© Klaus Rüschhoff, Springer Medizin

Internist 2013 · 54:1469–1483 DOI 10.1007/s00108-013-3382-9 Online publiziert: 21. November 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Rubrikherausgeber

H. Lehnert, Lübeck E. Märker-Hermann, Wiesbaden J. Meyer, Mainz J. Mössner, Leipzig (Schriftleitung) A. Neubauer, Marburg

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Transkatheteraortenklappenersatz (TAVI) Zusammenfassung

Die Zahl älterer Patienten mit Aortenklappenstenose und multiplen Begleiterkrankungen wird aufgrund der demografischen Entwicklung drastisch zunehmen. Während insbesondere bei vielen jüngeren Patienten der konventionell chirurgische Aortenklappenersatz aufgrund niedriger Komplikations- und hoher Erfolgsraten nach wie vor als Goldstandard angesehen werden muss, ist für die Gruppe der Hochrisikopatienten die kathetergestützte transfemorale oder transapikale Aortenklappenimplantation eine vorteilhafte Behandlungsalternative. Bei der Auswahl der Methode spielt das „Heart Team“ aus Kardiologe, Herzchirurg und Anästhesist eine wichtige Rolle. Voraussetzung für eine erfolgreiche kathetergestützte Klappenimplantation ist ein gutes Screening der Patienten mit differenzierter präinterventioneller Bildgebung. Die Ergebnisse der perkutanen Aortenklappenimplantation sind in den heute vorliegenden Studien als sehr vielversprechend anzusehen.

Schlüsselwörter

Aortenklappenstenose · Transfemorale kathetergestützte Aortenklappenimplantation · Transapikale kathetergestützte Aortenklappenimplantation · Patientenauswahl · Echokardiographie

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Lernziele Nach Lektüre dieses Beitrags F können Sie die Bedeutung perkutaner Therapieverfahren bei hochgradiger Aortenklappenstenose einschätzen. F sind Sie in der Lage, das geeignete Therapieregime für Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose auszuwählen. F kennen Sie die Bedeutung der verschiedenen Untersuchungsverfahren vor Aortenklappeneingriffen. F wissen Sie, wie perkutane Aortenklappenimplantationen technisch durchgeführt werden. F kennen Sie die aktuelle Datenlage zur Prognose nach Aortenklappeneingriffen.

Einleitung Die Inzidenz der Aortenklappenstenose nimmt mit dem Alter zu

Es gibt keine medikamentösen Optionen zur Prophylaxe oder Behandlung der AS

Die Prognose der unbehandelten AS ist bei alten Patienten sehr schlecht

Das zunehmende Alter der Patienten geht mit einem Anstieg der perioperativen Morbidität und Letalität einher

Die degenerative Aortenklappenstenose (AS) ist das häufigste erworbene Klappenvitium. Da die Inzidenz typischerweise mit dem Alter zunimmt, steigt aufgrund des demografischen Wandels auch die Zahl behandlungsbedürftiger Patienten. Bei Patienten 20% indiziert werden. In diesem Zusammenhang sei allerdings erwähnt, dass dieser relativ alte Score das Risiko üblicherweise deutlich überschätzt. Besser geeignet erscheint der STS-Score, in den deutlich mehr Variablen eingehen und der einen Wert >10% erreichen sollte [5]. Alternativ wurde aufgrund der Daten der deutschen Qualitätssicherung der AKL-Score entwickelt (. Tab. 3), der sehr zeitgemäß das Operationsrisiko widerspiegelt [6] und eine kritische Schwelle für die Indikation zu neuen Verfahren bei einer errechneten Letalität von etwa 6% sieht. Unberücksichtigt bleibt in den genannten Scores die Gebrechlichkeit („frailty“) mancher älterer Patienten, die einen klaren Risikofaktor für eine konventionelle Operation darstellt und deshalb häufig auch zur Indikationsstellung einer TAVI führt. Als weitere Gründe für den Einsatz der TAVI gelten die Porzellanaorta, eine frühere Bestrahlung des Thorax mit Verwachsungen, eine stattgehabte Bypass-Operation mit noch offenen Bypass-Gefäßen, schwere Leberinsuffizienz oder hämatologische Systemerkrankungen. Die technische Durchführbarkeit einer TAVI wird durch eingehende präinterventionelle Bildgebungsverfahren sichergestellt (s. unten). Hierbei muss auch über den geeigneten Zugangsweg entschieden werden.

Das Operationsrisiko kann mithilfe verschiedener Scores abgeschätzt werden

Die Gebrechlichkeit älterer Patienten führt häufig zur Indikationsstellung einer TAVI

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CME Tab. 2  EuroSCORE II Variable Alter Geschlecht Renale Funktionseinschränkung Eingeschränkte Mobilität Arteriopathie Kardiale Voroperation Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung Aktive Endokarditis Kritischer präoperativer   Zustand Insulinpflichtiger Diabetes mellitus NYHA-Klasse Angina pectoris CCS 4 Linksventrikuläre Funktion Stattgehabter Myokardinfarkt Pulmonale Hypertonie Dringlichkeit des Eingriffs

Gewichtung des Eingriffs Operation an thorakaler Aorta

Erklärung     Normal (GFR >85 ml/min), mäßig (GFR 50–84 ml/min), schwer (GFR 50%, vorangegangene oder   geplante Intervention an Beinen, Aorta oder Karotiden   Dauerhafter Gebrauch von Bronchodilatatoren oder Steroiden Patient zum Operationszeitpunkt unter antibiotischer Therapie Ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern oder verhinderter plötzlicher Herztod, präoperative Herzdruckmassage, Beatmung, Inotropika, intraaortale Ballongegenpulsation, akutes Nierenversagen (Anurie oder Oligurie 50%), mäßig (31–50%), schwer (21–30%), sehr schwer beeinträchtigt (55 mmHg) Elektiv, dringlich (Patient kann nicht entlassen werden), Notfall (Operation vor Beginn des nächsten Arbeitstags), „salvage“ (kardiopulmonale Reanimation vor Operationseinleitung) Isolierte Bypass-Operation, jeder Eingriff außer isolierter Bypass-Operation, 2 Prozeduren, 3 Prozeduren  

CCS Canadian Cardiovascular Society; GFR glomeruläre Filtrationsrate; NYHA New York Heart Association.

Neue Indikationen Das TAVI-Verfahren wurde zur Therapie degenerierter Aortenklappen entwickelt. In der Zwischenzeit hat sich mit der Behandlung reiner Aortenklappeninsuffizienzen und degenerierter Aortenklappenbioprothesen eine Erweiterung der Indikation bei streng selektierten Patienten ergeben.

Aortenklappeninsuffizienz

Bei der reinen Aortenklappeninsuffizienz ist das Risiko einer Dislokation der TAVI-Prothese erhöht

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Die reine Aortenklappeninsuffizienz ist deutlich seltener als die AS. Aufgrund der meist fehlenden Verkalkung des nativen Klappenapparats ist es schwieriger, die TAVI-Prothese adäquat zu verankern. Das Risiko einer Dislokation ist somit erhöht. Dementsprechend spielt hier eine adäquate Größenbestimmung eine wesentliche Rolle. Die gewählte Prothese sollte eher überdimensioniert sein, um durch hohe Radialkraft eine sichere Position zu gewährleisten. Einschränkend wirkt sich allerdings aus, dass reine Aortenklappeninsuffizienzen meist mit einer sehr großen Anulusanatomie (Durchmesser des nativen Aortenklappenapparats) einherge-

Tab. 3  AKL-Score Variable Alter Geschlecht Body-Mass-Index NYHA-Klasse Myokardinfarkt innerhalb der letzten 3 Wochen Kritischer präoperativer Zustand Pulmonale Hypertonie Rhythmus Linksventrikuläre   Funktion Kardiale Voroperation Endokarditis Periphere arterielle   Verschlusskrankheit Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung Nierenversagen Notfalleingriff

Erklärung 5 Risikoklassen   2 Risikoklassen         Kein   Sinusrhythmus 2 Risikoklassen       2 Risikoklassen    

NYHA New York Heart Association.

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Abb. 1 8 Transapikale Implantation einer Edwards-SAPIEN-XT-Prothese bei primär hochgradiger Aortenklappeninsuffizienz. a, c Aortographie und Echokardiographie vor TAVI. b, d Gutes Ergebnis nach TAVI mit nur minimalem paravalvulärem Leck. TAVI Transkatheteraortenklappenersatz

hen und die zurzeit verfügbaren TAVI-Prothesen auf eine Anulusgröße von maximal 29 mm limitiert sind (. Abb. 1; [7]).

Degenerierte Bioprothesen („valve in valve“) Die Haltbarkeit chirurgisch implantierter Aortenklappenbioprothesen ist begrenzt. Nach etwa 10– 15 Jahren kommt es zur Degeneration der implantierten Prothese und zur erneuten Entwicklung einer AS. Die meist älteren Patienten gelten als chirurgische Risikopatienten, da es sich um einen Zweiteingriff mit den durch Verwachsungen verbundenen Schwierigkeiten handelt. Bei einem Großteil kann der erneute Eingriff in Form der TAVI durchgeführt werden [8]. Besonders geeignet erscheinen hierfür TAVI-Prothesen mit supraanulärem Klappenapparat, da sonst insbesondere bei kleinem Anulus postinterventionell ein erhöhter Gradient verbleiben kann (. Abb. 2).

Patienten mit degenerierter Aortenklappenbioprothese sind häufig chirurgische Risikopatienten

Präinterventionelle Bildgebung Ausmaß und Muster der Verkalkung sind wichtige Faktoren, die den Erfolg einer TAVI mitbestimmen. Dementsprechend kommt der Bildgebung vor dem Eingriff nicht nur bezüglich der Diagnosestellung, sondern auch in der Planung des Eingriffs eine besondere Bedeutung zu. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: F Liegt eine hochgradige AS vor? F Liegen wesentliche Begleitbefunde vor? F Wie groß ist der Aortenklappenanulus? F Ist die Anatomie der Aortenwurzel für eine TAVI geeignet? F Welcher Zugangsweg kommt infrage?

Die Bildgebung hat bei der Planung des Eingriffs eine besondere Bedeutung

Validierung der Aortenklappenstenose Die Echokardiographie ist unentbehrlich in der Basisdiagnostik der AS, aber auch bei der Erfassung begleitender Pathologien. Die Kriterien für eine hochgradige AS (Druckgradient >40 mmHg, Öffnungsfläche 180/min) mit zeitgleicher Gabe von Kontrastmittel. Bei selbstexpandierbaren Klappen wie CoreValve® kann die Implantation am normal schlagenden Herzen durch schrittweise Freisetzung erfolgen. Sollten nach der Implantation in der abschließenden Aortographie oder TEE noch residuelle paravalvuläre Leckagen vorhanden sein, können diese durch eine erneute Valvuloplastie behandelt werden. Im Anschluss muss die transfemorale Schleuse entfernt und die arterielle Punktionsstelle sicher verschlossen werden. Im Falle einer chirurgischen Freilegung gelingt dies auf einfache Weise durch die vorgelegte Tabaksbeutelnaht. Bei Verwendung der Nahtverschlusssysteme wird mit den vorgelegten Fäden ein spezieller Knoten vorsichtig bis zur Arterie geführt, um so einen sicheren Verschluss zu gewährleisten. Da insbesondere bei selbstexpandierbaren Klappenprothesen die Gefahr einer atrioventrikulären Blockierung besteht, wird der temporäre Schrittmacher typischerweise für einige Tage belassen. Als Risikofaktor hat sich dabei ein vorbestehender Rechtsschenkelblock gezeigt [12].

Transapikale Aortenklappenimplantation Die transapikale Aortenklappenimplantation wird üblicherweise in Intubationsnarkose durchgeführt

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Die Implantation einer Klappenprothese direkt über die Spitze des linken Ventrikels (Apex) ist der antegrade Zugangsweg zur kathetergestützten Aortenklappenimplantation [13]. Die transapikale Aortenklappenimplantation wird üblicherweise in Intubationsnarkose durchgeführt. Bei ausgewählten Risikopatienten ist auch eine Implantation im wachen Zustand mit einer hohen epiduralen Anästhesie möglich. Nach anterolateraler Minithorakotomie im fünften oder sechsten Interkostalraum wird das Perikard längs eröffnet und mithilfe von Haltenähten fixiert. Zunächst erfolgt die Anlage von 2 filzunterstützten Tabaksbeutelnähten sowie einer epikardialen Schrittmacherelektrode. Im nächsten Schritt wird die optimale orthogonale Projektionsebene der Fluoroskopie ermittelt, ggf. mithilfe der DynaCT. Nach apikaler Punktion wird zunächst ein arterieller Führungsdraht, danach eine 14-French-Schleuse antegrad über die Aortenklappe bis in die Aorta ascendens vorgebracht. Im Anschluss wird ein extrasteifer arterieller Draht eingewechselt und eine Ballonvalvuloplastie durchgeführt. Dies geschieht analog zur der bei der transfemoralen Klappenimplantation beschriebenen Methode mit schneller Schrittmacherstimulation.

CME Nun kommt das eigentliche Delivery-System zur Klappenimplantation zum Einsatz. Die vorbereitete Klappenprothese (Edwards SAPIEN, Symetis ACURATE, JenaValve, Medtronic Engager) wird unter Durchleuchtung subkoronar und intraanulär positioniert. Die Implantation wird schrittweise und je nach Prothesentyp unter tachykarder Schrittmacherstimulation durchgeführt. Nach erfolgter Implantation wird die Position und Funktion der Klappe mittels TEE und/oder Aortographie beurteilt. Sollte die Position nicht optimal sein, kann meist durch die Implantation einer zweiten Klappe ein gutes Ergebnis erzielt werden [14]. Dabei wird in aller Regel die zweite Klappe in die zuerst implantierte Klappe gesetzt, um so eine initial zu hohe oder zu tiefe Position mit der zweiten Klappe auszugleichen. Die Schleuse wird entfernt und der Apex durch Knoten der Tabaksbeutelnähte verschlossen. Nach Einlage einer Thoraxdrainage erfolgt der Wundverschluss. Durch die Anwendung ultrakurz wirksamer Anästhetika kann die Mehrheit der Patienten unmittelbar nach der Operation extubiert werden. Einführungssysteme, die einen direkten apikalen Zugang und Verschluss schaffen und so die Tabaksbeutelnaht überflüssig machen [15], sind in der Entwicklung und erscheinen vielversprechend.

Die vorbereitete Klappenprothese wird unter Durchleuchtung subkoronar und intraanulär positioniert

Klinische Daten Obwohl die TAVI ein vergleichsweise junges Verfahren ist, sind in der Zwischenzeit bereits viele Daten zu prozeduralen Aspekten wie auch zur Krankenhaus- und 1- bis 3-Jahres-Mortalität verfügbar. Unterschieden werden muss dabei zwischen Ergebnissen aus randomisierten, kontrollierten klinischen Studien und aus teilweise sehr großen Registern. In der randomisierten Placement-of-Aortic-Transcatheter-Valve(PARTNER)-A-Studie wurde an einem chirurgischen Hochrisikopatientengut der Unterschied zwischen konventioneller Aortenklappenchirurgie und TAVI untersucht [16]. In PARTNER B wurden dagegen inoperable Patienten in Gruppen mit rein medikamentöser Therapie oder TAVI randomisiert [17]. Für die Hochrisikopatienten konnte nachgewiesen werden, dass die Transkatheterverfahren dem konventionell chirurgischen Vorgehen zumindest nicht unterlegen sind. Numerisch zeigte sich sogar ein Vorteil der TAVI, ohne dass die Studie jedoch groß genug war, um dies statistisch signifikant nachzuweisen. Bei den inoperablen Patienten aus der PARTNER-B-Kohorte fand sich hingegen ein statistisch hochsignifikanter Überlebensvorteil für Patienten, die mit TAVI therapiert wurden, im Vergleich zu den rein medikamentös behandelten Patienten. Im 2-Jahres-Verlauf konnte die Mortalität in diesem Patientenkollektiv mehr als halbiert werden, was zu einer breiten Akzeptanz der Methode in diesem Indikationsspektrum und zur Zulassung des Verfahrens in den USA geführt hat. Registerdaten aus Frankreich (FRANCE-2, 3195 Patienten) und England (UK TAVI Registry, 877 Patienten) zeigten als „Real-world-Daten“ eine 30-Tage-Mortalität von 9,7% bzw. 7,1% auf [18, 19]. In einem ähnlichen Bereich lag auch die Mortalität im europäischen Sapien Aortic Bioprosthesis European Outcome (SOURCE) Registry, das ausschließlich Patienten mit einer Edwards-SAPIENKlappe einschloss. Hier zeigte sich eine 30-Tage-Mortalität von 6,3% bei transfemoral behandelten Patienten und 10,3% bei transapikalem Vorgehen [20]. Zwischen beiden Patientenkollektiven bestanden jedoch signifikante Unterschiede im Risikoprofil. Für Deutschland hat das German Aortic Valve Registry (GARY) an einem sehr großen Patientenkollektiv von inzwischen >40.000 Patienten mehrere zusätzliche Fragestellungen aufgearbeitet [4, 6]. Es ist das einzige Register, das sowohl konventionell chirurgisch als auch mit TAVI behandelte Patienten einschließt. Es zeichnet sich durch eine extrem hohe Nachverfolgungsrate von >98% aus, was sehr belastbare Aussagen zulässt. Dabei zeigt sich, dass die Patienten für TAVI-Verfahren tatsächlich den dafür vorgesehenen Kriterien der Leitlinien entsprechen. TAVI-behandelte Patienten sind mit >80 Jahren im Schnitt >10 Jahre älter als die konventionell operierten Patienten. Dementsprechend liegt der logistische EuroSCORE als Maß des perioperativen Risikos um den Faktor 2–3 höher. Die Krankenhausletalität – einschließlich der in anderen Studien und Registern häufig ausgeschlossenen Hochrisikopatienten und Notfalleingriffe – betrug beim isolierten konventionell chirurgischen AKE 2,1%, beim Kombinationseingriff aus AKE und Bypass-Chirurgie 4,5%, bei der transfemoral durchgeführten Aortenklappenimplantation 5,1% und bei transapikaler Implantation 7,7%. Damit haben insbesondere die Transkatheterverfahren im Verhältnis zum individuellen Patientenrisiko sehr vielversprechende Ergebnisse erzielt. Der Unterschied zwischen transapikalem und transfemoralem Vorgehen bezüglich der Letalitätsrate lässt sich in Teilen durch das höhere Risikoprofil der transapikal

In der PARTNER-A-Studie waren die Transkatheterverfahren dem konventionell chirurgischen Vorgehen nicht unterlegen In der PARTNER-B-Studie fand sich ein Überlebensvorteil für Patienten mit TAVI gegenüber der rein medikamentösen Behandlung

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Die Langzeitprognose der Patienten wird durch das Ausmaß der postinterventionell verbleibenden Aortenklappenregurgitation mitbestimmt Problematisch bleibt die vergleichsweise hohe postinterventionelle Schrittmacherabhängigkeit

behandelten Patienten erklären. Ein direkter Vergleich der Letalitäten ist hier jedoch aufgrund der unterschiedlichen zugrunde liegenden Risikokonstellationen nicht möglich. Die Langzeitprognose der Patienten wird durch das Ausmaß der postinterventionell verbleibenden Aortenklappenregurgitation mitbestimmt, die bei einer ungünstigen Klappenanatomie oder nicht optimalen, d. h. zu hohen oder zu tiefen Platzierung auftreten kann. Auch hier lieferte GARY sehr vielversprechende Ergebnisse mit einer sehr niedrigen Rate moderater oder schwerwiegender Aortenklappeninsuffizienzen (Grad III oder IV: bei transvalulärem Vorgehen 0,3%, bei transapikalem Vorgehen 0,6%). Noch weitgehend ungelöst ist die Problematik einer vergleichsweise hohen postinterventionellen Schrittmacherabhängigkeit. Diese tritt insbesondere bei Patienten auf, die mit selbstexpandierenden Klappenmodellen behandelt wurden, und lässt sich durch den anhaltenden Druck auf das im Bereich des linksventrikulären Ausflusstrakts liegende Reizleitungssystem erklären.

Fazit für die Praxis Die Zahl älterer Hochrisikopatienten mit Aortenklappenstenose nimmt aufgrund des demografischen Wandels zu. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass sich die perkutanen Aortenklappenimplantationsverfahren sehr gut für die Behandlung dieses Patientenkollektivs eignen. Große Studien und Register lieferten in der Zwischenzeit sehr gute Ergebnisse, die es erlauben, TAVI als Standard für sorgfältig im „Heart-Team“ ausgewählte Patienten zu bezeichnen.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. H. Möllmann Abteilung für Kardiologie, Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim Benekestr. 2–8, 61231 Bad Nauheim [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  H. Möllmann: Edwards Lifesciences, Medtronic, Abbott, Symetis. W.-K. Kim: Symetis. T. Walther und C. Hamm geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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14. Van Linden A, Blumenstein J, Walther T et al (2013) Rescue valve-in-valve implantations in second generation transapical transcatheter aortic valve prostheses. Clin Res Cardiol 102:241– 243 15. Blumenstein J, Kempfert J, Van Linden A et al (2013) Sutureless transapical access and closure to facilitate transapical transcatheter aortic valve implantation: first-in-human use. J Am Coll Cardiol 62:763 16. Smith CR, Leon MB, Mack MJ et al (2011) Transcatheter versus surgical aortic-valve replacement in high-risk patients. N Engl J Med 364:2187– 2198 17. Leon MB, Smith CR, Mack M et al (2010) Transcatheter aortic-valve implantation for aortic stenosis in patients who cannot undergo surgery. N Engl J Med 363:1597–1607

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CME-Fragebogen Bitte beachten Sie: • Teilnahme nur online unter: springermedizin.de/eAkademie • Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. • Es ist immer nur eine Antwort möglich.

??Ein Patient wird 2 Tage nach einem



transfemoralen Aortenklappenersatz kreislaufinstabil. An welche häufige Komplikation ist als Ursache zunächst am ehesten zu denken? Vorhofflimmern. Ventrikuläre Tachykardie. STEMI. Myokarditis. AV-Block dritten Grades.

??Welche Untersuchungskombination ist



II und dem STS-Score aktuell noch keine Rolle, führt jedoch häufig zur Indikationsstellung einer TAVI? Gebrechlichkeit („frailty“). Pulmonale Hypertonie. Kritischer präoperativer Zustand. Neurologische Dysfunktion. Arteriopathie.







??Sie betreuen einen Patienten mit fortge-





schrittener Aorteninsuffizienz, der von Ihnen wissen möchte, ob er für einen Transkatheteraortenklappenersatz infrage kommt. Welcher Befund spricht am ehesten gegen einen Transkatheteraortenklappenersatz? Alter 76 Jahre. Chronische Niereninsuffizienz (Kreatinin 1,9 mg/dl). 3-Gefäß-KHK mit Zustand nach PTCA und Stent des Ramus interventricularis   anterior. Anulusgröße von 31 mm. Linksventrikuläre Funktion 35%.

??Eine 78-jährige Patientin wird aufgrund



??Welche Aussage ist richtig?



??Welcher Parameter spielt in EuroSCORE I/

zur Vorbereitung eines transkutanen Aortenklappenersatzes empfohlen? Röntgenaufnahme des Thorax, TTE. TTE, Gastroskopie. TEE, Kardio-MRT. TTE, Kardio-MRT. TTE, TEE, CT.



 ie TTE ist der TEE in der exakten Messung D des Anulus überlegen. Die CT erlaubt durch 3-dimensionale Auswertbarkeit Aussagen, die für die   Klappenauswahl von entscheidender   Bedeutung sein können. Die CT kann durch gute Auswertbarkeit der Nativbilder ohne Kontrastmittel durchgeführt werden ohne Qualitätsverlust. Für die Planung von TAVI-Verfahren ist die MRT der CT überlegen. Der Abstand von der Klappenebene bis zu den Koronarostien spielt bei supraanulären Klappentypen keine Rolle.

??Welches bildgebende Verfahren liefert



aktuell die besten Ergebnisse für die Ausmessung des Anulus und ist somit entscheidend für die Auswahl der Klappengröße? TEE. Kardio-MRT. CT. Koronarangiographie. TTE.



??Wie hoch ist in Deutschland die Kranken

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hausletalität bei TAVI-behandelten Patienten? Etwa 2%. Etwa 5%. Etwa 10%. Etwa 12%. Etwa 15%.

??Welche Aussage zum Vorgehen bei









D Für Zeitschriftenabonnenten ist die Teilnahme am e.CME kostenfrei

von Dyspnoe zur Echokardiographie überwiesen. Es fällt eine verkalkte Aortenklappenstenose auf. Welche Grenzwerte für eine schwere Aortenklappenstenose gelten nach den Leitlinien der European Society of Cardiology? Klappenöffnungsfläche 20 mmHg. Klappenöffnungsfläche

[Transcatheter aortic valve implantation (TAVI)].

Aortic valve stenosis (AS) is the most common acquired valve disease in the industrialized countries. Most patients--especially young and low-risk pat...
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