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Ganzjährige FSME-Gefahr

Zecken lauern im gepflegtesten Garten Nicht nur am Waldrand klammert sich die Zecke an die Wade des Joggers. Es genügt bereits ein Gang über den heimischen Rasen, um sich einen solchen Blutsauger einzuhandeln. Und mit etwas Pech kann die Liebe zur Natur schwerwiegende Folgen haben.



Lange galt die Regel, dass Zecken erst bei Temperaturen ab fünf bis sieben Grad, und somit in der Zeit von März bis November, aktiv werden. Doch im Zuge des Klimawandels muss man künftig wohl ganzjährig mit den kleinen Blutsaugern rechnen. So meldete das Robert Koch-Institut (RKI) nach dem warmen Winter 2013 bereits im Januar und Februar 2014 die ersten fünf FSME-Erkrankungen. Die über ganz Deutschland verteilten Zeckenstationen haben für den Winter 2013/2014 fast durchgehende Aktivität gemeldet. Vor allem dann, wenn die Bedingungen zwischendurch etwas ungemütlicher werden, erweisen sich die Überlebenskünste der Zecken. Zwischen ihren Blutmahlzeiten können erwachsene Exemplare problemlos zwei Jahre lang hun-

gern, bis sie wieder auf einen geeigneten Wirt treffen. Zwar lieben die Tiere feuchte Umgebung, aber auch in Wohnungen halten sie sich mehrere Tage auf. Selbst einen 40-Grad-Waschgang überleben sie ohne größere Blessuren, und erst Temperaturen über 60 und unter minus 20 Grad töten sie zuverlässig ab. Die Übertragungswege Durchschnittlich 1–3% der Zecken sind mit dem FSME-Virus infiziert. Es gibt aber auch Gegenden, etwa in der Schweiz, in denen ein Durchseuchungsgrad von 20–30% erreicht wird. Hauptreservoir der Viren sind kleine Nagetiere, die in Wald und Wiese leben. Sie sind selbst aber meist immun gegen FSME oder Borreliose. Zecken, die das Blut solch infizierter Nagetiere saugen, nehmen die Erreger

STIKO-Empfehlungen

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die FSME-Impfung für Reisende in Endemiegebiete sowie für Personen, die in Risikogebieten leben. Diese ziehen sich wie ein Flickenteppich durch ganz Deutschland. Am höchsten ist die Gefahr einer FSME-Infektion in Baden-Württemberg, Bayern, Südhessen und im südöstlichen Thüringen. Vor allem innerhalb sowie an den Grenzen der südlichen Bundesländer wird eine langsame Ausweitung der Risikogebiete beobachtet. Vereinzelte FSME-Fälle wurden allerdings in fast allen Bundesländern gemeldet. Die STIKO weist darauf hin, dass eine Impfung auch für Menschen in Gebieten ohne erhöhte FSME-Inzidenz, aber mit sporadischen Einzelerkrankungen sinnvoll sein kann, wenn diese „aufgrund von beruflichen oder bestimmten freizeitbedingten Tätigkeiten“ Zecken besonders intensiv ausgesetzt seien. Mackenstedt rät aufgrund ihrer „Gartenstudie“ vor allem Gartennutzern in Südund Mitteldeutschland zur FSME-Impfung.

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© Zecken.de

FSME-Impfung schützt in Risikogebieten und anderswo

auf und können sie dann beim Stich eines Menschen auf diesen übertragen. Die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich in einem FSME-Risikogebiet liegt bei 1:50 bis 1:100. Leichte Verläufe gehen mit grippeähnlichen Symptomen und starken Kopfschmerzen einher, während zu den schweren Symptomen Koordinationsstörungen, Sprach- und Sprechstörungen, Bewusstseinsstörungen und Lähmungen zählen. Für 1% der Erkrankten endet die Krankheit tödlich. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 420 FSME-Fällen registriert. Hohenheimer Gartenstudie Dass infizierte Zecken nicht nur in waldnahen Gegenden auf ihre Opfer lauern, zeigt eine Studie der Universität Hohenheim im Stuttgarter Raum. Wissenschaftler um Prof. Ute Mackenstedt sammelten Zecken aus rund 60 Gärten ein. Zu ihrer Überraschung stellten sie fest, dass auch die beste Gartenpflege nicht vor den kleinen Blutsaugern schützt. Zwar nahm die Menge der gesammelten Zecken mit der Nähe zum Wald zu, aber auch in 500 Meter Entfernung fand sich noch etwa ein Fünftel der Menge, die in den Gärten am Waldrand gefunden wurde. „In allen Gärten konnten wir Zecken finden. Manchmal war auch nur ein einzelner Busch betroffen,“ resümierte die Parasitologin. In Gärten ohne Unterholz und mit konstant kurzem Rasen leben zwar weniger Zecken, sie sind aber auch nicht völlig zeckenfrei. Die Tatsache, dass auch Larven gefunden wurden, spricht dafür, dass es sich um etablierte Zeckenpopulationen handelte. Die Wissenschaftler nehmen an, dass Zecken vor allem durch Wild- und Haustiere, manche auch durch Vögel, weiträumig verbreitet werden. Dr. Christine Starostzik ■ ■ Quellen: RKI. Epidemiologisches Bulletin Nr. 15; 14. April 2014 Pressemitteilungen der Universität Hohenheim vom März 2015 Kaiser, R. MMW 2014;3:49–55

MMW-Fortschr. Med.

2015; 157 (11)

[Ticks lurk in the best cared for gardens].

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