Transsternaler transperikardialer Bronchusverschluss bei Bronchusstumpfinsuffizienz nach Pneumonektomie Transsternal Transpericardial Closure of Bronchopleural Fistula after Pneumonectomy Die Bronchusstumpfinsuffizienz stellt eine schwerwiegende Komplikation nach thoraxchirurgischen Eingriffen dar. Sie ist mit einer hohen Letalität assoziiert [1]. Wir präsentieren den Fall eines Patienten mit einer Bronchusstumpfinsuffizienz nach initialer Unterlappenresektion links und Ausbildung eines komplizierten Pleuraempyems, welches wir mittels transsternalem, transperikardialem Bronchusverschluss versorgten. Ein 57-jähriger männlicher Patient wurde uns aus einer Klinik vorgestellt, in der eine Unterlappenresektion links bei Adenobronchialkarzinom (pT1a, N0, L0, V0, G3, R0) durchgeführt wurde. Bei Blutungskomplikationen erfolgte dann eine Oberlappenresektion links, sodass der Patient funktionell pneumonektomiert war.

Der Patient entwickelte eine Bronchusstumpfinsuffizienz mit begleitendem Pleuraempyem. Daraufhin wurde ein Thorakostoma angelegt und eine Vakuumtherapie durchgeführt. Bei fehlendem Therapieerfolg wurde der Patient zur weiteren Therapie in unsere Klinik verlegt. Der Lokalbefund bei Aufnahme in unsere Klinik gestaltete sich wie folgt: Der Patient hatte eine Insuffizienz des Ober- und Unterlappenbronchus links, die beide noch in situ waren. Bei Anlage des Thorakostomas war der M. latissimus dorsi durchtrennt worden, die übrige Muskulatur atroph, sodass kein Muskel für eine plastische Deckung der insuffizienten Bronchusstümpfe zur Verfügung stand. Die durchgeführte intrathorakale Vakuumtherapie hatte zu einem rasenartigen Gra-

Abb. 1 Präoperative Röntgenaufnahme mit linksseitigem Thorakostoma.

nulationsgewebe im Bereich der bronchialen Absetzungsstellen geführt, sodass kein Direktverschluss der langen Bronchusstümpfe oder eine lokale Nachresektion " Abb. 1). durchgeführt werden konnte (l Wir entschlossen uns daher zur Durchführung eines transsternalen, transperikardialen Bronchusverschlusses. Hierfür erfolgte zunächst eine mediane Sternotomie und ventrale Eröffnung des Herzbeutels. Die V. cava superior wurde nach rechts, die Aorta nach links und die Pulmonalarterie nach unten gedrängt, der Herzbeutel im Anschluss dorsal eröffnet. Daraufhin wurde der linke Hauptbronchus freipräpariert und nach Mobilisation carinanah mit einem Klammernahtgerät " Abb. 2). Eine Resek(TAA) durchtrennt (l tion des distalen Bronchus war aufgrund des Granulationsgewebes nach der VACTherapie nicht möglich. Nach Einschneiden der Knorpelspangen kam es zu einem Zusammenfallen des distalen Bronchus, welcher zusätzlich übernäht und in situ belassen wurde. Nach erfolgter Blutstillung wurde zunächst die Hinterwand, dann die Vorderwand des Herzbeutels verschlossen, Thoraxdränagen platziert und schließlich die Sternotomie verschlossen.

Abb. 2 Transsternale, transperikardiale Präparation der Trachealbifurkation (aus [8] mit freundlicher Genehmigung von Elsevier).

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Kasuistik – Thoraxchirurgie

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Die Emypemhöhle links wurde täglich durch das vorbestehende Thorakostoma mit feuchten Bauchtüchern versorgt. Nach Rekonvaleszenz konnte der Patient mit einem ambulanten Pflegedienst in die Häuslichkeit entlassen werden, wo weiter täglich ein Verbandswechsel der Höhle mit feuchten Bauchtüchern erfolgte. Die Behandlung einer bronchopleuralen Fistel mit begleitendem Empyem ist eine Herausforderung und sollte dem Stadium des Empyems sowie dem Patienten individuell angepasst sein. Eine Evidenz zur Behandlung eines postoperativen Pleuraempyems bei Bronchusstumpfinsuffizienz existiert nicht [2]. Der Behandlung des postoperativen Pleuraempyems liegt immer die Beseitigung der Infektursache als Voraussetzung zugrunde [3]. Je früher eine Fistel diagnostiziert wird, desto erfolgreicher ist in der Regel die Behandlung. Insgesamt bieten sich verschiedene Therapieoptionen an. Die Behandlung einer Bronchusstumpfinsuffizienz mit begleitendem Empyem nach Lobektomie umfasst in der Regel die Re-Thorakotomie, den Verschluss der Insuffizienz und die Deckung des Stumpfes mit vitalem Gewebe. Die Infektquelle, in diesem Fall die Bronchusstumpfinsuffizienz, muss suffizient verschlossen werden und die Infekthöhle entsprechend dräniert werden. Bei einer Insuffizienz nach Oberlappenresektion oder oberer Bilobektomie kann ggf. zusätzlich eine Thorakoplastik erfolgen. Ein Pleuraempyem bei Bronchusstumpfinsuffizienz nach Pneumonektomie muss umgehend mit einer Thoraxdränage versorgt werden, um eine Aspiration der Gegenseite zu verhindern. Das weitere Verfahren ist vom Lokalbefund sowie vom Allgemeinzustand des Patienten abhängig. In der Regel erfolgt die Re-Thorakotomie, der Verschluss der Insuffizienz und die zusätzliche Deckung mit vitalem Gewebe. Für die Deckung der Insuffizienz stehen verschiedene Materialien zur Verfügung, Muskellappenplastiken (z. B. M. latissimus dorsi), Perikardfett oder das Omentum majus. Darüber hinaus muss die Empyemhöhle behandelt werden. Hierfür steht bspw. die Operation nach Weder zur Verfügung. Diese umfasst die wiederholende Sterilisation der Empyemhöhle über ein radikales Débridement in 2-tägigem Abstand. Ebenfalls kann eine Vakuumtherapie der Höhle im Anschluss an den Verschluss des Bronchusstumpfes durchgeführt werden. Eine weitere Therapieoption stellt die Anlage eines Thoraxfens-

Tab. 1 Veröffentliche Patientenkollektive, bei denen eine bronchopleurale Fistel mittels transsternalem, transperikardialen Bronchusverschluss versorgt wurden. Autor Ginsberg et al. (1989) Stamatis et al. (1996) Topcuoglu et al. (2000)

Patienten

Prozedur am linken

insgesamt erfolg-

insgesamt

Hauptbronchus

reich versorgt

13 19 16

5 2 2

10 15 16

ters und das Verfahren nach Clagett/ Eloesser dar, in dem eine Säuberung der Empyemhöhle über ein Packing und den täglichen Wechsel von Bauchtüchern über das Thoraxfenster erzielt wird. Nach Säuberung der Höhle kann diese mit einer Antibiotikaplombe, ggf. zusätzlich durch eine Thorakoplastik verschlossen werden [4]. Auch bronchoskopische Verfahren sind beschrieben, um eine Bronchusstumpfinsuffizienz zu verschließen [5]. Hier können verschiedene Materialien (Fibrin, Spongiosa, etc.) bronchoskopisch eingebracht werden und so eine Insuffizienz verschließen. In dem von uns vorgestellten Fall waren die gängigen, oben beschriebenen Verfahren der Versorgung einer Bronchusstumpfinsuffizienz mit begleitendem Pleuraempyem nicht möglich. Eine ReThorakotomie und Re-Verschluss des Stumpfes war bereits im auswärtigen Krankenhaus versucht worden. Die daraufhin durchgeführte Vakuumtherapie konnte bei nicht verschlossenem Bronchusstumpf nicht erfolgreich sein. Der M. latissimus dorsi war bei der Anlage des Thorakostomas durchtrennt worden, die übrige Muskulatur atroph oder durch die Vakuumtherapie beschädigt. Eine Omentum-Plastik sowie die Deckung der Insuffizienz mit Perikardfett waren durch das Granulationsgewebe in der Thoraxhöhle nach Vakuumtherapie ebenfalls nicht möglich. Die bronchoskopischen Verschlüsse mit Fibrinkleber und anderen Materialien scheinen in ihrer Anwendbarkeit auf kleinere und bronchoskopisch gut darstellbare Fisteln beschränkt. Lois et al. postulieren, dass Fisteln > 8 mm nicht bronchoskopisch angegangen werden sollten, die besten Ergebnisse eines bronchoskopischen Verschlusses zeigen sich bei einem Fisteldurchmesser von 1 mm. Kleine periphere Fisteln können so sicher verschlossen werden [5]. Auch bei Hochrisikopatienten kann die Kombination aus Dränage, adäquater Antibiotikatherapie und der bronchoskopische Verschluss eine sinnvolle Alternative sein und eine Operation vermieden werden [6].

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Wir entschlossen uns zur Durchführung eines transsternalen, transperikardialen Bronchusverschlusses, um zunächst die Insuffizienz auszuschalten. Dieses Verfahren stellt eine weitere, gut beschriebene Therapieoption dar und ist eine effektive und sichere Methode, eine Bronchusstumpfinsuffizienz mit begleitendem Empyem zu behandeln [7]. Für dieses Verfahren wurden Patientenkollektive mit guten " Tab. 1). Ergebnissen vorgestellt [7–9] (l Ein Vorteil der hier verwendeten Methode besteht in ihrer hohen Erfolgsrate. Darüber hinaus erfolgt die Operation nicht in der Empyemhöhle. Es stellt ein „Reserveverfahren“ dar, falls die üblichen Behandlungsstrategien einer bronchopleuralen Fistel mit begleitendem Empyem ineffektiv waren. Ein Nachteil der Methode besteht darin, dass die Empyemhöhle nicht zeitgleich mitversorgt wird. In der Mehrzahl der Fälle treten Insuffizienzen nach Pneumonektomie gehäuft rechts auf [10]. Auch für das von uns verwendete Verfahren des transsternalen, transperikardialen Bronchusverschlusses sind die meisten Fälle rechts beschrieben " Tab. 1). Der von uns präsentierte Fall (l zeigt, dass dieses Verfahren auch erfolgreich bei einer Insuffizienz auf der linken Seite angewandt werden kann. Alternativ zum transsternalen Zugangsweg gibt es inzwischen sogar erste Veröffentlichungen über eine Resektion des linken Bronchus über einen video-mediastinoskopischen Zugangsweg [11]. Der transsternale, transperikardiale Bronchusverschluss bei Bronchusstumpfinsuffizienz nach Pneumonektomie ist ein gut durchzuführendes Reserveverfahren, falls die üblichen Methoden der Behandlung einer Bronchusstumpfinsuffizienz nicht greifen. Für die Behandlung einer bronchopleuralen Fistel mit begleitendem Empyem gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, sodass letztendlich ein individualisiertes Verfahren angewendet werden sollte.

Interessenkonflikt: Nein

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6 Boudaya MS, Smadhi H, Zribi H et al. Conservative management of postoperative bronchopleural fistulas. J Thorac Cardiovasc Surg 2013; 146: 575–579 7 Topcuoglu MS, Kayhan C, Ulus T. Transsternal transpericardial approach for the repair of bronchopleural fistula with empyema. Ann Thorac Surg 2000; 69: 394–397 8 Ginsberg RJ, Pearson FG, Cooper JD et al. Closure of chronic postpneumonectomy bronchopleural fistula using the transsternal transpericardial approach. Ann Thorac Surg 1989; 47: 231–235 9 Stamatis G, Martini G, Freitag L et al. Transsternal transpericardial operations in the treatment of bronchopleural fistulas after pneumonectomy. Eur J Cardiothorac Surg 1996; 10: 83–86 10 Darling GE, Abdurahman A, Yi QL et al. Risk of a right pneumonectomy: role of bronchopleural fistula. Ann Thorac Surg 2005; 79: 433–437 11 Leschber G, Klemm W, Merk J. Video-mediastinoscopic resection of a long bronchial

stump and reclosure of bronchial insufficiency after pneumonectomy. Eur J Cardiothorac Surg 2009; 35: 1105–1107

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-1368206 Online-publiziert: 30.07.2014 Zentralbl Chir 2015; 140: 109–111 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044‑409X Korrespondenzadresse Dr. Maximilian Anheier Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Endokrine Chirurgie Florence-Nightingale-Krankenhaus Kreuzbergstraße 79 40489 Düsseldorf Deutschland Tel.: 02 11/4 09 25 04 Fax: 02 11/4 09 26 02 [email protected]

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M. Anheier, R. Schroeder-Finckh, K. H. Schultheis Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Endokrine Chirurgie, Florence-NightingaleKrankenhaus, Düsseldorf, Deutschland

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