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Vertebragene Dysphagie bei diffuser idiopathischer Skeletthyperostose (Morbus Forestier) E. K. Wa/flier Prof. Dr. med. C. Flerberhold)

Zusammenfassung

Schluckbesehwerden konncn dureh mor-

Cervical Dysphagia due to Diffuse Idiopathic Skeletal Hyperostosis (Forestier's Disease)

phologische Veranderungen an der Halswirbelsaule be-

dingt scm. Eine der Ursaehcn dieser vertebragenen

Swallowing disorders can be caused by

Dysphagie ist die seltene diffnse idiopathische Skeletthy-

morphologic changes of the cervical spine such as dif-

perostose (Morbus Forestier). Die vorliegende Arbeit giht eine Ubersicht uber den gegenwàrtigen Kenntnisstand dieses Krankheitsbildes unter Beriicksichtigung

fuse idiopathic skeletal hyperostosis. The paper describes current concepts of this clinical entity also known as Forestier's disease. The symptomatology,

der Dysphagie. Die Diagnose wird ausschhel3lich rdntgenologisch gestellt. Asymptomatisehe Osteophyten kdnnen bei 20—30% der Bevdlkerung feststellbar scm. Aus diesem Grunde soilte die alleinige Darstellung osteophytärer Wucherungen mit Pellotierung des Kontrastmittel-

radiographic features and treatment are discussed. Particular interest is focused on dysphagia. The diagnosis is exclusively radiographic. Cervical osteophytes can be detected in 20—30% of the population in asymptomatic

streifens nicht von vorne herein mit dysphagisehen Beschwerden assoziiert werden, solange nicht auch gleichzeitig funktionelle Beemntràchtigungen der Schluckdynamik vorliegen. Die Therapie des Morbus Forestier richtet sich naeh dem AusmaR der Beschwerden. Beim Versagen einer konservativen Behandlung, bestehend aus

antiphlogistischen Manahmen und einer geeigneten Diat, kann cbirurgisch vorgegangen werden. Hierbei hat sich der anterolaterale extrapharyngeale Zugangsweg als arn besten geeignet bewahrt.

Einleitung

Morphologische Veranderungen der Halswirbelsãule als Ursache von Schluckstorungen sind vergleichsweise selten. Im Vordergrund stehen von den zervikalen Wirbelkorpern ausgehende und a's rein mechanische 1-lindernisse wirkende knocherne und knorpelige Vorwolbungen in den Hypopharynx und zervikalen Osophagus. Tuberkulose Veranderungen (Gibbus), posttraumatische Spãtfoigen und Extremvarianten einer zervikalen Lnrdose durften dabei wesentlich seltener scm als eine Spondylosis deformans mit Osteophytenbildung oder aber dem Befund einer exzessiven ankylosierenden Hyperostose Forestier. Zunehmende Bedeutung gewinnen postoperative Folgezustande nach zervikalen Fnsionsoperationen (10). Bei der durch den Morbus Forestier verursachten vertebragenen Dysphagie handelt es sich urn em seltenes Krankheitsbild. Die vorliegende Arbeit soil Klinik,

patients. Therefore, the attribution of the presence of osteophytic deformities of the barium column to dysphagia should not be made unless objective evidence of irnpairement of pharyngeal function such as abnormal posterior pharyngeal wall motion is proven by dynamic imaging means. The therapeutic approach depends on the extent of dysphagic complaints. Indications for surgeiy are failure to respond to conservative management (anti-mnflarnrnatory drugs, concomitant antibiotics, die-

tary nutrition). The anterolateral extrapharyngeal approach is commonly preferred.

Diagnosnk und Therapie theses klirnschen Erschemnungshildes unter besonderer BerOcksichtigung der Dysphagie darstellen.

Das Krankheitsbild des Morbus Forestier Die haufigste Ursache der durch Skelettveränderungen ausgelosten Dysphagie ist die diffuse idiopathische Skeletthyperostose. 1950 beschrieben Pores tier und Rotes-Quero (15) als erste diese Erkrankung in ihrer morphologischen Entität als senile ankylosierende Hyperostose der Wirbelsaule. Dabei handelt es sich urn eine nicht-entzundliche versteifende Erkrankung der Wirbelsãule, die als eine Sonderform der degenerativen Spondylosis deformans anznsehen ist. Sic auRert sich in flachenhaften osteophytischen Knochenwucherungen unterschiedlichen Ausmaes

auf den Vorder- und Seitenflãchen der Wirbelkdrper mit knocherner Uberbrflckung der Bandscheibenraume durch eine intensive enchondrale Verknöcherung des vorderen Lãngsbandes (15, 18, 23).

Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 604—608 Georg Thieme Verlag Stottgarr New York

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Universir1ts-I—la1sNasen-Ohrrn-Kiinik Bonn

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Vertebra gene Dysphagie Wãhrend die Bandverknöcherungen vor-

bci entfallen etwa 75 % der Fälie auf die Halswirbelsàule von C2 bis C6 (11, 12, 24, 36), weil hier die Mobilität des Osophagus zu gering ist, urn einer ossären Behinderung von dorsal auszuweichen (22). Neben Dysphagie werden auch Heiserkeit, Rhinolalie, Husten, Stridor, Globusgefuhl, Odynophagie und Gewichtsverlust angegeben (8, 11,12, 16, 17, 24, 31). Klinisch kann man oft schon die massive Vorwölbung an der Rachenhinterwand erkennen und knochenhart palpieren. Als neurologische Beeintràchtigungen wurden cine Einengung des Spinalkanals, sensible Wurzelirritationcn und selten Paresen durch Kompressionsmyelopathien beschrieben. Die Beweglichkeit des Halses ist, wenn die Halswirbelsãule betroffen ist, stark eingeschrankt (29). Die Erkrankung betrifft vorwiegend Mannet mi mittleren und höheren Lebensalter (24, 36). Die genaue Ursache ist bisher nicht bekannt. Der Morbus Forestier ist haufig vergesel]schaftet mit Adipositas und Stoffwechselstorungen, vorwiegend Diabetes mellitus, Hyperurikamie, Fettstoffwechselentg!eisungen, F-Iypokalzamie und Fluorose (7, 11, 16). Tierexperimentell konnten eine Hypervitaminose A und eine Fluorose das Auftreten von Hyperostosen aus]ösen (19). Diskutiert wird auch em Zusammenhang rnit dem gehauften Auftreten des HLA-B-27-Antigens, eines endokrinen Faktors und eines die Knochenbildung anregenden Proteins (bone morphogenie protein, BMP), welches aus dem Knochen abgegeben werden soil und das umliegende Gewebe zur Ossifikation anregen soil (13). Die Diagnose wird rontgenologisch durch Halswirbclsäulenaufnahmen und Kontrastrnitteldarstellungen der oberen Speisewege gestellt (4, 31). Eine Endoskopie der oberen Speisewege solite aufgrund der erhöhten Perforationsgefahr eher nicht (16) oder mit entsprechender Vorsicht durchgefuhrt werden.

Die Therapie des Morbus Forestier richtet sich nach dem Ausrna1 der Beschwerden. Beim Versagen einer konservativen Behandlung, bestehend aus antiphiogistischen MaInahmen und einer geeigneten Diht (12, 19, 23), kann chirurgisch vorgegangen werden (13, 21), wenn

zuvor aber funktioneile Störungen der Kopfgelenke der

Abb. 1 Ausgepragte Verknocherung des vorderen Lngsbandes der HWS mit ventraler Verbiockung.

Diagnose eines Morbus Forestier berechtigen (31), umfas-

sen das Vorliegen von kontinuierlichen Kalzifikationen und Ossifikationen entlang der anterolateralen Portion von mmdestens vier benachbarten Wirbelkörpern (Abb. 1). Osteophytiire Wucherungen liegen vor allem an der jeweils unteren Wirbelkorperkante, können abet fehlen. Es können unter Bevorzugung der Brustwirbelshule alle Wirbelsäulenab-

schnitte einzeln oder kombiniert befallen scm, wobei die Osteophyten an den beiden Extrempolen, also zervikal und lumbal, akzentuiert sind (23). Diese typische diffuse Vertei-

lung der osteophytaren Wucherungen hat zu der aus dem angloamerikanischen Schrifttum stamrnenden und heute ailgememn gebräuchlichen Beschreibung des Morbus Forestier als diffuse idiopathische Skeletthyperostose gefuhrt (12, 23, 31).

1-IWS ausgeschlossen worden sind (1).

Aspekte der radiologischen Diagnostik

-

Die radiologische Basisdiagnostik umfaft die Durchführung von Halswirbelsäulenaufnahmen in Nativdarstellung sowie die Kontrastmitteluntersuchung der oberen Speisewege. Die Vielfalt der deskriptiven Formulierungen für die Grunderkrankung stammt vorwiegend aus dem radiologischen Umfeld (4, 31). Die gebrhuchlichsten Krankheitsbezeichnungen in diesem Zusammenhang sind die ankylosierende Hyperostose Forestier-Rotes-Quero, ankylosierende Spondylosis deformans, Spondylosis hyperostotica und zervikale Spondylosis deformans. Sie vermittein einen Eindruck von der Notwendigkeit der radiologischen Abgrenzung der ,,banalen" degenerativen Spondylosis deformans sowie dern Morbus Bechterew (Spondylarthritis ankylopoetica). Die Kriterien, die zur radiologischen

Zeichen einer degenerativen Bandscheibenerkrankung, wie Abflachung des Zwischenwirbelraum es mit Luftaufheilungen, Vakuumphan omen und margmnaler Wir-

belkorpersklerose, sollten ebenso wie apophysare und sakroiliakale Erosionen, Skierosierungen, Ankylosierungen und knöcherne Fusionen fehien (31).

Einc Computertomographie des Halses wurde in der Vergangenheit im ailgemeinen nicht durchgeführt oder für erforderlich gehalten (12), ist aber aus differentialdiagnostischen Erwãgungen (8, 28) zu befürworten.

Bei der Kontrastmitteldarstellung der oberen Speisewege imponieren dorsale Impressionen des Kontrastrnittelstreifens an den kritischen Ubergangsstellen, besonders im Bereich des Hypopharynx und des krikopharyn-

gealen Uberganges (13, 36). Begleitende Entzundungen

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wiegend thorakal anzutreffen sind, liegen die osteophytaren Wucherungen bevorzugt zervikal und lumbal (23, 31). Da-

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F. K. Walt/icr Abb.3 Schema zur

rynxwand Starr (gerade Pteile), kranial und kaudal (gebogene Pfeile) wird die Kcntrastmittelwelle ausgelenkt (nach (39)).

Abb.2 Pellotierung des Kontrastmittelstreitens bei der Gastrogratindarstellung mit dorsaler Hypopharynximpression und krikopharyngeaicr Verwachsung. Geringe postdeglutive laryngeale Kontrastmittelpenetration.

fuhren zu narbigen \Ierwachsungen zwischen Osophagus und dern verknoeherten vorderen Lãngsband (Abb. 2). In den letztenJabren wird in zunehmendem Maie die Kontrastrnittelpassage dureh dynamisehe Techniken, wie der Rdntgenkinematographie und der Videofluoroskopie, propagiert, urn neben den ossären Verãnderungen aueh pathophysiologiseh wirksarne Funktionsstörungen irn pharyngoösophagealen Bolustransport zu dokurnentieren (4, 9). Bei dieser Untersuehung wird die zusatzliehe Applikation des Kontrastrnittels in Form von halbfesren Partikeln (bariurnsulfatgefullte Oblatenkapsein) definierter Grh6e ernpfohlen (4). Die osteophytãren Wueherungen fi.ihren zu einer Verbreiterung der pharyngovertebralen Distanz. Die ,,Einkerbung" der Raehenhinterwand beeintraehrigt die peristaltisehe Progression. Kranial des Osteophyten wird die pharyngeale Kontrastmittelwelle stark ausgelenkt, urn dann in eine Phase verminderter Motilität zu munden, wodureh

die kranial immer noeh prorninente Kontraktionswelle bloekiert und zusatzlieh verstarkt wird (Abh. 3). Diese pharyngeale Wandrigiditãt behindert in zunehmendern Ma6e die initiale Elevation der Funktionseinheit Hyoid und Larynx (9, 39) und fflhrt zwangslãufig zur Dysphagie. Die Pa-

nenten kiagen dann iiber Sehwierigkeiten beirn Einsehlukken rnit dern Gefuhl von Steekenbleiben von festen Nahrungspartikeln. Neben der reinen rneehanisehen Behinderung des Sehluekablaufes resultieren also dynamisehe Koordinationsstorungen, die irn Extremfall bei zeitgereehter Aktion des pharyngoosophagealen Sphinkters den Kontrastmittelbolus kranial in Höhe der Osteophyten ,,absehneiden" mit der Gefahr einer laryngotraehealen Penetration und sekundaren Aspiration (Abb. 2).

Differentialdiagnostische und pathophysiologische Uberlegungen Die Diagnose einer vertebragenen Dysphagie ist zugleieh aueh eine AussehluRdiagnose, vor allern binsichtlieh eines rnogliehen Malignoms im pharyngoosophagealen Ubergang. Dorsale Impressionen von Hypopharynx und zervikalem Osophagus durch Osteophyten sind bei al-

teren Patienten em häufig zu erhebender Befund. Ihre pathogenetisehe Bedeutung bei Vorliegen einer Dysphagie ist

jedoeh sehwierig zu beurteilen (3). Asymptomatisehe

Osteophyten sind bei 2O3O% der Bevölkerung feststellbar (16, 22, 39). Bei unselektionierten Autopsien wurden ankylosierende Veranderungen der Wirbelsãule in 6—12°/o (37) bzw. in 28 i/0 (2) gefunden. Einzelne Fiille gro6er Osteophy-

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Darstellung der abnor men peristaltischen Bewegung. Die pharyngovertebrale Distanz ist verbreitert. In Hdhe der Osteophyten ist die Pha-

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Vertebragene Dvsphagie

schuldigt wurden, sind im Schrifttum lange bekannt (27,

Denkbar ist auch, daL feste Speisen im Pharynx an den Osteophyten Schrnerzen hervorrufen mit reflektorischem

38).

Spasmus im krikopharyngealen Segment (6, 36). Typischer-

Obwohl die Druckwirkung von Ostcophyten auf den Osophagus relativ gering sein soil (36), glauben andere Untersucher, daI eine derartige Störung als Dysphawird (24). Deshalb muL davon gieursache hãufig ausgegangen werden, daf sie haufiger ist, als früher angenommen wurde, was zumindest für dic diffuse idiopathi-

vor, d. h. eine bestehende Festkörpcrdysphagie bei unbeeintrachtigter Passage von Flüssigkeiten.

sche Skeletthyperostose postuliert wird (12). Etwa 17— 18 % der Patienten mit manifestem Morbus Forestier Dysphagie (24, 31). Das gröIere AusmaL der kiagen

knöchernen Veranderungen im Vergieich zu einzelnen

weise liegt bei den Patienten eine dissoziierte Dysphagie

Die genaue Atiopathologie des Morbus Forestier muf vorläufig weiter unklar bleiben, obwohl Veränderungen in der Gewebeelastizitãt, der Osteogenese und auch örtliche Faktoren vermutet wurden (13, 23). Darüber

hinaus konntcn weder posttraumatische Verãndcrungen noch rnetabolische oder endokrine Störungen eindeutig als auslösend identifiziert werden (36). Da die betroffenen Pader älteren Generation angehoren, tienten

Osteophyten, wie sic im Rahmen degenerativer Wirbeisäulenerkrankungen zu finden sind, wird dafür angeschuldigt (39). Dennoch iehnen andere Untersucher (25, 34) einen dirckten Zusammenhang osteophytärer Veranderungen mit Dysphagieheschwcrden ab, was durch zahlreiche Berichte

könnte es sich bei der stãrkeren Assoziation der Erkrankung mit Diabetes meilitus, Fettstoffwechseistörungen mit Adipositas und Hypcrurikãmie ebenso urn eine zufallige

konservative Therapieerfolge gestützt zu werden scheint (3, 24, 33, 34). Lekoux (25), der 1200 Patienten mit unklaren Schiuckbeschwerden untersuchte, fand kei-

Therapeutische Ansãtze_______________

nen, der auf eine Krankheit der Haiswirbeisãule zurückzuführen war. Die pharyngeale Anatomic sieht eine bindegewebige Einscheidung in eine Faszienhüiie vor. Diese besteht aus einer dicken Schicht dichten Bindegewebes, we!ches die Mukosa unterfüttert und verbunden ist mit dem den angrenzenden Konstriktoren anhegenden interstitiellen Bindegewebe. Die Muskein sind ihrerseits ebenfaHs bindegewebig eingescheidet. Durch die kraniale Fixation der Faszienhülle an der Schàdelbasis, die fehiende seitliche Befestigung und die Trennung von der Haiswirbelsàuie durch den pràvertebralen Raum erhàit der Pharynx eine vertikal angeordnete Mobihtät, die beim Schiucken eine starke Erweiterungsfahigkeit gewahrleistet (26). Dementsprechend sind Adaptations- und Kompensationsvorgänge bei Vorhegen knöcherner Deformitàten jedweder Art bis zu einem gewissen Grade zunächst emma! nachzuvoliziehen und auch zu erwarten. Nur so lassen sich die im Schrifttum dokumentierten Diskrepanzen zwischen asymptomatischen Wirbelsäulenveranderungen cinerseits und Dysphagiehäufigkeit andererseits erklären. Die Dekompensation dieser biologischen Adaptationsvorgänge kann erst dann angenommen werden, wenn die pharyngoosophageaie Schiuckdynamik im zuvor beschriebenen Sinne nicht nur mechanisch, sondern auch funktioneil beeintrachtigt ist. Demnach käme der al]einigen Deformierung der Kontrastmittelsäule bei der radioiogischen Untersuchung durch knöcherne Impressionen zunächst keine krankheitshinweisende Bedeutung zu, solange die Integritãt der Schluckdynamik mit zeitgerechter Elevation von Hyoid und Larynx, koordinierter Sphinkteraktion, regelrechter Entfaitung der pharyngealen Wãnde und normal konfigurierter Kontraktionsweilc gewahrl eistet ist. Vom pathophysiologischen Standpunkt aus betrachtet, wãre es dann auch unerhebiich, ob die osteophytaren Wucherungen Ausdruck kongenitaler Verknocherungen, atlanto-

axiaier Sporne, von Osteochondromen, eines Morbus

Bechterew, cines vorderen Bandscheibenvorfalis oder eben eines Morhus Forestier sind (12, 24). Den Grundstein zur Dekompensation mit Ausbiidung von Dysphagie dürften perifokale Reizungen und Entzündungen mit nachfolgen-

den Adhäsionen und Fibrosierungen legen (16, 17, 39).

Koinzidenz handeln.

Die Behandlung der Forestier-assoziierten Dysphagie wird sehr kontrovers diskutiert. Das Spektrum der therapeutischen Ansãtze ist breit gefächert und hat in Einzelfällen sogar den Versuch einer Strahientherapie hemhaltet (16).

Eine patientenorientierte Therapie ist abhangig vom Ausmaf der subjektiven Beschwerden und zunächst konservativ. Wegen der periosophagealen Entzün-

dungen bei osteophytischer Irritation werden steroidale und nicht-steroidalc Antiphlogistika mit oder ohne begieitender Antibiotikagabe empfohien (3, 8, 12, 16, 24, 31, 34, 35). Konsequenterweise soilten diese Mafnahrnen durch eine geeignete Diàt mit entsprechender Aufbereitung flankiert werden (12, 19, 22, 23). Dagegen erscheint eine orthopadische Behandlung, z. B. im Sinne von physikalischen Mafnahmen, wenig erfolgversprechend in bezug auf die Dysphagie (18).

Bei persistierenden stärkeren dysphagischen Beschwerden mit drohendem Gewichtsverlust und Versagen der konservativen Behandlung kann operativ vorgegangen werden (12, 13, 33). Iglauer (20) und Falk (14) skizzierten als erste den erfolgreichen Weg zur Beseitigung zervikaler Osteophyten. Wãhrend sie ihr Vorgehen jedoch ais ,,ultima ratio" verstanden wissen wollten, ist die operative Behandlung immer mehr in den Vordergrund gerückt (13, 16, 21). Hierbei hat sich der anterolaterale extrapharyngeaie Zugangsweg (8, 33, 35) ais am besten geeignet bewãhrt (13). Nach Abtragung der Knochenwucherungen solite die ankylotische Uberbrückung der Zwischenwirbelràume nicht geiost werden (13). Befundabhãngig wird eine gleichzeitige ventraie Fusion zur Stabilisierung der Haiswirbelsäuie empfohien (30). Durch kurzfristige Einlage einer Silikonfolie zwischen Osophagus und Wirbelsäuienvorderflãche kann versucht werden, eine flàchige Verwachsung zu verhindern (10). Bei präoperativem Nachweis von Koordinationsstörungen irn pharyngoosophagealen Segment kann in gleicher Sitzung eine Myotomie des M. cricopharyngeus durchgeführt werden (21).

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ten, die als Ursache von Dysphagie und Odynophagie ange-

Posterolateral-extrapharyngeale und transoral-pharyngeale Zugangswege sind Varianten, die bei sehr weit kranial gelegener Exophytenbildung in Erwägung gezogen werden können (3, 5, 8, 33). Als postoperative Komplikationen wurde dber Härnatome, Infekti onen, Fistelungen, Rekurrensparesen, retroosophageale Verwachsungen sowie em passageres Horner-Syndrom berichtet (10, 23, 32). Insgesamt sind die erwähnten operativen Verfahren standardisiert u nd erfoig-

versprechend. Dennoch solite die Operationsindikation sehr sorgfältig gestelit werden, da grundsatzlich auch nach chirurgischer Intervention mit Rezidiven und damit mit erneuten dysphagischen Beschwerden gerechnet werden mu1 (19).

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Dr. med. Eberhard K. Waither Oherarzt der Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Jcjinik Bonn

Sigmund-Freud-Stra6e 25 5300 Bonn 1

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[Vertebrogenic dysphagia in diffuse idiopathic skeletal hyperostosis (Forestier's disease)].

Swallowing disorders can be caused by morphologic changes of the cervical spine such as diffuse idiopathic skeletal hyperostosis. The paper describes ...
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