Res. exp. Med. ©by

165, 135 - 140 (1975)

Springer-Verlag 1975

Die Wirkung der 1-Ascorbins~iure auf die Hypercholesterinaemie bei der experimenteHen Cholestase und der Ami.onucleosidnephrose P. FROESE, W. LEIPNITZ und A. SCHOLZ Nephrologische Ahteilung des Klinikums Westend (Prof. Dr. M, Kessel) und Medizinische Klinik und Poliklinik des Klinikums Steglitz der Freien Universi~t Berlin Eingegangen am 26. Juli 1974 The effect of ascorbic acid on the hyercholesterolemia in experimental cholestasis and aminonucleoside nephrosis

Summary: Hypercholesterolemia was induced in rats by experimental cholestasis and aminonucleoside nephrosis. After ascorbic acid administration the hypercholesterolemia was significantly decreased in both cases. In the case of cholestasis serum cholesterol was normal and in the case of nephrosis serum cholesterol remained above normal.

Key words: Cholestasis - aminonucleoside nephrosis - hypercholesterolemia ascorbic acid

Zusammenfassung: Eine Hyperchelesterinaemia wurde durch experimentelle Cholestase und Aminonucleosid-Nephrose an Ratten hervorgerufen. Nach Gabe von l-Ascorbins~ure wurde die Hypercholesterinaemie in beiden F~llen signifikant gesenkt. Im Fall der Cholestase war das Serum-Cholesterin normal und im Fall der Nephrose normalisierte sich das Serum Cholesterin nicht.

SchlNsselw~rter:

Cholestase - Aminonucleosid-Nephrose - Hypercholesterinaemie -

l-Ascorbins~ure Seit METTENHEIMER (3) Lipidablagerungen in Gef~Bw~nden beschrieben hat, wurde der Lipidstoffwechsel~ insbesondere das Verhalten des Serumcholesterins~ untersucht. In Tierversuchen konnte diese Wirkung z.B. bei der experimentellen Hypothyreose mit Hypercholesterinaemie nachgewiesen werden (6). In diesem Zusammenhang schienen die experimentel ! ausgelSste Cholestase und das Nephrotische Syndrom an der Ratte, die beide mit einer Hypercholesterinaemie einhergehen, geeignet, den EinfluB der l-Ascorbins~ure auf das Serum-Cholesterin zu prHfen. METHODIK Die Untersuchungen wurden an 160 - 180 g schweren m~nnlichen Wistarratten durchgef~hrt, die his Versuchsbeginn freien Zugang zu Wasser und Futter (Altromin) hatten.

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W. Leipnitz et al.

Die Tiere wurden in drei Gruppen eingeteilt: I. Gruppe A: Acht Normaltiere 2. Gruppe B: Zehn Tiere mit Cholestase und acht Tiere mit Aminonucleosidnephrose. 3. Gruppe C: Zehn Tiere mit Cholestase und l-Ascorbinsgure-Behandlung und acht Tiere mit Aminonucleosidnephrose und l-Ascorbins~urebehandlung. Auf die Gruppe der Kontrolltiere mit l-Ascorbinsgure wurde verzichtet, weil die Cholesterinkonzentration im Serum im Vergleich zu den Normaltieren unbeeinfluBt blieb, wie entsprechende Versuchsreihen Hber 80 Tage gezeigt hatten. Die Cholestase wurde durch operative Unterbindung der Galleng~nge gesetzt. Das Nephrotische Syndrom wurde, entsprechend den Angaben yon DUBACH (I), ausgelSst, indem den Tieren fHr einen Zeitraum von 11Tagen t~glich 1,5 mg Aminonucleosid (Puromycin (USAN) Nutritial Biochem. USA) pro 1OO g KSrpergewicht (KG) verabreicht wurden. Die 1-Ascorbinsgure (Vitamin C Phytopharma) (IOO mg/IOO g KG) wurde in folgender Weise zugef~hrt: 37,5 mg/100 g KG 2 x 24 h. i.m. und 25 mg/IO0 g KG pro 24 h. in der TrinkflHssigkeit. Das Gesamt-Cholesterin im Serum wurde nach der Methode von WATSON (7) im Mikroansatz bestimmt, wghrend das EiweiB im Serum und Urin nach der Biuretmethode gemessen wurde. Die elektrophoretischen Untersuchungen wurden nach der Mikrozonen-R-]OO-Methode (BECKMANN) bei 250 mV und 4,0 A durchgefHhrt. Die Laufzeit betrug 20 Min. im Veronalpuffer bei einem pH-Wert von 8,6. Die Tiere erhielten 2 N Cie 14C-Cholesterin in 1OO ~i BenzollSsung (i.m.). Die spezifische Aktivit~t betrug 50 ~ Ci 14C /0,334 mg Cholesterin (New England Nuclear - NEC-OI8 = Cholesterol - 4-14C). Zur Messung wurden Hber 10 Tage 24-Stunden-Proben (Serum, Urin und Stuhl) entnommen. Die Aufarbeitung von Serum und Urin erfolgte mit IOO ~i Serum bzw. 500 vl 24-Stunden-Sammelurin in 0,5 ml aq. bid, und I,O ml Hyamin:Methanol (|:l). Zur Messung wurden 10.O ml Toluol-Szintillator-LSsung hinzugegeben. Die Bestimmung erfolgte jeweils gegen Leerwert und Background. Die t~glichen Stuhlproben wurden gewogen und mit dem Ultrathurrax in einem Chloroform: Methanol-Gemisch (2:1) homogenisiert. Die Extraktion erfolgte mit der gleichen LSsung, wobei fHr 1,O g Stuhl 20 ml Extraktionsmittel benutzt wurden. Anschlie~end wurde das Gemisch bei 800 C eingeengt. Der trockene RHckstand wurde nochmals in LSsung gebracht (I g/3 ml) und bei 800 C erneut eingeengt. Die anschlie~ende Veraschung fand bei 900 C fHr 90 Min. in 0,2 ml Perchlorsgure und 0,4 ml 30% Wasserstoffperoxid bis zur Farblosigkeit statt. Zur Bestimmung wurden diese Proben wie Serum und Urin weiterverarbeitet. Die statistische Berechnung erfolgte nach dem Student-Test. ERGEBNISSE 1. Cholestase

Zwei Stunden nach Beginn der Cholestase war das Cholesterin im Serum bei den Gruppen B + C deutlich erh~ht. Die mit l-Ascorbins~ure behandelten cholestatischen Tiere verhielten sich bis zum 2. Tag p. op. entsprechend den unbehandelten Tieren. Erst an den folgenden Tagen kam es zum Abfall des Cholesterins im Serum, so da~ nach siebent~giger Behandlung die Cholesterinwerte wieder im Normbereich lagen (Abb. l). Die unbehandelten, cholestatischen Ratten erreichten eine Serumcholesterin-Konzentration von nahezu 300 mg % (Abb. I).

l-Ascorbins~ure be± Cholestase und Aminonucleosidnephrose

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GesamtCholesterin mg%

300

-

250

-

200

-

C

150

100

B A

50

f -1

.

J

t

i

0

1

2

3

i 4

,

i

i

5

6

7

Tage

Abb. I. Einflu~ der l-Ascorbins~ure auf die Gesamt-Cholesterinkonzentration im Serum be± der experimentellen Cholestase mit Hypercholesterin~mie im Verlauf von sieben Tagen Kurve A: Cholesterinkonzentration im Serum be± Normaltieren (auf die

Gruppe der Kontrolltiere mit l-Ascorbinsgure wurde verzichtet, well die Cholesterinkonzentration im Serum im Vergleich zu den Normaltieren unbeeinfluBt blieb) KurVe B: Cholesterinkonzentration im Serum be± experimenteller Cholestase und Behandlung mit l-Ascorbins~ure Kurve C: Cholesterinkonzentration im Serum be± experimenteller Chole-

stase ohne 1-Ascorbinsgure-Behandlung Zus~tzlich wurde eine zweite Tierreihe untersucht, die erst eine Woche p. opo mit l-Ascorbinsgure behandelt wurde. Auch hier normalisierten sich die Cholesterinwerte. Im Verlauf von 7 Tagen p. op. stieg das Choesterin im Serum von 52 ± 5,1 mg % auf 277 ± 48,0 mg % an und fiel unter l-Ascorbins~ure nach weiteren sieben Tagen wieder auf einen Wert von 55,7 ± 9.0 mg % ab. Die 14C-Ausscheidung wurde Hber die gesamte Zeit bestimmt. Hierbei konnten be± den operierten Tieren keine Aktivit~ten im Stuhl nachgewiesen werden (Gruppe B + C), dagegen war die Cholesterinausscheidung im Urin deutlich hSher als be± den Normaltieren. Die cholestatischen Tiere mit l-Ascorbinsgurebehandlung (Gruppe C) schieden die dreifache Menge im Vergleich zur Gruppe B aus. Wghrend be± der Tiergruppe A die Aktivit~tseinheiten der l~C-Ausscheidung 1,650.2 ± 121,0 und be± der Gruppe B 7,818o0 ± 1,098.8 betrugen, stiegen die Aktivit~teinheiten in der Gruppe C mit 24,752.8 ± 5,741.8 signifikant an

(p

0,001),

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W. Leipnitz et al.

Fraktionierte Messungen haben gezeigt, dab bei Normaltieren die Cholesterinausscheidung zu 70 - 80 % mit dem Stuhl erfolgt. Da dieser Weg durch Unterbindung der Galleng~nge unterbrochen war, lieB sich eine vermehrte Ausscheidung im Urin erkennen, die unter l-Ascorbins~urebehandlung

noch deutlich zu-

nahm.

2. Nephrotisches Syndrom Die Normaltiere

(Gruppe A) hatten eine GesamteiweiBmenge

im Serum von 6,06 ±

0,5 g/l. In der Tiergruppe B fiel am 12. Tag unter Aminonucleosid das Gesamteiwei8 im Serum auf 3,97 ± 0,2 g/l, wghrend die EiweiBausscheidung

im Urin bei

den Tiergruppen B und C yon 11,5 ± 3,2 mg/die auf 350 ± 40,0 mg/die anstieg. FHnf Tage nach Gabe des Aminonucleosids war bei den Gruppen B und C die Serumcholesterin-Konzentration

auf 200 mg % (203,7 ± 23,2 mg %) angestiegen. Die

Normaltiere wiesen dagegen einen Serumcholesterinwert

yon 64~] ± 8,6 mg % auf.

Die Tiere der Gruppe B lieBen am 12. Versuchstag einen weiteren Cholesterinanstieg auf Werte yon 325 - 348 mg % erkennen. Dagegen zeigten die mit l-Ascorbins~ure behandelten Tiere der Gruppe C einen Serum-Cholesterinwert Aus Tab. I geht hervor, dab die unbehandelten, und behandelten,

von 210 mg %.

nephrotischen Tiere (Gruppe B)

nephrotischen Tiere (Gruppe C) insgesamt weniger 14C-Aktivi-

t~ten ausschieden als die Gruppe der Normaltiere. Wurden dagegen die beiden Gruppen B und C hinsichtlich ihrer 14C-Aktivit~tsausscheidung

miteinander ver-

Tabelle 1. Aktivit~tseinheiten der 14C-Ausscheidung im Urin und Stuhl nach Gabe yon Cholesterol-4-14C bei der experimentellen Aminonucleosidnephrose (~ ± S ~)

Gruppe A: Acht Normaltiere, Gruppe B: Acht Tiere mit Aminonucleosidnephrose, Gruppe C: Acht Tiere mit Aminonucleosidnephrose und l-Ascorbins~urebehandlung

Gruppe

URIN

A

301,1 ~ 80,1

B

134,9 ~ 18,6

C

201,9 ~ 51,8

STUHL

1.331,6 ~ 206,1

706,7 ~ 205,0

1.009.0 ~ 211,3

GESAMT

1.632,7 ~ 143,0

841,6 ~ 189,9

1.210,9 ~ 186,3

ANZAHL n

8

8

8

l-Ascorbins~ure bei Cholestase und Aminonucleosidnephrose

139

glichen, so hatte die mit l-Ascorbins~ure behandelte Tiergruppe (Gruppe C) insgesamt eine hShere Ausscheidung (p < 0,02) als die Tiergruppe B (Tab. I). Das Serumcholesterin lieB sich zwar signifikant senken, doch ein im Normbereich liegender Wert wurde nicht erreicht.

DISKUSSION

An der experimentellen Cholestase lieB sich zeigen, dab sich unter dem Einflu~ der l-Ascorbins~ure die Hypercholesterinaemie im Serum normalisierte. Die 14CAktivit~tsausscheidung im Urin der mit l-Ascorbins~ure behandelten Tiergruppe war im Vergleich zur Normalgruppe signifikant erhSht (p < 0,OO1). Nach MUIiMA (5) soll der cholesterinsenkende Effekt der l-Ascorbins~ure auf einer Sulfatierung des Cholesterins zu Cholesterin-Sulfat beruhen. Anders verhielt sich die 14C-Aktivit~tsausscheidung im Urin beim Nephrotischen Syndrom. Hier konnte nur eine relativ vermehrte Gesamt-Ausscheidung der 14C-Aktivit~ten bei den behandelten Tieren gegenUber den unbehandelten beobachtet werden. MSglicherweise ist die fHr die Wirksamkeit der l-Ascorbinsgure wichtige Oxydation der l-Ascorbins~ure, die auch in den Nierentubuluszellen erfolgt (2), bei der Aminonucleosidnephrose gestSrt, so da~ die Wirkung der l-Ascorbins~ure auf das Serum-Cholesterin unzureichend bleibt und die 14CAktivit~tsausscheidung nur bedingt gesteigert werden kann. Das Serum-Cholesterin wurde bei der Cholestase nach starkem Anstieg wieder auf einen normalen Wert gesenkt. Dagegen hatte die l-Ascorbins~ure im Verlauf der Aminonucleosidnephrose zwar keine normalisierende, doch eine senkende Wirkung auf das Serum-Cholesterin. Die Senkung des erhShten Serum-Cholesterins durch die l-Ascorbins~ure dHrfte bei beiden Krankheitsbildern, wie mit Hilfe der 14C-Aktivit~ten nachgewiesen werden konnte, fiber einen einheitlichen Meehanismus, nRmlich Hber eine vermehrte Ausscheidung von Cholesterin bzw. seiner Stoffwechselprodukte,

im Urin

erfolgen.

LITERATUR 1. DUBACH, U.C., RECANT, L., HATCH, E., KOCH, M.B.;

Sequence of development of hypercholesterinemia and hypoproteinemia in aminonucleoside nephrosis. Proc. Soc. Exp. Biol. Med. N.Y. 706j 136 (1961) 2. GRAB, W.: Pharmakodynamische Wirkungen der Ascorbins~ure. Ascorbinsgure, S. 136-148, Symposium Mainz 2.-3. April 1964, Leitung K. LANG, Darmstadt: Steinkopff 1965

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W. Leipnitz et al.

3. METTENHEIMER, C.: Mikroskopische Beobachtungen mit polarisiertem Licht. Korresp. BI. Ver. gemeins. Arb. z. FSrd. d. wissenschaftl. Heilkunde 24, 331 (1957) 4. MIASNIKOVA, J.A.: Effect of ascorbid acid~ nicotinic acid and thiamine on cholesteremia° Trudy Voenno-morskoi med. Akad. 8, 140 (1947) 5. MUMMA, R.O., VERLANGIERI, A.I.: In vivo sulfatation of cholesterol by ascorbic acid 3-sulfate as possible explanation for the hypocholestemic effects of ascorbic acid. Fed. Proc. 30, No. 2 (1971) 6. SCHOLZ, A.: EinfluB yon Ascorbins~ure auf die Hypercholesteringmie bei Hypothyreose, Klin. Wschr. 51, 518 (1973) 7. WATSON, D.: A simple method for the determination of serum cholesterol. Clin. Chim, Acta 5~ 637 (1960) Dr. P. FROESE Nephrologische Abteilung der Medizinischen Klinik und Poliklinik im Klinikum Westend der Freien Universit~t Berlin ! Berlin 19 Spandauer Damm 130

[The effect of ascorbic acid on the hypercholesterolemia in experimental cholestasis and aminonucleoside nephrosis (author's transl)].

Hypercholesterolemia was induced in rats by experimental cholestasis and aminonucleoside nephrosis. After ascorbic acid administration the hypercholes...
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