksichtigung physischer, psychischer, sozialer und spiritueller Gesichtspunkte im multidisziplinären Team [10].

Formen der stationären Palliativversorgung

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Palliativstationen  Palliativstationen sind den komplexen Anforderungen entsprechend in der Regel deutlich personalintensiver als Stationen der Regelversorgung. Zudem verfügen sie über eine bestimmte räumliche Mindestausstattung. Dabei wirken sowohl verschiedene Berufsgrup­ pen (Multiprofessionalität) als auch verschiedene ärztliche Fachdisziplinen (Interdisziplinarität) mit. Somit besteht das Team auf einer Palliativ­ station aus speziell in der Palliativversorgung qualifizierten Ärzten und Pflegenden, Physio­ therapeuten, Psychologen, Sozialarbeitern, Seel­ sorgern, Musik- und / oder Kunsttherapeuten. In einigen Einrichtungen wird das Team durch Ehren­amtliche ergänzt.

Leistungsabrechnung  Die Abrechnung im sta­ tionären Bereich war zunächst durch den Status einer sog. „Besonderen Einrichtung“ in direkten Verhandlungen mit den Kostenträgern möglich. Inzwischen muss die weit überwiegende Zahl der Palliativstationen ihre Leistungen nach dem fall­ pauschalisierten System (DRG) abrechnen. Der erhebliche, v. a. personalbedingte Mehraufwand soll dabei durch das Zusatzentgelt 60 (ZE 60) aus­ geglichen werden. Seit 2014 ist das Zusatzentgelt 145 (ZE 145) defi­ niert, mit dem die Leistungen der „spezialisierten

stationären palliativmedizinischen Komplexbe­ handlung“ des Operationen- und Prozeduren­ schlüssels unter der Ziffer OPS 8-98e mit einem Entgelt hinterlegt sind. Dieses ist u. a. abrechen­ bar, wenn ein palliativmedizinisches Basis-Assess­ ment erfolgt, Kontaktzeiten der verschiedenen Berufsgruppen dokumentiert und eine Mindest­ behandlungsdauer (6 h/Woche) erreicht werden und der Patient 7 Tage oder länger behandelt wird. Für die spezialisierten Einrichtungen der pallia­ tivmedizinischen Versorgung geht d ­amit eine selbstverständliche Verpflichtung einher, die ent­ sprechenden Struktur-, Qualitäts- und Dokumen­ tationsanforderungen zu erfüllen. Der unvergleichbar hohe Einsatz aller Mitarbeiter, der entsteht, wenn ein Patient aus der häuslichen Palliativversorgung aufgrund einer komplexen krisenhaften medizinischen, pflegerischen, psy­ chosozialen (z. B. familienbezogenen) Problema­ tik notfallmäßig auf die Palliativstation aufge­ nommen werden muss und dort unter der inten­ siven Betreuung im Rahmen der fortgeschritte­ nen Erkrankung nach z. B. 5 Tagen verstirbt, bleibt im Vergütungssystem bislang unberücksichtigt.

Konsildienste / Palliativdienste Palliativmedizi­ nische Konsildienste / Palliativdienste arbeiten zumeist multiprofessionell (ärztlich, pflegerisch, sozialdienstlich, psychologisch oder in ähnlichen Konstellationen). Damit können sie einerseits nicht palliativmedizinische Fachbereiche und Stationen – hier auch Intensivstationen – in allen palliativmedizinisch relevanten Fragen beraten und bieten andererseits eine unmittelbare Mit­ behandlung und Begleitung der Patienten und­ deren Angehöriger an. Mancherorts ist das multi­ professionelle palliativmedizinische Mitbehand­ lungsangebot (analog der Liaisondienste der psy­ chiatrischen / psychotherapeutischen / psychoon­ kologischen Versorgung) soweit ausgebaut, dass auf nicht palliativmedizinischen Stationen das Zusatzentgelt ZE60 bei Einhaltung der Mindest­ voraussetzungen abgerechnet werden kann. Damit wird zumindest eine gewisse Refinanzierung der Leistungen der Mitarbeiter von Palliativ- oder Konsildiensten ­ermöglicht. Tagesklinik  Tagesklinische Konzepte konnten sich in Deutschland nicht durchsetzen – im Gegen­ satz z.  B. zu Großbritannien. Dies mag ­da­ran liegen, dass diese Behandlungsstrukturen in Deutschland nicht gegenfinanziert sind. Oft sind Palliativpatienten jedoch auch entweder zu geschwächt, um regelhaft eine Tagesklinik zu ­ ­besuchen (und benötigen dann häusliche Pallia­ tivversorgung im Sinne der SAPV) oder sie sind in so ­guter Verfassung, dass sie onkologisch-tages­ klinisch (oder ambulant) behandelt werden, da diese Patienten in der Regel noch unter einer ­Tumortherapie stehen. Grundsätzlich werden in einer palliativmedizini­ schen Tagesklinik Patienten, die noch mobil sind,

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z. B. im Wochenrhythmus einbestellt und diesen eine multiprofessionelle Betreuung angeboten. Damit sollen aufkommende (medizinische, pfle­ gerische, psychosoziale) Probleme möglichst noch in einem frühen Stadium erkannt und diese Patienten im weiteren Verlauf ihrer Erkrankung unterstützt und behandelt werden. Stationäre Palliativversorgung wird auf Palliativ­ stationen, durch palliativmedizinische Konsildienste / Palliativdienste in Krankenhäusern und z. T. in palliativ­medizinischen Tageskliniken angeboten.

Formen der ambulanten spezialisierten Palliativversorgung

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Aufgaben und Ziele  Seit dem 01.04.2007 haben gesetzlich Krankenversicherte mit einer unheil­ baren und lebensverkürzenden Erkrankung (§ 37b SGB-V, § 132d) Anspruch auf eine spezia­ lisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), wenn sich die allgemeine palliativmedizinische Versorgung nicht mehr als ausreichend erweist [11]. Diese Leistung ist nicht zuzahlungspflichtig. Die Umsetzung der SAPV wird in den Bundeslän­ dern unterschiedlich gehandhabt [12]. Die SAPV ist eine der wichtigsten Formen pallia­ tivmedizinischer Mitbehandlung und soll die hausärztliche Primärversorgung und die orts­ gebundenen ambulanten Pflegedienste durch ein multiprofessionelles Angebot ergänzen, ohne die Primärversorgung (Krankenpflegedienste, Hausund Fachärzte) zu ersetzen. Sie sollte in regiona­ len Netzwerken organisiert werden, sodass mög­ lichst viele Patienten davon profitieren.

i­ ndem bei Notfalleinsätzen Mitarbeiter der SAPVTeams frühzeitig hinzugezogen werden. Von Nachteil ist es, dass bisher viele ambulante Palliative-Care-Teams ihre Unterstützung nur bi­ professionell (pflegerisch und ärztlich) anbieten. Wichtige Berufsgruppen wie Sozialarbeiter, Psy­ chologen, Physiotherapeuten und Seelsorger sind nicht integriert, da deren Leistung in den meisten Verträgen mit den Krankenkassen nicht finan­ ziert sind. ▶▶Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Pallia­ tivversorgung qualitativ hochwertig mit ent­ sprechend weiter­ gebildeten Mitarbeitern er­ folgt.

SAPV in stationären Pflegeeinrichtungen  Der SAPV in stationären Pflegeeinrichtungen kommt aufgrund der demografischen Entwicklung und eines sich deutlich verändernden Gesundheits­ systems eine große Bedeutung zu. Pflegeeinrich­ tungen werden zunehmend zu Institutionen, in denen Palliativversorgung und Hospizkultur ­implementiert und umgesetzt werden müssen, da immer mehr Menschen in hohem Alter und mit zum Tod führenden, schweren Erkrankungen und belastenden Symptomen dort leben und schließlich dort sterben. Dies lässt sich bereits an der ­demografischen ­Entwicklung ablesen: Im Jahr 2011 verstarben in Deutschland 852 328 Menschen [3]. Nach Schät­ zungen wird bis zum Jahr 2038 die Mortalität ­insgesamt auf über 1 Mio. Personen pro Jahr an­ steigen [14] und damit auch die Zahl der Pflege­ bedürftigen (von 2,25 Mio. im Jahr 2007 auf 2,65 Mio. im Jahr 2015) [15].

Ausgestaltung  Die Ausgestaltung der SAPV ist in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesaus­ schusses (G-BA) sowie den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands beschrieben. Der G-BA hat hier keine genauen Vorgaben gemacht. Die Rege­ lungen in SGB V (§§ 37b & 132d), SAPV-Richtlinie und „Gemeinsamen Empfehlungen nach § 132d SGB V“ sind an vielen Stellen offen formuliert und lassen erheblichen Gestaltungsspielraum. Das birgt Risiken und Chancen zugleich: Den Chancen, zu individuellen und passgenauen Lösungen zu kommen, stehen die Risiken gegenüber, den qua­ litativen Anspruch an SAPV durch eine gewisse Beliebigkeit zu unterlaufen. Die Verordnung von SAPV muss mit der Komplexität der Behandlungs­ situation begründet werden und erfolgt über das Formular § 63; Erst- und Folgeverordnung wer­ den nach einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) dem Hausarzt vergütet [13].

Weitere Anstrengungen erforderlich Somit muss sich das Angebot der Gesundheitsversor­ gung inklusive der Versorgung am Lebensende dieser Entwicklung anpassen – in besonderer Weise in den stationären Pflegeeinrichtungen. Hier bedarf es noch größerer Anstrengungen als bisher, um (spezialisierte) Palliativversorgung in die Pflegeheime hineinzubringen [16]. Bei Patien­ ten mit Krebserkrankungen wie auch bei Patien­ ten mit anderen nicht heilbaren und zum Tode führenden Erkrankungen ist der Pflegebedarf im letzten Lebensabschnitt ähnlich groß [17]. In einer Reihe stationärer Pflegeeinrichtungen ist eine über die hausärztliche Betreuung hinaus­ reichende spezialisierte Palliativversorgung ­bereits etabliert bzw. implementiert. Diese kann zu einer Verbesserung der Lebensqualität der dort lebenden Menschen beitragen, die Primär­ versorger deutlich entlasten und Krankenhaus­ einweisungen, gerade am Lebensende, vermei­ den helfen.

SAPV-Teams  Neben der Multiprofessionalität ist eines der wesentlichen Merkmale von SAPVTeams deren 24 h-Erreichbarkeit. So können sich auch in der Notfallmedizin Synergien ergeben,

Kosten und Nutzen  Derzeit wird intensiv ­ ntersucht und diskutiert, inwieweit die SAPV u mit ihren Palliative-Care-Teams tatsächlich ein (von den meisten Menschen erhofftes) Verster­

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Fachwissen: Topthema ben zuhause ermöglichen [18] oder gar Kosten durch unangemessene Drehtürwiederaufnahmen senken kann. Ihr Beitrag, Symptome zu lindern und eine komplexe häusliche Begleitungssitua­ tion für Patienten und Angehörige erträglicher zu machen, dürfte jedoch unbestritten sein.

Ambulante und stationäre Hospizstrukturen Neben den genannten Strukturen der Palliativ­ versorgung mit ihrem multiprofessionellen, klini­ schen Auftrag gibt es in Deutschland eine mittler­ weile hohe Zahl an stationären Hospizen. Diese bieten ihre pflege­rischen und begleitenden Kom­ petenzen für sterbenskranke Menschen an. Die häus­ liche Versorgung wird durch ambulante Hospizdienste mit ihren ehrenamtlichen Helfern ­ergänzt. Für eine Darstellung der ambulanten und stationären ­Hospizstrukturen und ihrer unschätz­ baren Leistungen sei verwiesen auf die Website des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands (DHPV, q www.dhpv.de). Die SAPV ist eine der wichtigsten Formen palliativmedizinischer Mitbehandlung und soll die hausund fachärztliche Primärversorgung und die ortsgebun­denen ambulanten Pflegedienste bzw. die Pflegenden von Pflegeeinrichtungen durch ein multiprofessionelles Angebot ergänzen, ohne die Primär­versorgung zu ersetzen. Neben der Mitbehandlung unter häuslichen Bedingungen sind als weitere wichtige Einsatz­orte Pflegeeinrichtungen und Hospize zu nennen.

Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Palliativmedizin Basis für Qualität  Die Aus-, Fort- und Weiterbil­ dung ist die Grundlage für eine steigende Qualität in der unmittelbaren Patientenversorgung in ­einem Bereich, der sich mit Blick auf klinische, strukturelle und gesellschaftliche Positionen ständig weiterentwickelt. Somit ist eine umfas­ sende Weiterbildung im Rahmen von PalliativeCare-Kursen für Pflegende und weitere Berufs­ gruppen, aber auch die Möglichkeit der Weiter­ bildung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin für Ärzte die ­Voraussetzung für eine Weiterentwicklung der Pal­liativmedizin in Deutschland. Breitgefächertes Angebot  In der Hospizarbeit und Palliativversorgung wird deutschlandweit auf unterschiedlichen Ebenen Aus-, Fort- und Weiterbildung angeboten und weiterentwickelt. Diese reicht von der (vor-)schulischen Sensibili­ sierung von Kindern über die Ausbildung von ­Medizinstudenten oder Pflegeschülern bis hin zu spezialisierten Weiterbildungen und Masterstu­ diengängen für bereits im Beruf stehende Perso­ nen. Diese Angebote richten sich an hauptamt­

liche Mitarbeiter unterschiedlicher Professionen (Pflegende, Ärzte, Sozialarbeiter, Psychologen, Physiotherapeuten, Seelsorger, etc.) mit diversen Zielgruppen (Kinder, Erwachsene, alte Menschen, Menschen mit Behinderungen etc.). Neben der Qualifizierung hauptamtlich in der Palliativver­ sorgung Tätiger liegt ein weiterer Schwerpunkt in der Befähigung von Ehrenamtlichen in der Hospizund Palliativversorgung. Die unterschiedlichen Curricula und Lehr- und Ausbildungskonzepte sind teilweise aus eigenem Engagement, als Initiative von Einzelnen oder von Autorengruppen mono- und multiprofessionell entstanden, aber auch als Auftragsarbeiten von Ministerien und Fachgesellschaften aufgrund der bestehenden Defizite in der Versorgung schwer­ kranker und sterbender Menschen.

Fachgesellschaft  Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) übernimmt als wissen­ schaftliche Fachgesellschaft eine wesentliche Aufgabe in der Weiterentwicklung und Koordi­ nierung der Bildungsarbeit und legt Standards fest. Durch die curriculare Aus- und Weiterbil­ dung soll die Versorgung von Patienten durch die verschiedenen Berufsgruppen verbessert werden. Bislang sind 10 berufsgruppenspezifische Curri­ cula unter Mitwirkung der DGP entstanden. Der­ zeit wird an einem gemeinsamen berufsübergrei­ fenden Weiterbildungscurriculum gearbeitet, das die unterschiedlichen Kompetenztiefen sowie die europäische Anschlussfähigkeit berücksichtigt. Darüber hinaus wird ein Zertifizierungsverfah­ ren für Kurse und Kursleiter in Palliative Care und Palliativmedizin weiterentwickelt, um gemein­ same Inhalte, Standards und Abläufe zu beschrei­ ben und festzulegen, damit die Qualität in der Weiterbildung gesichert und weiterentwickelt werden kann. Für einige Kursangebote hat das Zertifizierungsverfahren bereits Gültigkeit [19]. Charta  Die „Charta zur Betreuung schwerst­ kranker und sterbender Menschen in Deutsch­ land“ hat sich zum Ziel gemacht, eine öffentlich sichtbare Verantwortung der Gesellschaft, Politik und aller Beteiligten im Gesundheitssystem für das Sterben zu entwickeln. In der Nationalen Stra­ tegie steht die Bildungsarbeit im „Handlungsfeld 3“ in einem übergeordneten Kontext. In diesem Handlungsfeld werden folgende Schwerpunkte dargestellt: ▶▶ Beschreibung der Bildungsqualität für Perso­ nen, die unmittelbar an der Behandlung und Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen beteiligt sind ▶▶die Bildungsaufgabe in den Berufsfeldern, die verstärkt mit den Themen Sterben und Tod konfrontiert werden (z. B. Polizeidienst, Justiz, Rettungswesen, gesetzliche Betreuer) ▶▶die Bildungsaufgabe in der Gesellschaft zu den Themen Krankheit, Sterben und Tod, insbeson­ dere im schulischen Bereich

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Weitere Entwicklungen  Darüber hinaus orien­ tieren sich die weiteren Perspektiven der Bil­ dungsarbeit an den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. So wurde inzwischen das vor einigen Jahren von der Robert Bosch Stiftung ­ ­geförderte Curriculum „Palliative Praxis“ von der DGP übernommen, um zu einer Verbesserung der pallia­ tiven und hospizlichen Kompetenz aller Mitarbeiter in den Einrichtungen der stationären Alten­hilfe beizutragen. ▶▶ Nur durch kompetente, multiprofessionelle und innovative Bildungsarbeit kann die drin­ gend benötigte Nachhaltigkeit in der Palliativ­ versorgung in Deutschland erreicht werden.

Studentische Lehre in der Palliativmedizin

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Pflicht- und Prüfungsfach  Palliativmedizin ist offiziell seit dem 01.08.2009 als neu geschaffener Querschnittsbereich 13 Pflichtlehr- und Prüfungs­ fach an allen medizinischen Fakultäten in Deutschland. An den universitären Einrichtungen ist die Lehre in Palliativmedizin jedoch weiterhin sehr uneinheitlich strukturiert. Seit dem Som­ mersemester 2013 muss das Fach Palliativmedi­ zin für alle Studierenden an den Medizinischen Fakultäten in Deutschland angeboten werden. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist von den Stu­ denten für die Anmeldung zum Praktischen Jahr ein Leistungsnachweis Palliativmedizin vorzu­ legen.

Anforderungen  Für die Studenten ist eine mög­ lichst umfangreiche und professionell koordi­ nierte Lehre anzustreben. Dies ist nur im Zusam­ menspiel mit den vorhandenen palliativmedizi­ nischen Infrastrukturen und in Anlehnung an das Curriculum Palliativmedizin für Studierende der Medizin der DGP umzusetzen. Das Curriculum (DGP-Curriculum für die Lehre von Palliativ­ medizin, 2. Auflage von 2009) sieht eine Mindest­ anforderung für Lehrstunden Palliativmedizin von 20 Unterrichtseinheiten (UE) (optimal 40 UE) vor. Um diese Stunden vollumfänglich anzubie­ ten, sollten – wie es das Konzept eines Quer­ schnittsbereichs auch vorsieht – weitere Fächer mit Bezug zur Palliativmedizin in die Lehre inte­ griert werden. Lehrinhalte  Die Lehrinhalte in der Palliativ­ medizin weisen in einigen Bereichen thematische Überschneidungen mit der Schmerzmedizin auf – insbesondere mit der Tumorschmerztherapie und den Grundlagen und der Pathophysiologie von Schmerz, aber auch mit diversen weiteren ­Fächern, wie u. a. internistische / operative Onko­ logie, Radioonkologie, Neurologie, Innere Medi­ zin, Pädiatrie, Ethik, Allgemeinmedizin, Geriatrie, Intensiv- oder Notfallmedizin.

Für die Lehre zu physischen, psychischen, sozia­ len und spirituellen Aspekten sollten Dozenten aus den Bereichen Pflege, Soziale Arbeit, Psycho­ logie, Physiotherapie und Seelsorge einbezogen werden. Für ethische Fragen können auch Philo­ sophen oder Medizinethiker eingebunden werden.

Ziele  Den Studenten soll bereits frühzeitig in der Ausbildung ▶▶verdeutlicht werden, dass ärztliche Behand­ lung mehr umfasst als Diagnosestellung und Heilung. Der Erkrankte soll in seiner Ganzheit wahrgenommen, betreut und behandelt werden. ▶▶vermittelt werden, welche medikamentösen und nicht medikamentösen Behandlungen belastende Beschwerden (Schmerzen und ­ ­andere Symptome) lindern. ▶▶verdeutlicht werden, dass die palliativmedizi­ nische Betreuung von Patienten und deren ­Angehörigen ein Prozess ist, in dem es nicht ausschließlich um minimalistische Begleitung geht, sondern auch um Krisenintervention ­und eine vorausschauende, vorsorgende Behand­ lung, ▶▶vermittelt werden, dass Betreuung und Behand­ lung an den individuellen Bedürfnissen, Wün­ schen und Wertvorstellungen der Patienten und ihrer Nächsten orientiert werden müssen. ▶▶ bewusst gemacht werden, dass eine kompetente Betreuung Schwerkranker und Sterbender nur gelingen kann, wenn die Behandelnden ihre Einstellung zu Krankheit, Sterben, Tod und Trauer reflektieren sowie ihre eigenen Grenzen wahrnehmen können. ▶▶ Mut gemacht werden, die individuelle Einstel­ lung der Betroffenen wahrzunehmen und zu respektieren. ▶▶ bewusst werden, dass die Qualität ihrer ärzt­ lichen Arbeit nicht allein durch wissensbezo­ gene Qualifizierung verbessert wird, sondern ebenso durch eine erweiterte Kompetenz zu kommunizieren, in einem Team zu arbeiten und ethische Fragen zu berücksichtigen.

Zusatzweiterbildung Palliativmedizin für Ärzte

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Erstmalige Anerkennung  In der ärztlichen Weiterbildung wurde durch den 106. Deutschen Ärztetag 2003 in Köln eine neue (Muster-)Weiter­ bildungsordnung (MWBO) verabschiedet. In ­dieser wurde die „Betreuung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten“ nicht nur zum ver­ pflichtenden Gegenstand mehrerer patienten­ naher Fach­arzt-Weiterbildungen gemacht. Mit ihr wurde auch erstmals eine eigenständige „ZusatzWeiterbildung Palliativmedizin“ anerkannt [20]. Inzwischen haben weit über 8000 Ärzte in Deutschland die Zusatzbezeichnung Palliativme­ dizin erworben. Im Folgenden werden kurz die von der Bundesärztekammer (BÄK) verabschiede­

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Fachwissen: Topthema ten Voraussetzungen zum Erwerb der ZusatzWeiterbildung Palliativmedizin dargestellt. Die Weiterbildung für Ärzte obliegt den Landesärzte­ kammern. Daher sollte sich jeder Arzt, der diese Zusatz-Weiter­bildung anstrebt, über die Voraus­ setzungen in seinem Bundesland informieren.

Inhalte  Nach der (Muster-)WBO der BÄK um­ fasst die Zusatz-Weiterbildung in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die B ­ehandlung von ­Patienten mit einer inkurablen, weit fortgeschrit­ tenen und fortschreitenden ­Erkrankung mit dem Ziel, unter Einbeziehung des sozialen Umfelds, die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen und ­sicherzustellen. Voraus­setzungen für den Erwerb der Bezeichnung sind: ▶▶eine Facharztanerkennung, ▶▶eine 40 h-Kurs-Weiterbildung gem. § 4 Abs. 8 in Palliativmedizin sowie ▶▶eine Weiterbildungszeit von 12 Monaten bei ­einem Weiterbildungsbefugten gem. § 5 Abs. 1 und 2, anteilig ersetzbar durch 120 h Fallsemi­ nar einschließlich Supervision. Die meisten der angebotenen Kurse für die Wei­ terbildung in Palliativmedizin basieren auf dem Curriculum Palliativmedizin der BÄK und der DGP und erfüllen damit die geforderten Krite­rien zur Zusatz-Weiterbildung Palliativmedizin. Ziele  Ziel der Weiterbildung ist neben der Ver­ mittlung von Kompetenzen die Sensibilisierung für die besondere Haltung im Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen und für die physischen, psychosozialen und spiritu­ ellen Aspekte sowie auch die Bedürfnisse und Notwendigkeiten der Behandelnden. Lehre und Weiterbildung sind wichtige Voraus­ setzungen für die Weiterentwicklung der Palliativ­ medizin.

Forschung in der Palliativmedizin Schwierige Voraussetzungen  Ein neuer Fach­ bereich wie die Palliativmedizin muss sich auch der klinischen Forschung stellen, um weiteres Wissen zu generieren und sich an wandelnde Rahmenbedingungen anpassen zu können. Den­ noch steckt die Forschung in der Palliativmedizin bislang noch in den Anfängen: u. a. weil die not­ wendigen Ressourcen hierfür fehlen, aber auch, weil in der Palliativmedizin besonders vulnerable Patienten betreut werden, die auch nach der ­Deklaration von Helsinki in besonderer Weise vor studienimmanenten Belastungen geschützt wer­ den müssen. ▶▶ Diese ethischen Probleme in der Forschung bei Palliativpatienten sollten in enger A ­ bstimmung mit den Ethik-Kommissionen diskutiert wer­ den [21, 22].

Probleme ergeben sich in der Palliativmedizin z­ udem häufig aufgrund der Tatsache, dass die ­Patienten für Studien zu krank sind, die unter­ suchten Patientengruppen aufgrund des reduzier­ ten Allgemeinzustands und der Begleiterkran­ kungen nicht einheitlich sind und die Lebens­ erwartung der Patienten oft kurz ist.

Effektivitätsnachweis  Ein wesentlicher Bereich für Studien ist der Nachweis der Effektivität der angewendeten Therapieverfahren. Methodisch müssen sich diese Studien mit denen anderer For­ schungsbereiche vergleichen lassen. Anwendung finden sowohl quantitative als auch qualitative Forschungsmethoden. ▶▶Quantitative Studien benötigen eine eindeutige und messbare Zielgröße, wobei in epidemiolo­ gischen Untersuchungen die Inzidenz oder Prä­ valenz eines Merkmals beschrieben werden. In kontrollierten Studien wird eine Patienten­ gruppe mit der untersuchten Therapie mit einer Vergleichsgruppe ohne diese Therapie ­ verglichen. ▶▶ Bei qualitativen Studien hingegen steht nicht primär die repräsentative Darstellung von Sachverhalten im Vordergrund, sondern das Verstehen bestimmter Prozesse und Haltungen. Voraussetzungen bedingen Methodik Die ­ oraussetzungen in der Palliativmedizin haben V einen deutlichen Einfluss auf die Studienmetho­ dik: So können z. B. zwar prospektive klinische Studien durchgeführt werden; es bleibt aber eine große Herausforderung, künftig auch randomi­ sierte, kontrollierte Studien (RCT) mit einer aus­ reichend großen Anzahl von Palliativpatienten zu planen und umzusetzen. In besonderer Weise ­haben sich Mixed-Methods-Ansätze oder rein qualitative Studien bewährt, die u. a. mit Inter­ views oder Fokusgruppen auch die Einstellungen und Wertesysteme untersuchen und Hypothesen generieren, um die Fragestellung für nachfolgende vergleichende Studien einzugrenzen. Weiterhin Vorbehalte  Dennoch sind bei Mitar­ beitern in den palliativmedizinischen Einrichtun­ gen wie auch bei Patienten und deren Angehöri­ gen Vorurteile und Barrieren gegenüber der For­ schung in diesem Bereich noch nicht völlig über­ wunden („wer forscht, kümmert sich nicht um Patienten“ oder „richtige“ Forschung kann nur in Universitäten stattfinden). Eine rein naturwissen­ schaftliche Ausrichtung klinischer Studien sollte nicht nur aus akademischen Gründen angestrebt werden, um sich etwa gegen den Vorwurf einer wenig evidenzbasierten Fachrichtung zu wehren. Sie sollte auch Ziele verfolgen, die in besonderem Maße der Versorgung von Palliativpatienten ­dienen.

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Forschungsstrukturen und -verbünde Aktuell gibt es an deutschen medizinischen Universitäten ▶▶ 8 Professuren für Palliativmedizin (Aachen, Bonn, Erlangen, Freiburg, Göttingen, Köln, Mainz und München), ▶▶darüber hinaus 2 Professuren für Kinderpallia­ tivmedizin in Witten / Herdecke und München sowie ▶▶jeweils eine Professur „Spiritual Care“ und ­„Soziale Arbeit“ in München. Das bedeutet, dass die überwiegende Zahl der medizinischen Fakultäten keine Ressourcen für die palliativmedizinische Forschung bereitstellt, wobei vereinzelt palliativmedizinische For­ schungsprojekte z. B. von der Allgemeinmedizin (Hannover), Anästhesiologie (Kiel) oder Psycho­ somatik (Düsseldorf) initiiert wurden. Das zeigt, dass Interesse für Forschung in der Palliativmedi­ zin besteht, auch wenn bisher spezifischen För­ derprogramme nur in Ansätzen vorhanden sind. Eine Ausnahme ist die Deutsche Krebshilfe, die seit Jahren neben Strukturen auch die Forschung in der Palliativmedizin gefördert hat. Im September 2012 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Förderrunde zu dem Aktionsplan „Versorgungsforschung“ mit Schwerpunkt auf die Themengebiete Patienten­ sicherheit und Lebensqualität im Rahmenpro­ gramm Gesundheitsforschung der Bundesregie­ rung initiiert. Zukunft der Forschung in der Palliativmedizin Künftige Forschung in der Palliativmedizin sollte nicht nur Bestandsaufnahmen und Analysen von Ist-Zuständen und Bedürfnislagen beschreiben. Sie sollte vielmehr dezidierte Schwerpunkte auf Studien zur Effektivität von nicht- / medikamen­

tösen Interventionen bei Palliativpatienten legen, um die Evidenz klinischen Handelns zu stärken und  /  oder zu generieren. Die Versorgungs­ forschung bietet zusätzliche Möglichkeiten, palli­ ativmedizinische Strukturen und Konzepte zu op­ timieren. Ethische Themen bieten darüber hinaus weitere Chancen und Verpflichtungen zu Koope­ rationen mit anderen, z. B. geisteswissenschaft­ lichen, Fachbereichen [24].

S

Fazit Palliativmedizinisches Handeln ist in den ver-

gangenen Jahrzehnten enorm aufgewertet worden. Dies zeigt sich u. a. in der Zunahme ambulanter und stationärer hospizlicher und palliativmedizinischer Einrichtungen, Dienste und Versorgungsstrukturen, im Ausbau von Lehre und Forschung und in einer vermehrten berufsfeldbezogenen internen sowie einer ­gesteigerten öffentlichen und politischen Thematisierung. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Etablierung der Palliativmedizin und ihrer Themen ein fortwährender Prozess bleibt und noch vielfach Optimierungsbedarf besteht. So gilt es z. B., die palliative Versorgung in Pflegeeinrichtungen auszubauen, Forschungsaktivitäten zu verstärken und die Rahmenbedingungen für Forschung zu verbessern, um u. a. mehr Evidenz für das klinische Tun zu erhalten. Palliativ­ medizinische Aus- und Weiterbildung sollte sich an allgemeingültigen Qualitätsstandards orientieren und neben Themen wie Symptomkontrolle, Ethik, Recht, Kommunikation und Selbstreflexion auch die multidisziplinäre Teamarbeit in den Vordergrund stellen. Letztere gilt es nicht nur zu lehren, sondern auch zu leben. ◀

Kernaussagen

▶▶ Der Begriff Palliativmedizin bezeichnet sowohl (spezialisierte) Behandlungsstruk­ turen wie z. B. Palliativstationen oder ambulante Palliativdienste als auch ein ­(multiprofessionelles) Behandlungskonzept für schwerkranke Patienten sowie eine besondere therapeutische Haltung im Umgang mit schwerkranken und sterbenden Patienten. ▶▶ Im weiteren Sinne wird stationäre Palliativversorgung auf Palliativstationen, durch Palliativdienste in Krankenhäusern, aber auch in Pflegeeinrichtungen und stationären Hospizen angeboten. ▶▶ Trotz aller Fortschritte bei der Implementierung hospizlicher und palliativmedizinischer Strukturen oder bei der Schaffung eines gesellschaftlichen Bewusstseins für die Belange Sterbender ist die Evidenz für das klinische Handeln in der Palliativmedizin, z. B. mit Blick auf die Symptomkontrolle, unerwartet spärlich. Dies erfordert weiterreichende wissenschaftliche Anstrengungen in diesem Fachbereich als bisher. ▶▶ Fächerübergreifende Forschung ermöglicht es, die dringenden ethischen Fragen zu bearbeiten. ▶▶ Lehre und Weiterbildung sind dabei eine der Voraussetzungen für die weitere ­Entwicklung der Palliativmedizin und deren qualitativ hochwertiges Unterstützungsangebot.

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Wichtige Aufgabe der Palliativmedizin Dame Cicely Saunders, die Begründerin der m ­ odernen Hospizbewegung und Palliativmedizin, hatte von Anfang an Patientenversorgung, Lehre und For­ schung als unbedingt zusammengehörige Auf­ gaben der Hospizbewegung und Palliativmedizin benannt und setzte diese am St. Christopher‘s Hospice in London um [23]. Heute wird For­ schung jedoch in vielen Einrichtungen, auch in den Universitäten, noch als Gegensatz zur klini­ schen Versorgung gesehen oder bestenfalls als Hobby für die Zeit nach Dienstende, nachdem die Patienten versorgt sind. Für eine künftige Etablierung von Forschung in der Palliativmedizin brauchen wir in Deutschland bessere Bedingungen durch zusätzliche For­ schungsstellen im klinischen Alltag und durch Persönlichkeiten, die das Interesse an Forschung mit dem Interesse an der klinischen Tätigkeit am Patienten verbinden. Nur so können wir sicher­ stellen, dass die Forschungsfragen für die klini­ sche Praxis relevant sind und dass die Ergebnisse der Forschung in der klinischen Praxis auch um­ gesetzt werden können.

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Fachwissen: Topthema

S Prof. Dr. med. Friedemann Nauck ist Direktor der Klinik für Palliativmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, und war von 2010–2014 Präsident der Dt. Gesellschaft für Palliativmedizin. Er ist Mitheraus­ geber des Lehrbuches für Palliativmedizin. E-Mail: Friedemann. [email protected]­goettingen.de

PD Dr. med. Bernd Alt-Epping ist Ltd. Oberarzt der Klinik für Palliativ­ medizin, Universitätsmedizin ­Göttingen. Er koordiniert die studentische Lehre im Fach Palliativ­ medizin, ist Wissenschaftlicher ­Leiter der Mildred Scheel Akademie Göttingen und Schriftführer der Dt. Gesellschaft für Palliativ­medizin. E-Mail: [email protected]

Dr. med. Gesine Benze ist Oberärztin an der Klinik für Palliativ­ medizin, Universitätsmedizin ­Göttingen. Ihr wissenschaftlicher Schwerpunkt sind die gastrointestinalen Symptome bei Palliativpatienten. E-Mail: gesine.benze@med. uni-goettingen.de

Interessenkonflikt  Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Beitrag online zu finden unter http://dx.doi. org/10.1055/s-0040–100205

VNR: 2760512015147120360

Literaturverzeichnis  1 Nauck F, Alt-Epping B. Palliativmedizinische Aspekte in der Gynäkologie. Frauenheilkunde up2date 2013; 6: 395–406  2 Sepulveda C, Marlin A, Yoshida T, Ullrich A. Palliative care: the World Health Organization’s global perspective. J Pain Symptom Manage 2002; 24: 91–96  3 Statistisches Bundesamt 2012; https://www.destatis.de; Stand:10.10.2014  4 Christliche Krankenhäuser in Deutschland. CKiD.Polit-Journal 2014; 02: 5; http://www.christliche-krankenhaeuser. de/sites/default/files/CKiD_PolitJOURNAL_02-14_Mail %282 %29.pdf; Stand: 14.10.2014  5 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV); http://www.kbv. de/html/10250.php; Stand: 14.10.2014  6 World Health Organisation (WHO). Cancer pain relief and palliative care. Report of WHO Expert Commitee. Genf: WHO; 1990  7 World Health Organization (WHO). National Cancer Control Programmes. Policies and managerial guidelines, 2nd ed. Genf: WHO; 2002  8 European Association for Palliative Care (EAPC). White ­Paper on standards and norms for hospice and palliative care in Europe: part 1. Eur J Pall Care 2009; 16: 278–289  9 Thompson BT, Cox PN, Antonelli M et al. Challenges in endof-life care in the ICU: statement of the 5th International ­Consensus Conference in Critical Care: Brussels, Belgium, April 2003: executive summary. Crit Care Med 2004; 32: 1781–1784 10 Nauck F. Ethische Aspekte in der Therapie am Lebensende. Med Klin Intensivmed 2011; 106: 137–148 11 Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung vom 20.12.2007, zuletzt geändert am 15.04.2010. Bundesanzeiger 2010, S. 2190; http://www.g-ba.de/downloads/62-492-437/ SAPV-RL_2010-04-15.pdf; Stand: 14.10.2014 12 Jansky M, Lindena G, Nauck F. Stand der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) in Deutschland. Z Palliativmed 2011; 12: 164–174 13 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). http://www.kbv. de/html/palliativversorgung.php; Stand: 14.10.2014 14 Simon ST, Gomes B, Koeskeroglu P et al. Population, ­mortality and place of death in Germany (1950–2050) – implications for end-of-life care in the future. Public Health 2012; 126: 937–946

15 Statistische Ämter des Bundes und der Länder. Demografischer Wandel in Deutschland. Heft 2: Auswirkungen auf Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige in Bund und Ländern. Ausgabe 2010. http://www.statistikportal. de; Stand: 14.10.2014 16 Davies E, Higginson IJ, Hrsg. Better palliative care for older people. Genf: WHO; 2004 17 Small N, Barnes S, Gott M et al. Dying, death and bereavement: a qualitative study of the views of carers of people with heart failure in the UK. BMC Palliat Care 2009; 8: 6 18 Gomes B, Higginson I, Calanzani N et al. on behalf of PRISMA. Preferences for place of death if faced with advanced cancer: a population survey in England, Flanders, Germany, Italy, the Netherlands, Portugal and Spain. Ann Oncol 2012; 23: 2006–2015 19 Kern M. Bildungsarbeit – ein Thema für Nachhaltigkeit in der Palliativversorgung in Deutschland. Z Palliativmed 2014; 15: 185–186 20 Deutscher Ärztetag 2003 (106. Sitzung), Köln – Beschlussprotokoll. Punkt III der Tagesordnung – Palliativmedizinische Versorgung in Deutschland, 1. Palliativmedizin. http://www.bundesaerztekammer.de/page. asp?his = 0.2.23.2271.2345.2346 21 Radbruch L, Nauck F. Methodik in der palliativmedizinischen Forschung – Patientenregister als Forschungsinstrument. Z Palliativmed 2009; 10: 66–68 22 Alt-Epping B, Stiel S, Nauck F. Forschungsethische Aspekte in der Palliativmedizin: Dialog mit Vertretern der EthikKommissionen. Z Palliativmed 2013; 14: 245–247 23 Saunders C. Foreword in: Doyle D, Hanks GWC, MacDonald N, Hrsg. Oxford Textbook of Palliative Medicine. Oxford: Oxford University Press; 1993 24 Alt-Epping B, Nauck F. Onkologische Palliativmedizin – ­Integration von Forschung. Forum DKG 2012. DOI: 10.1007/s12312-012-0832-6

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CME-Fragen

Aktueller Stand in Klinik, Forschung und Lehre

1 Welche Aussage zur Palliativmedizin trifft zu? A B

C D E

Palliativmedizin hat keinen Stellenwert in der Intensiv- und Notfallmedizin. Das Angebot palliativmedizinischer Unterstützung hängt nicht von einem bestimmten Krankheitsstadium oder der verbleibenden Lebenszeitprognose ab. Palliativmedizin spielt erst dann eine Rolle, wenn keine kurativen Möglichkeiten mehr bestehen. Palliativmedizin ist speziellen Einrichtungen vorbehalten. Palliativmedizin war schon immer integraler Bestandteil ärztlicher Tätigkeit mit entsprechender Umsetzung der Inhalte im klinischen Alltag.

2 Welche der folgenden Aussage ist richtig? A

B C D E

Ein gesetzlich Krankenversicherter hat seit 2007 ohne jede medizinische Voraussetzung Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Die spezialisierte Palliativversorgung im stationären Bereich wird mittels Zusatzentgelt abgerechnet, das anteilig der Versicherte trägt. Die SAPV ist eine Ergänzung der Primärversorgung. Die Leistungen der SAPV sind in einem bundeseinheitlichen Katalog geregelt und werden mittels Zusatzentgelt abgerechnet. Die SAPV ersetzt die Primärversorgung.

Welche Aussage ist falsch? Palliativmedizinische

3 Behandlung und Begleitung umfasst … A B C D E

4 A B C D E

5 A B C D E

rehabilitative Maßnahmen. psychosoziale Unterstützung und Begleitung des Patienten und dessen Angehöriger. Advance Care Planning. ärztlich-assistierten Suizid. Strukturierung ethischer Fragestellungen.

Welche der Aufgaben gehört nicht vordringlich zur palliativmedizinischen Behandlung?

Symptomkontrolle pflegerische Anwendungen Trauerbegleitung Chemotherapie in adjuvanter Intention psychosoziale Unterstützung

Welche Aussage zu Forschung in der Palliativmedizin ist falsch?

Qualitative Studien haben in der palliativmedizinischen Forschung einen festen Stellenwert. Für symptomkontrollierende Maßnahmen besteht insgesamt eine ausreichende Evidenz. Die besondere Vulnerabilität von Palliativpatienten ist eine große Herausforderung. Hohe Morbidität und eingeschränkte Lebenserwartung der Patienten erschweren die Durchführung und Auswertung von RCT. Eine fächerübergreifende kooperative Forschung ist nicht nur in ethischen Fragen anzustreben.

Welche Aussage zur studentischen Lehre in der

6 ­Palliativmedizin ist richtig? A

An über 50 % der medizinischen Fakultäten gibt es mittlerweile einen Lehrstuhl für Palliativmedizin. Seit 2009 ist von den Studierenden für die Anmeldung zum PJ ein Leistungsnachweis für Palliativmedizin vorzulegen.

CME B

C D E

Die Studierenden sollen dafür sensibilisiert werden, an welchem Punkt Intensivmedizin aufhört und Palliativmedizin anfängt. Wissensbezogene Qualifizierung in Diagnosestellung ist wichtiger als das Trainieren kommunikativer Fähigkeiten. Den Studierenden wird vermittelt, dass es notwendig ist, ihre eigene Einstellung zu Krankheit, Sterben, Tod und Trauer zu reflektieren.

Was ist die Besonderheit der palliativen Komplex­

7 behandlung? A B C D E

Die Mindestbehandlungsdauer beträgt 2 h pro Tag. Mehr als eine Berufsgruppe muss in die Behandlung involviert sein. Sie kann nur von sog. „Besonderen Einrichtungen“ abgerechnet werden. Die Vergütung erfolgt angepasst je nach der Komplexität eines Falls. Eine zeitgleiche tumorspezifische Therapie ist ein Ausschlusskriterium.

8 Welche Aussage ist richtig? A B C D E

Auf eine Palliativstation werden nur Patienten verlegt, wenn sie sterben. Die Einleitung einer palliativmedizinischen Mitbehandlung richtet sich nach der Prognose. Die Einleitung einer palliativmedizinischen Mitbehandlung richtet sich nach dem Krankheitsstadium. Die Einleitung einer palliativmedizinischen Mitbehandlung richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten und dessen Angehöriger. Patienten mit einer Herzinsuffizienz werden grundsätzlich nicht auf einer Palliativstation behandelt.

Was stimmt nicht? Die „Charta zur Betreuung schwerst­

9 kranker und sterbender Menschen in Deutschland“ … A

B

C

D E

ist das Grundsatzpapier einer politischen Bewegung, die eine bessere finanzielle Vergütung der palliativmedizinischen Versorgung fordert. hat zum Ziel, eine öffentlich sichtbare Verantwortung der Gesellschaft, Politik und aller Beteiligten im Gesundheitssystem für das Sterben zu entwickeln. ist Ausdruck gesellschaftlicher Auseinandersetzung mit den drängenden Fragen der Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. beschreibt Bildungsqualität für Personen in Berufsfeldern, die verstärkt mit den Themen Sterben und Tod konfrontiert werden. kann von privaten Personen unterzeichnet werden.

Welche Aussage zum Erwerb der Zusatzbezeichnung

10 Palliativmedizin ist falsch? A B C D E

Voraussetzung ist eine Facharztanerkennung. Weiterbildung (WB) für Ärzte obliegt den Landesärztekammern. In der 40 h-Kurs-WB gem. § 4 Abs. 8 werden alle Inhalte vermittelt, die für die Zulassung zur Prüfung relevant sind. Die WB-Zeit bei einem WB-Ermächtigten beträgt 12 Monate. Ziel der WB ist die Sensibilisierung für die besondere Haltung im Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen.

CME.thieme.de ▶▶ Viel Erfolg bei Ihrer CME-Teilnahme unter http://cme.thieme.de. ▶▶ Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate online für eine CME-Teilnahme verfügbar. ▶▶ Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, unter http://cme.thieme.de/hilfe finden Sie eine ausführliche Anleitung.

CME-Fragen – Aktueller Stand in Klinik, Forschung und Lehre. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 46

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[The current situation of palliative medicine in Germany--clinical implications, education and research].

Palliative medicine (or palliative care, referring to its multi-professional character) denotes a comprehensive care concept for patients suffering fr...
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