Übersicht

Stellenwert der Kontrastmittelsonografie in der Gefäßchirurgie The Significance of Contrast-Enhanced Ultrasound in Vascular Surgery

Autoren

K. Pfister, P. M. Kasprzak, H. Apfelbeck, R. Kopp, M. Janotta

Institut

Gefäß- und Endovaskuläre Chirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Deutschland

Schlüsselwörter " Kontrastmittelsonografie l " Nachkontrolle l " endovaskuläre Aortenl versorgung " Aortenaneurysma l " endovaskulärer Ultraschall l " Karotisplaquel neovaskularisation

Zusammenfassung

Abstract

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!

Hintergrund: Die Kontrastmittelsonografie („contrast-enhanced ultrasound“, CEUS) konnte sich aufgrund fehlender Nephrotoxizität und Strahlenbelastung in der Gefäßmedizin etablieren. Sie wird an der Karotis, in der Nachkontrolle nach endovaskulärer Versorgung von abdominellen Aortenaneurysmen (EVAR) und selten bei sogenanntem „Low-Flow-Phänomen“ bei der peripheren Verschlusskrankheit (pAVK) eingesetzt. Methode: Voraussetzungen und Technik der CEUS werden erläutert. Auf der Grundlage einer selektiven Literatursuche wird CEUS der Computertomografie- (CTA), Magnetresonanz- (MRA) und Angiografie in ihrer Wertigkeit bei der Karotisplaque, nach EVAR und bei der Darstellung der Unterschenkelarterien gegenübergestellt. Eine Empfehlung der Autoren mit einem Nachsorgeschema nach EVAR wird ausgesprochen. Ergebnisse: CEUS der Gefäße ist sicher durchführbar. Derzeit ist dafür nur Sonovue®, Bracco zugelassen. Eine spezifische Geräteausstattung und Ausbildung ist erforderlich. Nach prospektiven Studien und Metaanalysen ist CEUS in der Typisierung eines Endoleaks nach EVAR der CTA gleichwertig. CEUS kann Neovaskularisation und damit die instabile Karotisplaque darstellen, ist aber prospektiv hinsichtlich einer invasiven Therapie nicht abgesichert. Die Unterscheidung eines Karotisverschlusses oder einer Pseudookklusion ist wie die Untersuchung sehr niedriger Flüsse bei der pAVK durch die Echokontrastverstärkung möglich, bleibt aber eine Ausnahmeindikation. Schlussfolgerung: Die Kontrastmittelsonografie sollte in der Gefäßmedizin, insbesondere in der Nachkontrolle nach EVAR, als wenig invasives und nicht nierenschädigendes Verfahren wann immer möglich zuerst angewandt werden. Allerdings ist der Zeit- und Kostenaufwand für Geräte und Ausbildung nicht zu unterschätzen.

Background: Vascular contrast-enhanced ultrasound (CEUS) is a special ultrasound application without the harmful side effects of nephrotoxicity and radiation exposure. CEUS can be used for advanced diagnosis of carotid stenosis and followup checks of endovascular repair of abdominal aortic aneurysms (EVAR). Low-flow phenomenon in peripheral vascular disease can easily be detected by enhanced colour-coded duplex sonography (CCDS). Methods: The technical requirements of CEUS are explained here for the aorta, carotid, and peripheral arteries. The benefits and risks compared to computed tomography (CT), magnetic resonance (MR) and angiography are evaluated. Based on a selective review of the literature and the authorsʼ personal experiences, CEUS is recommended for routine surveillance after EVAR. Results: CEUS is a safe method using SonoVue® (Bracco) as the only approved agent for vascular examination. Special equipment and training is necessary. In prospective studies and meta-analyses the detection and characterisation of endoleaks is comparable to that of CT imaging. Neovascularisation as a sign of carotid plaques at risk can be seen without the need for invasive treatment. Imaging of crural vessels with enhanced CCDS is a promising but rarely needed option in diabetic and renally insufficient patients. Conclusion: CEUS in vascular medicine should be performed prior to other methods to avoid nephrotoxic contrast agents for the patients, especially in follow-up checks after EVAR. The time and effort required are still limiting its practical breakthrough.

Key words " contrast‑enhanced ultral sound " follow‑up‑check l " endovascular management l of aorta " aortic aneurysms l " endovascular ultrasound l " neovascularisation of carotid l plaque

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1351028 Online-publiziert 10. 12. 2013 Zentralbl Chir 2014; 139: 518–524 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044‑409X Korrespondenzadresse PD Dr. med. Karin Pfister Gefäß- und Endovaskuläre Chirurgie Universitätsklinikum Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11 93053 Regensburg Deutschland Tel.: 09 41/9 44 69 11 Fax: 09 41/9 44 69 10 karin.pfister@ klinik.uni-regensburg.de

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Einleitung !

Die Kontrastmittel-Sonografie („contrast-enhanced ultrasound“ = CEUS) ist seit Jahren aus der Beurteilung von Lebererkrankungen, insbesondere der Differenzialdiagnose von Tumoren, nicht mehr wegzudenken [1]. In der Primärdiagnostik von Gefäßerkrankungen hat sich zur Beurteilung der Morphologie das B-Bild, vor allem aber die farbkodierte Duplexsonografie (FKDS) zur Einschätzung der Hämodynamik etabliert [2, 3]. Mit Ausnahme der thorakalen Aorta sind alle großen Gefäße einer transkutanen Untersuchung zugänglich. Die Computertomografie-Angiografie (CTA), Magnetresonanztomografie-Angiografie (MRA) und die digitale Subtraktionsangiografie (DSA) kommen heute in den allermeisten Fällen erst sekundär nach entsprechender Therapieindikation zur Operation und/oder Intervention zum Einsatz. Aufgrund des Risikos einer jodinduzierten Nephropathie und Hyperthyreose (CTA, DSA), einer nephrogen-systemischen Fibrose (MRA) oder Strahlenbelastung (CTA, DSA) hat die Kontrastmittelsonografie auch bei Gefäßuntersuchungen Einzug gehalten, zumal die Ultraschallkontrastmittel der 2. Generation die Möglichkeiten des Ultraschalls vergleichbar zum Einsatz in der Leberdiagnostik deutlich verbessert haben [4, 5]. Derzeit ist für die vaskuläre Diagnostik nur ein Sulfurhexafluorid (SonoVue®, Bracco) zugelassen. Im Gegensatz zu den in CTA und MRA verwendeten Kontrastmitteln bleiben die Gasbläschen rein intravasal („blood pool agents“), sind größenmäßig einem Erythrozyten ähnlich und werden ausgeatmet. Die Struktur der Mikrobläschen führt zu einer Verstärkung des Echosignals von strömendem Blut und damit zur besseren Detail- und Kontrastauflösung. Dies führt zu einer verbesserten Differenzierung von Strukturen, die sich nicht nur in der Tumordiagnostik, sondern auch in der Plaque- und Wanddiagnostik von Gefäßen nutzen lässt. Außerdem ist die Echokontrastverstärkung durch Ultraschallkontrastmittel ohne kontrastspezifische Software auch in der konventionellen Farbduplexsonografie zur besseren Flussdetektion nutzbar. Hierbei können niedrige Flüsse z B. bei der Pseudookklusion der Karotis und den Unterschenkelarterien bei Diabetikern und niereninsuffizienten Patienten dargestellt werden. Für den diagnostischen Einsatz bei der Endoleaksuche nach endovaskulärer Versorgung eines Aortenaneurysmas (EVAR) sowie in der Beurteilung der Plaquemorphologie der Karotis ist jedoch eine spezielle Software notwendig. Ultraschallkontrastmittel sind in der Anwendung sicher. Allergische Reaktionen sind im Vergleich zur CTA und MRA seltener. Das Risiko einer Nebenwirkung wird auf 0,01 % geschätzt. Eine Kontraindikation stellt nur die schwere akute kardiopulmonale Erkrankung dar. Nach Beschreibung der Untersuchungstechnik wird der Stellenwert der Kontrastmittelsonografie anhand dreier Einsatzgebiete Aorta, Karotis und periphere Arterien bei häufigen Krankheitsbildern wie der Karotisstenose, dem Bauchaortenaneurysma sowie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) in ihrer Bedeutung für die Gefäßmedizin dargestellt.

Technik der Ultraschallkontrastmitteluntersuchung !

Das Ultraschallkontrastmittel wird nach entsprechender Aufklärung und Einwilligung (vorgefertigte Aufklärungsbögen www. ceuscampus.de) in der Regel als Bolusinjektion verabreicht, gefolgt von einer raschen intravenösen Gabe von 10 ml 0,9 %iger Natriumchloridlösung. Erfahrungsgemäß sind je nach Indikation und Geräteausstattung 1,2–2,4 ml Kontrastmittel (¼ – ½ Ampulle SonoVue®, Bracco) ausreichend und wiederholt anwendbar. Die

Trockensubstanz wird aufgelöst, entsprechend aufgeschüttelt und vorzugsweise in die mitgelieferte Glasspritze aufgezogen, um einen Verlust durch wandadhärente Bläschen zu vermeiden. Die Injektion soll über einen peripheren Zugang mit Dreiwegehahn in gerader Linie erfolgen, um ein Zerstören der Bläschen durch Scherkräfte zu vermeiden. Bei Einsatz der kontrastspezifischen Software ist das Ausgangsbild annähernd schwarz. Danach fluten die Kontrastmittelbläschen in Echtzeit, vergleichbar einer digitalen Subtraktionstechnik, hell auf dem schwarzen Hintergrund an. Um sie durch die Sendeleistung des Ultraschalls anzuregen (Oszillation), aber nicht zu zerstören, wird der sogenannte „mechanische Index“ (MI) der Sonde auf etwa 10–20 % der Ausgangsleistung reduziert. Aufgrund der dynamischen Untersuchung ist die Aufzeichnung auf Video oder digital zu empfehlen. Die kontrastspezifische Untersuchungszeit beträgt 2– 3 min und lässt sich in eine arterielle und venöse Phase einteilen, entsprechend dem An- und Abflutungsverhalten des Kontrastmittels. Vergleichbar zu den Charakteristika von Leberläsionen erfolgt hierüber die Beurteilung z. B. beim Endoleak nach EVAR. Der Nachweis von Bläschen, vor allem auch sehr spät, zeigt immer durchblutetes Gewebe an. Danach kann für etwa 6–10 min durch die Echokontrastverstärkung eine erleichterte Darstellung der Gefäße insbesondere der Viszeral- und Nierenarterien in der konventionellen FKDS erfolgen. Auf die spezielle Untersuchungstechnik der CEUS wird bei den einzelnen Krankheitsbildern eingegangen.

Bauchaortenaneurysma und Nachkontrolle nach endovaskulärer Versorgung von Aortenaneurysmen (EVAR) !

Die Sonografie hat sich als Screeninguntersuchung zum Nachweis oder Ausschluss eines Bauchaortenaneurysmas bewährt [6, 7]. In der Nachkontrolle nach endovaskulärer Versorgung eines Aortenaneurysmas ist primär der Durchmesser des Aneurysmas im " Abb. 1). Verlauf für die weitere Behandlung ausschlaggebend (l Zeigt sich der Aneurysmadurchmesser regredient, ist eine farbkodierte Duplexsonografie ausreichend. Bei vergleichbarem oder zunehmendem Aortendurchmesser ist heute die CEUS zur Endoleakdiagnostik die primäre Untersuchungsmethode der Wahl, da sich immer mehr Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion vorstellen [8]. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass die Sonografie in Kombination mit Kontrastmittel der CT-Angiografie zumindest gleichwertig in der Charakterisierung eines Endoleaks ist [9–13]. Dies gilt ganz aktuell nicht nur für die endovaskuläre Standardversorgung beim infrarenalen Aortenaneurysma, sondern auch bei sogenannten fenestrierten Endostentprothesen zur Versorgung der Nieren und Viszeralarterien [14]. In Kombination mit der konventionellen Röntgenuntersuchung kann eine Kontrolle des Endoprothesensitzes und die Frage nach Materialbrüchen beantwortet werden [15]. Eine MRA in der Nachkontrolle ist nur bei Nitinol-Stents (z. B. Anaconda™, Vascutek; Endurant™, Medtronic; Excluder™, Gore) möglich. Ansonsten erfolgt durch das Stahlgerüst eine Auslöschung (Schwarzfärbung vergleichbar der Darstellung eines Verschlusses). Sie ist damit nicht verwert" Abb. 2). Die DSA zum Nachweis eines Endoleaks spielt bar (l heute in der Erstdiagnostik eine untergeordnete Rolle. Sie wird nach Voruntersuchung durch den Ultraschall und/oder CTA meist vor einer geplanten Intervention mit Coiling von Lumbalarterien und/oder A. mesenterica inferior (Endoleak Typ II) durchgeführt. Im Gegensatz zur CTA und MRA mit im Protokoll definierten Untersuchungszeiten wird bei der CEUS wie bei der Angiografie der

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Abb. 1 Nachsorgeschema bei EVAR im Universitätsklinikum Regensburg. EVAR = Endovascular abdominal Aneursym Repair; CEUS = Contrastenhanced Ultrasound = Kontrastmittelsonografie, FKDS = farbkodierte Duplexsonografie; Rö = Röntgen nativ; CTA = Computertomografie-Angiografie; Krea = Kreatinin.

Abb. 2 a und b Artefakte in CTA und MRA: a Nichtbeurteilbarkeit von Seitenarmstents in der CT-Angio durch Aufhärtungsartefakte oder Überstrahlung. b Auslöschung eines Seitenarmstents (Stahl) und Darstellung der Aortenprothese (Nitinol) in der MRA; CTA = Computertomografie-Angiografie, MRA = Magnetresonanz-Angiografie.

Blutfluss in Subtraktionstechnik durch eine spezifische Kontrastmittelsoftware kontinuierlich dargestellt. Dies ermöglicht eher eine Typisierung der Endoleaks von I bis V nach Veith et al. " Abb. 3 a–e) [16], weswegen inzwischen auch Protokolle zur (l Dynamisierung der CTA mit multiplen Phasen (sic! Strahlenbelastung) erstellt wurden [17, 18]. Bei der CEUS werden etwa 1,2– 2,4 ml Kontrastmittel in Bolustechnik verabreicht und die Endoprothese aortoiliakal mit einer Sektorsonde im Transversalschnitt, später longitudinal untersucht. Zusätzlich kann eine Nachbearbeitung der Videoclips mit externer und interner Software eine Perfusionsanalyse („time-intensity-curve“) des Endoleaks zur Verlaufskontrolle ermöglichen [19]. Nach dieser Basisuntersuchung mit Vermessen des Aortenaneurysmadurchmessers sowie der sich anschließenden Kontrastmitteluntersuchung mit der Frage nach einem Endoleak schließt sich die Beurteilung der Flussverhältnisse in den iliakalen Schenkeln und Zugangswegen femoral durch die FKDS an. Zusätzlich erfolgt die Beurteilung der Viszeral- und Nierenarterien, insbesondere bei Spezialprothesen, die gefenstert sind oder Seitenarme (Branches) besitzen. Bei der CTA ist wie bei der MRA aufgrund von Auslöschungs- und Überlagerungsartefakten eine Beurteilung (Frage nach Stenose)

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" Abb. 2). Die Beurteilung der Organperhäufig nicht möglich (l fusion, vor allem der Niere, stellt einen weiteren Vorteil von CEUS dar. Insbesondere Nieren(teil)infarkte durch Embolisation lassen sich durch das Fehlen von Bläschen in der Niere problemlos " Abb. 4) [20]. nachweisen (l Nach Durchführung der CEUS zur Detektion eines Endoleaks erleichtert die Echokontrastverstärkung in der Folge die Darstellung der Nieren- und Viszeralarterien sowie die funktionelle Be" Abb. 5). urteilung durch die Doppler-/Duplexsonografie (l Für den Patienten bedeutet somit die ultraschallbasierte Nachkontrolle nach endovaskulärer Versorgung eines Aortenaneurysmas nicht nur eine erhebliche Reduktion der Strahlenbelastung, sondern vor allem des Risikos einer Nierenschädigung [21]. Wird ein Endoleak in der CEUS nachgewiesen, kann bei vergleichbarem Aortendurchmesser beim Endoleak Typ II abgewartet werden, da das klinische Ergebnis einer Therapie und der Spontanverlauf bislang unklar sind [22–24]. Eine Zunahme des Aortendurchmessers zieht im Regelfall eine weitere Diagnostik auch beim Endoleak Typ II nach sich. Beim Nachweis eines lumbalen oder eines Endoleaks der A. mesenterica inferior kann die Angiografie als Intervention mit Coiling oder vor laparoskopischem

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Abb. 3 a bis e Beschreibung und Grafik von Endoleak Typ I–V nach Veith et al. [16] mit Kontrastmittelbild, Untersuchungstechnik und ‑befund.

Clipping geplant werden. Bei Nachweis eines Endoleaks Typ I und III wird vor Therapie (bspw. proximale/distale Stentverlängerung) häufig eine erneute CTA erforderlich, jedoch erst sekundär mit entsprechender Fragestellung. Das Endoleak Typ IV tritt aktuell mit der neuen Prothesengeneration durch Veränderung des Materials (Dichtigkeit) nur vereinzelt auf. Beim Endoleak Typ V wird eine Zunahme des Aneurysmadurchmessers beobachtet, aber mit keiner bildgebenden Modalität ein Kontrastmittelaustritt nachgewiesen. Zur weiteren Diagnostik kommt eine Punktion

mit invasiver Druckmessung, aber auch eine Operation zur Entlastung des Aneurysmasacks in Betracht. Die Einführung differenzierter Untersuchungsverfahren wie der CEUS führt zunehmend zur Entdeckung der Endoleakgenese und dadurch zum relativen Rückgang von Typ V. Die Ultraschallkontrastmitteluntersuchung ist wenig invasiv und belastend und im Vergleich zur CTA vom Kostenaspekt für das Ultraschallkontrastmittel billiger oder gleichwertig in der Abrechnung oder klinikinternen Verrechnung. Allerdings ist eine ent-

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Abb. 4 Nierenteilinfarkt in der CEUS: Während im oberen Bilddrittel die Leber gut durchblutet (hell) durch die Bläschen zur Darstellung kommt, ist die Niere teils hell und schwarz. Der schwarze Anteil entspricht dem Durchblutungsausfall (Infarkt); CEUS = Contrast-enhanced Ultrasound = Kontrastmittelsonografie.

sprechende Schulung und der Zeitaufwand für den Untersucher sowie die Geräteausstattung zu berücksichtigen. Die Leitlinien zur Anwendung von Ultraschallkontrastmittel fordern einen erfahrenen Untersucher, Facharztstatus sowie die Vorhaltung einer Reanimationsausrüstung [25]. Kurse, wie von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschallmedizin (DEGUM) angeboten, sowie Hospitationen sind empfehlenswert, um Besonderheiten wie z. B. die frühe Nichtschallbarkeit von PTFE-Aortenstentgrafts (Excluder™, Gore) zu erlernen.

Karotisstenose und Plaquemorphologie !

Die Doppler-/Duplexsonografie hat sich zur Stenosequantifizierung als nicht invasive Untersuchungsmethode bei der Karotis durchgesetzt. In Anlehnung an die Stenosequantifizierung der intraluminalen Methoden ist seit 2010 der distale Stenosegrad

Abb. 5 a bis c Echokontrastverstärkung zur verbesserten Darstellung (Minuten nach Kontrastmittelgabe): a Nieren- (NA rechts), b Viszeral- (TC, AMS) und c einer Unterschenkelarterie in der Übersicht in der FKDS (a, b)

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(NASCET) verbindlich auch für die Ultraschalluntersuchung festgelegt [26]. Nach aktueller Studienlage ergibt sich die Indikation zur Operation der Karotisstenose in Abhängigkeit von der Klinik des Patienten und dem Stenosegrad der Karotis. Höchstgradige asymptomatische Stenosen sowie symptomatische Karotisstenosen werden im Regelfall operativ versorgt. Eine optimale begleitende Medikation mit Einnahme eines Thrombozytenaggregationshemmers und eines Statins sowie die Einstellung des Blutdrucks gelten heute als unverzichtbar. Trotz der Vorteile der Operation der Karotisstenose im Vergleich zum Stent in der S3Leitlinie „extrakranielle Karotisstenose“ ist die Wahl der Therapie in den unterschiedlichen Fachdisziplinen umstritten [27]. Umso mehr fand im Rahmen der interdisziplinären Diskussion das Risiko der Embolisation einer Karotisplaque und die Plaquemorphologie selbst neues Interesse [28, 29]. Im Gegensatz zur CTA und MRA [30, 31], die ebenfalls eine Differenzierung von Plaqueanteilen ermöglichen, ist die Sonografie mit und ohne Kontrastmittel ohne großen Aufwand durchführbar. Hierbei wird die Vaskularisation der Plaque oder das Einsprossen von Gefäßen (Neovaskularisation) durch das Einwandern von Bläschen in die Wand oder die Plaque selbst beurteilt [32]. Unter Benutzung einer möglichst hochauflösenden Linearsonde wird etwa 1 ml Kontrastmittel injiziert und die Plaque zumeist am Abgang der " Abb. 6 b). Die UnA. carotis interna im Längsschnitt dargestellt (l tersuchung konnte die Bedeutung dieses Phänomens für das kardiovaskuläre Risiko und das Schlaganfallrisiko aufzeigen [29, 33]. Die Anwesenheit dieser Plaques erhöht das Embolierisiko im intrakraniellen Abschnitt und ist als solches im transkraniellen Doppler nachweisbar [32]. Bislang sind die Ergebnisse jedoch nicht durch große randomisierte Studien abgesichert. Die Angiografie hat als Diagnostik bei extrakraniellen Pathologien ihre Bedeutung verloren. Die CEUS der Karotisplaque aber kann in Ergänzung zum MR oder dem transkraniellen Ultraschall mit der Frage nach Diffusionsstörungen oder Mikroembolisation eine zusätzliche Information unabhängig vom Stenosegrad liefern. Eine Darstellung eines sogenannten „low flow“ bei der Pseudookklusion oder bei der Dissektion werden durch die CEUS und/oder die Echokontrastverstärkung in der FKDS erleichtert und können " Abb. 6 a). Einfluss auf die Therapieplanung haben (l

und Power Mode (c); FKDS = farbkodierte Duplexsonografie; NA = Nierenarterie; TC = Truncus coeliacus, AMS = A. mesenterica superior.

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Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) des Unterschenkels !

Die Sonografie ist in der femoropoplitealen Etage die diagnostische Methode der ersten Wahl zur Beurteilung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Im Rahmen einer Konsensusbildung der Leitlinie zur pAVK wurde festgelegt, dass „zusätzliche bildgebende Verfahren notwendig sind, falls die farbcodierte Duplexsonografie nicht verfügbar ist oder die Befunde nicht eindeutig sind“. „Zusätzlich sollte die Indikation zur weiterführenden bildgebenden Diagnostik symptomorientiert und therapiegerichtet interdisziplinär erfolgen“ [34]. Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt die hohe Validität der Duplexsonografie in der Diagnostik von Stenosen und Verschlüssen der Becken- und Beinarterien bei der peripheren Verschlusskrankheit. Sie ist in ihrer hämodynamischen Betrachtungsweise durch die Doppler-Spektralanalyse in Kombination mit der morphologischen Abbildung im BBild der Realität der klinischen Beschwerden des Patienten näher als die Beurteilung der MRA/CTA, aber auch der Angiografie, die sich in mehreren Ebenen als schwierig erweisen kann. Während die femoropopliteale Etage für einen geübten Untersucher kein Problem darstellt und das therapeutische Vorgehen rasch festgelegt ist [2], kann gerade bei langjährigen Diabetikern und/oder niereninsuffizienten Patienten aufgrund der Mediasklerose und ihrer langstreckigen Schallauslöschung sowie der Erkrankung der Unterschenkelgefäße das Auffinden und die Beurteilung sehr niedriger Flüsse/Verschlüsse aufwendig sein. Die Anschlussgefäße am Fuß, A. dorsalis pedis und A. tibialis posterior, zur pedalen Bypassrekonstruktion sind einer duplexsonografischen Untersuchung meist wiederum gut zugänglich. Der Stellenwert der Ultraschallkontrastmittel ist derzeit umstritten, erleichtert aber unzweifelhaft auch nach unserer Erfahrung bei der Unterschenkelarterienuntersuchung das Auffinden der Gefäße sowie das Darstellen sehr niedriger Flüsse z. B. in Anschlussgefäßen oder Kollateralen [35]. In der Praxis wird etwa 0,5–1 ml Ultraschallkontrastmittel zur Echokontrastverstärkung verwendet. Diese erste Einschätzung ohne die bekannten Nachteile einer kontrastmittelinduzierten Nephropathie oder nephrogen-systemischen Fibrose durch CTA/MRA oder wiederholte Angiografie lässt Eingriffe auch unter Zuhilfenahme von CO2, was insbesondere am Unterschenkel sehr schmerzhaft sein kann, besser planen, wenn " Abb. 5 c). Übersichtstechniken (Panorama) verwendet werden (l

Fazit für die Praxis !

Die qualitativ hochwertige Ultraschalluntersuchung kann unter Zuhilfenahme von Kontrastmittel das therapeutische Vorgehen in der Nachkontrolle nach endovaskulärer Versorgung eines ab-

dominellen Aortenaneurysmas, bei der Karotisstenose zur Beurteilung der Plaquemorphologie sowie bei der peripheren Verschlusskrankheit mit Untersuchung der Unterschenkelarterien richtungsweisend beeinflussen. Neben der Basisuntersuchung werden durch das Kontrastmittel differenzierte Aussagen in der Endoleakcharakterisierung, zur Plaquemorphologie und zum Embolierisiko bei der Karotisstenose sowie bei der Darstellung von Low-Flow-Phänomenen bei der Pseudookklusion der Karotis, aber auch bei den Unterschenkelgefäßen möglich. Allerdings ist hierfür eine stufenweise Ausbildung unter Anleitung neben einer erweiterten Gerätetechnik erforderlich und der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. Aus unserer Sicht überwiegen aufgrund der bekannten Nachteile der kontrastmittelinduzierten Nephropathie und nephrogen-systemischen Fibrose durch CTA und MRA sowie der Strahlenbelastung (CTA, DSA) die Vorteile der Ultraschalluntersuchung mit Kontrastmittel. Derzeit sehen wir, auch durch Studien abgesichert, den Schwerpunkt von CEUS in der Nachkontrolle von endovaskulär versorgten Aortenaneurysmen. Die Ergebnisse der CEUS in der Beurteilung von Karotisplaquemorphologie und der Unterschenkel-pAVK sind vielversprechend und sollten als erweiterte Hilfsmittel zur Verfügung stehen, müssen aber durch größere Studien belegt werden. CTA, MRA und DSA werden nur bei gezielter Fragestellung/Therapieplanung angewandt.

Interessenkonflikt: Firma Bracco.

Reisekostenübernahme,

Vortragshonorar

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Abb. 6 a und b Kontrastmittelsonografie (= CEUS) der Karotis: a Pseudookklusion: Eine Kontrastmittelstraße ist durchgehend in der schmalen A. carotis interna (Lumen schwarz mit hellem Randsaum) sichtbar. b Neovaskularisation einer Plaque: Einzelne Bläschen (hell) sind in der Plaque (schwarz) sichtbar.

Übersicht

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[The significance of contrast-enhanced ultrasound in vascular surgery].

Vascular contrast-enhanced ultrasound (CEUS) is a special ultrasound application without the harmful side effects of nephrotoxicity and radiation expo...
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