Pro & Contra | Commentary

Ist Vorhofflimmern bei Herzinsuffizienz prognostisch relevant? Pro Rhythmuserhalt Is atrial fibrillation in heart failure relevant in prognosis? Pro rhythm control

P. Kirchhof1,2,3 Kardiologie Pro & Contra | Commentary

Schlüsselwörter Vorhofflimmer, Rhythmuserhalt Antiarrhythmika

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Keywords atrial fibrillation rhythm control antiarrhythmic drugs

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Institut 1Centre for Cardiovascular Sciences and SWBH NHS Trust, University of Birmingham, UK 2Department of Cardiovascular Medicine, Universitätsklinikum Münster 3Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET e.V.), c/o WWU Münster Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1369966 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 852 · © Georg Thieme Ver0 lag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Paulus Kirchhof FRCP University of Birmingham Centre for Cardiovascular Sciences and SWBH NHS Trust, City Hospital, School of Clinical and Experimental Medicine, College of Medical and Dental Sciences, Institute of Biomedical Research Birmingham B15 2TT England, UK Tel. +44 121 4147042 eMail [email protected] Interessenkonflikt: finanzielle Verbindungen zu diversen Firmen: http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1369966

Etwa 30 % der Patienten mit Vorhofflimmern haben eine belegbare Herzinsuffizienz, und Vorhofflimmern findet sich bei etwa 20 % aller Herzinsuffizienzpatienten. Die Prognose dieser Patienten wird sowohl durch die Herzinsuffizienz als auch das Vorhofflimmern negativ beeinflusst. Wir haben Möglichkeiten, um die Prognose bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz zu verbessern: 1. Kardiovaskuläre Grunderkrankungen wie etwa eine KHK, Herzklappenerkrankungen oder Herzmuskelschädigungen sorgfältig diagnostizierenund wenn möglich behandeln. 2. Mit sehr wenigen Ausnahmen benötigen alle Patienten eine orale Antikoagulation (entweder mit Vitamin-K-Antagonisten oder mit einem der neuen, direkten Antikoagulantien) 3. Alle Patienten profitieren, wenn keine Kontraindikationen vorliegen, von einer optimalen Herzinsuffizienztherapie mit Betablocker, ACE-Hemmer oder Sartan, Aldosteron-Antagonist, ggf. biventrikulärer Stimulation und Defibrillator. Diese evidenzbasierte Behandlung beinhaltet bereits eine Frequenzregulierung. Einige Behandlungsformen, etwa ACE-Hemmer oder Sartane, verhindern sogar Vorhofflimmern, wenn auch nur schwach. In klinischen Studien erhielten die Patienten diese Behandlungen zum sehr großen Teil. Doch sie greifen zu kurz, um die mit Vorhofflimmern assoziierte Übersterblichkeit zu reduzieren: Die Sterberate in den aktiven Therapiegruppen liegt um 3–4 % pro Jahr (Tab. 1; online unter http:// dx.doi.org/10.1055/s-0034-1369966). Eine kürzlich veröffentlichte Analyse der Todesfälle in der RE-LY-Studie verdeutlicht die Bedeutung kardialer Ereignisse für diese Übersterblichkeit [5]: Von ca. 18 000 Patienten starben 1371. Deutlich mehr als die Hälfte (850) der Todesfälle waren kardiovaskulärer Natur. Nur 96 Todesfälle waren in diesem sorgfältig antikoagulierten Patientenkollektiv auf einen Schlaganfall zurückzuführen. Mehr als 500 Todesfälle hatten eine kardiale Ursache: über 300 plötzliche Herztode und über 200 Todesfälle wegen Herzinsuffizienz. Diese Daten belegen die klinische Erfahrung, dass die aktuelle Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz, bestehend aus Therapie der Grunderkrankung, Antikoagulation und frequenzregulierender Therapie zu kurz greift, um die kardiale Übersterblichkeit dieser Patienten zu reduzieren. Was können wir tun, um diese unbefriedigende Situation zu verbessern? Die intuitive Antwort

ist klar: Das Vorhofflimmern beseitigen. Die AFCHF-Studie untersuchte, ob eine Therapie mit Amiodaron zum Erhalt des Sinusrhythmus im Vergleich zu einer rein frequenzregulierenden Therapie die Prognose verbessern kann, allerdings ohne einen Unterschied zu finden [7]. Ein Problem der Studien, die einen prognostischen Wert rhythmuserhaltender Therapien geprüft haben (AF-CHF, AFFIRM, RACE u. a.), ist der Einschluss vieler Patienten, bei denen Vorhofflimmern schon seit vielen Jahren besteht. Hierdurch kommt es zu irreversiblen Vorhofschäden [8], die dazu beitragen, dass die rhythmuserhaltende Therapie nur teilweise erfolgreich ist. So hatten z. B. am Ende der AFFIRM-Studie 30 % der „rein frequenzregulierten“ Patienten einen Sinusrhythmus, und nur 60 % der „rhythmuserhaltend behandelten“ Patienten. Therapieversagen bei 40 % der rhythmuserhaltend Behandelten, und unerwarteter Sinusrhythmus bei 30 % der „frequenzregulierend“ behandelten Patienten! Weiterhin kann die Katheterablation effektiver als und synergistisch mit Antiarrhythmika zum Erhalt des Sinusrhythmus beitragen [1, 2]. Dies legt nahe, dass eine kombinierte rhythmuserhaltende Therapie mit Antiarrhythmika und Katheterablation erfolgreicher und möglicherweise prognostisch wirksam ist. Insbesondere eine frühe rhythmuserhaltende Therapie könnte sicherer und effektiver sein als die heute angewandte, oft erst in späteren Krankheitsstadien einsetzende Behandlung [3, 6]. Die praktische Wirksamkeit dieser pathophysiologischen Überlegungen prüft das Kompetenznetz Vorhofflimmern e. V. in Kooperation mit der European Heart Rhythm Association im Augenblick in der EAST-Studie [4] (www.easttrial.org). Parallel wird in der CABANA-Studie die Katheterablation mit Antiarrhythmika auf ihre prognostische Wirkung verglichen (www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00911508 ?term=cabana&rank=1). Von diesen Studien können wir eine aktuelle Antwort auf die Frage erwarten, ob der Erhalt des Sinusrhythmus die unbefriedigende Prognose bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz verbessern kann. Literatur 1 Camm AJ et al. Eur Heart J 2012; 33: 2719–2747 2 Cosedis Nielsen J et al. N Engl J Med 2012; 367: 1587– 1595 3 Kirchhof P et al. Eur Heart J 2009; 30: 2969–2977 4 Kirchhof P et al. Am Heart J 2013; 166: 442–448 5 Marijon E et al. Circulation 2013; 128: 2192–2201 6 Nattel S et al. Eur Heart J 2014; DOI 10.1093/eurheartj/ehu028 7 Roy D et al. N Engl J Med 2008; 358: 2667–2677 8 Schotten U et al. Physiol Rev 2011; 91: 265–325

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