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Leuschner: Chenodesoxycholsäure bei Cholesteringallensteinen

Aktuelle Therapie

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Redaktion: Prof. Dr. H. Hornbostel, Hamburg Prof. Dr. W. Kaufmann, Köln Prof. Dr. W. Siegenthaler, Zürich

Hinweise für die Auflösung von Cholesteringallensteinen mit Ch en odesoxycholsäure Empfehlungen der Teilnehmer an der Arbeitssitzung »Medikamentöse Gallensteinauflösung« am 25. 9. 1975 in Wien

Chenodesoxycholsäure ist seit Herbst 1974 unter dem Namen »Chenosäure« bzw. »Chenodesoxycholsäure« in allen Apotheken der Bundesrepublik Deutschland als Cholelitholytikum erhältlich. Damit entsteht die Gefahr einer breiten, unkritischen und unsachgemäßen Anwendung eines Präparates, dessen Wirkung zwar außer Zweifel steht, dessen Nebenwirkungen und Risiken zur Zeit aber noch nicht vollständig zu übersehen sind. Die Teilnehmer der am 25.9. 1975 in Wien im Rahmen der 30. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie abgehaltenen Arbeitssitzung über die »Medikamentöse Gallensteinauflösung« sind daher der Ansicht, daß Chenodesoxycholsäure zur Zeit nur an gastroenterologischen Zentren oder bei solchen freipraktizierenden Internisten mit speziell gastroenterologischer Ausbildung verwendet werden sollte, die zu gründlichen Vor-, Kontroll- und Nachuntersuchungen der Patienten in der Lage sind. Hierdurch können Nebenwirkungen rechtzeitig erkannt und erforderliche Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Da sich aber gezeigt hat, daß die Auswahl der Patienten, die Behandlung und Nachbehandlung selbst an schwerpunktmäßig gastroenterologisch arbeitenden Kliniken noch immer unterschiedlich gehandhabt werden, empfehlen die Autoren die im folgenden aufgeführten Gesichtspunkte vor und während der Chenodesoxycholsäure-Therapie zu berücksichtigen.

Indikation zur Chenodesoxycholsäure-Therapie Als Indikation gelten nicht-schattengebende Gallensteine bei erhöhtem Operationsrisiko oder Inoperabilität.

Voraussetzung für die Behandlung ist eine funktionstüchtige Gallenblase (die Gallenblase muß sich nach Reiz kontrahieren können). Patienten mit nicht-schattengebenden Choledochussteinen sollten nur behandelt werden, wenn die Therapie mit Chenodesoxycholsäure die einzige Alternative darstellt.

Falsche Indikationen oder Kontraindikationen A.

Kontraindikationen von seiten der .Steinzusammensetzung und der Gallenwege sind

F. Begemann (Hamburg), H. Brunner (Wien), W. Caspary (Göttingen), W. Erb (Bad Bocklet), H. Fromm (Hannover), U. Leuschner (Frankfurt/M.), G. Möckel (Hamburg), G. Paumgartner (Bern), A. Stiehl (Heidelberg), H. Weis (Mainz), C. Wolpers (Lübeck)

kalkhaltige Steine, Verdacht auf Bilirubinatkonkremente, Unmöglichkeit der Gallenbiasendarstellung im oralen und im intravenösen Cholezystogramm, Steindurchmesser über 2 cm, Steinaussparung über 50% der Gallenblasenfläche im Röntgenbild, akute Cholezystitis und akute oder abgelaufene Cholangitis.

Kontraindikationen von Seiten der Leber sind extra- und intrahepatische Cholestase, akute Virushepatitis, chronisch persistierende oder aggressive Hepatitis, Leberzirrhose, alkoholische Fettleberhepatitis. flber Nebenwirkungen bei Patienten mit Fettleber, geringer periportaler Fibrose und unspezifisch reaktiver Hepatitis liegen noch nicht genügend Erfahrungen vor. Therapieversuche sollten leberbioptische Verlaufskontrollen einschließen. B.

C. Kontraindikationen von seiten des

Magen-Darm-

Trakts sind schwere Gastritis, fondes Ulcus oesophagi, ventriculi, duodeni oder jejuni, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa),

Malabsorptionssyndrom bei Dünndarmerkrankungen,

Gallensäurendiarrhoe (nach Ileumresektion, bei M. Crohn), Cholestyramin-Therapie. D. Allgemeine Kontraindikationen betreffen Schwangerschaft, Frauen im gebärfähigen Alter ohne wirksame Empfängnisverhütung, Einschränkung der Nierenfunktion mit Retention harnpflichtiger Substanzen.

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Dtsch. med. Wschr. 101 (1976), 1132-1133 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Allgemeine Richtlinien für die Therapie Die mittlere Tagesdosis beträgt iS mg/kg Körpergewicht. Für die Behandlung muß mit einer Dauer von bis zu 2 Jahren gerechnet werden. Therapie nach Litholyse: Da auf Grund bisheriger Erfahrungen mit einer Dauerbehandlung gerechnet werden muß, Soll durch Bestimmung des lithogenen Index1 die minimal wirksame Dosis ermittelt werden (Nüchternduodenalsaft nach Gallenblasenstimulation).

Untersuchungen vor und während der Behandlung Voruntersuchungen körperliche Untersuchung Transaminasen (GOT oder GPT), ?-GT, alkalische Phosphatase, Bilirubin Cholesterin orales Cholezystogramm Leberblindpunktion und Bestimmung des lithogenen Index sind wünschenswert, aber nicht unbedingt erforderlich Kontrolle nach jeweils 3 Monaten nach jeweils 6-8 Wochen nach ungefähr 6-8 Wochen nach jeweils 6 Monaten eventuell nach 6 Monaten.

Vorgehen beim Auftreten von Beschwerden oder Veränderungen Diarrhoe: vorübergehende Reduktion der Dosis um 250 mg/d. Zunehmende Häufigkeit von Gallenkoliken: Choiezystektomie. Der lithogene Index wird durch das Verhältnis von Cholesterin einerseits zu Phospholipiden und Gallensäuren andererseits in der Galle charakterisiert. Er ermöglicht eine Aussage über die Fähigkeit der Galle, Steine zu bilden oder aufzulösen.

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Hautjucken: Cholestase ausschließen. a) Bei über 4 Wochen persistierender Transaminasenerhöhung oder Erhöhung der alkalischen Phosphatase bis zum Zweifachen der oberen Normgrenze: Dosis um 250 mg reduzieren; Kontrolle nach 4 Wochen. Bei Persistieren erhöhter Serumwerte: Ausschluß hepatischer Kontraindikationen. b) Bei über 4 Wochen persistierender Transaminasenerhöhung oder Erhöhung der alkalischen Phosphatase um mehr als das Zweifache der oberen Normgrenze: Dosis um 250 mg vermindern, Leberblindpunktion. Wenn die histologische Untersuchung der Leber Veränderungen zeigt, die als Kontraindikation gelten, muß Chenodesoxycholsäure abgesetzt werden. Kontrolle der Transaminasen nach 6-8 Wochen und Kontrollbiopsie erforderlich. Bei den hier genannten Gesichtspunkten handelt es sich selbstverständlich nur um vorläufige Richtlinien, die mit zunehmender Kenntnis von Wirkung und Nebenwirkungen der Chenodesoxycholsäure-Therapie revidiert werden müssen. Einzelne Empfehlungen sind vorerst noch willkürlich, da die pathophysiologischen Zusammenhänge, zum Beispiel zwischen Therapie und Nebenwirkungen, noch nicht genügend bekannt sind, um in allen Punkten eine genaue, auf Untersuchungsergebnissen basierende Definition zuzulassen. Die Veröffentlichung dieser Empfehlungen soll einerseits dazu dienen, den unkritischen Einsatz dieser therapeutisch wirksamen, aber noch nicht ausreichend untersuchten Substanz zu verhindern, andererseits sollen hiermit erstmals Richtlinien für eine möglichst wirkungsvolle Behandlung mit Chenodesoxycholsäure aufgezeigt werden. Für die Verfasser:

Privatdozent Dr. U. Leuschner Zentrum der Inneren Medizin der Universität 6000 Frankfurt/Main, Theodor-Stern-Kai 7

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Nr. 30, 23. Juli 1976, 101. Jg.

[Dissolution of cholesterol calculi using chenodeoxycholic acid].

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