447 Thoraxchirurgie 24 (1976) 447-452 © Georg Thieme Verlag Stuttgart

Die Behandlung der postoperativen Sternum-Osteomyelitis* Treatment of Postoperative Sternal Osteomyelitis D. Zeidler, H.H. Storch, B. Hasper

Zusammenfassung

Summary

Bericht über 5 Fälle von postoperativer Sternumosteomyelitis nach Klappenersatz. In 3 Fällen Nachweis von Pseudomonas aeruginosa im Fisteleiter-Abstrich. Behandlung der Osteomyelitis neben Fistelausräumung und Spüldrainage mittels autologer Spongiosaplastik im Defekt- und Infekt-Bereich. Abheilung des Infektes bei 4 Kranken. Bei 1 Patienten postoperatives Zeitintervall noch zu kurz zur endgültigen Beurteilung.

Report on 5 cases of postoperative sternal osteomyelitis after cardiac valve replacement. In 3 cases evaluation of Pseudomonas aeruginosa in probes taken of sternal wounds. Treatment of the osteomyelitis with continuous irrigation and suction supported by excochleation of the fistulae and application of pure spongiosa chips to the bone defect of the sternum. Uncomplicated postoperative course in 4 patients. In 1 patient postoperative time too short for a final decision.

Key-Words: Cardiac valve replacement - Median sternotomy - Sternal osteomyelitis - Autologous transplantation of spongiosa

Es mußte mehr als ein halbes Jahrhundert vergehen, bis die Sternotomie nach ihrer ersten Empfehlung durch Milton 1897 zu Anfang der 50er Jahre eine breite Anwendung in der Thoraxchirurgie fand. Heute stellt sie einen routinemäßigen operativen Zugang zum Herzen und den großen Gefäßen dar. Die mediane Sternotomie hat im Vergleich zur bilateralen anterioren Thorakotomie und zur queren Sternotomie wesentliche Vorzüge. Sie bietet eine ausgezeichnete Exposition des Herzens und des Aortenbogens bei guter Übersicht. Der operative Zugang ist technisch leicht und schnell durchführbar. Die Kanülierung von Herz und Aorta für den extrakorporalen Kreislauf ist gut möglich. Eine postoperative schmerzbedingte Einschränkung der thorakalen Atmung ist wesentlich geringer als bei der lateralen Thorakotomie. Die Umgehung des Pleuraraumes verringert ebenfalls das Risiko möglicher postoperativer pulmonaler Komplikationen. Ein Nachteil der medianen Sternotomie ist lediglich die kosmetisch oft unbefriedigende Schnittführung und die häufige keloidartige Ausbildung der Narben. Die sorgfältige Durchführung der Sternotomie mit der oszillierenden Säge, die streng in der Medianlinie und unter Vermeidung von Frakturen erfolgt, stellt eine wesentliche Vorbedingung für eine ungestörte postoperative Wundheilung dar. Die Verwendung des Lebsche-Meißels sollte nur Notfällen vorbehalten bleiben. Sorgfältige lokale Blutstillung unter sparsamer Verwendung von Knochenwachs, lokaler Hämostyptika und Elektrokoagulation ist ebenfalls unumgänglich. Eine suffiziente postoperative Drainage des retrosternalen Raumes vermeidet die Ansammlung lokaler Hämatome. Die stabile postoperative Fixation des Sternums ist ein wesentlicher Faktor zur Vermeidung einer Wundheilungsstörung. In der direkten postoperativen Phase oder auch erst Monate nach der Sternotomie auftretende Infekte sind entweder nur lokale oder oberflächliche Wundinfekte oder es sind Infekte, die überwiegend aus der direkten Nachbarschaft des implantierten Fremdmaterials zur Fixation der beiden Brustbeinhälften stammen. Postoperative Infekte des Sternums nach medianer Sternotomie *

Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. F. Linder zum 65. Geburtstag gewidmet.

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Chirurgische Univ.-Klinik Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. F. Linder) und Abteilung für Spezielle Thoraxchirurgie der Chirurgischen Univ.-Klinik Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. W. Schmitz)

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D. Zeidler, H.H. Storch, B. Hasper

Eigenes Patientengut Von 1962 bis 1974 wurden an der Chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg über 2500 mediane Sternotomien bei kardiochirurgischen Eingriffen unter Verwendung des extrakorporalen Kreislaufs durchgeführt. Dabei kam es bei 5 Patienten zu einer schweren Wundheilungsstörung infolge eines lokalen Infektes im Bereich der Sternotomie mit einer anschließenden Osteomyelitis. Insgesamt kam es dabei in den ersten Jahren zu Wundheilungsstörungen in Höhe von 9,2% (primäre Infektionen 6%, sekundäre Infektionen 3,2%). Dabei lag mehr als die Hälfte der Infekte in der ersten Hälfte des Berichtszeitraums. Feldkamp, Storch und Wysocki haben 1952 bereits darüber berichtet. In den Jahren 1972-74 lag die Infektrate (primäre und sekundäre Infekte) insgesamt bei 1,2% der Sternotomien. Die aseptischen Wundheilungsstörungen gingen ebenfalls bis auf 5,3% zurück.

Methodik Nach den Prinzipien der Behandlung eines Knocheninfektes oder -defektes aus dem Bereich der Extremitäten-Chirurgie wurde nach lokalem Debridement die Defektüberbrückung und die Behandlung des infizierten Sternums mittels einer autologen Spongiosaplastik durchgeführt. Zu Beginn der Operation Umschneidung der kutanen Fisteln und Exstirpation derselben mit dem umgebenden Granulationsgewebe bis direkt auf den Knochen. Wenn es die Stabilität des Sternums zuläßt, Entfernung des Fixationsmaterials. Mit dem scharfen Löffel Darstellung und Excochleation des Granulationsgewebes in der Umgebung des Osteosynthesematerials und im Bereich der medianen Sternotomie, wodurch oft ein etwa 3-4 mm breiter Spalt entsteht. Fast immer sind bereits schmale Kallusbrücken zwischen beiden Sternumhälften vorhanden, die die notwendige Stabilität ergeben. Ist dies nicht der Fall, muß erneut eine Fixation des Brustbeines durch Cerclagen an anderer Stelle ausgeführt werden. Auf die vollständige Entfernung des gesamten Granulationsgewebes ist besonders zu achten. Entnahme von reinen Spongiosaspänen vom Beckenkamm. Kortikospongiöse Späne sollen dabei nicht verwendet werden. Auffüllung der ringförmigen Defekte in der Medianlinie und in der Umgebung der ehemaligen Fixationsdrähte und -bänder durch kleine Spongiosaspäne, die anschließend festgeklopft und verkeilt werden. Anfrischung und genügende Mobilisation des subkutanen Gewebes. Atraumatische Hautrückstichnähte nach vorheriger Einlage von 1 oder 2 Redondrainagen. Zur lokalen Spülung intraoperativ lediglich Verwendung von Kochsalzlösung oder Wasserstoffsuperoxyd. Zur Vermeidung eines Infektes im Bereich der Spongiosaentnahmestelle empfiehlt sich die Entnahme der Späne vor der Revision des Brustbeines selbst. Im folgenden die klinischen Daten der 5 eigenen Patienten (Tab. 1). 1. K.H.F. 31 Jahre männlich 25.9.72 wegen Aortenstenose II.-III. Grades nach rheumatischer Endokarditis Aortenklappenersatz durch Starr-Edwards Kugelprothese bei ausgedehnter Verkalkung des Klappenringes. Fixation des Sternums durch Parham-Bänder und Cerclagen. Glatter postoperativer Verlauf. Seit Mitte April 1973 mehrere Fisteln in der Narbe der medianen Sternotomie. Röntgenologisch Osteolysen nachweisbar. Wundabstrich steril. Am 4.5.73 Abtragung von Granulationen, partielle Metallentfernung.

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und anschließender Implantation von fixierenden metallischen Fremdkörpern unterscheiden sich in ihrem klinischen Bild und Verlauf nicht von den aus der Traumatologie der Extremitäten bekannten Infekten nach Implantation von Osteosynthesematerialien. In der Literatur ist die Infektrate nach medianer Sternotomie etwa mit 2% bis 7% angegeben (1, 2, 5). Es handelt sich dabei jedoch überwiegend um oberflächliche Infekte, die keine wesentlichen Probleme darstellen. Das Schrifttum (1, 2, 5, 6, 7) gibt folgende Faktoren an, die zu einer Häufung postoperativer Infekte führen: Gerinnungsstörungen, Re-Sternotomien, Tracheotomie mit Langzeitbeatmung, Low cardiac output, die Verwendung lokal wirksamer Antibiotika, pulmonale Komplikationen wie Sekretverhaltung, Pneumonie etc., ebenso die externe Herzmassage.

Die Behandlung der postoperativen Sternum-Osteomyelitis

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Pat. Nr.

Anlaß der Sternotomie

Beginn der postop. Fistelung

Erreger

1.

Aortenklappenersatz

6 Mon. p.o.

Ø

Anzahl Art der Opera- Gesamtder Ope- tionen Behandrationen lungsdauer 2

1. part.Metall- 14 Mon. entf.(ME) + Grnul.-Abtrg.

Zeitdauer zw. letzter Op. und Abheilung der Fistel

Zeitspanne zw. Abheilung u. Nachuntersuch.

4 Mon.

16 Mon.

2. part.ME + Granul.-Abtrg. Spong.-Plast. 2.

Aortenklappenersatz

2 Mon.

Pseudo. Staph. aur.

2

1. ME 2. Granul.-Abtr. Spüldrain.

3.

Offene Mitralkommissurotomie

4 Woch.

Pseudo.

2

1. ME + Excochl. 2. Excochl. + Spong.-Plast. 10 Mon.

Mitralklappenersatz

2 Woch.

Mitralklappenersatz

6 Woch.

4.

5.

Pseudo.

Entero.

4

4

1. part. ME + Granul.Abtr. 2. part.ME 3. Excochl. 4. Excochl. + Spong. -Plast.

5 Mon.

6 Mon.

1. Refix + Fistelexcochl. 12 Mon. 2. ME + Sequesterabtrg. + Fistelausr. 3. Excochl. + Spong.Plast.

2 Jahre

8 Wochen

21/2 Mon.

18 Mon.

2 Woch.

21 Mon.

2 1/2 Mon. 6 1/2 Mon.

6.7.73 wegen weiterer Fistelung Entfernung der restlichen Fixationsbänder, Abtragung von Granulationen, autologe Spongiosaplastik von Beckenkamm. Glatter postoperativer Verlauf. Fisteln seit November 1973 vollständig abgeheilt. Bei Nachuntersuchung im März 1975 reizlos verheilte Narbe. Keine Sekretion. Röntgenologisch kein Anhalt für Osteomyelitis. 2. H.H. 32 Jahre, weiblich Am 12.10.72 wegen Aortenklappeninsuffizienz Aortenklappenersatz mit Starr-Edwards Kugelprothese. Fixation des Sternums mit Parham-Bändern und Cerclagen. Glatter postoperativer Verlauf. Seit Ende Dezember 1972 Fistelung über dem Sternum. Wundabstrich: Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus. Am 12.1.73 Sternum-Draht-Entfernung. Am 9.2.73 Sternumrevision mit Granulationsgewebsabtragung und Anlage einer Spüldrainage für 10 Tage (Abb. 1a). Im postoperativen Verlauf deutliche Abnahme der Restsekretion mit immer größer werdenden freien Intervallen ohne lokale Sekretion. Bei Nachuntersuchung im April 1975 reizlose Fistelstelle am Sternum ohne Sekretion seit etwa 8 Wochen. Endgültige Abheilung noch nicht zu beurteilen. Röntgenologisch kein Anhalt für Osteomyelitis (Abb. 1b). 3. B.F., 29 Jahre, weiblich 1963 Kommissurotomie wegen dekompensierter Mitralstenose während Gravidität. 21.11.72 offene Mitralkommissurotomie mit EKK wegen Mitralstenosen-Rezidiv II.-III. Grades. 4 Wochen nach Operation Beginn der Fistelung am Brustbein. 21.2.73 Metallentfernung und Excochleation der Fisteln. Im Fisteleiter-Abstrich Pseudomonas aeruginosa.

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Tabelle 1. Postoperative Sternum-Osteomyelitis bei 5 Patienten mit medianer Sternotomie. Table 1. Postoperative sternal osteomyelitis in 5 patients with median sternotomy.

D. Zeidler, H.H. Storch, B. Hasper

Abb. la. Pat. Nr. 2. Tomogramm des Sternums vom 8.2.73 zeigt mehrere osteomyelitische Bezirke in verschiedener Höhe des Brustbeines. Fig. la. Sternal tomography of the patient Nr. 2 (8.2.73) with some osteomyelitis areas in different parts of the sternum.

Abb. 1b. Kontrollaufnahme vom 20.2. zeigt bei klinisch reizlosen Verhältnissen ohne Sekretion röntgenologisch deutlich Durchbauung der ehemaligen Osteolysebezirke am Brustbein. Fig. lb. Control-tomography shows an intact structure in the former osteolytic areas. Wound conditions intact.

13.6.1973 nach lokaler Spülbehandlung und Hautpflege Excochleation und autologe Spongiosaplastik. Fistelsekretion und Wundheilung seit Anfang September 1973 beendet. März 1975 reizlose unter Keloidbildung abgeheilte Sternotomienarbe. 4. G.W. 32 Jahre, männlich 16.1.1973 wegen kombiniertem Mitralvitium Klappenersatz der Mitralis durch Starr-Edwards Prothese. Für 14 Tage glatter postoperativer Verlauf, dann lokaler Infekt im Bereich des unteren Wundpoles. 9.2.73 Entfernung des untersten Cerclagedrahtes und Abtragung von lokalen Granulomen. Im Wundabstrich Pseudomonas aeruginosa. 6.7.73 Entfernung des restlichen Metall-Implantats.

Abb. 2. Patient Nr. 4. Die präoperative Schichtaufnahme des Sternums vom 16.5.73 zeigt mehrere osteolytische Abschnitte im Bereich der SternumSchnittfläche. Fig. 2. Patient Nr. 4. Präoperative tomography of sternum (16.5.73) with some osteolytic areas in contact with median sternotomy.

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17.5.73 Fistelexcochleation. Makroskopisch und röntgenologisch Zeichen der Osteomyelitis. Abstrich jedoch steril. 14.6.73 Excochleation der Fisteln und autologe Spongiosaplastik. Seit Ende Juni 1973 Abheilung der Fisteln, keine Sekretion. März 1975 reizlose Narbenbildung über dem Brustbein mit geringer Keloidbildung.

Abb. 3. Ausgedehnte Fistelung bei Sternumosteomyelitis und Perichondritis am rechten Rippenbogen. Fig. 3. Extended system of fistulae in sternal osteomyelitis and perichondritis of the right lower costal region. 24.5.1974 walnußgroßer osteomyelitischer Defekt am distalen Sternumdrittel. Ausmauerung mit Spongiosaspänen. Am 10.6.1974 erstmals Enterococcen und Escherichia coli im Abstrich. Am 14.8.1975 sequestrierende Perichondritis am linken Rippenbogen. Am Sternum noch kirschgroße osteomyelitische Höhle, Sequesterentfernung am linken Rippenbogen und Spongiosaplastik am Sternum. Seit Anfang November 1974 Fisteln vollständig zugegangen. Mai 1975 reizlose Narbenbildung am Sternum nach Sekundärheilung.

Ergebnisse Bei den über 2500 durchgeführten medianen vollständigen Sternotomien im Rahmen kardiochirurgischer Eingriffe trat 5mal postoperativ in einem Abstand von 2 Wochen bis 6 Monaten ein Infekt im Bereich der Sternotomiefläche und der Umgebung des implantierten Fixationsmaterials auf. Im Wundabstrich konnte dabei bei 3 Patienten Pseudomonas aeruginosa, in 1 Fall Staphylococcus aureus und Escherichia coli + Enterococcen nachgewiesen werden. Bei 1 Patienten waren die Wundabstriche steril. Als therapeutische Maßnahmen wurden unter anderem Fistelausräumungen und Spüldrainagen durchgeführt. Die Metallentfemung wurde je nach Lokalbefund partiell oder, wenn es die Stabilität des Sternums zuließ, in einer Sitzung vorgenommen. Bei 4 Patienten wurde insgesamt 5mal eine autologe Spongiosaplastik vom Beckenkamm durchgeführt. Bei Patient No. 5 war wegen einer Perichondritis des Rippenbogens beidseits zusätzlich eine doppelseitige Sequesterabtragung aus diesem Bereich notwendig. Bei allen 4 Patienten konnte durch die Spongiosaplastik der lokale Infekt zur Abheilung gebracht werden. Die Zeitspanne zwischen der letzten Operation und der endgültigen Abheilung der Fisteln betrug maximal 4 Monate. Bei Patient Nr. 2, bei dem lediglich die Fisteln und das Granulationsgewebe lokal ausgeräumt wurden mit anschließender Spüldrainage, dauerte die postoperative Sekretion noch 2 Jahre. Wegen des zu geringen zeitlichen Abstandes wird eine endgültige Abheilung jedoch bis jetzt noch nicht angenommen. Bei den restlichen 4 Patienten lag das Intervall zwischen klinischer Abheilung und der klinischen und röntgenologischen Nachuntersuchung zwischen 6 1/2 und 21 Monaten.

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5. CK. 44 Jahre, männlich 22.10.73 wegen kombiniertem Mitralvitium Klappenersatz durch Starr-Edwards-Klappe. Zunächst postoperativer Verlauf glatt. 6 Wochen nach der Operation Beginn der Fistelsekretion an mehreren Stellen. 4.2.1974 wegen Sternum-Instabilität neue Sternum-Fixationsdrähte und Fistelexcochleation. Abstrich und Kultur steril. 10.5.74 wegen Sternum-Osteomyelitis und Perichondritis mit Sequestrierung am rechten Rippenbogen Metallentfernung, Fistelausräumung und Sequesterentfernung am rechten Rippenbogen (Abb. 3).

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Die im Schrifttum angegebenen therapeutischen Empfehlungen, die sich im wesentlichen auf lokale Revisionen mit Spülung und Auskratzung der Fisteln beschränkten, wiesen im allgemeinen keine allzu guten Ergebnisse auf. Ähnliche enttäuschende Ergebnisse erbrachte die konservative Behandlung der posttraumatischen Infekte am Knochen in der Extremitätenchirurgie. Erst durch die Verwendung von autologer Spongiosa (Matti 1931) gelang es, sowohl die fehlende Substanz bei der Defektpseudarthrose zu ergänzen als auch gleichzeitig den damit oft verbundenen Infekt zu behandeln. Defekt und Infekt sind bei der postoperativen Sternumosteomyelitis in gleicher Weise vorhanden und sprechen auf die angegebene Behandlung mittels Spongiosaplastik an. Der Einbau der Spongiosaspäne in die Defektbezirke schafft erst die Voraussetzung für die funktionelle Stabilität des Brustbeines. Parallel dazu läuft die Abheilung des Infektes durch Sequesterentfernung, Abtragung von Granulationen und Aufhebung der Fistelkanäle mit Auffüllung derselben durch vitale Spongiosa mit regenerationsfähigen Osteozyten. Die testgerechte, hochdosierte parenterale Gabe von Antibiotika in zeitlichem Zusammenhang mit der chirurgischen Behandlung erscheint selbstverständlich. Die Methodik der Spongiosaimplantation hat sich bei unseren Fällen gut bewährt. Wahrscheinlich ist es dadurch auch zu einer deutlichen Verkürzung der Behandlungszeit des Infektes gekommen. Die Behandlung ist leicht durchzuführen und bietet dem Patienten eine echte Chance der Behandlung des postoperativen Defektes und des Infektes am Brustbein. Den generellen Rückgang der Infektionsrate in den letzten Jahren sehen wir als Resultat einer gezielten, d.h. testgerechten, hochdosierten Chemoprophylaxe. Ebenso hat die Verwendung von monofilem, nicht resorbierbarem Nahtmaterial unter vollständigem Ausschluß von Catgut wesentlich zur Verbesserung der Wundheilung beigetragen. Literatur 1 Brown, H, M.V. Braimbridge, P. Panagopoulos, E.F. Sabar: The complications of median sternotomy. J.thorac.Cardiovasc.Surg. 58 (1969) 189 2 Hehrlein, F.W., H. Hermann, J. Kraus: Complications of median sternotomy in cardiovascular surgery. J.Cardiovasc.Surg. (Torino) 13 (1972) 390 3 Feldkamp, G., H.H. Storch, S. Wysocki: Wundheilungsstörungen nach Operationen am offenen Herzen. Fortschr.Med. 90 (1972) 491 4 Matti, H: Über freie Transplantationen von Spongiosa. Langenbecks Arch.klin.Chir. 168 (1931) 168

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Ochsner, J.L., N.L. Mills, W.C. Woolverton: Disruption and infection of the median sternotomy incision. J.cardiovasc.Surg. (Torino) 13 (1972) 394 6 Sanfilippo, P.M., G.K. Danielson: Complications associated with median sternotomy. J.thorac. Cardiovasc.Surg. 63 (1972) 419 7 Wray, T.M., R.E. Bryant, J.A. Killen: Sternal osteomyelitis and costochondritis after median sternotomy. J.thorac.Cardiovasc.Surg. 65 (1973) 227

Priv.-Doz. Dr. D. Zeidler, Prof. Dr. H.H. Storch, Dr. B. Hasper, Chirurgische Univ.-Klinik, Kirschnerstr. 1, 6900 Heidelberg

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Diskussion Die postoperativen Infekte nach medianer Sternotomie sind selten. Sie stellen jedoch im postoperativen Verlauf eine gravierende Komplikation dar. Oftmals sind sie vergesellschaftet mit einer funktionellen Instabilität des Brustbeines mit entsprechenden respiratorischen Konsequenzen. Die in der Literatur angegebenen, oben zitierten Faktoren, die zu einer Häufung der Infektraten führten, konnten in unserem Patientengut nicht eindeutig festgestellt werden. Außer einer Häufung von Pseudomonas aeruginosa im Wundabstrich als Auslöser der klinischen Infekte waren in unserem Krankengut keine weiteren gemeinsamen Faktoren zu eruieren.

[Treatment of postoperative sternal osteomyelitis (author's transl)].

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