Res. exp. Med. 166, 235 - 239 (1975) ~by

Springer-Verlag 1975

Cholestyramin zur Stressulcus-Prophylaxe der Ratte V. SCHUMPELICK und D. GROSSNER Chirurgische Universit~tsklinik und -Poliklinik Hamburg, Abteilung fur Allgemeinchirurgie (Prof. Dr. H.W. Schreiber) Eingegangen am 6. Mai ]975 Cholestyramine for Stress Ulcer Prophylaxis

Sun~ary: In rats the prophylactic effect of cholestyramine on the restraint stress ulcer formation was studied. After 9 hours of immobilisation animals, which were treated intragastrally with 0,3 g/kg cholestyramine, had only the fifth part of the ulcers of the controls, treated with Ringer solution. That demonstrated a very high effectivity of cholestyramine in the prevention of stress ulcers. The pathogenetic role of the bile for stress ulcer formation is as well discussed as the efficacy of cholestyramine. A clinical use for stress ulcer prophylaxis has to be considered.

Key words: Cholestyramine - stress ulcer - bile acids Zus~enfassung:

An Ratten wurde die prophylaktische Wirkung von Cholestyramin auf die Ulcusentstehung im Immobilisationsstress untersucht. Nach 9-st~ndiger Zwangsfesselung zeigten Tiere, die stHndlich mit 0,3 g Cholestyramin/kg intragastral behandelt wurden, nur ein Ffinftel soviel Ulcera wie mit Ringerl~sung behandelte Kontrolltiere. Damit erwies sich Cholestyramin als guBerst wirksam in der Prophylaxe des Stressulcus der Ratte. Die pathogenetische Bedeutung der Gallens~uren fur das Stressulcus und der Wirkungsmechanismus von Cholestyramin werden diskutiert. Eine klinische Anwendung zur Stressulcus-Prophylaxe bietet sich an.

SchlHsselw~rter: Cholestyramin - Stressulkus - Gallens~ure Ungeachtet zahlreicher Versuche pharmakologischer Prophylaxe stellt die akute Stressblutung nach wie vor eines der gravierendsten Probleme chirurgischer Intensivtherapie dar. Dies ist nicht zuletzt darin begrHndet, da~ die pathogenetischen Prinzipien der Stressulcusentstehung nur unvollst~ndig bekannt sind

(11).

Neben Salzs~ure und lokaler Schleimhautisch~mie richtet sich das

Interesse zunehmend auf den Reflux yon Duodenalinhalt als Teilfaktor stressbedingter Ulcerogenese 13, IO, 15). Insbesondere den Gallens~uren (8, 18), sowie Spaltprodukten des Lezithins 19) wird eine entscheidende Funktion bei der ZerstSrung der Magenschleimhautbarriere zugesprochen. Dementsprechend hat sich die Unterbindung des D.choledochus im Tierexperiment als eines der wirksamsten Mittel zur Stressulcus-Prophylaxe erwiesen 13, 12, 16).

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V. Schumpelick und D. Grogner

Der Versuch, diesen Pathomechanismus mit der Gabe gallenbindender Medikamente zu unterbrechen, bietet sich an. Experimentell kofinte an Hunden und Schweinen eine eindrucksvolle Protektion von Stressulcera durch intragastrale Applikation von Cholestyramin, einem basischen Anionenaustauscherharz, erreicht werden

(12, 18). Diese Verh~ltnisse am Modell des Immobilisationsstress der Ratte (4, 14) zu HberprUfen, war Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

METHODE Als Versuchstiere dienten 30 m~nnliche Albinoratten mit einem mittleren Gewicht von 250 ± 50 g. Nach 24-stHndiger Nahrungskarenz wurden die Tiere in leichter %thernarkose mittels Gipsmanschetten immobilisiert, wie an anderer Stelle beschrieben (16). Gleichzeitig wurden den Tieren peroral Magensonden von 1,5 Imn Durchmesser eingelegt, die zum Schutz vor Verrutschen und vor den Z~hnen mit einer Naht am Mundwinkel fixiert wurden. Nach 9-stUndiger Irmnobilisation wurden die Tiere get~tet, die MNgen entnommen, mit Jores'scher LSsung fixiert, entlang der groBen Kurvatur aufgeschnitten, auf Korkplatten gespannt, fotografiert und planimetrisch ausgewertet. Die Befundung erfolgte makroskopisch durch zwei unabh~ngige Untersucher ohne Kenntnis der jeweiligen Versuchsgruppe. Bewertet wurden makroskopisch sichtbare Schleimhautulcerationen, zweifelhafte Befunde wurden mit der Lupe beurteilt. In Obereinstimmung mit der Literatur wurde die Tiefenausdehnung der Ulcerationen in den Angaben nicht berUcksichtigt (41, histologisch waren die Schleimhautlgsionen oberfl~chlich und reichten nur selten bis an die T.muscularis mucosae. Die Angaben beziehen sich auf den Ulcus-Index nach BRODIE und HANSON (4). (U.I.), die Mittelwerte der Gesamt-

Gesamtulkusfi~Jche / Tier U.I. =

Kontrolle (n=15) Cholestyre. rain (n=15) 0,3g/kg/h x xx

: :

Ulkusanzah[/Ulkuskl asse / Tier 5

mm2

O- 1

1-3

3-5

5,0 +_1,1

7,9 +_1,3

1,6 + 0,2

0.2 +_0

2.1 +_0,4

0,2+0

0

0

80%

19,3 +- 2,9 mm 2 U,I. = 1 3 % 3,6 + 0,8 ram2 X

x

X

X

×x

signifikant mit p< 0,001 signifikant mit p< 0,01

Tabelte: Mittelwerte der Gesamtulcusfldche pro Tier(mm2) some der Anzahl an Ulzera pro Gr6Nenklasse nach 9-stQndiger Immobilisation mit und ohne intragastraier CholestyraminGabe. U.I. = Ulkusindex (4).

Cholestyramin zur Stressulkus-Prophylaxe

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geschwHrsfl~che sowie die mittlere Anzahl pro Geschw~rsgrS~enklasse (x ± SE). Die Signifikanzen wurden nach dem Chi - Quadrat-Test berechnet.-Die Tiere wurden in 2 Gruppen zu 15 Tieren aufgeteilt, von denen die eine Gruppe stHndlich I ml gepufferte RingerlSsung (pH 4,4), die andere Gruppe Cholestyramin (Quantalan - 50 - Hersteller Lappe GmbH., KSln) (0,3 g/kg/h) in I ml RingerlSsung (pH 4,4) appliziert bekam.

ERGEBNISSE I. Kontrollen: Nach 9-stHndiger Immobilisation zeigten die Ratten mit intragastraler Applikation von RingerlSsung multipe Ulcerationen des DrHsenmagens be± unauff~lligem Vormagen° Die Schleimhautlgsionen waren streifen- oder punktfSrmig und lagen vornehmlich auf den Faltenk~mmen, symmetrisch zu den Kurvaturen. Der Mittelwert der Gesamtfl~che an Ulcerationen pro Tier betrug 19,4 ± 2,93 mm 2. Nach GeschwNrs-GrS~enklassen geordnet fanden sich 5 GeschwHre unter ] mm 2 Fl~che pro Tier, 7,9 zwischen I und 3 mm 2, 1,6 zwischen 3 und 5 mm 2 und 0,3 ~ber 5 mm27 Der Ulcusindex betrug 80%. 2. Cholestyramin: Die Tiere dieser Gruppe zeigten nach 9-st~ndiger Immobilisation nur sehr wenige Schleimhautl~sionen. 5 Tiere waren ulcusfrei, weitere 7 Tiere hatten nur vereinzelt punktfSrmige Lgsionen. Die mittlere Gesamtflgche der Ulcerationen betrug 3,6 ÷ 0,8 und war damit hochsignifikant (p

[Cholestyramine for stress ulcer prophylaxis (author's transl)].

In rats the prophylactic effect of cholestyramine on the restraint stress ulcer formation was studied. After 9 hours of immobilisation animals, which ...
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