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Zervikaler Tinnitus nach HWS-Behandlung F. J. Brügel, Karin Schorn

Zusammenfassung _____ ____________ Der zervikale Tinnitus wird als eine Mög-

hchkeit von Innenohtstörungen immer wieder unterschiedlich diskutiert. Typische Symptome sind die Innenohrschwet-hörigkeit im Tieftonbereich und der tieffrequente Tinnitus. Von Bedeutung dabei ist, da6 diese Stöi-ungen nicht nut bei pathologischen Verändetungen im Bereich der i-IWS aufrreten können, sondern da6 auch therapeutische Manipulationen im Rahmen einer physikalischen Therapie Hörstöt-ungen auslosen konnen. — Bei den hier vorgestellten Patienten traten Tinnitus und Hörminderung nach einer Massage der 1-IWS auf. In alien Fallen diirfte der Auslöser der Innenohrstbrung im Bereich der Halswirbelsaule zu suchen scm. Bei Diagnostik und Therapie solite auf diese Zusammenhange geachtet werden und bei Einleitung einer HWS-Therapie em enget Kontakt zu dem Patienten und Physiotherapeuten gehalten werden. Important Aspects of Cervical Tinnitus There is a wide variety in the discussions on cervical tinnitus as a possibility of heating disorders. Heating loss at low frequencies and low frequent tinnitus are typical signus in this context. It is important to

remember that these complaints occur not only with pathological changes in the cervical spine, but possibly also after treatment in this region. The patients presented here suffered from tinnitus or hearing loss after treatment of the cervical region. In all cases the cervical spine is clearly indicated as having triggered the signs. When diagnosing and treating patients with complaints of the cervical area, there should be close cooperation between the physician, the patient and the physiotherapist.

Einleitung

Neben dcn Theorien uber die verschiedenen Mechanismen der Tinnitusentstehung werden auch unterschiedliche Klassifizierungen des Tinnitus gebraucht. Da-

bei erweist sich die Einteilung des Ohrtons nach seinem Entstehungsort immer wieder als günstig und (13).

Laryngo-Rhino-Otol. 79 (1991) 321—325

Georg Thieme Verlag Stuttgart New York

I. Ms die am weitesten peripher gelegene Form imponiert der Mittelohrtinnitus bei den unterschiedlichen Mittelohraffektionen wie Otitis media acuta, Otoskierose, kiaffender Tube, Gaumensegelmyokionus, Glomustumor sowie anderen vaskularen Anomalien (1, 6). Meist tritt dieser Tinnitus in Zusammenhang mit einer Schalleitungsschwerhorigkeit und einer pathologisehen Impedanzmessung auf. 2. Dem cochlehren Tinnitus konnen traumatische, toxische und vaskulare Auslhsemechanismen zugrunde liegen. Die atiologischen Faktoren wie das akute und chronische Làrm-

trauma, das Schadeltrauma, die Einnahme ototoxischer Substanzen, der Hörsturz u. a. sind in der Regel mit einer Innenohrschwerhhrigkeit im hohen Frequenzbereich vergesellschaftet. Der Ohrton ist meist ebenfalls hochfrequerit

und mit der Hörschwelle verdeckbar. Beim M. Menière liegt der Tinnitus charakteristischer Weise im tieffrequenten Bereich (16). Der Tinnitus hat bei der cochleären Lokalisation tonalen Charakter. Als typisches cochleares Zeiehen lagt sich auch meist em Rekruitment sowie die Verdeckbarkeit des Tinnitus mit der Hörschwelle nachweisen. 3. Der kombiniert cochlehr-neurale Tinnitus ist haufig bei einer Altersschwerhörigkeit, abet auch bei toxisehen sowie

viralen oder bakteriellen Schadigungen, verursacht z. B. dureh den Herpes zoster oder das Treponema pailidum, zu finden. Dabei ist nicht nut die Cochlea sondern auch der Hörnerv betroffen. Der Tinnitus kann in alien Frequenzbereichen angesiedelt sein und ist haufig mit der Hörschwelle, manchmal jedoch auch deutlich iiberschweiiig maskierbar. 4. Verschiedene Schadigungsmechanismen im Bereich des inneren Gehorgangs und Kleinhirnbrückenwinkels, wie das Akustikusneurinom oder vaskuläre Stdrungen, verursachen den neuralen Tinnitus (3, 7, 9, 12). Dieser oft hochfrequen-

te Ohrton wird vom Patienten tief im Ohr lokalisiert und laRt sich oft nur deutlich oberhalb der HörschwelJe maskieren. Meist weisen die verschiedenen iiberschweliigen audiologisehen Tests auf eine retrocochieare Hörstörung hin. 5. Der zentrale Tinnims kann dutch die verschiedensten Erkrankungen im Hirnstamm und Cortex, wie z. B. die multiple SUcrose, verursacht werden (8, 9, 14). Typischerweise ist es dem Patienten hier kaum moglich, die Seite zu bestimmen. Zusàtziich ist der Ohrton haufig erst weit flberschwelhg verdeckbar.

In den ietzten Jahren ist in der Literatur der Zusammenhang zwischen Tinnitus, Schwerhorigkeit und besondets Schwindel bei Zervikaisyndtom immet wieder erwãhnt, jedoch unterschiedhch diskutiert worden (2, 4, 5, 10, 11, 15). Auch wenn his jetzt keine eindeutigen anatomischen Beweise votliegen, werden flit den Entstehungsmechanismus des zervikalen Tinnitus emma1 vaskuläre Störungen entweder ditekt ubet eine Einengung det GefäEe dutch

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Kiinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- end Ohrenkranke der Ludwig-Maxindlians-Universitdt München (Direktor: Prof. Dr. used. E. Kasreohauer)

EJ. Brügel, Karin Schorn

322 Laryngo-RJiino-OtoL 70 (1991) pathologisehe H'WS-Verdnderungen oder indirekt ilber eine Irritation des Haissympathikus und damit des periarteriel-

Weniger bekannt ist, da1 em Tinnitus durch eine HWS-Therapie nicht nut gebessert wetden

Len Gefàpiexus verantwortlich gemacht. Dies soil sich in einer Minderdurchblutung der Innenohrstrukturen bzw. des Hörnerven niedersehlagen und die entsprechende Symptomatik auf cochiearer bzw. neuraler Ebene meist zusammen mit einem Schwindel hervorrufen. In neueren Publikationen wird aufgrund der Charakteristik des Ohrtons eher eine neurovegetative und damit zentrale Entstehung des zervikalen Tinnitus vermutet (15).

kann, sondetn dalI sich durch diese Mallnahmen em Tinnitus oder eine Hhtstdrung auch verschlechrern konnen. In einzelnen Fallen kdnnen sogar Innenohtsrorungen bei vorhetiger Beschwerdefreiheir dutch eine physikalische Therapie hervorgerufen werden. Anhand von vier Parienren wird uber akute Hörvetschlechrerungen und die Entstehung cines Tinnirus durch eine derarrige Thetapie berichter. Patienten

hungsmechanismus her somit die Merkmale eines cochlearen oder aber auch eines retrocochledren Tinnirus aufweisen, aus diesem Grund kann er auch nicht in das oben angegebene Einteilungsschema eingeordnet werden. Folgende charakteristischen Symptome des zervikalen Tinnirus konnen dabei beim Patienten beobachter werden: Der Tinnitus trirt cinseirig oder beidseitig, in seltenen Fallen mit fibrillierenden Intensiratsschwankungen auf. Er wechselt subjekriv die Laursrärke und wird früh nach dem Aufsrehen besonders laut empfunden. Im Tagesverlauf ist der Laursrarkepegel oft rucklaufig. Typisch für diese Tinnirusform sind die Veränderungen der Frequenz und Inrensität bei bestimmten Kopfbewegungen. Der Ohrton liegt meist im tiefen Frequenzbereich und laI?t sich zum Teil mit der Hörschwelle, zum Teil abet erst verdekken. Die parallel dazu auftretende Innenohrschwerhdrigkeit zeigt in der Regel einen fluktuierenden Verlauf im Tieftonbereich, dhnlich der typischen M. Menière-Kurve. Einen zusatzlichen Hinweis auf den atiologischen Zusammenhang mit der Halswirbelsdule lieferr der richtungswechselnde Provokationsnystagmus in der Vestibulari sprüfung, inshesondere bei Lagerungsãnderung, wahrend die periphere yestibulare Erregbarkeir kein charakterisrisches Bild zeigt. Der Patient gibt haufig erst auf gezielte Befragung Beschwerden im Bereich der HWS und des umgebenden Muskel-Bandapparares mit Ausstrahlung in Schultern und Hinrerkopf an. Wenn eines der oben aufgeführren Symptome vorhegt, leiteo wir die Patienten sofort einer konsiliarischen Unrersochung der 1-IWS in der Abreilung für Physikalische Medizin zu. Hier erfoigt eine eingehende Abklarung der Halswirbelsaule sowie der angrenzenden Muskulatur auf krankhafre Veranderungen. Falls dabei eine anatomische oder funkrionelle Störung diagnostiziert wird, die an der Tinnitusentstehung zumindest bereiligr sein kdnnte, so wird meist eine entsprechende Therapie mit krankengymnasrischen Ubungen, Massagen etc. veranlagt.

Durch diese Behandlung kann nicht selten em sehr gurer Erfolg verzeichner werden. Die Parienren berichten ofrmals sowohi uber em Nachlassen der Tinnituslautstarke als auch eine deutliche Besserung der paral-

lel dazu bestehenden Halswirbelsaulenbeschwerden mit Kopfschmerzen. Eine Anhebung der Tieftonsenke sowie cine Erhohung der Sprachdiskrimination ist nach unseren Be-

obachtungen bei den so behandelten Patienten oft auch noch möglich, wenn die Therapie erst geraume Zeir nach Auftreren der Beschwerden eingeleirer wird. Zum Teil ist eine Verbesserung auch noch nach Beendigung der Therapie zu beobachren.

_____________________________

1. Aufgrund von Verspannungen im Bereich dcr Halswirbelsaule mir aussrrahlenden Hinrcrkopfschmerzen verschrieh der Hausarzr Frau K. Massagen dcr HWS. Nach der ersren Massage srellre sich bei der Paricnrin, bei der aus der Anamncse eine beidseirigc Hypakusis bekannr war, one akure Hörverschlechrerung rechrs mit gleichseirigem rieffrcquenren, brummenden Tinnitus cm. Dct konsultierte FINOArzr veran1are sparer die Weirerleitung dcr Paricnrin in unscre Ambulanz. Wir konnren folgendes Tonschwelleu- und Sprachaudio-

gramm der Parienrin ersrellcn (Abb. I u. 2). Der Tinnitus lag bei 0,5 kHz und he sich mit Schmalbandrauschcn von 55 dB verdekken. In der Vesribularisprufung zeigre sich cm richrungsweehselnder Provokarionsnysragmus. Die Parienrin wics in der Anamnese ganz deurlieh, auch sponran, auf den ihrer Ansichr naeh bestehenden Zu-

sammenhang zwischen dcr Physikalischen Therapie und den akut emnsetzenden Innenohrfunktionssrorungen bin. Die hicrauf eingeleiteten vnrsichrigen physikalischen MaIlnahmen knnnten den HOrverlust sowie den Tinnirus der Patientin leider nicht posiriv beeinflussen. 2. Ahnlich war auch der Verlauf bei der Patienrin B. Dureh langjiihrige, beruflich bedingre, sirzende Tärigkeir barren sich bei der Parientin ausgepragre muskulãre Verspannungen im HWS-Bereieh enrwikkeir. Diese wiederum verursachren inrermirrierend auftrercnde Knpfschmerzen, welche die Parienrin zu einem Arztbesuch veranlaIlren. Der betreffende Hausarzr verschrieb Frau B. Wãrmeanwendungcn und Massagen im HWS-Bereich. Schon im Verlauf der ersten Behandlungsmaflnahme srellre sich bei der Parienrin lmnksseirig em hochfrequenrer Tinnitus sowie eine deurlichc Hörminderung bei positivem Rekruirmenr em (Ahb. 3). Der behandelnde Physiotherapeur

heruhigre die aufgeregre Patientin und versicherre, daa durch das Weirerführen der Massagetherapie eine baldige Besserung erreichr werden wiirde. Nach Verlauf von einer Woche ohne Anzeichen für one Ruckbildung suchte die Parienrin unsere Ambulanz aoL Die bei uns ansehheIlend an die HürprOfung durchgefOhrre VesribularisprOfung ergab einen richrungswcchselnden Provokarionsnysragmus bei unauffiilhger rhermischer PrOfung. Aufgrund der erhobenen Befunde wurde soforr eine Infusionsbehandlung eingeleirer. Diese Therapie mit HAES, Trenral und B\TK konnre bei der Parienrin allerdings keine Rückbildung des Innenohrschadens bewirken. Auch die soforr in der Klinik für Physikalische Medizin im Hause begonnene spezielle Therapse mit vnrsiehriger Mobilisierung der HWS konnre die cochleare Schhdigung nichr posiriv beeinflussen. 3. Bes der Patienrmn G. war naeh Massage der Muskularur im HWSBereich eine deurliehe Hbrmmnderung auf dem rechten Ohr eingerreten (Abb. 4). Auch das vorher normale Sprachgehor war deurlich reduziert (Abb. 5). Bei der Pariennn lag der Tinnitus bei 1 kHz und war sehwellennah mit 70 dB Sehmalbandrauschcn verdeckbar. In der Vesribularisprufung zeigre sieh eine seitengleiche, unauffiillige periphere Erregbarkeir. Es konnre weder cm Spontannysragmus noch em Provokarsnnsnysragmus abgeJeiter werden. In der ROntgenaufnahme

der HWS in vier Ebenen fand sich eine Osreoehnndrose der Halswirbelkorpcr 7 und 8 sowie eine Inrervertebralgelenksarthrose. Zudem zeigren sich die interverrebralen Foramina 2/3, 3/4 und 4/5 auf der hnken Seire sowie 4/5 und 5/6 auf der rechren Seire eingeengt. Eine soforr veranlagte Infusionsrherapie sowie cine gezielte krankengymoastisehe Ubungsrherapie konnren die vorbestehende pancoch-

leãre Schwcrhongkeir deurlich bessern. Auch das Sprachaudiogramm dokumenriert die Besserung (Abh. 6 u. 7).

4. Bei der Pauenrin M. wurde ebenfalls eine HWS-Therapie auf-

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Der zervikale Ohrton kann vom Entsre-

Zervikaler Tinnitus nach HWS-Behandlung

Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 323 125 250 500 1000 2000 4000 8000 Hz

Abb. 1 Tonaudjogramm des rechten Ohres der Patientin

60 70 80 90 100 110 120

1500 3000 6000 12000

rechtes Ohr

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gramm des rechten Ohres der Patientin G.

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1500 301 0 6000 12000

rechtes Ohr

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Abb.6 Tonaudio— gramm des rechten Ohres der Patientin G. nach Beendigung der Therapie.

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1500 3000 6000 12000

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0

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Abb.4 Tonaudio-

F.]. Brüge4 Karin Schorn

324 Laryngu-R.hino-OtoL 70(1991) Abb.7 Sprach-

Ve,slqndllchkeil in .1.

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20

40

60

60

20

audiogramm des rechten Ohres der Patientin G. nach Beendigung der

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Therapie.

30

40

Csrlen

150

Ii: 60

90

Dutch diese Patienten aofmerksam gewotden, wurde in der Anamnese bei Patienten mit akutet Hdrmindet-ung odet Tinnitus such gezielt eine Beftagung dbet Zusammenhänge mit Thetapien det Halswirbelsaule votgenommen. Dabci steilten wit in det lctzten Zeit noch in mehteten anderen Fallen eincn Zusammenhang zwisehen einet Behandlung det Halswitbelsãule und akut aufttetenden Inncnohtstötungen fest. Auch wenn aofgtund von Tinnitus mit dem Vetdacht einer Beteiligung det HWS eine Physikalisehe Thetapie angeotdnet wat, muuiten wir in einigen Fallen untet dieset Therapie eine Vetschlechretong der Innenoht-leismng tegistrieten. Daneben haben einc Reihe von Patienten Ether eine zum Teil ethebliehe Vetandetung des Tinnims wEthrend det Massagetherapie betichtet. Diese Verãndcrungen betrafen teilwcise die Intensitat des Ohttons und in einigen Fallen such die Ftcqucnz. Zum Teil konnten ons die Patienten auch fiber eine Tinnitosbeeinflussung dutch Dtuck auf einen bestimmten Punkt det Halsmuskulatur betichten.

Diskussion

100

Ill 120

Diskr,niinalionsverlusl in

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250 500 1000 2000 4000 8000 Hz

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Abb.8 Tonaudicgramm der Patientin M.

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1500 aooo 6000 12000

rechtes Ohr

grund von Verspannungsbeschwcrden im Nacken sowie Hinterkopfschmerzen vom niedergelassenen Hausarzt eingeleiter. AuEerdem klagte die Patientin bei normalem Ton- und Spraehgehdr sowie bei intakrer Paukenbe!iiftung dher Autophonie. Der konsultierte physikalisehe Therapeut konstatierte Kopfgelenksdysfunktionen der obe-

ten Halswirbejsdulengelenke. Zusätziieh bestanden reehtsbetonte Muskeispasmen in det autoehthonen Naekenmuskulatur. Bei det Padentin wurde neben der konventionellen Gleiehgewiehtsuntersuehung mit der Frenzelbrille cm Halsdrehtest mit elektronystagmographiseher Registrierung dnrehgefiihrt, wobei sieh Linksnystagmen bei der Kopfdrehong naeh links und Reehrsnystagmen bei Kopfdrebong naeh reehts reprodozierbar ableiten liegen ond damit em parhologiseher Halsdrehtest vorlag. Therapeutiseh wurden Traktionen sowie postisometrisehe Relaxationen vorgenommen. Diese Magnabmen verbesserten das subjektmve Befinden der Patientin deutlich. Besehwetden wiedetkehtten, Naehdem zwei Jahte spãtet

wutde sofort wiedet eine physikalisehe Thetapie vetanlagt. Hier steilte sich unmittelbar naeh det etsten Anwendong eine merkliehe Hdrminderung nntethalb 1000 Hz mit Tinnitus ci weleher im Tieftonbereich sehwankte und sich jeweils sehwellennah verdeeken liefi (Abb. 8). Das Sptaehgehdt wat nieht beeintthehtigt. Die sofott eingeleitete Jnfusionsthetapie sowie die seht votsiehtig weitergefdhrte HWS-Thetapie fiihtten bei der Patientin zu einet vollstãndigen Restitotion des Hdrvermdgens.

immer noch unterschiedlich diskutiett. Als auslosendes Moment wird emma! die Srörung der arteriellen Versorgung des Innenohrs uber die beiden Aa. vertebrales, die A. basilaris sowie die A. cerebelli inferior posterior gesehen. Vor allem die A. vertebralis kann in ihrem Verlauf dutch die

Foramina der Halswirbel bei angeborenen, degenerativen und funktionellen Verãndcrungen der Halswirbelsäule irritiert werden. Aber auch die eng benachbarte Halsmuskulatur kann bei Störung des Muskeltonus zu einer Beeintrãchtigung der Blutversorgung des Innenohrs und damit zu cochiearen Ausfaliserseheinungen fflhren. Als weitere Möglichkeit für einc Beeintrãchtigung der innenohrstrukturen wird das autonome Nervengcflecht, der Plexus vertebralis entlang der Aa. vertebrales angesehen. Patho]ogische Veranderungen an der I-P(/S und an der zervikalen Muskulatur konnen zu einer Irritation des Plexus vertebralis fuhren. Aus diesem Grund kann es bei bestimmten Kopfbewegungen zu einer VersrSrkung des Tinnitus kommen.

Die hier geschilderten Fãlle von Hdrstörungen und Tinnitus nach physikalischer Therapie an der Hals-

wirbelsäule unterstreichen deutlich den Zusammenhang von pathologisehen Verandcrungen im HWS-Bereich und daraus resultierenden Ohrsymptomen. Bei keinem der vorgesteilten FSllc konnte die komplette Symptomatik des Zervikalsyndroms mit HWS-Beschwerden, Intensitàts- und Frequenzschwankungen des meist tieffrequenten Tinnitus bei Kopfbewcgungen und im Tagesverlauf, einem Hörverlust im tiefen Frequenzbcrcich und cinem richtungswechseln-

den Provokarionsnystagmus in der Vestibularisprufung nachgewicscn werden. Doch aus der immer kiaren Anamnese und den erhobenen Befunden kann man auf die Halswirbclsaule als auslösende Ursache schlieRen. Bei den von

uns vorgesteilten Patienten konnte sich keiner an cine Schwindclsymptomatik bei Auftreten der Beschwerden erinnern. Eine Rolle kann dabci die im Rahmen der physikalischen Therapie eingcnommene flache Lagerung der Patienten zu Beginn der Ohrsymptomatik gespielt haben. Möglicherwcise waren abet auch die cochlearen Beschwerden aufgrund des Anhaltens der Symptomarik die dominierenden und daher leichter erinnerbar.

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Neben der kiaren und aligemein anerkannten Unterteilung des Tinnitus nach Entstehungsort und auslosender Ursache wird die Existenz des zervikalen Tinnitus

Ito

Zervikaler Tinnitus nach [1 WS-B ehandlung

Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 325

Von grocer Wichtigkeit ist also, daf nicht

Für den HNO-Arzt hedeutet dies, daf bei Tinnituspatienten, bei denen em Zusammenhang zwischcn der Innenohrerkrankung und pathologischen Verdnderungen an der Halswirbelshule vermutet wird, nach Einleitung einer entsprechenden HWS-Therapie ständig die Hörleistung des Patienten kontroiliert werden muf. Zudem ist die für die HWS-Therapie ausgewahlte Stelle von den mbglichen Folgen eines unvorsichtigen Vorgehens zu informieren. Im Falle einer Hbrverschlechterung mul? sofort der betreuende HNO-Arzt benachrichtigt werden. Die begonnene Physikalische Therapie mu dann hei soichen Patienten wenn uberhaupt — extrem vorsichtig weitergeführt werden. In diesem Zusammenhang ist interessant, daI nach unseren Beobachtungen eine Innenohrschadigung fast aussch1ieI1ich bei Massagen der I-P5X/S aufgetreten ist, sehr vie1

seltener dagegen bei krankengymnastischen Ubungen.

Die Patienten soliten mbgliche Folgen einer Uberbelastung der HWS im Rahmen von therapeutischen Maf.nahmen informiert werden. Sic können dann bei der Therapie gezielt anf Veranderungen achten und sofort reagieren, wenn sich Verschlechterungen mit Vcrstarkung des Tinnitus oder eine Horminderung einstellen und dies dem Therapeuten berichten. Dieser muI dann umgehend den Patienten zur Betreuung einem HNO-Arzt zuleiten.

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Dr. med. Franz]. Brü gel -—-______ Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke Ludwig-Maximilians-Universit2it MOn ehen

Klinikum Gro1hadern MarehioninistraIe 15 W-8000 Miinchen 70

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nur akute oder chronische HWS-Verspannungszustdnde cine Beeintrdchtigung des Hörorgans verursachen können, sondern dal audi die Physikalische Therapie der Halswirbelsãule in Form von Massagen eine Innenohrfunktionsstörung auslösen und bei bereits bestehendem Tinnitus diesen verschlechtern kann. Weiche Faktoren letztendlich für die Auslosung der Innenohrstorung verantwortlich sind, kann bisher nur vermutet werden. Dennoch sind die aufgeführten Fälle als deutlicher Hinweis auf eine nicht zu vernachlassigende Beteiligung der knöchernen und auch der muskulären EJemente der Halswirbelsãule an Beeintrachtigungen der Innenohrfunktion zu werten.

[Cervical tinnitus after cervical vertebrae treatment].

There is a wide variety in the discussions on cervical tinnitus as a possibility of hearing disorders. Hearing loss at low frequencies and low frequen...
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