Leitthema Hautarzt 2015 · 66:311–319 DOI 10.1007/s00105-015-3633-x Online publiziert: 25. April 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

K. Völker Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Fachbereich Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Institut, Hamburg, Deutschland

Tropenmedizinisch/tropendermatologische Ausbildung in Tansania und Ghana Ein Erfahrungsbericht Als Hautärztin bei der Bundeswehr bin ich interessiert, in Zukunft schwerpunktmäßig tropendermatologisch eingesetzt zu werden und gleichzeitig die Grundzüge der Tropenmedizin sicher zu beherrschen. So habe ich mich zusammen mit meinem Arbeitgeber entschlossen, meine Ausbildung in den Tropen in einen tropendermatologischen und einen rein tropenmedizinischen Teil aufzuspalten.

Erster Abschnitt, Tansania – September 2012 bis April 2013 am Regional Dermatology Training Centre in Moshi Meine Tropenverwendung startete mit dem tropendermatologischen Teil am Regional Dermatology Training Centre (RDTC) at Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) in Moshi, Tansania (. Infobox 1). Moshi befindet sich im Nordosten von Tansania am Südhang des Kilimanjaro, unweit der Grenze zu Kenia. Das KCMC (Kilimanjaro Christian Medical Centre) wurde 1971 mithilfe der protestantischen Kirche eröffnet. Es ist ein Bestandteil der Tumaini University. Als Referral Hospital ist das KCMC für über 11 Mio. Menschen in Nordtansania zuständig. Es hat über 1000 Mitarbeiter, 420 Betten mit den Abteilungen Chirurgie, Innere, HNO, Gynäkologie, Pädiatrie, eine Orthopädie mit angegliederter Orthopädietechnikabteilung sowie eine Pathologie. Einen guten Ruf ha-

ben insbesondere die Augen- (unter deutscher Leitung) und die Dermatologieklinik (RDTC; . Abb. 1).

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Das Regional Dermatology Training Center ist das größte dermatologische Zentrum Schwarzafrikas Das Regional Dermatology Training Center wurde 1992 dank einer Kooperation zwischen dem tansanischen Ministerium für Gesundheit und Sozialhilfe, der International Foundation for Dermatology (IFD), dem Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) und der Good Samaritan Foundation (GSF) gegründet. Es dient als Ausbildungsstätte für Dermatologen und sog. Dermatology-Officer verschiedenster afrikanischer Länder. Im großen Outpatient-Departement werden jährlich mehr als 13.000 ambulante Patienten behandelt. Im Jahr 2013 wurde die

neue Bettenstation mit insgesamt 50 Betten (allgemein-dermatologische Betten sowie chirurgisch-dermatologische Betten der Verbrennungsstation) und Operationssälen eröffnet. Es ist das größte dermatologische Zentrum Schwarzafrikas (Afrika nördlich der Sahara sowie Südafrika ausgenommen). Da es in Tansania und auch in den umliegenden Ländern keine entsprechende Einrichtung gibt (in größeren Städten in Tansania gibt es private dermatologische Praxen, aber keine Klinik), reisen manche Patienten bis zu 3 Tage auch aus den umgebenden Ländern wie Kenia und Uganda an, übernachten rund um das RDTC, um am Folgetag behandelt zu werden. Dementsprechend sieht man in kurzer Zeit am RDTC eine geballte Menge an dermatologischen Erkrankungen, oft Raritäten, die einem in den Industriestaaten dieser Welt selten, in deutlich früheren Stadien oder oft auch nie zu Gesicht kommen. Der internationale Austausch mit den afrikanischen

Abb. 1 9 Ambulanz-, Unterrichts- und Verwaltungsgebäude des Regional Dermatology Training Centre. Weitere Informationen: http://www.ifd.org/ the-regional-dermatology-training-centre,tanzania Der Hautarzt 5 · 2015 

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Leitthema Infobox 1 Kontaktinformationen 1. Regional Dermatology Training Centre (RDTC) at Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) P.O. Box 8332 Moshi, Tanzania, East Africa E-Mail: [email protected] 2. Presbyterian Hospital Agogo P.O. Box 27 Agogo, Ashanti – Akim, Ghana, West Africa E-Mail: [email protected] www.agogopresbyhospital.org

Kollegen vor Ort, aber auch mit freiwillig tätigen Fachärzten aus der ganzen Welt (in meiner Zeit u. a. aus den Niederlanden, Spanien, England, Südafrika und den USA) ermöglicht es, in kurzer Zeit einen immensen Zugewinn seines dermatologischen Wissens zu erwerben. Es gibt eine Bandbreite von Dermatosen zu sehen und zu behandeln, angefangen mit uns geläufigen Hauterkrankungen wie Psoriasis, atopischen Ekzemen, Lichen ruber oder blasenbildenden Dermatosen, die aber auf afrikanischer Haut anders imponieren und für die man einen klinischen Blick entwickeln muss. Eine eingeschränkte Diagnostik zwingt den Arzt, die Diagnose mit dem Auge, der persönlichen Erfahrung sowie im Austausch mit den Kollegen vor Ort zu stellen. Die Tätigkeit vor Ort ermöglicht es aber auch, die sog. „neglected tropical diseases“ wie Lepra, Leishmaniose und Onchozerkose sicher diagnostizieren zu können. Durch die erhöhte HIV-Rate [„adult prevalence rate“: 5,1 % (2012) in Tansania [6], verglichen mit Deutschland 0,1 % der Erwachsenen, Stand 2012 [6]] sieht man viele mit der HIV-Erkrankung oder der antiretroviralen Therapie assoziierte Dermatosen wie das KaposiSarkom, exazerbierte seborrhoische Ekzeme, massive Kondylome, plane Warzen, Kryptokokkose, Histoplasmose, kutane Tuberkulose oder auch schwere Arzneimittelexantheme bis hin zur toxischen epidermalen Nekrolyse (TEN). Die eingeschränkten Ressourcen sowie die Tatsache, dass sich der Großteil des Patientenklientels keine Krankenversicherung leisten kann, stellen den Arzt vor tägliche Herausforderungen.

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Arbeitstag Der Arbeitstag startet montags, dienstags und donnerstags morgens um 8 Uhr im Besprechungsraum des RDTCs zum „morning-meeting“. Danach beginnt montags die HIV-Klinik („clinic“ = Ambulanz), dienstags und donnerstags erfolgen Visiten auf der Station („ward rounds“) und Operationen, mittwochs die allgemeine Klinik, freitags die Kinderklinik. Mittwochmorgens trifft man sich in der „Lecture Hall“ des KCMCs in der von den verschiedenen Abteilungen oder auch von Fremdreferenten Vorträge zu verschiedenen Themen gehalten werden. Freitagmorgens stellen die Residents (Assistenzärzte) ihre Dissertationen vor. Da am RDTC zusätzlich zu den Residents auch ADDV (Advanced Diploma in Dermato-Venereology) Students – das sind vor allem erfahrene Krankenschwester und -pfleger, die eine 2-jährige dermatologische Ausbildung erhalten und nach Abschluss der Ausbildung in ihren Distrikten als sog. Dermatology Officer Dermatosen behandeln und Medikamente verordnen dürfen – ausgebildet werden und man alle 2 Wochen neue Medizinstudentengruppen zu betreuen hat, gehört es zu den täglichen Aufgaben der Dermatologen, diese während der Sprechstunde auszubilden sowie regelmäßig PowerPoint-Präsentationen zu halten. Ich wurde von einem erfahrenen Resident aus Malawi, „Kelvin“, eingearbeitet. Für eine Woche heftete ich mich an Kelvins Fersen, um möglichst viel zu lernen. In der zweiten Woche hatte ich mein eigenes Ambulanzzimmer. Dermatologische Externa werden größtenteils vom RDTC selbst hergestellt, verglichen mit Ghana ein unschätzbarer Vorteil. Außerdem gibt es immer wieder Spenden (Medikamente und Verbrauchsmaterial) aus unterschiedlichen Ländern, die natürlich nur begrenzt zur Verfügung stehen. Am Anfang war ich doch ein wenig erschrocken, dass ich als Dermatologe auch die HIV-Sprechstunde durchführen sollte. Dort wird die komplette HIV-Therapie auch von Dermatologen vorgenommen. Mithilfe der WHO-Guidelines und meinen erfahrenen afrikanischen Kollegen ließ sich die neue Aufgabe jedoch gut bewerkstelligen.

Zu meiner Zeit gab es am RDTC keine erfahrenen Operateure, nur kleine Exzisionen wurden durch die Residents durchgeführt. Da die Kollegen durch engen Kontakt zu deutschen Dermatochirurgen aus Tübingen gewisse Erwartungen an mich als Facharzt hatten, habe ich schnell diese Aufgabe übernommen und meine bisherigen Grenzen ausgeweitet. Aber auch das schadet der Erfahrung nicht. Mittlerweile gibt es einen tansanischen Facharzt, der in Spanien eine sehr gute dermatochirurgische Ausbildung genossen hat. Durch viel Mühe der nationalen und internationalen Kollegen geht es am RDTC unaufhörlich weiter, und wie ich erfahren habe, gibt es weiter Verbesserungen zu berichten. So wurde nun eine eigene tansanische Pathologin eingestellt, die dermatopathologisch ausgebildet wird, die Teledermatopathologie eingeführt und die mykologische Diagnostik ausgebaut. Ein besonders großes Aufgabengebiet des RDTCs besteht durch die hohe Anzahl von Personen mit Albinismus in Tansania, die sich aufgrund ihrer sozialen Ausgrenzung, Stigmatisierung und nachfolgender Armut Sonnenschutz oft nicht leisten können. Aufgrund eingeschränkter Möglichkeit, Bildung zu erwerben, sind sie häufig zu Außentätigkeiten gezwungen und erleiden auch aus Unwissenheit schon in der Kindheit massive UV-Schädigungen. Dementsprechend häufig leidet dieser Personenkreis an sehr fortgeschrittenen Hauttumoren, zumeist an spinozellulären Karzinomen aber auch an Basalzellkarzinomen. Zusätzlich besuchen durch die Alleinstellung des Zentrums gehäuft Patienten mit Xeroderma pigmentosum das RDTC, die im Setting von Tansania zumeist das 3. Lebensjahrzehnt aufgrund multipler Melanome, „squamous cell carcinoma“ (SCCs), „basal cell carcinoma“ (BCCs) nicht erreichen. Auch diese Patienten – häufig Kinder – werden im RDTC operativ versorgt. Mitte Januar findet darüber hinaus das jährliche CME (Continuing Medical Education) Meeting – eine internationale Zusammenkunft aus verschiedensten tropenmedizinisch interessierten Dermatologen – statt. Dieses Meeting dauert mit Anschlussmeetings ca. 1,5 Wochen, und eine Teilnahme kann ich wärmstens empfehlen.

Zusammenfassung · Abstract Abschließend kann ich sagen, dass mich das Engagement der tansanischen und internationalen Kollegen, das mir am RDTC begegnet ist, stark beeindruckt hat und ich die 6 Monate Arbeit dort als einen unschätzbaren persönlichen und fachlichen Wert empfinde. In meiner jetzigen Tätigkeit als Hautarzt am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg profitiere ich ungemein von dieser Zeit. In Folge möchte ich einige ausgewählte Fälle, die ich am RDTC gesehen habe, vorstellen.

Erster Fall, 60 Jahre, männlich, Person mit Albinismus [OCA (okulokutaner Albinismus) Typ 2B] Anamnese

Seit 2 Jahren weist der Patient einen nässenden Tumor auf dem Rücken auf. Bereits mehrfach sei eine ärztliche Vorstellung erfolgt, u. a. in einer Klinik in Dar es Salaam. Über mehr als 1 Jahr wurde der Patient mit antimykotischer Lokaltherapie und Griseofulvin p.o. behandelt. Seit einigen Monaten ist dann ein schmerzloser Tumor an der rechten Wange/zervikal rechts aufgetreten.

Diagnose

Spinozelluläres Karzinom mit Lymphknotenmetastasierung

Verlauf

Leider ist eine „neck-dissection“ oder Nachbestrahlung in dem Setting in Tansania nicht verfügbar, sodass pragmatisch entschieden wurde, die sezernierende Wunde operativ zu entfernen und zu schließen, um zumindest die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Der Tumor wurde somit vollständig chirurgisch in Tumeszenzanästhesie reseziert. Dabei war zu bedenken, dass die Erfahrung mit Personen mit Albinismus gezeigt hat, dass selbst kleine Wunden unabhängig von der Sterilität während und nach der Operation zu starker bakterieller Entzündung neigen. Der Patient wurde somit auf die Bettenstation aufgenommen, immobilisiert und erhielt eine i.v.-Antibiose. Die Wundheilung verlief komplikationslos (. Abb. 2, 3).

Hautarzt 2015 · 66:311–319  DOI 10.1007/s00105-015-3633-x © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 K. Völker

Tropenmedizinisch/tropendermatologische Ausbildung in Tansania und Ghana. Ein Erfahrungsbericht Zusammenfassung Als Fachärztin für Dermatologie mit tropenmedizinischem Interessenschwerpunkt bin ich dem Angebot meines Arbeitgebers, der Bundeswehr, gefolgt und wurde tropenmedizinisch und tropendermatologisch ausgebildet, um in Zukunft schwerpunktmäßig tropendermatologisch zu arbeiten. Die Voraussetzungen für den Erwerb der Zusatzbezeichnung Tropenmedizin beinhaltet eine 1-jährige Ausbildung an einer spezialisierten Ausbildungsstätte in Deutschland, einen 3-monatigen Diplomkurs für Tropenmedizin und ein Auslandsjahr an einer Weiterbildungsstätte in den Tropen. Letzteres habe ich in einen

tropendermatologischen Teil, den ich am Regional Dermatology Training Centre (RDTC) in Moshi, Tansania, absolviert habe, und einen tropenmedizinischen Teil, der am Presbyterian Hospital in Agogo, Ghana, stattfand, aufgeteilt. Von meinen Erfahrungen in Afrika möchte ich hier berichten und ausgewählte Fallbeispiele, die ich in meinem Tropenjahr sehen konnte, vorstellen. Schlüsselwörter Tropendermatologie · Tropenmedizin · Weiterbildung · Afrika · Bundeswehr

Tropical medicine/tropical dermatology training in Tanzania and Ghana. Personal experience and selected case reports Abstract As a consultant for dermatology with special interested in tropical diseases, I accepted my employers offer (German Armed Forces) to start my training in tropical medicine and tropical dermatology in Africa. The dermatological part of the training was completed at the Regional Dermatology Training Centre (RDTC) in Moshi, Tanzania. This was followed

Diskussion

Bei Albinismus handelt es sich um eine autosomal-rezessiv vererbte Störung der Melanin-Biosynthese. Man unterscheidet 2 Hauptgruppen: 1. OA – okulärer Albinismus und 2. OCA – okulokutaner Albinismus (4 Typen, OCA 1–4). OCA2 ist der häufigste Typ von Albinismus in afrikanischer Haut. Die Prävalenz in den USA beträgt 1:37.000 und liegt bei 1:10.000 bei afrikanischen Amerikanern. Die Prävalenz in Tansania ist deutlich höher. Sie liegt bei 1:1400, und somit gilt Tansania als das Land mit dem höchsten Anteil an Albinismus weltweit [9]. Personen mit Albinismus sind Opfer eines großen Stigmas seit ihrer Geburt. Häufig werden sie in Afrika diskriminiert und sozial ausgegrenzt. Es besteht allgemein eine Schwierigkeit, Bildung zu erwerben, was wiederum in Armut resul-

by tropical medicine training at the Presbyterian Hospital in Agogo, Ghana. In this article, I report on my experiences in Africa and present selected case reports. Keywords Tropical dermatology · Tropical medicine · Specialization · Africa · German Armed Forces

tiert. Weil in einigen Ländern Afrikas – insbesondere in Tansania – der örtliche Aberglaube besagt, dass Personen mit Albinismus übernatürliche Kräfte besitzen und dass ihre Haut, Zähne und Knochen Heilkraft haben, werden sie gehäuft Opfer von Ritualmorden. Seit 2008 habe dieser grausame Aberglaube – laut einem Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker – mindestens 57 Menschenleben gekostet, wobei hier nur die dokumentierten Fälle eingerechnet sind [8].

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Tansania ist das Land mit dem höchsten Anteil an Albinismus weltweit Mit diesem Hintergrund wurde 1993 das sog. „Albino-Outreach-Project“ durch das RDTC gegründet. Es beinhaltet eine mobile Hautklinik. Ein- bis 2 mal wöchentlich fährt Personal aus dem RDTC Der Hautarzt 5 · 2015 

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Leitthema im Verlauf in das tansanische HIV-Programm eingeschleust und erhielt eine antiretrovirale Therapie sowie eine Rezidivprophylaxe. Die Kryptokokkose zeigte sich unter der Therapie vollständig rückläufig, der klinische Zustand der Patientin sowie der Immunstatus verbesserten sich im Verlauf (. Abb. 5, 6).

Diskussion

Abb. 2 8 Person mit Albinismus, 60 Jahre, mit Tumor an der rechten Wange/zervikal rechts – Lymphknotenmetastase

Abb. 4 8 „Albino-Outreach-Project“. Jede Person mit Albinismus erhält neben der dermatologischen Untersuchung einen ausreichenden Vorrat an Sonnenschutzcreme, Hüte und Sonnenbrille sowie Informationsmaterial auch in der Landessprache Kisuaheli. In einer Akte werden die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen dokumentiert

sania ausgegeben [4]. Aktinische Keratosen können vor Ort vereist werden (Kryotherapie wird mitgenommen), für größere Läsionen werden die Patienten ins RDTC einbestellt und finanziell hinsichtlich Anreise, Unterkunft sowie Verpflegung unterstützt (. Abb. 4).

Zweiter Fall: HIV-positive Patientin, 27 Jahre, CD4-Zellzahl 12 Anamnese

Abb. 3 8 Ausgedehntes spinozelluläres Karzinom am Schulterblatt links

inklusive Dermatologen in die abgelegenen Regionen, um Personen mit Albinismus zu besuchen, zu schulen, breitkrempige Hüte, Sonnenbrillen usw. zu verteilen und sie dermatologisch zu screenen. Sonnencreme („kilimanjaro suncare“) mit einem LSF 30 wurde in Zusammenarbeit mit der Firma BASF entwickelt, wird nun direkt im RDTC produziert und ebenfalls kostenlos an Betroffene in Nordtan-

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Seit einigen Wochen Aufschießen von schmerzlosen, teils Molluscum-contagiosum-ähnlichen, nichtpruriginösen Papeln über das gesamte Integument verteilt. Seit Monaten Verschlechterung des Allgemeinzustands mit Husten.

Diagnose

Kryptokokkose mit Kaposi-Sarkom am harten Gaumen bei fortgeschrittener HIV-Infektion

Verlauf

Therapeutisch kam bei unserer Patientin Fluconazol 400 mg über 4 Monate p.o. zur Anwendung. Zudem wurde die Patientin

Die kutane Kryptokokkose entsteht vor allem sekundär durch hämatogene Aussaat von einem inneren Herd durch den weltweit verbreiteten Hefepilz Cryptococcus neoformans [12]. Kryptokokkosen sind meist exogenen Ursprungs, sie werden aus der Umwelt (z. B. durch erregerhaltige Vogelexkremente) akquiriert. Trockene, aufgewirbelte Exkremente werden inhaliert und können bei immunsupprimierten Patienten zu einer systemischen Infektion – meist zu einer Kryptokokkose der Lunge – führen. In der Folge kommt es zur hämatogenen Aussaat, bei HIV-Patienten oft in die Meningen, und die Kryptokokkose manifestiert sich dann oftmals als subakute Meningitis oder Meningoenzephalitis mit Fieber Abgeschlagenheit und Zephalgien [1]. Sehr selten kommt es auch zu einer hämatogenen Aussaat in die Haut [12]. Vor allem bei hochgradiger Immunsuppression (CD4-Zellzahl  15 cm Durchmesser. Die meisten Patienten sind Kinder und Jugendliche unter 15 Jahre; 55 % der Läsi­ onen befinden sich an den unteren Extremitäten. Die immunsuppressiven Fähigkeiten des Toxins Mycolacton erlauben es der Krankheit, ohne Auftreten von Fieber oder Schmerzen oft massiv fortzuschreiten. Endresultate können schwere Vernarbungen mit Deformität, Verlust von vitalen Strukturen, wie z. B. Auge, Genital oder Brust, sein. Noch bis Ende der 1990er-Jahre war die Therapie der Wahl, das betroffene Gewebe bis weit in das Gesunde hinein zu exzidieren. Die dann oft großflächigen Wunden mussten langsam sekundär heilen oder/und mit einem Spalthauttransplantat gedeckt werden. Somit hatten die oft kleinen Patienten Krankenhausaufenthaltszeiten von Wochen bis zu Monaten zu verzeichnen. Ein signifikanter Fort-

schritt konnte in den letzten 10 Jahren durch eine antibiotische Kombinationstherapie über 8 Wochen erreicht werden. Standard ist eine Kombination von Rifampizin [10 mg/kg Körpergewicht (KG) täglich p.o.] und Streptomycin (15 mg/kg KG täglich i.m). Die Routineanwendung dieser Medikamente hat zu einer dramatisch verbesserten Heilung geführt und Rezidive vermindert [16]. Streptomycin ist ein injizierbares Antibiotikum mit dosisabhängigen, teils schweren Nebenwirkungen (cave: Ototoxizität und Nephrotoxizität) Bisher fehlte ein effizientes orales Therapieregiment. Randomisierte, kontrollierte, WHO-koordinierte Studien aus Ghana und Benin (Start 2013, voraussichtlicher Abschluss 2016) untersuchen eine rein oral basierte antibiotische Therapie, basierend auf Rifampicin plus Clarithromycin, und zeigten bereits in Pilotstudien gute Erfolge [3, 14].

Fazit 55Ich möchte betonen, dass ich gerade die Aufteilung meiner 1-jährigen Tätigkeit in den Tropen in 2 Abschnitte – 2 Länder und in meinem Falle mit 2 unterschiedlichen medizinischen Tätigkeiten – sehr zu schätzen weiß und durchaus empfehle. Vielleicht ist sogar zu überdenken, 2 Kontinente, z. B. Afrika und Asien, abzudecken, um möglichst viel Erfahrungsschatz gewinnen zu können. 55Die tropendermatologische Ausbildung in Tansania sucht meiner Meinung ihresgleichen und wird von mir überaus empfohlen. 55In Agogo habe ich mehr „Medizin in den Tropen“ als „Tropenmedizin“ gelernt, was ich nur teilweise bedaure. Vermisst habe ich, Krankheitsbilder aus dem Tropenkurs in „live“ wirklich zu sehen und zu behandeln. Es hat mich aber sicher vorbereitet, in einem Land unter widrigen Bedingungen und mit nur eingeschränkten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten zu arbeiten und pragmatisch Lösungen zu finden.

Korrespondenzadresse Dr. K. Völker Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Fachbereich Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Institut Bernhard-Nocht-Straße 74 20359 Hamburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  K. Völker gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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tropical dermatology training in Tanzania and Ghana: Personal experience and selected case reports].

As a consultant for dermatology with special interested in tropical diseases, I accepted my employers offer (German Armed Forces) to start my training...
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