Auswirkungen von Halothan und Lachgas auf transkraniell magnetisch evozierte Potentiale ' Klinik hir Neurochirurgie der Universität Köln

Imt~tutfür Anasthesiologieund Operative lntensivmedirin der Universität Koln

Summary The influence of volatile anaesthetic agents on transcranial magnetic motor evoked potentials (TMEP) is not known. The effect of haiothane and nitrous oxide on TMEP as recorded from hand was studied in 10 patients undergoing lumbar spinal surgery. In no case were the TMEP documented when halothane and nitrous oxide were administered. After withdrawal of both agents it took up to 29 minutes until the TMEP reappeared. It is concluded that intraoperative monitoring of TMEP is not possible if halothane and nitrous oxide are administered. Zusammenfassung Der Einflui3 volatiler Anästhetika auf transkraniell magnetisch evozierte Potentiale (TMEP) ist bisher nicht bekannt. Die Wirkungvon Halothan und Lachgas auf TMEP, die von der Hand abgeleitet wurden, wurde bei 10 Patienten wahrend und nach der Operation eines lumbalen Bandscheibenvorfalls untersucht, um eine Beeinflussung durch die Operation selbst auszuschließen. In keinem Fall konnten TMEP wahrend der Gabe von Halothan und Lachgas registriert werden. Das Wiederauftreten der TMEP nach Absetzen beider Inhalationsnarkotika dauerte bis zu 29 Minuten. Hieraus wird gefolgert, d& TMEP intraoperativ nicht registriert werden können, wenn Haiothan und Lachgas eingesetzt werden.

überwachung motorischer Funktionen, was bei zahlreichen neurochirurgischen Interventionen wünschenswert ist. In der uns zugänglichen Literatur liegen bisher keine Berichte über die medikamentöse Beeinflussung der TMEP vor. In der vorliegenden Arbeit wird die Wirkung von Halothan und Lachgas auf TMEP anhand von 10 Einzelfallbeobachtungenuntersucht. Patienten und Methoden Bei 10 Patienten ohne anderweitige neurologische Erkrankungen wurden transkraniell magnetisch evozierte Potentiale vom Daumenballen abgeleitet. Alle Patienten wurden an einem lumbalen Bandscheibenvorfall operiert. Nach vorhergehender schriftlicher Einwilligung wurden TMEP am Tag vor der Operation und nach Narkoseeinleitung bis zum Absetzen sämtlicher Narkotika nach der Operation registriert. Nach Narkoseeinleitung mit Thiopental wurde 0,5 O/o bis 0,7 O/o Halothan, 70 O/o Lachgas und 30 O/o Sauerstoff gegeben. Die Dauer der Narkose lag zwischen 2 und 3 Stunden. TMEP wurden mit einer Magnetspule (Magnetstimulator, Fa. Nicolet), die bei maximaler Leistung eine Feldstärke von 1,5 Tesla aufweist, ausgelöst. Die Ableitung vom linken Daumenbailen wurde aufgezeichnet (Gerät ,Neuropack 4", Fa. Nihon Kohden). Wahrend und nach Narkose wurde mit 100% der Leistung stimuliert. Für die Aufzeichnung wurden folgende Parameter gewahlt: Zeitbasis 50 ms, Filter von 20 Hz bis 3 kHz.3 bis 4 Kurven wurden übereinandergelagert zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit. Bei nicht auslösbaren TMEPs wurde durch Plexusstimulation die periphere Funktionsfähigkeit bestätigt. Ergebnisse

Die medikamentöse Beeinflussung von s o matosensorisch und akustisch evozierten Potentialen ist seit einigen Jahren untersucht worden (Tab. 1). Im allgemeinen haben Halothan und Lachgas eine Latenzverlängerung und Amplitudenminderung bewirkt. Transkraniell magnetisch evozierte Potentiale (TMEP) eröffnen die Möglichkeit einer schmerzfreien, intra- und postoperativen, nicht-invasiven Anästhesiol. Intensivmed. Notfaiimed. Schmerzther. 26 (1991)381-383 D Georg Thieme Verlag Stuttgan . New York

Bei allen 10 Patienten konnte während der präoperativen Untersuchung ein regelrechtes TMEP abgeleitet werden. In keinem Fall konnte ein TMEP wahrend der Gabe von Haiothan und Lachgas registriert werden. Nach Absetzen von Halothan und Lachgas wurde bei allen Patienten ein Wiederauftreten der TMEP beobachtet (Abb. 1).Das Intervall zwischen Absetzen und Wiederauftreten war unterschiedlich und reichte von 15 bis 29 min. Teilweise wurden Spontanbewegungen nach Absetzen beobachtet, bevor das Wiederauftreten der TMEP registriert werden konnte (Abb. 2).

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Effects of Halothane and Nitrous Oxide on Transcranial Magnetic Evoked Potentials

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382 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991) C.,H.-D., 37 männl. -- . . -

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pr-rativ

TMEP prä-, intra- und postoperativ

250 pV . ..

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BE., 48 J. weibl.

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Stimulation Arm-Plexus vor Absetzen

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präoperativ

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50 rns

vor Absetzen nach transkranieller Stimulation

intraoperativ, Stimulation des Arm-Plexus vor Absetzen 500 p V

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125 pV 6 min nach Absetzen

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1 min vor Absetzen von Halothan und Lachgas.

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8 m i n nach Absetzen,

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12 m i n nach Absetzen. Befolgt Aufforderungen

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Transkranielle Stimulation 250 pV 2 min nach Absetzen, 250 pV

Augen geöffnet

50 pV

m~

18 min nach Absetzen, Spontanbewegung [ 250 pV

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25 min nach Absetzen befolgt Aufforderungen

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[ 250 pV

- 100 pV

Abb. 1 Verlaufsmessungen der TMEP vor, während und nach Halothan- und Lachgasnarkose.Die Integritätder peripheren Leitungs bahn wird durch Plexusstimulationbestätigt.

Abb.2 Zum Zeitpunki, als nach Absetzen von Halothan und Lachgas Spontanbewegungenwieder durchgeführt wurden, war das TMEP noch nicht erhältlich.

Tab. 1

Autor Bimar-Blancund Mitarb., 1988 Garcia-Larrea und Mitarb., 1988 Hogan und Mitarb., 1988 Houston und Mitarb., 1988 Koht und Mitarb., 1988

Newlon und Mitarb., 1983 Sebelund Mitarb., 1987 Thornton und Mitarb., 1984 Velasco und Mitarb., 1984 Wolfe, Drumrnond, 1988

n

8 Hunde 10 30

Substanz

Auswirkung

lsofluran Halothan Thiopental Lidocain Halothan Lachgas Etomidate Thiopental Midozalam Pentobarbital Halothan Halothan Enfluran Fentanyl Naloxon lsofluran Lachgas

Welle V und zentrale Überle~ungszeitverlängert Erlöschen der frühen akustisch evozierten Potentiale. frühe zephale Antworten nicht verändert frühe und späte akustisch evozierten Potentiale nicht verändert vergrößerte Latenzen und Amplituden geringere Amplituden, Iängere Latenz unveränderte Amplituden, längere Latenzen SEP Latenzen verlängert, FAEPs nicht verändert verlängerte Latenzen und verminderte Amplituden verlängerte Latenzen, geringere Amplituden Reizschwellenveränderung, keine systematischenVeränderungen verminderte Amplituden

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.

R Firsching und Mitarb.

Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991)

Diskussion Während der Latenzen verlängernde und Amplituden mindernde Effekt von Halothan und Lachgas auf somatosensorisch und akustisch evozierte Potentiale mehrfach untersucht worden ist (Tab. 1). ist das vollständige Erlöschen evozierter potentiale dur& diese Narkotika kaum dokumentiert. Bei allen Patienten wurde ohne Ausnahme das vollständige Erlöschen der präoperativ vorhandenen TMEP unter Haiothan und Lachgas, nach einer Initialgabe von Thiopentai, beobachtet. Da die TiMEP auch bis zum Ende der über drei Stunden dauernden Narkosen nicht erhäitlich blieben, ist der Ausfall nicht auf das initial gegebene Thiopental, sondern auf das Halothan und Lachgas zurückzuführen. Bei der Untersuchung der Haiothanempfindlichkeit somatosensorisch evozierter Potentiale waren Sebel und Mitarb. eine gröi3ere Beeinflugbarkeit kortikaler als subkortikaler oder peripherer Generatoren aufgefallen, welches sie auf die gröi3ere Zahl von Synapsen in kortikalen Strukturen zunickfiihrten. Dementsprechend war das Antwortpotential nach Magnetstimulation unter Halothan- und Lachgasgabe erhältlich, wenn der Plexus cervicalis stimuliert wurde, nach transkranieller Stimulation war ein Antwortpe tential ausnahmslos nicht erhältlich. Die genaue Wirkungsweise der transkraniellen Magnetstimulation ist unbekannt, wegen des starken Abfalls der Feldstärke mit dem Abstand von der Magnetspule ist zu erwarten, daß nur kortikale und anliegende subkortikale Strukturen erreicht werden können. Die hohe Haiothanempfindlichkeit der TMEP könnte als Hinweis dienen. daß eher kortikale als subkortikale Strukturen stimuliert werden. Sollte die Registrierung transkranieii magnetisch evozierter Potentiale bei bestimmten Eingriffen wünschenswert sein, sollte daher auf andere Anästhetika als Haiothan und Lachgas ausgewichen werden.

383

Literatur

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Priv.-Doz DY.R Firscbing Klinik h r Neurochirurgie der Universität Köln Joseph-Stehann-Sude 9 5000 Köln 41

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Auswirkungen von Halothan und Lachgas

[The effects of halothane and nitrous oxide on transcranial magnetic evoked potentials].

The influence of volatile anaesthetic agents on transcranial magnetic motor evoked potentials (TMEP) is not known. The effect of halothane and nitrous...
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