Schwerpunkt Herzschr Elektrophys 2014 ∙ 25:19–25 DOI 10.1007/s00399-014-0300-3 Eingegangen: 16. September 2013 Angenommen: 7. Januar 2014 Online publiziert: 19. Februar 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Bernd Nowak · Alexander Fürnkranz

Die medikamentöse Therapie des Vorhofflimmerns spielt, trotz der großen Erfolge der Vorhofflimmerablation, weiter eine bedeutsame Rolle. Bei paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern können sowohl eine Rhythmuskontrolle, mit Erhalt des Sinusrhythmus, als auch eine alleinige Frequenzkontrolle durchgeführt werden. Eine Überlegenheit konnte bisher für keine der beiden Strategien nachgewiesen werden. Allerdings gibt es anhand von Registerdaten Hinweise darauf, dass unter einer Antiarrhythmikatherapie weniger Schlaganfälle auftreten [1]. Ebenso waren die Überlebensraten antiarrhythmisch behandelter Patienten im Verlauf von 3 Jahren besser [2]. Derzeit ist eine rhythmuserhaltende Therapie primär bei Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern indiziert. Hierzu zählt nicht nur die hochsymptomatische Tachykardie, sondern z. B. auch eine unter Vorhofflimmern mäßig eingeschränkte Belastbarkeit. Genauso wie bei der Vorhofflimmer­ ablation bedeutet ein Erhalt des Sinusrhythmus jedoch nicht, dass auf eine Antikoagulation verzichtet werden kann. Die Indikation zur Antikoagulation richtet sich, unabhängig von der gewählten Therapiestrategie, nach den gängigen Scores (CHA2DS2-VASc bzw. CHADS2; [3]). Für die medikamentöse Rhythmuskontrolle gibt es 2 Szenarien. Zum einen die Patientinnen/Patienten mit akut aufgetretenem Vorhofflimmern, bei denen eine akute medikamentöse Rhythmuskontrolle, entsprechend einer medikamentösen Kardioversion, erzielt werden soll. Zum anderen diejenigen, bei denen bei paroxysmalem Vorhofflimmern oder

nach einer Kardioversion, eine medikamentöse Rhythmuskontrolle zum Erhalt des Sinusrhythmus durchgeführt werden soll.

CCB, Cardioangiologisches Centrum Bethanien, Agaplesion Markus-Krankenhaus, Frankfurt a. M., Deutschland

Medikamentöse Rhythmuskontrolle bei Vorhofflimmern

Akute medikamentöse Kardioversion Eine akute medikamentöse Konversion/ Rhythmuskontrolle von Vorhofflimmern ist in der ersten Woche nach dem Auftreten von Vorhofflimmern möglich. Allerdings bestehen nur in den ersten 48 h nach Beginn einer Vorhofflimmerepisode hohe Erfolgsaussichten für eine medikamentöse Konversion. Bei länger bestehendem Vorhofflimmern nehmen die Erfolgsaussichten deutlich ab [4].

Indikation Bei hämodynamisch instabilen Patienten muss so schnell wie möglich elektrisch kardiovertiert werden. Bei stabilen Patienten kann zwischen der medikamentösen und der elektrischen Kardioversion gewählt werden. Die medikamentöse Kardioversion bietet den Vorteil, dass keine Sedierung bzw. Kurznarkose erforderlich ist. Dies belastet die Patienten weniger, ist organisatorisch meist einfacher, und es muss nicht gewartet werden, bis die Patienten nüchtern sind. Nachteil der medikamentösen Kardioversion ist die längere Zeit, die dafür benötigt wird, zusammen mit der erforderlichen EKG-Überwachung. Zudem sind die Erfolgsaussichten der medikamentösen Behandlung geringer, als die der elektrischen Kardioversion.

Durchführung Das Thromboembolierisiko ist im Rahmen einer Kardioversion, unabhängig davon, ob diese medikamentös oder elektrisch durchgeführt wird, erhöht. Ist der Patient nicht antikoaguliert und besteht das Vorhofflimmern länger als 48 h, muss entweder ein linksatrialer Thrombus mittels transösophagealer Echokardiographie ausgeschlossen werden oder vor Kardioversion eine mindestens 3-wöchige effektive Antikoagulation erfolgen. Nach erfolgreicher Kardioversion muss dann für 4 Wochen antikoaguliert werden. Das weitere Vorgehen richtet sich nach dem CHA2DS2-VASc-Score [3]. Bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern kann die akute Frequenzkontrolle mit einem β-Blocker (meist Metoprolol) oder Nicht-Dihydropiridin-Kalziumantagonisten (meist Verpamil) mittels oraler oder intravenöser Gabe erfolgen. Diese Medikamente haben, ebenso wie Digitalis, keinen Effekt auf die Terminierung von Vorhofflimmern. Ihre Konversionsrate unterscheidet sich nicht von Placebo. Bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion kann auch primär Amiodaron gegeben werden. Die medikamentöse Kardioversion erfolgt unter EKG-Monitoring. Diese sollte bei Flecainid und Propafenon für mindestens eine halbe Medikamentenhalbwertszeit beibehalten werden. Dies erfordert eine 5- bis 6-stündige EKG-Überwachung [3]. Die Wahl des geeigneten Antiarrhythmikums richtet sich nach dem Vorhandensein einer strukturellen Herzerkrankung. Hierbei werden vier große Gruppen

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Schwerpunkt Tab. 1  Effektivität einer medikamentösen

Tab. 2  Medikamentendosierung zur

Kardioversion bei aufgetretenem Vorhofflimmern (Mod. nach [17], gepoolte Analyse)

Kardioversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern

Behandlung

Amiodaron oral Amiodaron i.v. Flecainid oral Flecainid i.v. Propafenon oral Propafenon i.v. Vernakalant i.v.

Kardioversion innerhalb 2 h (%) 9,3 16,2 67,5 63,7 21,2 50,8 51,8

Kardioversion in 8–24 h (%) 87,1 61,2 80,6 69,6 78,7 81,9 –

unterschieden: keine strukturelle Herzerkrankung, bedeutsame linksventrikuläre Hypertrophie (> 14 mm), Myokardischämie (koronare Herzkrankheit) und Herzinsuffizienz. Liegt keine strukturelle Herzerkrankung vor, können primär Flecainid, Propafenon oder Vernakalant i.v. eingesetzt werden. Alternativ kann auch die orale Gabe von Flecainid oder Propafenon erfolgen (s. auch „pill in the pocket“). In zweiter Linie steht dann die intravenöse Amiodarongabe zur Verfügung. Bei gering ausgeprägter struktureller Herzerkrankung kann Vernakalant i.v. unter Beachtung der entsprechenden Kontraindikationen und in zweiter Linie Amiodaron i.v. eingesetzt werden. Bei bedeutsamer struktureller Herzerkrankung, insbesondere einer eingeschränkten linksventrikulären Funktion, darf nur Amiodaron i.v. eingesetzt werden. Bei diesen Patienten wird meist eine elektrische Kardioversion vorgezogen. Die Konversionsraten der verschiedenen Medikamente sind in . Tab. 1 dargestellt. Die entsprechenden Dosierungen finden sich in . Tab. 2.

Flecainid Flecainid kann sowohl oral als auch intravenös mit gutem Erfolg zur medikamentösen Kardioversion eingesetzt werden. Eine Konversion in Sinusrhythmus tritt meist innerhalb von 6 h auf. Flecainid darf nicht bei einer strukturellen Herzerkrankung, insbesondere KHK oder eingeschränkter LV-Funktion, eingesetzt werden. Bei erniedrig-

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Medikament Amiodaron oral Amiodaron i.v.

Flecainid oral Flecainid i.v. Propafenon oral Propafenon i.v. Vernakalant i.v.

Dosierung 1 × 200 mg nach Aufsättigung 5 mg/kg für 1 h, dann 50 mg/h oder 1 × 300 mg 1 × 200–300 mg 2 mg/kg über 10 min 1 × 450–600 mg 2 mg/kg über 10 min 3 mg/kg i.v. über 10 min; ggf. nach weiteren 15 min. 2 mg/kg über 10 min

tem Kaliumspiegel besteht ein erhöhtes Risiko für Proarrhythmien. Daher sollte der Kaliumspiegel vor der intravenösen Gabe kontrolliert werden. Bei der Gabe von Flecainid muss generell auf die Breite des QRS-Komplexes geachtet werden. Kommt es zu einer Zunahme der QRSBreite um mehr als 25 %, muss die Dosis reduziert oder die Therapie beendet werden [3, 5]. Unter der Therapie kann es zur Konversion von Vorhofflimmern in Vorhofflattern mit Frequenzen unter 300/min und 1:1 Überleitung auf die Kammern kommen (.  Abb. 1). In dieser Situation muss dann notfallmäßig elektrisch kardiovertiert werden. Daher bietet sich primär die Kombination mit einem bradykardisierenden Medikament, insbesondere β-Blocker oder Verapamil, an. Sofern mit Flecainid erfolgreich kardiovertiert werden kann, steht damit auch eine wirksame Substanz zur Behandlung von Rezidiven zur Verfügung.

Propafenon Propafenon ist zur Konversion von Vorhofflimmern ähnlich effektiv wie Flecainid. Propafenon hat, im Gegensatz zu Flecainid, geringe β-blockierende Eigenschaften. Dadurch wird die Kammerfrequenz mäßig reduziert. Es kann jedoch, genauso wie bei Flecainid, zur Konversion von Vorhofflimmern in Vorhofflat­ tern mit einer 1:1-Überleitung auf die Kammern kommen. Daher ist auch hier die Kombination mit einem bradykar-

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disierenden Medikament sinnvoll. Die Einschränkungen in der Anwendung bei struktureller Herzerkrankung und die Kontrolle der QRS-Breite gelten analog zu Flecainid (s. oben). Darüber hinaus sollte Propafenon bei ausgeprägter obstruktiver Ventilationsstörung nicht gegeben werden [3].

Vernakalant Mit Vernakalant steht jetzt ein weiteres Antiarrhythmikum zur medikamentösen Kardioversion zur Verfügung. Die Zulassung besteht für Vorhofflimmern von maximal 7 Tagen Dauer bzw. von maximal 3 Tagen Dauer nach einer Herzoperation. Vernakalant blockiert bevorzugt atriale Ionenkanäle und verlängert so die atriale Refraktärzeit und Leitungsgeschwindigkeit. Die Halbwertszeit beträgt 3–5 h. Es steht ausschließlich intravenös zur Verfügung. Die Konversionsrate lag in den Zulassungsstudien bei Patienten mit Vorhofflimmern, das maximal 7 Tage bestanden hatte, bei 50 % innerhalb der ersten 2 Stunden [6, 7]. Bestand das Vorhofflimmern nicht länger als 72 h, erhöhte sich die Konversionsrate auf 71–78 % [8]. Bei der Vernakalantgabe kommt es nur selten zu schwerwiegenden Nebenwirkungen. Torsades-de-pointes-Tachykardien traten nicht auf. Ventrikuläre Arrhythmien (etwa  7 %) und Hypotensionen (etwa  16 %) traten nur bei Patienten mit Herzinsuffizienz auf. Bei diesen Patienten soll Vernakalant daher nicht eingesetzt werden (s. unten). Die häufigsten Nebenwirkungen sind Geschmacksstörungen (~ 30 %), Niesen (~ 16 %), Parästhesien (~ 10 %) und Übelkeit (~ 9 %). Vernakalant darf in folgenden Situationen nicht eingesetzt werden: Herzinsuffizienz NYHA III und IV, akutes Koronarsyndrom in den letzten 30 Tagen, hochgradige Aortenklappenstenose, systolischer Blutdruck  440 ms, bedeutsame Bradykardie ohne Herzschrittmacher, sowie intravenöse Gabe eines Klasse-I- oder Klasse-III-Antiarrhythmikums innerhalb der letzten 4 h. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz NYHA I und II darf der Einsatz aufgrund eines erhöhten Risikos von Hypotensionen und ventrikulären Ar-

Zusammenfassung · Abstract rhythmien nur mit großer Vorsicht erfolgen. Die relativ hohen Kosten limitieren den breiten klinischen Einsatz der Substanz.

Amiodaron Die Amiodarongabe führt nur verzögert zur Kardioversion, da das Wirkmaximum erst mit einiger zeitlicher Verzögerung erreicht wird. Auch ohne kurzfristige Konversion führt Amiodaron zu einer Verlangsamung der Kammerfrequenz bei Vorhofflimmern. Als einziges Antiarrhythmikum darf Amiodaron auch bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion gegeben werden.

Alternative elektrische Kardioversion Vorhofflimmern mit schneller Kammerfrequenz kann zu einer instabilen Situation mit Myokardischämie, Angina pectoris, Hypotension oder Herzinsuffizienz führen. In diesen Fällen sollte die kurzfristige elektrische Kardioversion erfolgen, sofern eine medikamentöse Therapie nicht eine prompte Besserung erbringt. Eine antiarrhythmische Vorbehandlung erhöht die Erfolgsaussichten der elektrischen Kardioversion und senkt das Rezidivrisiko [3]. Ist eine elektrische Kardioversion initial erfolglos, kann ein erneuter Versuch nach Vorbehandlung mit einem Antiarrhythmikum durchgeführt werden. Eine antiarrhythmische Therapie auch nach elektrischer Kardioversion trägt zur Stabilisierung des Sinusrhythmus bei. In der Regel wird diese dann als Langzeittherapie gegeben. In der Flec-SL-Studie wurde nach elektrischer Kardioversion bei persistierendem Vorhofflimmern eine 1-monatige mit einer 6-monatigen Flecainidtherapie verglichen [9]. Die Therapie wurde mindestens 48 h vor der Kardioversion begonnen mit einer Standarddosis von 2 × 100 mg. Studienendpunkt waren erneutes persistierendes Vorhofflimmern oder Tod. Nach 6 Monaten kam es bei 46 % der Kurzzeittherapiegruppe zu persistierendem Vorhofflimmern und bei 39 % der Langzeittherapiegruppe. Es traten keine Todesfälle auf. Durch die Kurz-

Herzschr Elektrophys 2014 · 25:19–25  DOI 10.1007/s00399-014-0300-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 B. Nowak · A. Fürnkranz

Medikamentöse Rhythmuskontrolle bei Vorhofflimmern Zusammenfassung Eine medikamentöse Rhythmuskontrolle von Vorhofflimmern wird entweder als Akuttherapie zur Konversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern oder zur Rhythmuskontrolle zum Erhalt des Sinusrhythmus bei paroxysmalem Vorhofflimmern eingesetzt. Die Wahl des jeweils geeigneten Antiarrhythmikums richtet sich nach dem Vorhandensein bzw. Fehlen einer strukturellen Herzerkrankung. Eine leitliniengerechte Antikoagulation muss beachtet werden. Für die Akuttherapie können Flecainid, Propafenon, Vernakalant oder Amiodaron eingesetzt werden. Häufig ist eine Kombination mit einem βBlocker oder Verapamil zur Frequenzverlangsamung erforderlich. Bei der chronischen medikamentösen Rhythmuskontrolle können, je nach struktureller Herzerkrankung, Klasse-ICAntiarrhythmika – Sotalol, Dronedaron oder Amiodaron – gegeben werden. Bei Patien-

ten ohne strukturelle Herzerkrankung mit seltenem paroxysmalem Vorhofflimmern kann eine sog. Pill-in-the-pocket-Therapie durchgeführt werden, bei der die Patienten selbst eine Kardioversion durch die Einnahme von Flecainid oder Propafenon durchführen. Trotz der Überlegenheit der Katheterablation zum Erhalt des Sinusrhythmus, behält die medikamentöse Rhythmuskontrolle ihren Stellenwert, da sie schnell und einfach einsetzbar ist. Proarrhythmien müssen bei dieser Therapie immer beachtet und vermieden werden. Schlüsselwörter Vorhofflimmern · Rhythmuskontrolle · Kardioversion · „Pill in the pocket” · Antiarrhythmika

Medicinal rhythm control in atrial fibrillation Abstract Medicinal antiarrhythmic therapy is either used in the acute setting to convert atrial fibrillation to sinus rhythm or as chronic medication to preserve sinus rhythm if a rhythm control strategy is followed. The choice of the antiarrhythmic agent is based on the presence or absence of structural heart disease. In addition, oral anticoagulation should be established according to current guidelines. In the acute setting the armamentarium comprises flecainide, propafenone, vernakalant and amiodarone. Usually, combination therapy with an atrioventricular (AV) node slowing drug (a beta blocker or verapamil) is used. For chronic rhythm control a class IC drug, such as sotalol, dronedarone and amiodarone is given depending on the comorbidities. In the

zeittherapie konnten trotz der etwas niedrigeren Effektivität 80 % der Vorhofflimmerrezidive verhindert werden. Damit steht die Kurzzeittherapie, insbesondere bei Patienten mit erhöhtem Proarrhythmierisiko oder bei Patienten, die möglichst wenige Medikamente einnehmen wollen, als sinnvolle Alternativ zur Verfügung. Selbstverständlich müssen die Kontraindikationen für die Flecainidtherapie beachtet werden.

absence of structural heart disease, rare episodes of paroxysmal atrial fibrillation can be treated by a pill-in-the-pocket strategy, i.e. self-administered pharmacological cardioversion with flecainide or propafenone. Despite recent advances in catheter ablation of atrial fibrillation, medical rhythm control continues to play an important role due to its ubiquitous availability and relatively easy use. The risk for proarrhythmia has to be evaluated in all patients. Keywords Atrial fibrillation · Rhythm control · Cardioversion · Pill in the pocket · Antiarrhythmic drugs

Chronische medikamentöse Rhythmuskontrolle Die chronische medikamentöse Rhythmuskontrolle bzw. Rezidivprophylaxe von Vorhofflimmern ist bei symptomatischen Patienten indiziert. Der Erhalt des Sinusrhythmus erscheint darüber hinaus insbesondere bei jüngeren Patienten ( 14 mm vor, sollte primär Dronedaron und in zweiter Linie Amiodaron gegeben werden. Bei koronarer Herzkrankheit empfehlen die europäischen Leitlinien primär Sotalol, in zwei-

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ter Linie Dronedaron und in dritter Linie Amiodaron. Sotalol wird allerdings in Deutschland aufgrund des Proarrhythmierisikos bei dieser Indikation kaum eingesetzt. Bei eingeschränkter linksvent­ rikulärer Funktion kann nur Amiodaron eingesetzt werden [3]. Die Effektivität der verschiedenen Medikamente zur Rezidivprophylaxe sowie deren Proarrhythmierisiko wurden in einer Metaanalyse vergleichend untersucht. Die entsprechenden Daten hierzu sind in . Tab. 3 dargestellt. Amiodaron ist zur Rezidivprophylaxe am effektivsten, Dronedaron hat das niedrigste Proaarhythmierisiko.

Klasse-IC-Antiarrhythmika Klasse-IC-Antiarrhythmika wirken über eine Blockade des schnellen Natriumeinstroms. Dadurch kommt es zu einer Verlangsamung der Leitungsgeschwindigkeit, allerdings ohne wesentliche Verlängerung der Refraktärzeit. Dies begünstigt kreisende Erregungen und damit das Auftreten von Vorhofflattern (s. oben). Flecainid und Propafenon können bei Patienten ohne wesentliche strukturelle Herzerkrankung eingesetzt werden. Beide weisen eine mittlere Effektivität zur Rezidivprophylaxe von Vorhofflimmern auf (. Tab. 3). Die Dosierung beträgt bei Flecainid 2 × 50 bis 2 × 100 mg und bei Propafenon 3 × 150 bis 3 × 300 mg. Bei Patienten mit vorbestehendem Schenkelblock, insbesondere einem Linksschenkelblock, sollten beide Medikamente nur mit Vorsicht eingesetzt werden.

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Sowohl bei Flecainid als auch bei Propafenon muss bei Therapiebeginn und nach einer Dosissteigerung auf die Breite des QRS-Komplexes geachtet werden. Kommt es zu einer Zunahme der QRSBreite um mehr als 25 %, muss die Dosis reduziert oder die Therapie beendet werden, da in dieser Situation ein erhöhtes Risiko für Proarrhythmien besteht [3, 5]. Unter Flecainid sind Reizschwellenanstiege von Schrittmacherelektroden beschrieben. Eine Kombination mit bradykardisierenden Medikamenten ist sinnvoll, falls es zur Konversion in Vorhofflattern kommt. Die häufigsten extrakardialen Nebenwirkungen von Flecainid sind Schwindel, Kopfschmerzen und Sehstörungen. Bei Propafenon kann es zu Schwindel, Sehstörungen, gastrointestinalen Beschwerden und Schlafstörungen kommen. Auch ein metallisches Geschmacksempfinden ist beschrieben. Flecainid kann bei Niereninsuffizienz mit einer Creatinin-Clearance  500 ms ist eine Dosisreduktion oder Beendigung der Therapie erforderlich. Sotalol ist kontraindiziert bei bedeutsamer linksventrikulärer Hypertrophie, eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion, Hypokaliämie und Hypomagnesiämie. Bei Niereninsuffizienz mit einer glomerulären Filtrationsrate  500 ms ist eine Dosisreduktion oder Beendigung der Therapie erforderlich. Dronedaron darf nicht zusammen mit Grapefruitsaft eingenommen werden, da hierdurch der Blutspiegel bis auf das Dreifache ansteigen kann! Dronedaron darf weder zusammen mit Dabigatran noch mit Rifampicin, Carbamazepin, Phenytoin und Johanniskraut sowie nicht gleichzeitig mit CYP3A4-Inhibitoren (z. B. Ketoconazol, Clarithormycin, Makrolide) gegeben werden. Eine hochgradig eingeschränkte Nierenfunktion (KreatininClearance  500 ms ist eine Dosisreduktion oder Beendigung der Therapie erforderlich. Eine Kombination mit anderen QT-verlängernden Medikamenten, z. B. Makrolidantibiotika, muss möglichst vermieden werden. Falls dies nicht möglich ist, sind Kontrollen der QT-Zeit erforderlich. Eine Vielzahl von Interaktionen mit ande-

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Schwerpunkt Infobox Leitlinien zum Thema Vorhofflimmern http://leitlinien.dgk.org/2013/pocket-leitlinien-fur-das-management-von-vorhofflimmernfokus-update-2012/ http://leitlinien.dgk.org/2013/kommentarfokus-update-der-leitlinien-der-europaischengesellschaft-fur-kardiologie-esc-zummanagement-des-vorhofflimmerns/ http://leitlinien.dgk.org/2012/leitlinien-furdas-management-von-vorhofflimmern/ http://leitlinien.dgk.org/2012/kommentar-zuden-leitlinien-der-esc-zum-vorhofflimmern/ http://leitlinien.dgk.org/2010/guidelines-forthe-management-of-atrial-fibrillation/

ren Medikamenten ist beschrieben, so besteht z. B. für die Kombination Amiodaron und Simvastatin ist ein erhöhtes Risiko einer Myositis.

Alternative Katheterablation Katheterinterventionelle Verfahren zur Behandlung von Vorhofflimmern wurden im vergangenen Jahrzehnt etabliert und erlangen eine rasch zunehmende Bedeutung als Alternative zu einer medikamentösen Dauertherapie. Der pathophysiologische Ansatz zielt hierbei auf hochfrequente Entladungen in den vorhofnahen Pulmonalvenen als Trigger von Vorhofflimmern ab [11]. Entsprechend ist die Methode insbesondere beim paroxys­ malen Vorhofflimmern effektiv und hinsichtlich des Erhalts von Sinusrhythmus der medikamentösen Therapie überlegen [12–14]. Bei lange persistierendem Vorhofflimmern treten strukturelle Veränderungen des Vorhofmyokards zunehmend pathophysiologisch in den Vordergrund. Verschiedene Verfahren zur Identifikation anatomischer Zielstrukturen außerhalb der Pulmonalvenen sind Gegenstand laufender Studien. Generell sind die Erfolgsraten geringer als beim paroxysmalen Vorhofflimmern [15]. Eine Katheterablation ist bei symptomatischem Vorhofflimmern indiziert, wenn medikamentös keine suffiziente Rhythmuskontrolle zu erzielen ist [3]. Bei paroxysmalem Vorhofflimmern kann die Katheterablation auch als Erstlinientherapie erfolgen, wenn eine medikamentöse Dauerprophylaxe nicht erwünscht ist [16]. Die Fortsetzung der oralen Antikoagulation

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nach Ablation wird derzeit generell für Patienten mit erhöhtem thromboembolischem Risiko (CHADS-VASc-Score von ≥2) empfohlen [3]. Die Katheterablation von Vorhofflimmern erfordert eine hohe Expertise von Zentrum und Operateur. Der Zugang zu dieser Therapie unterliegt länderspezifisch unterschiedlichen Kapazitätsproblemen.

Fazit für die Praxis 44Antiarrhythmika werden bei Vorhofflimmern sowohl zur akuten Kardioversion als auch zur Rhythmuskontrolle eingesetzt. 44Die Auswahl eines Medikaments richtet sich nach dem Vorhandensein einer strukturellen Herzerkrankung. 44Häufig ist eine Kombination mit bradykardisierenden Medikamenten erforderlich. 44Proarrhythmien müssen vermieden werden (Sicherheit vor Effektivität), daher ist insbesondere auf QRS-Verbreiterungen und QT-Verlängerungen zu achten. 44Die Antikoagulation muss leitliniengerecht erfolgen. 44Bei seltenem paroxysmalen Vorhofflimmern kann die Pill-in-the-pocketTherapie eingesetzt werden. 44Die Katheterablation ist die effektivere Therapie zum Erhalt des Sinusrhythmus.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. B. Nowak CCB, Cardioangiologisches Centrum Bethanien Agaplesion MarkusKrankenhaus Wilhelm-Epstein-Str. 4 60431 Frankfurt a. M. [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  B. Nowak und A. Fürnkranz geben an, dass kein Interessenskonflikt besteht. Dieser Beitrag enthält keine Studien an Menschen oder Tieren.

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[Medicinal rhythm control in atrial fibrillation].

Medicinal antiarrhythmic therapy is either used in the acute setting to convert atrial fibrillation to sinus rhythm or as chronic medication to preser...
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