Der historische Rückblick :115

Außergewöhnliche. übernatürliche Geburtsdarstellungen in Mythos und Legenden H. Kirch hoff

Zusa mme nfassung

Obwohl für die Motivierungen legen där er und bildlicher Darstellun gen ungewöhnli cher, meist extragenitaler Gebu rt sdarstellun gen vielseitige Begründungen vorliegen, wird der Versuch unternommen, gewi ss e Übereinstimmungen anha nd zahlreiche r Beispiele aufzuze igen. Die Geburt eines Helden od er Gottes durfte nicht auf natürliche m. ..unrein em " Wege erfolgen , sie mußte sich extravagant abspielen und wa r damit

Eine jüngst erschienene Publikation der amerikanischen Kun sthistorikerin Renate BlumenfeldKosinski mit dem Titel: "Zur Ikonographie der Gebur t des Antichristen" (2) voran laßte mich, der Prob lematik un gewöhnlicher Schöpfungs - und Geburtsschilderungen nachzugehen und zu versuchen, sie zu interpretieren.

Eine bewußte Bevorzu gun g wird dem hochinteressanten, weit zerstreut vorliegenden Bildma te rial gew idmet. da visuelle Darstellungen eindrucksvollere Aus-

gleichzeitig ein un ste rblich es Attribut. Als Beweis dient u. a. die Schöpfungsgeschichte des ers te n Mensc henpaares in der Genes is . Besond ere Berücksichtigun g w ird der

Zweiphas igkeit bei der Entste hung von Leben geschenkt, nämlich 1. der leblo sen Figur un d 2. dem Akt der Beseelung. Manni gfache Vergleiche aus Legend en , Myth os und Sagen werden mit Abbildungen belegt, wie z. B. die Geburt von Buddh a , Mitras , Athena , Dionys, Adonis usw.

Unus ua l Su pe rnatural Birth Repr es entations in Myth s a nd Legends Althou gh a mult itude of differen tly motivated explanations have been brought forth in connection with legendary and pictorial representations of unusual - mostly extrage nital-birth. an attempt is made to demonstrate certain common features by means of numerous examples . A hero or a god was not supposed to be born naturally L naturally" being synon ymau s with .unclean", .coma mlna ted"). his birth had to take place in an extravagant manner and was thus an att ribute of imm ortality. Proof of this, for example, is the creation of Adam and Eve in Genesis . Special attention is given to the biphasic character of creation of life : 1. the lifeless figure , and 2. th e act of animation, of coming to life. A large variety of campa risa ns from legends, myth s and tales are exemplified by means of illustrations, such as e. g. the birth of the Bud dha , Mithras, Athena, Dionysos , Adonis etc.

Geburtsh. u. Frauenh eilk. 5 1 (991 ) 315 - 325 © Georg Thieme Verlag Stuttgart . New York

Abb. 1 ErschaffungAdams(Anton Koberger) 1493.

Abb. 2

ErschaffungAdamsin2 Phasen (HortusDelieierum. 12. Jhdt.).

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Göttingen

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11. Kir chh off

Abb.3

Beseelu ng Ada ms (Mosaiken SanMarco - Venedig).

Selbstverstä nd lich ist es keineswegs bea bsichtigt, eine n erschöpfende n Übe rblick über die vieifält igen, de r ga nzen welt zu de n verschiedenste n Ze ite poche n bei versc hie dene n Kulturen übe rlieferten Ant hrop ologien und Kosmo logien zu gebe n ; hierfür wäre ei ne ga nze Biblioth ek no twen dig. Auch so muß ein e wese ntlic he Besch rän kun g a uf ma r ka nte un d vielfach zitierte Beisp iele sta ttfi nden . Bei de r Vielfä ltigkeit des Materia ls ist es ä uße rst sc hw ierig, eine gewisse Ordnu ng , d. h . eine eventue lle Einheitli ch keit in der myth ologisch en und bild lieh en Aus legung der unn a tü rlich en Geb urt a ufzufinde n . Der Person enkre is der ..un gew öhli ch " Geb ore nen - se ien es Monst re n, Helden , Halb gött er oder Götter - un d die For m de r Geb urtsablä ufe, insb esondere die der Motivation en, sind sta rk va ria nt. Den noch schei nt es , trotz Feh lan s e ines roten Fade ns . erla ubt zu sein , einige n der vorzuste llende n Beisp iele gew isse Punk te als gemeinsa me Übe rsc hrift zuzus prechen. Der "Eintritt in diese walt". die Gebu rt von privilegierten , expon ier ten , die Ste r blichen un serer Erde beei nflussenden und be herrsc hen de n Wese n durften in Erzä hlungen un d Mythen und in bild lich en Darstellunge n kein eswegs a uf dem üblich en , vulgä ren , ..un reinen" und tri via len Geb urtsweg e rfolgen! Dahe r wu rden w unde rsame, unn atürli ch e , meist ext rage nita le , und die Umwelt tief beei ndrucke nde Formen de r Geb urt gewä hlt, die den so Ersc ha ffenen für a lle Zeiten ein unvergeßl ich es. exklusives Attribut sic herte n,

Abb,4 Schöpfergott Chnum schafft Leben aufderTöpferscheibe; Beseelung durch Hathor.

Abb.5 Prometheus formt denKörper; Athene beseelt durch Auflegen eines Schmetterlings (= .Psyche"l. Prado - Ma drid.

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sage n wiederge be n a ls die teils stark vo ne ina nder abwe ichenden und in den Deutunge n w iderspreche nde n Kom menta re. Eine zusätzliche Motivation für diese Veröffentlichung wa r die bei m Studium er hobe ne Fest ste llung , da ß , sowe it ich das Schriftt um üb erblicke , bishe r größ ere Zusam me nfass ungen zu diesem speziellen Th ema nich t vo rliege n. In der gynäko logisc he n Literatu r hab en sich zwei se hr lesen sv..'e rte Publi ka tionen mit de r kün stlerischen Wiederga be no rm aler und pathologisc he r Geburte n be schäftigt : Volker l.elnuann: ..Die Geburt in der Kunst " (11) und 11. Ei. l.euens: "Die kün stlich e Gebu rt " (13).

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Abb.6 Erschaffungder Evaauseiner RippeAdams. SanMarcoVenedig.

Nebe n diesen simpel ersc heinende n Interpreta tionen ungewöhnlicher Sehöpfungsvorgänge basiert eine wesentlich tiefgründiger e Erklärung für man che bildliehe Beschreibung unn atürlicher Geburtsv orgä nge auf der von alters her und fast allen Regionen zu fi ndend on Vorstellung von der Dopp elgesch lecht lich keit des t In llt'llSr lll'll und dessen Teilun g. Bekanntlich beinh altet dieser Gedan kengang in erhabe ner Form in Platons "Gas tma hl der Liebe". Der Men schwurde den Göttern zu mä chtig. er muß te geteilt werden in Mann und Frau . Seit dieser Zeit besteht das leiden schaftli che Stre ben, se ine ..entsprec he nde Ergä nzung" zu suche n. zu finden und zu vereine n. Dies ist der Urs prung der Liebe! - In ähnlich erg reifender Form schilde rt Goethe im westöstliche n Divan in seine m Gedicht ..Gingko biloba" diese Zweiheit in Eine m (vgl. ll. Kirchhoff: "Androgy nie" Gebfr a 38 . 19 78).

~.

Abb.7

Geburt Evas ausAdams Rippe. Dom zuOrvieto. 14.Jhdt.

Abb.8

Geburt Evas aus derSeite Adams. Meister Bertram um 1380.

Der Mythos der Dopp elgeschlechtlichkeit des Urmensc he n. der in se ine r Vere inigung von männlicher und weibliche r Polarität stet s als Ausdruck höchster Vollkomm enheit angese he n wu rde und heut e zunehmend unter dem Begriff der ..Androgynie" Bedeutun g gewinnt. zeigt se ine erste n Spure n schon bei Empedokles und geht vorne hmlich auf Pythagor as und die Orphik zurü ck. Während im Alte n Testam ent und im früh en Ch riste ntum der Mythos von dem Ur-Androge n strikte Ablehnung erfuhr. tau cht die ur alte Spekulation vom androgyne n Urme nsche n im spä tere n abendländische n Schrifttum der Mystiker wiede r au f. Das Hauptverdi en st gebührt dem gro ße n Mystiker des christliche n Abe ndlandes Ja cob Böhme. de m schlesischen Sch uster. der aufgrund seiner we it ver bre iteten Lehre viele groß e Geister wie Goethe. Sehleiermac he r und Hegel ins pirierte und letztlich au ch die Nazarene r. die deutsch-römischen Künstler der Romantik . Wenn für eine nicht geringe Zahl von Beschre ibungen ungewöhnli cher Geburte n a llerdings eine einleu chten de Motivat ion feh lt, so verdient ein Moment besondere Erwä hnung. Es überrascht immer wiede r, daß nicht se lte n gleiche ode r zum indest se hr ähnliche Situa tionen beschri eben und a bgebildet we rde n, und zwar für v ölHg zeitlich und örtlich versc hiede ne Kulture n und Regio-

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Außergewö hnliche, übernatürliche Geburtsdarste llunqen in My thos und Legenden

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H. KirchhojJ

ten wurde. beri chtet ausschließlich von der Schöpfung Adams als ersten Mensch en; Eva wurde erst später dem

Mann Adam als "Gehilfe" zugegeben. da es nicht gut sei. daß der Men sch allein sei. Mit dieser Form der Dar stellung kann man letztendlich folgern . daß schon hierdurch eine bewußte Abstufung der Frau dem Mann gegenüber an gedeutet wurd e. Bekanntlich war Jahwe ein Feind der Muttergottheiten und Vern ichter ihrer Weih estätten .

Nach der jüngeren Darst ellun g in der Gen esis. der sogenannten "Schrift der Priesterschaft " sprac h Gott nach seinem siebentägigen Schöpferwerk: "Laßt un s Menschen machen." Er schuf das erste Mens chenpaar und zwar wie es in der Bibel lautet: ..Als Mann und Frau sc huf er sie." Also gemeinsam erblicken beide da s Licht dieser Welt in voller Gleichstellung und Gleichwe rtigkeit!

Abb.9

Geburt Evasaus dem Körper Adams. Bible mcrense. Oxford.

Die alleinige Erschaffung Adams bildet sc hon in der frühchristlichen Kunst ein beliebtes Bildthe ma. Nach den Vorste llungen der Jah wisten schuf Gott den ersten Men sch aus eine m ..Erde nkloß". Auf früh eren Holzschnitten sieht man Adam au s des Schöpfers Hand hervorgeh en . Die obere Hälfte bis zum Nabel ist beim Schöpfera kt fertig . während die a ndere Hälfte noch eine m unförmigen Erdhaufen gleicht (1.7 . 17). Für die Gesamtproblematik ersche int es wese ntlich. daß die Erschaffung eines vollstä ndigen. menschlichen Wesens - nicht nur bei Adam - in Wort und Bild in zw ei nacheinander folgenden Phasen verläuft: 1. Schaffung des Körpers in noch lebloser. aber schon ferti ger Form, 2. nach dem hand werklichen Schöpfungsakt kommt anschließend als zwe iter Teil die "Belebung" = .. Bes eelung".

. Abb.lO

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Die mannigfachen bildlichen Darstellungen dieser Zweiteilung der Erschaffung lassen mehrere Möglichkeiten der Beseelung erkennen wie u. a.: Ergreifen der Hand Adams dur ch Gott. Handauflegen auf da s Haupt. dur ch Öffnung der Augen und vorne hmlich durch Einha uchen des göttlichen Atems. wodurch Adam se in Leben geschenkt wurde. Eine andere. und zwar eine se hr bezaubernde Version der Beseelun g Ada ms wird dadurch bildlich dokumentiert. daß von Gott die Seele. und zw ar in

Erschaffung Evasaus dem Körper Adams. Ba ptisterium- Florenz.

nen , die niemal s Beziehungen zue inande r hatten . Es ist

wohl erl aubt. als Erklärung hierfür die unb ewußte Intuiti on der Mythen erzähl er und bildenden Künstler im Sinne von C. G. Jung anzuführen. Das erste Mensch enpaar :Ada m und Eva

Folgt man der biblischen Dar stellun g der Menschwe rdung gleich im ers ten Kapitel der Bibel. und zwa r in der "Genes is". dann zeigt sich deutlich. daß dort über zwe i stark differierend e Versione n bericht et w ird. Die Kon sequen zen aus diesen einschneide nden Abweichungen

hab en da s Ve rha lten von Mann und Frau für alle Zeiten auf dieser Welt g rav ierend beeinflu ßt.

Die ältere Form, die von den Vorstellungen der Jahwisten ausgeht und alleinbes timmend für alle Zei-

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Abb.ll Erschaffung Evasaus dem KörperAdams. Gott. auf dem Kosmos thronend , läßt durch sein Schöpferwort neues Leben entstehen (Kaiser-Minn).

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Abb. 12 Geburt des Buddhas aus der Seite seinerMutter Maja. GandharaIndien, 2. - 4. Jhdt. n. ehr.

Form eines Kindes mit Flügeln. Adam dir ekt übergeben wird (Abb. 3)! Eine besond ers beeindru ckende Parallele zur Beseelun g de s schon fertig gesc ha ffene n Körper s durch eine n zusätz liche n Gott bietet die ägyptische Mytholo gie: der Gott Chnum, meist mit e inem Widderkopf, als Wächter der NilqueJlen bekannt. fert igt als 1. Akt auf einer Töpferscheibe den Leib ei nes Kindes, die daneben stehende Gottheit, meist ens die Geburtsgöttin Heket oder die Göttin Hathor überreicht das Leben szeichen ; also auch hier e ine Zweiphas igkeit (14 .23 b).

Diese gleiche Th ematik . die Beschreibung des Schö pfungsa kts in einer Dreierk ompositi on (Sch öpfungsakt, das neu ersc ha ffene Wesen und Bes eelung). wird auf ein em Bild. das man a uf eine m Sarkophag gefunde n hat . ab gebildet: Prometh eus. der den Menschen das Feue r

Abb. 13

Geburt Buddhas . H. W. Schumann .

Geburtsh . u. Frauenheil k. 51 (1991)

Abb. 14 Mithras ringtsich aus der .rnöttenc ben Erde" zum Dasein empor. Steinplatte. gefunden inTner.

br acht e. sitzt auf dieser Abbildung auf eine m Felsen und arbeite t an e iner men schlichen Gestalt. die vor ihm auf dem Sockel ste ht. Hinzu komm t jetzt Athen e, sie hält eine n Schmetterling über den Kopf des Geschöpfes . Der Schm etterlin g. griec hisc h ~ Psyche. ist das Bild der Seele. die dem neu geform te n Körpe r Leben gibt (10. 31), Diese beachtenswerte Zwe iphasigke it der Leb en sschöpfung besch äftigt nicht nur den Religion swisse nsc haftler und den Historik er. so nde rn auch den Völkerkundler. Nach den Vorstellunge n einige r Naturvölker, besonders im Südseegebiet. der en religiöses Denken noch stark vom Totemismus -dem ..Seelen-Glauben"- bee influßt wird. genügt zur Erschaffung eines neuen Menschen keineswegs der Geschlechtsakt als solcher. Es ist erforderlich, daß noch von außen ein .Lebens keim" im Uterus e ingebr acht wird . die "Seele"! Der Überbringer bzw. die Seele

Abb.1 5 Felsgeburt des Mithras. Fundort: Heddernheim. Städt. Museum Wiesbaden.

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Außergewöhnliche. übernatürliche Geburtsdarstellungen in My thos und Legenden

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se lbst ist meist ein Vogel, der in vielen Kulturen in vers chiedensten Varianten bekannte . Seelenvogel" (24). Es ist beeindru ckend , da ß tr otz man nigfacher. moderner und zweifellos an Anerk ennung zunehmend er Ganzheitlichkeitsaspekte, der .Lelb-Seele-Dualismus", der vor nehmli ch von Descartes verteidigt wurde. unser ab end län disches Denken von der Zweiteilung in Körper und Geist von a lte rs her eine hervorr agende Rolle gespielt hat und auch heut e noch spielt.

Abb.17 Geburt des Antichristen. •Der TeufelalsHebamme- (BlumenfeldKosinski).

1/. KirchhojJ

Wie bereits erw ähnt. wurde die in der Genesis gesc hilde rte Geburt der ersten Mens chen . gleichzeitig und gleichra ngig als Mann und Frau . völlig unterdrückt und zwar zugu nste n der ande ren Lesart. nämlich der Ersters chaffung des Ada ms und im spä teren Ersche ine n der Eva als Gehilfin des Mannes . Aber auch diese Interpretatio n kennt zwei grundverschied ene Gebu rts vorstellun gen, die allerdings ein beachtliches Faktum gemeinsa m hab en : Adam ist in beiden Versionen der Spende r dieses neuen Lebens der Eva ! In diesem Zusammenhang wurde und wird nicht selten der Ur-Ada m als ein dop pelgeschlechtliches Wesen. als Andro gyn. erklärt (I , 4. 5. 7). Die weit ver bre itet und häufig bildlich dargestellte Form zeigt die Ersc ha ffung Evas durch die vom Schöpfer durchgeführte Entna hme einer Rippe aus der rechten Seite des einges chläferten Ada ms . Aus diesem Teil des ersten Men schen entsteht somit die entspreche nde weibliche Ergän zung . - Die zweite Form der Entste hung der Eva du rch Adams . Mithilfe· ersche int wesentlich dramatischer und weniger nüchtern . Eva wird als mehr oder we niger fert iges Wesen aus der rechten Seite Adam s "geboren"! Cha rak teristisch für alle Kompositionen ist d ie Haltung Adam s. der meist au f dem Boden liegt und den Kopf mit der linken Hand stütz t. währe nd Eva als kompletter Men sch aus der rechten Humpf-Th orax-Seite heraussteigt oder gezogen wird (16),

Das so se ltsame Ere ignis der Geb urt eines fertigen Men sche n aus dem Kürper eines anderen findet eine Analogie in den Beschreibungen und Bildern der Geburt des Prinzen Siddha rt n, des künftigen Buddhas. au s der Seite seiner Mutt er Maya. Schon die Erzä hlung de r Empfängnis ist von Wunderbarem und Geheimnisvollem umrahmt. Die Königin Maya träum te. daß ein weißer Elefant sie besuchte und zu einer Schwa ngerscha ft füh rte. Sie zog sich medit ierend in einen Hain in Lumbini , an der Grenze zu Nepal zurück. Dort erfolgte auch die Geburt in stehender Haltung. Maya umfaßt die Äste eines Sela-Baumes. dessen Zweige sich der Königin entgege nneigten. deren Blüten erlesene Düfte ausstra hlten. Das Kind spra ng schn ell aus ihr er rechten Seite ohne Sehrnerz für die Mutter und ohne da ß ein Hiß sichtbar wurde. Abb.16

Geburt des Antichristen. Holzschnitt 1475 (Lehmann).

Abb. 18 Geburt der Athene aus dem Kopf von Zeus (imHintergrund: der Sonnengott mit Venus) (Friedrich, A.• Emblemanova " 1644).

Abb. 19 Geburt desDionysosaus demOberschenkel von Zeus. Hemsius. ca. 1614 (aus Levens, 13).

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Auß erge wöhnliche. übernatürliche Geburtsdars tellunge n in My thos und Legenden

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Die bei der Erschaffung Adams bereits zitierte Entwicklun g aus ..Erdenkloß" findet ein noch markanteres Gegen stü ck bzw. ein e Parallele bei dem Bericht von der Geburt des Mithras. Bekanntlich fand der MitbrasKult, der ursprüngli ch aus Indien-Persien stammt , eine weltweite Verbreitun g und wurd e eine ernste Konkurrenz für da s junge Christ entum. Kennzeich en der Mythos -Religion war der Dualismu s zwischen Gut und Böse (Licht und Finsternis ).

Abb.20

Geburt des Dionysos, Vatikan-Museum.

Mithra s töt et den Stier, der das Böse verkörpert in Gestalt des Gottes der Finsternis, Ahiman, während er selbst als Gott des Lichtes "Mithras", als Gott der Sonne er scheint. Die Verbreitung dieses Kults über ga nz große Teile Europas wurde beson ders durch die römischen Legionäre au sgelöst, so daß er Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. durch Kaiser Diocletian zum Schutzgott des Römischen Reiches proklami ert wurde. Erst Konstantin hat den "Sol invictu s" als unbesiegbaren Sonne ngott abgetan und das Ch riste ntum (312 n. Ch r.) als Staatsreligion eingese tzt (19 ,20). Mithras ersc heint im Kult als Vermittler, als Götterbote, der die Geisteswelt und die Men schen welt miteinander vereint. Um diese Rolle verwirklichen zu können , läßt die Legende ihn aus dem Felsen gebore n werden . Erde . Stein e, Felsen und Menhire. oft als heilig vere h rt, sp ielen im Rahmen der Fruchtbarkeitsrituale eine vielse itige Rolle . Das Motiv der Erdge burt hatte stets eine n prophetischen Charakter. Besond ers eindruck svoll erscheint auf einer in Trier ge fundenen Steinplatte die Zeit, wie Mit hras als Kind sich aus der mütterli chen Erde (petra gene tr ix) emporringt. Er hä lt in der link en Hand die Weltkugel und gre ift mit der anderen nach dem Band der zwö lf Tierkreise ; aus dessen Dunkel der Erde wird ein Licht gezündet.

~:.

[Unusual, supernatural presentations of birth in mythology and legends].

Although a multitude of differently motivated explanations have been brought forth in connection with legendary and pictorial representations of unusu...
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