Originalarbeit 78

Trachealinstabilität bei tracheo-ösophagealen Fehlbildungen E. Slanyl,j. HolzkP, A. M. Holschneider l, M. Gharib l , W. Hügez3, U. Mennicken 4 I Kinderchirurgische Klinik (Chefarzt: Prof. Dr. A. M. Holschneider) und 2Abteilung für Anästhesie und operative Intensivmedizin (Chefarzt: Dr. J. Holzki) des Kinderkrankenhauses der Stadt Köln in Zusammenarbeit mit der 3Herzchirurgischen Universitätsklinik Köln (Direktor: Prof. Dr. E. R. Vivie, früher Prof. Dr. H. Dalichau) und der 4Kardiologischen Abteilung (Leitender Arzt: Prof. Dr. U. Mennicken) der Universitäts-Kinderklinik Köln

Bei 83 Kindern, welche wegen tracheoösophagealer Fehlbildungen in den Jahren 1983 bis 1988 an unserer Klinik behandelt wurden, wird die klinische Symptomatik respiratorischer Komplikationen infolge Trachealinstabilität (TI) analysiert. Diesen Symptomen werden endoskopische Befunde zugeordnet und so eine Einteilung in verschiedene Schweregrade gefunden: Von den überlebenden und nachuntersuchten Kindern mit Ösophagusatresie Vogt 1Il B waren lediglich 5 von 57 Kindern ohne Hinweis auf eine TI, bei ÖA Vogt Il waren es zwei von drei. Die beiden Kinder mit isolierter tracheo-ösophagealer Fistel (TÖF) waren klinisch und endoskopisch auffällig. 16 der 20 Kinder mit schwergradiger Ausprägungsform einer TI - definiert durch das Vorhandensein lebensbedrohlicher Apnoen und einem endoskopisch nachweisbaren Trachealkollaps von mehr als 213 des Lumens - wurden operativ mittels Aortosternopexie behandelt. In 15 Fällen konnte damit eine erkenn- und nachweisbare Besserung erzielt werden. Operationsbedingte Komplikationen bestanden in vorübergehenden Phrenikusläsionen in zwei Fällen.

Flaccid Trachea in Tracheo-OesophageaJ MaJformations The clinical pattern of signs and symptoms of respiratory complications due to flaccid trachea has been analysed in 83 children treated in our hospital between 1983 and 1988 for tracheo-oesophageal malformations. These signs and symptoms are classified according to endoscopic findings, and are thus arranged according to various degrees of severity. Of the surviving children who were followed up and who were suffering from oesophageal atresia Vogt III B, only 5 of 57 were without apointer towards flaccid trachea, whereas in oesophageal atresia Vogt II there were two of three. The two children with an isolated tracheooesophageal fistula showed abnormal findings bolh clinically and via endoscopy. 16 of the 20 children with very severely pronounced flaccid trachea - defined by the occurrence of life-lhreating apnoeas and an endoscopically identifiable tracheal collapse of more than two-thirds of the lumen - were subjected to surgery via aortosternopexy. A marked and identifiable improvement was obtained in 15 cases. Complications caused by surgery consisted of temporary phrenicus lesions in two cases.

Schlüsselwörter Keywords Trachealinstabilität - Tracheomalazie Tracheo-ösophageale Fehlbildung - Ösophagusatresie Aortosternopexie - Aortopexie

Einleitung Die Symptomatik respiratorischer Störungen nach Anastomosierung einer Ösophagusatresie war bereits 1945 von Mercer (33) beschrieben worden: Stridor, Zyanosen, Apnoen und Bradykardien im zweiten Lebensmonat im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auftretend. Die pathohistologischen Arbeiten von Emery, Haddadin (13, 14) werden allgemein als der Beginn der gezielten Untersuchung der bis zu

Auszugsweise vorgetragen am 14. September 1988 Z Kinderchir 45 (1990) 78-85 © Hippokrates Verlag Stuttgart

Instability of trachea - Flaccid trachea Soft trachea - Tracheomalacia - Tracheo-oesophageal malformations - Oesophageal atresia - Aortopexy

dieser Zeit lediglich vereinzelt beschriebenen "Tracheomalazie" bei Ösophagusatresiekindern (20, 25) verstanden. Benjamin, Cohen, Glasson (3) und Filler, Rossello, Lebowitz (16) publizierten 1976 ihre klinischen Beobachtungen verschiedener symptomatischer Ausdrucksformen und Ausprägungsgrade respiratorischer Komplikationen nach Ösophagusatresieoperationen und beschrieben in der "Aortopexie" eine operative Methode zur Behandlung lebensbedrohlicher Apnoeattacken. Eine Vielzahl von Arbeiten (9, 22, 27, 35, 38, 44) spiegelt die Anwendung und Anerkennung dieser auf Gross, Neuhäuser (23) und Mustard und Mitarbeiter (34) zurückgehenden Technik wieder. Ziel dieser Arbeit ist es, in der Analyse der Erfahrungen mit den 1983 bis 1988 an der Kinderchirurgischen Klinik des Kinderkrankenhauses der Stadt Köln wegen tracheo-ösophagealer Fehlbildungen behandelten Kindern das Vorkommen respirato-

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Zusammenfassung

Trachealinstabilität bei tracheo-ösophagealen Fehlbildungen

Krankengut In den Jahren 1983 bis 1988 wurden an unserer Klinik 83 Kinder mit tracheo-ösophagealen Fehlbildungen behandelt. Dabei wurde in 78 Fällen die Primärbehandlung in der Neugeborenenphase durchgeführt. In fünf Fällen erfolgte die Zuweisung nach Primärbehandlung aus anderen Kliniken zur Herstellung der Ösophaguskontinuität bei Ösophagusatresie Vogt 11, zur Behandlung schwerer Komplikationen nach Anastomosierung bei Ösophagusatresie Vogt 111 B bzw. zur Behandlung einer schwergradigen Trachealinstabilität (in zwei Fällen). Tabelle I stellt die tracheo·ösophagealen Fehlbildungstypen zusammen. Die Gesamtletalität betrug mit 15 von 83 Fällen 18, I %. Von den 73 Kindern mit Ösophagusatresie Vogt III B überlebten 63, in den sechs Fällen Vogt 11 ereigneten sich drei Todesfälle. Die Kinder mit LTÖ-Spalte Pettersson 111 (40) und Trachealagenesie verstarben. 68 Kinder des Gesamtkollektivs überlebten (81,9 %). Ihre klinischen Daten und endoskopischen Befunde wurden in Kombination mit einer Nachuntersuchung und einem Elteminterview in einem Zeitraum von acht Monaten bis 5 11 /12 Jahren nach Primärbehandlung ausgewertet.

Tab. 1

Formen tracheo-ösophagealer Fehlbildungen.

-C-So-p-h-a-g-Us-a-tr-e-Si-e-\li-ogt-I-II-S-1 Vogt 1I

Tracheo-ösophageale Fistel LTÖ-Spalte Pettersson 111 Trachealagenesie N

~3 (88 %) 6 (7,2 2 (2,4 1 (1,2 1 (1,2

I_E_x_ltu_s i

63

3

3 3

1 1 15 (18,1 %)

83

überlebend

10

%)

%) %) %)

j

69 (81,9 %)

Symptome Die Symptomatik der Trachealinstabilität umfaßt von der Neugeborenenphase bis zum Kleinkindalter Extubationsprobleme, Stridor, Opistotonus, Zyanoseanfälle, Apnoeattacken und rezidivierende Atemwegsinfekte. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Symptome der Instabilität der Trachea und zeigt bei 63 überlebenden Kindern mit ÖA Vogt III B als häufigstes Symptom bellenden Husten (n = 54, 85,7 %). Bellender Husten oder räF-Husten steht für jenes typische Phonationsphänomen, welches als "rauher", "trompetender" oder trockener" Husten beschrieben wurde und nicht obligat mit Sekretex;ektoration oder Atemwegsinfekt in der Neugeborenenphase auftrat. Tab.2

CA Vogt 1I1 S N=63

------I 54 (85.7%) Bellender Husten Stridor Rezidivierende Atemwegsinfekte Zyanosen Apnoen Extubationsprobleme

52 (82.5 %) 48 (76,2 40 (63,5 23 (36,5 6( 6,3

%) %) %) %)

Im späteren Lebensalter (etwa ab 12. bis 18. Lebensrnonat) war dieser Husten meist nur noch im Zusammenhang mit Atemwegsinfekten hörbar. Stridor - unter diesem Begriff wurden jene Symptome zusammengefaßt, welche als "hörbares", "pfeifendes", "angestrengtes" oder "schnorchelndes" Atmen beschrieben wurden - war in 52 Fällen (82,5 %) auffällig. Rezidivierende Atemwegsinfekte bedeuten in der Regel eine von den Eltern subjektiv empfundene InfektanfälIigkeit der Atemwege, welche von den betreuenden Pädiatern als gehäufte Bronchitiden bis Pneumonien diagnostiziert wurden. Sie wurden in 48 Fällen geschildert (76,2 %). Der Begriff Zyanosen umfaßt ein Spektrum, weiches von einer diskreten Lippenzyanose oder perioralen Blauverfärbung während oder nach den Trinkmahlzeiten in der Neugeborenenphase bis zur Blauverfärbung des gesamten Körpers im Zusammenhang mit Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten der Atmung und der Herzaktion und ist im letzteren Ausprägungsgrad nicht von einer Apnoeattacke abzugrenzen. Die häufige Beobachtung der Zyanosen (n = 40, 63,5 %) ist kritisch zu würdigen, da sie bei diesen Kindern auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden kann und der kausale Zusammenhang zur TI nicht immer klar ist. Apnoen beschreiben Atemstillstände, vielfach verbunden mit auffälligen Störungen der Herzaktion bis zum Herzstillstand. Diese lebensbedrohliche Situation wurde in 23 Fällen von ÖA Vogt III B vorgefunden. Extubationsprobleme waren in sechs der Fälle von ÖA mit Fistel gegeben und wurden angenommen, wenn nach dem Extubationsversuch Zeichen einer Atemwegsobstruktion - in der Regel dyspnoeformer Stridor - zur Reintubation und mehrtägigen Weiterführung der Nachbeatmung zwangen. Auch hier sind neben der TI andere Ursachen möglich. Zeichen einer TI fanden wir auch bei Ösophagusatresie ohne Fistel bei einem der drei überlebenden Kinder des Beobachtungszeitraums und bei beiden Kindern mit isolierter TÖF. Neben der in Tabelle 2 beschriebenen Häufigkeitsverteilung fand sich eine typische Kombination dl'r Symptome: Alle Patienten mit rezidivierenden Atemwegsinfekten, Apnoen und Extubationsproblemen wiesen Stridor und bellenden Husten auf. Die Patienten, bei denen Extubationsprobleme bestanden, erlitten auch Apnoen. Stridor und TÖF-Husten sind in gleicher Häufigkeit als Symptom auffällig geworden und konnten hinsichtlich des Zeitpunkts der Erstmanifestation nicht differenziert werden. In 32 Fällen wird die Beobachtung dieser Symptome im ersten, in 22 Fällen im zweiten Lebensmonat datiert, wobei in nahezu allen Fällen ein zeitlicher Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme und in viell'n Fällen mit Aufregung, Belastung und Schreien bestand. Die beobachteten Apnoeanfälle traten ebenfalls großenteils im ersten Lebensmonat auf. Die Atemstillstandsattacken im dritten bzw. zwischen drittem und sechstern Monat, im zweiten Lebenshalbjahr oder nach Vollendung des ersten Lebensjahres sind Einzelfälle.

Diagnostische Verfahren

Symptome der Trachealtnstabiltlilt.

I ÖA

Vogt 1I

N=3

I TÖF

N=2

--------1 1

2 2

2

79

Tabelle 3 faßt die bekannten diagnostischen Verfahren und differentialdiagnostischen Ausschlußkriterien der TI zusammen. Die Ösophagusdarstellung in Kombination mit Darstellung des Magens und der gastro-ösophagealen Verschlußfunktion wurde - abgesehen von komplikationsbeladenen Ausnahmeverläufen - gegen Ende der zweiten Lebenswoche durchgeführt. Neben einer Beurteilung der Ösophagusfunktion, insbesondere des Anastomosenbereiches, stellt dieses Verfahren die räumliche Beziehung von Ösophagus und Trachea dar. Dies läßt dem geübten Untersucher unter gezielter Fragestellung

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rischer Störungen hinsichtlich ihrer Häufigkeit und der Symptomatik zu überprüfen, diese endoskopischen und radiologischen Befunden zuzuordnen, Kriterien der Indikationsstellung zur operativen Behandlung der Trachealinstabilität darzustellen und Behandlungsergebnisse zu berichten.

Z Kinderchir 45 (1990)

E Slell/l' 1'1 al

Z [{ludere/l/r.J.'j (I. 90) Tab. 3

Diagnostische erfahren - DI •. ren 'a1d,agnos Ische Kriterien

Ausw rtun d' r klinischer S 'rnploma I k TracheclZlelau nahme Osopha ogramm MDP Trachee· Bronchoskople HerzKa he erun ersuchung Kardro-Sonograpr I Compulertomogramm/ ernspin omogramm Ausschlufld,agnosllk Rezldlvrerende racheo-Osopha eale F,s el Gas ro-OSO hageal r Re ru erz I ,en/Gefaflanomal,en eurologische Ursachen

und BeohHchlung (,II1l' Trachl'al'lIlfmgung ode'r ,ogar ein n Tra 'heill kollap. während dt'r Ex. IJII •• 1'lIlll'rh.rnnrn IAbh. I) \h I !JR:~ I' unlen ;In eier Kind I' hirurgi ch 'n Khnih. dl' Kinderkrankellhause der. lac\t Köln endoskopi ehe Konfrolllln I l"'iU hllnllen dunhg lülu1, dOI h zuniieh,t nur IInreg Imiif\ig. VI clal\ die \ 11I.a 11 I der endo~kupNh kOlllrollic'r1c'n Kindl'r elc', \"Clrgr' wllll'lI Kollrkli\" nil'dngl'r i 1..1 die ,e'amlz1 ~'I dl' Lumen und TrachealkolJap glölk, al l/j dc's !.ulIll'rrs; i1ul\l'rdt>ll1 \\urdc Felrlt>n cKll'r \01" handen,em I'on (;crällpuhallon 'n LJl·rill'l-.~idlllgl

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[Tracheal instability in tracheo-esophageal abnormalities].

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