Fort- und Weiterbildung

Neue psychotrope Substanzen – „Legal Highs“ New Psychotropic Drugs – “Legal Highs”

N. Scherbaum1, F. Schifano2, H. Siemann1 1

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Klinik für abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, LVR-Klinikum Essen, Kliniken der Universität Duisburg-Essen University of Hertfordshire, School of Life and Medical Sciences, College Lane Campus Hatfield, Hertfordshire, UK

VNR 2760512014144211314

Lernziele

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1384916 Fortschr Neurol Psychiatr 2014; 82: 532–543 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0720-4299

Kenntnisse über die neuen psychotropen Substanzen im Hinblick auf ▶ Stoffgruppen und Wirkungsweise ▶ juristische Aspekte ▶ Drogen im Internet ▶ Epidemiologie ▶ Gesundheitspolitische Bedeutung

Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Norbert Scherbaum Klinik für abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, LVRKlinikum Essen, Kliniken der Universität Duisburg-Essen Virchowstr. 174 45147 Essen [email protected]

!

Einleitung !

Das Versorgungssystem für Menschen mit substanzbezogenen Störungen ist in Deutschland vorrangig ausgerichtet auf die Alkoholabhängigkeit und die Opiatabhängigkeit bzw. die Polytoxikomanie einschließlich abhängigen Opiatkonsums. In den letzten Jahren nahm zudem die Zahl der Hilfesuchenden mit Cannabis-bezogenen Störungen zu. Darüber hinaus ist die Tabakabhängigkeit epidemisch verbreitet. Da die Tabakabhängigkeit nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen behandelt werden kann, hat diese leider einen nur nachrangigen Stellenwert in der praktischen Versorgung. Nach epidemiologischen Schätzungen geht die Zahl der Abhängigen von Medikamenten wie Benzodiazepinen und opiathaltigen Schmerzmitteln in die Millionen. Diese Patienten suchen allerdings, gemessen an ihrer hohen Zahl, nur selten suchtspezifische Hilfsinstitutionen auf. Konsumenten von Stimulantien (Amphetaminen und Kokain) treten im Wesentlichen bei psychotischer Dekompensation oder bei gleichzeitiger Opiatabhängigkeit klinisch in Erscheinung. Experten war selbstverständlich bekannt, dass es jenseits der genannten Drogen eine kaum zu überschauende Zahl weiterer synthetischer und pflanzlicher psychoaktiver Substanzen gibt [1, 2]. Insbesondere durch das Internet ist das Wissen um solche Suchtmittel, die zuvor teilweise nur Experten wie Ethnobotanikern bekannt waren, jetzt

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auch für medizinische Laien leicht verfügbar. Seit einigen Jahren wird auch von entsprechenden Behörden auf nationaler und europäischer Ebene das Auftreten neuer Suchtmittel beobachtet. Nach dem Jahresbericht 2012 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD; englisch: EMCDDA) wurden zwischen 2005 und 2011 164 neue psychotrope Substanzen beobachtet [3]. Der Jahresbericht 2013 listet allein für 2012 weitere 79 neu aufgetretene Substanzen [4]. Soweit die Substanzen genau chemisch definiert sind und eine Schädigung am Menschen belegt ist, können diese im Rahmen von Betäubungsmitteländerungsverordnungen dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellt werden. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Unterstellungen deut" Abb. 1). lich erhöht (● In dieser Arbeit sollen die wichtigsten neuen psychotropen Substanzen chemisch und im Hinblick auf ihre psychotropen Wirkungen vorgestellt werden. Zudem wird der aktuelle Sachstand zur Epidemiologie und den Vertriebswegen der neuen Drogen referiert. Die Substanzen werden zum Teil als Ausweichsubstanzen für bereits dem BtMG unterstellte Drogen angeboten (sogenannte „Legal Highs“). Daher wird auch die juristische Problematik dieser Substanzen dargestellt. Schließlich erfolgt eine vorsichtige Wertung der Bedeutung der neuen Substanzen für die Suchtmedizin.

Stoffklassen und Wirkungen !

Eine Darstellung der neuen psychotropen Substanzen kann hier nur als Übersicht erfolgen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gliederungsprinzipien sind dabei vor allem die psychotrope Wirkung sowie die chemische Struktur der Drogen [5 – 7]. Die Darstellung nach chemischen Stoffgruppen ist u. a. auch dadurch gerechtfertigt, dass es sich bei den neuen Drogen zum Teil um Designerdrogen handelt, also um Drogen,

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bei denen das Grundgerüst eines Moleküls durch unterschiedliche Seitenketten variiert wird, um so neue Drogen zu schaffen, die dann jeweils in der ersten Zeit des Angebots auf dem Markt nicht dem BtMG unterstehen (s. u. Juristische Aspekte). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Informationen zu den Substanzen zum Teil nur auf den Angaben der Anbieter, einschlägigen Berichten von Konsumenten oder Darstellungen auf Websites mit einer konsumfreundlichen Einstellung beruhen. Durch wissenschaftliche Untersuchungen gestützte Informationen zu Wirkungen, Dosierung, Toxizität etc. liegen oft nicht vor. Den Anbietern sind die juristischen Risiken beim Verkauf dieser Drogen durchaus bewusst. Wohl aus diesem Grund werden die neuen psychotropen Substanzen zum Teil unter Bezeichnungen wie Badesalz, Räuchermischung oder Research Chemical vertrieben. Nach den Berichten der EBDD stammen die neuen Drogen vor allem aus den Gruppen der synthetischen Cannabinoide sowie aus der Gruppe der Cathinone und anderer Phenetylamine.

Synthetische und halbsynthetische Drogen A) Stimulantien

▶ synthetische Cathinone, z. B. Mephedron

(4-Methylmethcathinon) und Methedron. Die synthetischen Cathinone leiten sich chemisch von Cathinon ab, das wiederum zu den Phenethylaminen (hier: β-keto-Amphetaminen) ge-

hört [7]. Die stimulierende Droge Cathinon ist Bestandteil der Khat-Pflanze. In Nordostafrika ist der Gebrauch der Kath-Pflanze, deren Wirkstoff durch anhaltendes Kauen der Blätter der Pflanze aufgenommen wird, traditionell. Cathinon unterliegt der Anlage I des BtMG, ist also nicht verkehrsfähig. Cathinone hemmen die präsynaptische Wiederaufnahme von Monoaminen, vor allem von Adrenalin und Dopamin, zum Teil auch von Serotonin. Einzelne Cathinone setzen auch Dopamin oder Serotonin frei [7]. Cathinon-Derivate werden je nach Wirkung als Ausweichpräparate für Stimulantien (Amphetamine, Kokain) wie auch für Entaktogene (MDMA, sogenanntes Ecstasy) angeboten. Die synthetischen Cathinone werden in der Regel oral, zum Teil auch nasal, rektal und intravenös eingenommen. Wegen ihres schlechten Geschmacks werden Cathinone in Getränke gemischt aufgenommen oder in Kapseln abgepackt geschluckt. Die Wirkdauer soll wenige Stunden betragen. Die Nebenwirkungen ähneln denen anderer Stimulantien, insbesondere denen von Amphetaminen, also z. B. Tachykardie, Blutdrucksteigerung, Agitation und Aggressivität. Auch psychotisches Erleben mit Halluzinationen sowie ein serotonerges Syndrom wurden beschrieben. Auch über Todesfälle beim Konsum von synthetischen Cathinonen wurde berichtet.

Abb. 1 Entwicklung der Zahl der dem BtMG unterstellten Substanzen: Anzahl der in einem gegebenen Jahr in den Anlagen I, II und III des BtMG gelisteten Substanzen von 1981 (Veröffentlichung der aktuellen Fassung des BtMG) bis 2013.

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Anlage III

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▶ weitere neue Phenethylamine: Dabei handelt



Abb. 2 Deklariert als Kräutermischungen oder Badesalze werden neue psychotrope Substanzen in Form von Kräutern, Pulver, Tabletten oder Kapseln angeboten [24].

es sich um verschiedene Derivate des Grundgerüsts der Phenethylamnie, z. B. „Bromo-Dragon-Fly“ (2C-B-Fly) aus der Gruppe der Benzodifurane, MDMAI (5,6-Methylendioxy-Nmethyl-2-Aminoindan) und 5-IAI (5-Jodo-2Aminoindan) aus der Gruppe der Aminoindane sowie MDPV (Methylendioxypyrovaleron) aus der Gruppe der β-keto-substituierten Methylendioxyamphetamine. Diese Phenethylamine haben durchaus unterschiedliche psychotrope Wirkungen. So ist „Bromo-Dragon-Fly“ ein Halluzinogen mit unter Umständen Tage anhaltender Wirkung und hoher Toxizität [8]. Krampfanfälle, Lungenödem und andauernder Vasospasmus und sogar Todesfälle wurden beschrieben. Aminoindane [9] sollen eine MDMA (Ecstasy) ähnliche Wirkung entfalten. Pharmakologisch erhöhen sie die Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt (Erhöhung der Serotoninausschüttung, Hemmung der Wiederaufnahme). In Tierversuchen erwiesen sich Aminoindane als weniger neurotoxisch als Ecstasy. Allerdings wurden Ecstasy-analoge Komplikationen wie Hyperthermie, Rhabdomyolyse, serotonerges Syndrom und auch Todesfälle bei Einnahme von Aminoindanen berichtet [7]. MDPV ist ein starkes amphetaminartiges Stimulans. Unter seiner Wirkung wurden psychotische Syndrome beschrieben. Schließlich gehören zu den Phenethylaminen auch neue Abwandlungen des Amphetamingerüsts wie 4-Fluoramphetamin (4-FA) und 4Methylamphetamin. Piperazine, z. B. BZP (N-Benzylpiperazin) und TFMMP (Trifluormethylphenylpiperazin). Diese Drogen weisen eine strukturelle Verwandtschaft mit Psychopharmaka wie Trazodon und Olanzapin auf. Sie fördern die präsynaptische Freisetzung von Monoaminen und hemmen ihre Wiederaufnahme. Die oral eingenommenen Suchtmittel sollen Ampheta-





min-ähnliche Wirkungen und Nebenwirkungen haben. BZP wurde ursprünglich als Psychopharmakon (Antidepressivum, Appetitzügler) synthetisiert. Wegen schwerer Nebenwirkungen, z. B. Krampfanfällen und Erbrechen, wurde die Weiterentwicklung nicht verfolgt. Daher ist BZP ein Beispiel für ein sog. Research Chemical, also für Substanzen, die primär in der (psycho-)pharmakologischen Forschung entwickelt wurden, aber dann von den Entwicklern, z. B. wegen des Nebenwirkungsprofils, als mögliches Medikament verworfen wurden. Nichtsdestoweniger wurden die Substanzen einschließlich etwaiger psychotroper Wirkungen bekannt. Dies kann wiederum Anlass für das Angebot dieser Substanzen als Drogen durch Dritte sein. Zum Teil wird der Begriff Research Chemicals vor allem auf Internetseiten benutzt, um synthetische Drogen unter leichter Verschleierung anzubieten. Piperidine, z. B. Desoxypipradrol (2-Diphenylmethylpiperidin, 2-DPMP): Desoxypipradrol wurde von der pharmazeutischen Industrie im Hinblick auf die Indikationen Narkolepsie und ADHS entwickelt. Es ist eine potente Substanz zur Steigerung der präsynaptischen Dopaminausschüttung und zur Hemmung der Dopaminwiederaufnahme. Ersatzstoffe für Kokain, z. B. Dimethocain und 4-Fluortropacocain. Dimethocain ist – im Hinblick auf eine medizinische Anwendung – ein Lokalanästhetikum. Es wird als Kokainersatz nasal und intravenös appliziert. Die stimulierende Wirkung gilt als geringer als bei Kokain, aber als länger (über Stunden) anhaltend. Analog zu Kokain besteht, insbesondere bei entsprechender Disposition, das Risiko kardiovaskulärer Komplikationen. Auch 4-Fluortropacocain wurde primär im Kontext der Entwicklung von Lokalanästhetika synthetisiert. Von Konsumenten wird die Wirkung des 4-Fluortropacocain als eindrücklich und länger anhaltend als diejenige von Kokain beschrieben.

B) Synthetische Cannabinoide Seit knapp 10 Jahren wurden zunehmend sogenannte Räuchermischungen in Headshops und im Internet angeboten, z. B. unter den Namen Spice, " Abb. 2); [10]. Dabei konnte Sense und Skunk (● nachgewiesen werden, dass synthetische Cannabinoide den Pflanzenmischungen beigemengt waren und für die von den Konsumenten erwünschten psychotropen Wirkungen verantwortlich waren. Diese Räuchermischungen wurden und werden geraucht. Die synthetischen Cannabinoide stammen aus unterschiedlichen chemischen Substanzklassen, wie den bizyklischen Zyklohexylphenonen (z. B. CP-55,940) und den Aminoalkylindolen (z. B. JWH-018). Ihre psychotrope Wirkung entfalten sie als potente Agonisten am CB1-Rezeptor des körpereigenen Cannabi-

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noidsystems. Die Zahl der aus der Forschung bekannten synthetischen Cannabinoide geht in die Hunderte. Ihre Wirkungen entsprechen grundsätzlich denjenigen von Tetrahydrocannabinol (THC), dem wichtigsten Wirkstoff des Cannabis. Allerdings gibt es Hinweise auf stärkere psychotrope Wirkungen, insbesondere aber auch ausgeprägtere körperliche Nebenwirkungen wie z. B. Tachykardie und Bluthochdruck, aber auch epileptische Anfälle und Bewusstseinsverlust. In einer Fallserie wurde von 29 Notfallaufnahmen wegen Intoxikation mit synthetischen Cannabinoiden in Deutschland berichtet. Dabei wurde einer über 29 Fällen als intensivmedizinisch schwerwiegend beurteilt. In der Mehrheit der Fälle war eine symptomatisch-unterstützende Behandlung durch die Gabe von Flüssigkeit, Kalium, Benzodiazepinen und Antiemetika ausreichend. Die meisten Beschwerden remittierten innerhalb eines halben Tages [10].

C) Halluzinogene Neuere Halluzinogene stammen zum Teil aus der Gruppe der Phenethylamine (s. o. „Bromo-DragonFly“). Zur Erinnerung: Auch das seit Jahrzehnten bekannte Meskalin ist ein Phenethylamin. Das ebenfalls seit Jahrzehnten bekannte Halluzinogen Psilocybin, die Wirksubstanz des Psilocybe-Pilzes, stammt hingegen aus der Gruppe der Tryptamine. Aus dieser Gruppe stammt auch die synthetische Droge 5-MeO-DALT. Diese soll in niedrigen Dosen stimulierend, in höheren Dosen halluzinogen wirken.

Neue psychotrope Substanzen werden in hoher Zahl pro Jahr seit etwa 10 Jahren in Deutschland und auch auf europäischer Ebene beobachtet. Es handelt sich vor allem um synthetische Cannabinoide sowie synthetische Stimulantien aus der Gruppe der Cathinone und andere Phenethylamine mit zum Teil auch halluzinogener Wirkung. Die neuen psychotropen Substanzen werden oft unter verschleiernden Namen wie Räuchermischung, Badesalz oder Research Chemical angeboten.

Pflanzliche Drogen (Herbal drugs) Auch pflanzliche Drogen werden als Ausweichpräparate für dem BtMG unterstellte Substanzen angeboten. So wird die bereits im 19. Jahrhundert Forschern in Europa bekannte Droge Kratom als Substitut für Opiate angeboten. Der Kratombaum (Mitragyna speciosa Korth) aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae) ist in Südostasien (Thailand, Malaysia) heimisch. Seine Blätter werden gekaut oder geraucht oder in Weiterverarbeitung, z. B. pulverisiert, als Bestandteil eines Sirups eingenommen. Bereits seit Langem ist bekannt, dass die Blätter als psychotrope Substanzen Mitragynin und andere Indolalkaloide enthalten. Mitragynin wirkt u. a. als Agonist am µ-Rezeptor

des körpereigenen Opiatsystems. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Kratom in der lokalen medizinischen Tradition der Herkunftsländer verwendet wird. Kratom soll in geringen Dosen stimulierend und in höheren Dosen dämpfend wirken [1, 2]. Es ist ein typisches Beispiel für eine Droge, die Experten wie Ethnobotanikern schon lange bekannt ist, aber im Zeitalter der internetgestützten Verbreitung von Information und Waren jetzt auch in der ersten Welt bekannt und verfügbar wird. Bislang ist Kratom nicht dem BtMG unterstellt, allerdings in anderen Ländern analogen Regularien. Ein weiteres Beispiel für pflanzliche Drogen ist die Holzrose (Argyreia nervosa) [1, 2]. Die Samen der auf Hawaii und in Asien beheimateten Schlingpflanze enthalten u. a. Lysergsäure, eine mit dem Lysergsäurediethylamid (LSD) eng verwandte Substanz. Die Holzrose wird als legaler und pflanzlicher Ersatz für das Halluzinogen LSD im Internet angeboten. Wie im Fall des Kratom ist die entsprechende Droge Experten schon länger bekannt, via Internet jetzt aber auch außerhalb von Expertenkreisen verfügbar. Wie Beispiele der genannten pflanzlichen Drogen zeigen, ist es im Einzelfall durchaus schwierig zu definieren, was eine neue psychoaktive Substanz ist. Zudem hat der Chemiker A. Shulgin 1991 ein Buch veröffentlicht mit dem Titel PiHKAL (Phenethylamines I have known and loved) [11]. Darin beschreibt er die Synthese zahlreicher Drogen aus der Gruppe der Phenethylamine und deren Wirkung. Insofern sind (halluzinogene) Drogen aus den Gruppen der 2,5-Dimethoxy-Amphetamine wie DOB und DOC oder der 2,5-Dimethoxy-Phenethylamine wie 2C-B oder 2C-E eigentlich keine neuen Drogen, obwohl sie vielen Drogenkonsumenten wie auch vielen professionellen Mitarbeitern der Suchtmedizin mutmaßlich unbekannt sind. Shulgin hat 1997 zudem das Buch TiKHAL (Tryptamines I have known and loved) [12] publiziert. Darin wird die Synthese zahlreicher psychedelisch wirkender Tryptamine wie z. B. DMT (Dimethoxytryptamin) oder 5-MeO-DALT (N,N-diallyl-5-methoxy-tryptamin) beschrieben.

Darüber hinaus zählen auch pflanzliche Drogen (Herbal Drugs) wie Kratom oder Holzrose zu den neuen psychotropen Substanzen.

Epidemiologie !

Bislang ist die epidemiologische Bedeutung der neuen psychotropen Substanzen unklar. Eine große Zahl neuer Drogen muss nicht zwingend auch einer großen Zahl von Konsumenten entsprechen, insbesondere nicht von Konsumenten, die die entsprechenden Drogen regelmäßig einnehmen. Vielfach sind Berichte über neue psychotro-

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pe Substanzen Fallberichte oder Fallserien z. B. zu schwerwiegenden Nebenwirkungen [10]. Solche Fallberichte lassen allerdings keine Schlussfolgerungen darüber zu, wie groß die Grundgesamtheit der Konsumenten ist, aus der diejenigen Konsumenten stammen, bei denen schwerwiegende Nebenwirkungen aufgetreten sind. Da die neuen psychotropen Substanzen in Routinedrogentests (Enzymimmunoassays) meist nicht nachgewiesen werden, ist auch unter klinischen Bedingungen, z. B. bei Notfallbehandlungen, eine Dunkelziffer von Konsumenten anzunehmen. Im aktuellen epidemiologischen Suchtsurvey, der regelmäßig im Auftrag der Bundesregierung durchgeführt wird, werden die neuen psychotropen Substanzen nicht spezifisch erfasst [13]. Allerdings gibt es die Kategorie „Spice“. Zu Letzterem wird von den Autoren erläuternd mitgeteilt, dass unter Spice u. a. auch Badesalze, Cathinone und andere Substanzen gezählt worden seien. Demnach betrug die 12-Monats-Prävalenz des Konsums von Spice 0,2 %, bei zu erwartender höherer Prävalenz jüngerer Altersstufen (18- bis 20Jährige: 0,7 %). Zum Vergleich: Die 12-MonatsPrävalenz für den Konsum von Cannabis betrug in derselben Untersuchung 4,5 % (18- bis 20-Jährige: 16,2 %). Im Gegensatz zu Cannabis, Kokain und Amphetaminen finden sich keine Angaben zur Prävalenz von Missbrauch und Abhängigkeit bei Konsumenten von Spice. Grundsätzlich dürfte eine systematische Erfassung des Konsums einzelner neuer psychotroper Substanzen methodisch schwierig sein. Die Zahl der infrage kommenden Substanzen ist zum einen groß. Zum anderen ist die Annahme plausibel, dass das Angebot neuer psychotroper Substanzen durchaus zeitlich wechselhaft ist. Schließlich können im Kontext von Unterstellungen einzelner Substanzen unter das BtMG epidemiologische Untersuchungen einem dynamischen Markt hinterherhinken und nach Substanzen fragen, die nicht mehr aktuell sind, und frisch auf den Markt gelangte Substanzen noch gar nicht in der Abfrage berücksichtigen. Auch gibt es Hinweise darauf, dass einzelne Substanzen in lokalen Szenen oder spezifischen Subgruppen von Konsumenten eingenommen werden, die keineswegs repräsentativ für z. B. eine bestimmte Altersgruppe in einem Land sind. So gab es schon vor Auftreten der neuen psychotropen Substanzen das Phänomen der sogenannten Club Drugs [14]: Dabei handelt es sich um Drogen, die von jungen Erwachsenen in Clubs und bei Tanzpartys eingenommen werden. Das nationale Institut der USA zur Forschung und Aufklärung über Drogen (National Institute on Drug Abuse, NIDA) zählt zu den Club Drugs: ▶ LSD, ▶ Ketamin, ▶ Methamphetamin, ▶ MDMA (Methylendioxymethamphetamin), ▶ GHB (γ-Hydroxybuttersäure) und ▶ Flunitrazepam. Scherbaum N et al. Neue psychotrope Substanzen … Fortschr Neurol Psychiatr 2014; 82: 532–543

Keine dieser Drogen ist im engeren Sinn eine neue psychotrope Substanz. Andererseits kann der verstärkte Gebrauch solcher Substanzen z. B. in einer lokalen Szene das zuständige Hilfesystem bei Komplikationen wie schwerwiegenden Intoxikationen oder der Notwendigkeit einer Entzugsbehandlung vor Herausforderungen stellen. Analoge Überlegungen zur Heterogenität des Drogenkonsums gelten auch für die Subgruppen wie z. B. Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), mit z. B. häufigem Gebrauch von Amylnitrit („Poppers“) und Dissoziativa wie Ketamin, die in der sonstigen Bevölkerung nur einen geringen Stellenwert haben [15]. Das Narkosemittel Propofol wird mit erheblichem Mortalitätsrisiko unter Anästhesisten missbraucht [16]. Auch hier wäre eine epidemiologische Untersuchung auf Bevölkerungsniveau nicht aussagekräftig. Nach einer Befragung 15- bis 18-jähriger Jugendlicher in Frankfurt im Jahr 2012 [17] hatten 7 % der Befragten jemals in ihrem Leben Räuchermischungen (synthetische Cannabinoide) und 2 % andere sogenannte „Legal Highs“ (Badesalze, Research Chemicals etc.) eingenommen. Der Konsum in den letzten 30 Tagen betrug 2 % bzw. < 1 %. Die meisten der Betroffenen haben wohl im Sinne eines sporadischen Probierverhaltens die neuen Drogen eingenommen. Konsumhäufigkeiten von mehr als 5 Mal im Leben wurden nämlich nur bei 2 % im Hinblick auf Räuchermischungen und < 1 % im Hinblick auf andere „Legal Highs“ angegeben. Mit Bezug auf eine jahrelange Beobachtung geben die Autoren an, dass der Konsum der neuen Drogen stagniere. Solche Zahlen sprechen dafür, dass zwar im Sinne eines Probierverhaltens die neuen Drogen eingenommen werden, sich daraus allerdings dann in der Mehrheit der Fälle kein regelmäßiger Konsum ergibt.

Die Prävalenz des Konsums der neuen psychotropen Substanzen ist unklar, sie scheint bislang allerdings in Deutschland weit unter der von Cannabis, der am häufigsten konsumierten illegalen Droge, zu liegen.

Juristische Aspekte !

Wie oben ausgeführt, sind die neuen psychotropen Substanzen zum Teil aktuell in Mode gekommene Drogen, die aber entsprechenden Experten, z. B. Ethnobotanikern, schon zuvor bekannt waren. Zum Teil handelt es sich aber auch um synthetische Suchtmittel, die gezielt hergestellt werden, um so als aktuell nicht im BtMG aufgelistete Drogen verkauft werden zu können. In diesem Kontext heißen die neuen psychotropen Substanzen „Legal Highs“. Gemäß den Ausführungen zu den Wirkungen dieser Substanzen ist ‚legal‘ in diesem Zusammenhang selbstverständlich nicht

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mit ‚ungefährlich‘ gleichzusetzen. Vielmehr heißt legal hier nur, dass nach dem BtMG nur bei explizit benannten Substanzen der Handel und das Inverkehrbringen strafbar sind. Dies ergibt sich aus dem rechtsstaatlichen Schutz (Art. 103, Abs. 2 Grundgesetz), dass eine Tat nur dann bestraft werden kann, „wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“ [18].

Der Werbebegriff „Legal High“ suggeriert dem Käufer, dass er zum Ausweichen vor dem BtMG unterstellten Drogen eine legale Droge kaufen kann, da die neuen psychotropen Substanzen bei ihrem ersten Angebot zumeist nicht dem BtMG unterstellt sind.

Dies führt zu der rechtlichen Situation, dass eine Substanz mit einer geringfügigen chemischen Änderung im Vergleich zu einer bereits dem BtMG unterstellten Substanz so lange legal verkauft werden kann, bis diese wiederum ihrerseits dem BtMG unterstellt ist. Dies setzt wiederum die Sammlung von Hinweisen auf die Gefährlichkeit der neuen Substanz voraus, die dann von einem Sachverständigenrat bewertet wird, bevor der Ordnungsgeber eine Unterstellung vornimmt. Zwischen dem Erscheinen auf dem Markt und einer etwaigen BtMG-Unterstellung werden also Monate bis Jahre vergehen. Nach einer Unterstellung kann die Substanz leicht abgewandelt werden, um dann erneut den Lauf zwischen Hase und Igel bzw. zwischen Anbieter und Ordnungsgeber auszulösen. Um diesem Dilemma zu entgehen, wurde in einzelnen Gerichtsurteilen davon ausgegangen, dass sogenannte „Legal Highs“ unter das Arzneimittelgesetz fallen, da sie physiologische Funktionen des menschlichen Körpers beeinflussen (Funktionsarzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 2a AMG). Diese Auffassung ist allerdings unter Juristen umstritten, da nach der juristischen Tradition in Deutschland seit mehr als 100 Jahren Arzneimittel nur solche Stoffe sind, die zumindest der Absicht nach positiv, vor allem kurativ oder prophylaktisch, den menschlichen Körper beeinflussen. Ein weiterer Ausweg wird in einem von führenden Juristen erstellten Gutachten aufgezeigt, nämlich die Unterstellung von Stoffgruppen unter eine gesonderte Anlage des BtMG. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

Die Unterstellung unter das BtMG ist zeitaufwendig und erfordert die chemische Bestimmung, den Nachweis gesundheitlicher Schäden durch eine Droge sowie eine Betäubungsmittelveränderungsverordnung. Im Sinne der Designerdrogen werden zum Ersatz unterstellter Substanzen dann abgewandelte und primär nicht dem BtMG unterstellte Substanzen angeboten.

Auch das Straßenverkehrsgesetz (StVG) wendet übrigens im Hinblick auf eine etwaige Ordnungswidrigkeit beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung berauschender Mittel den Bestimmtheitsgrundsatz an (§ 24a Abs 2 StVG). Demnach setzt das Feststellen einer Ordnungswidrigkeit voraus, dass eine Substanz im Blut nachgewiesen wird, die in einer Anlage aufgelistet ist. Auch hier kann der Ordnungsgeber der Produktion neuer Substanzen kaum nachkommen. Sofern Fahrunsicherheit festgestellt wird, kann jedoch eine Strafbarkeit beim Führen eines Fahrzeugs auch unter der Wirkung von neuen psychotropen Substanzen bestehen (§ 316 StGB). Zudem ist der „missbräuchliche (regelmäßig übermäßige) Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Stoffen“ ein Eignungsmangel für das Führen eines Fahrzeugs nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Wird ein solcher Gebrauch in einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nachgewiesen, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 46 Abs 1 FeV).

Anbieter und Vertrieb !

Das Internet ist für viele Menschen ein selbstverständlicher Marktplatz zum Einkauf bzw. Verkauf geworden. Auch die neuen psychotropen Substanzen werden über das Internet in sog. Headshops oder Smart Shops zum Verkauf angeboten. Headshops bieten traditionellerweise vor allem cannabisbezogene Produkte an, führen häufig in ihrem Sortiment aber auch nicht dem BtMG unterstellte pflanzliche Drogen. Der Begriff der Smart Shops meint Online-Händler, die meist allgemein Produkte mit psychoaktiver Wirkung zum Kauf anbieten. Es handelt sich dabei häufig auch um pflanzliche Produkte, wie z. B. Samen " Abb. 3). Es findes o. g. Holzrosengewächses (● den sich aber immer wieder auch Angebote der bereits genannten Räuchermischungen, die von den Konsumenten entgegen der vom Händler (zur eigenen Entlastung) beschriebenen Anwendung z. B. als Duftstoffe für Räume als Droge konsumiert werden. Zunutze machen sich die Händler, dass die Gesetzeslage bezüglich des Verbots einzelner Stoffe in der europäischen Handelszone nicht einheitlich ist. So ist z. B. die in Deutschland inzwischen verbotene halluzinogene Pflanze Salvia divinorum " Abb. 4) in den Niederlan(sog. Aztekensalbei, ● den legal und wird über Websites, deren Besitzer in den Niederlanden registriert sind, auch nach Deutschland versendet. Dass hier gezielt Kunden aus dem Ausland angesprochen werden sollen, ist daran zu erkennen, dass die Seiten dieser Online-Shops auch ins Deutsche und andere Sprachen übersetzt wurden. Die Händler schützen sich durch entsprechende Obligenheitsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor juristischen Konsequenzen, indem sie die Verant-

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Abb. 3 Die Samen der hawaiianischen Holzrose [24].

Abb. 4 Die Blätter des Aztekensalbeis (Salvia divinorum) können in frischem Zustand gekaut oder nach dem Trocknen geraucht werden. Die halluzinogene Pflanze ist in Deutschland inzwischen verboten, in den Niederlanden allerdings legal [24].

lingen oder Samen hat dazu geführt, dass es inzwischen Online-Shops gibt, die sich auf die Vermarktung von Gewächshausutensilien spezialisiert haben. Diese werden oft als sog. GrowShops bezeichnet, da sie ein vielseitiges Sortiment für die Aufzucht von psychoaktiven Pflan" Abb. 5). zen anbieten (● Eingebettet sind all diese Online-Shops oft in ein Netz von Informationsseiten, auf denen z. B. beschrieben wird, welche Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen für eine häusliche Cannabisplantage als geeignet gelten, wie der Aztekensalbei am besten wächst, wie seine Blätter für den Konsum zubereitet werden können oder wie man das spezielle Badesalz auch noch verwenden kann. Um sich hier vor juristischen Konsequenzen zu schützen, wird oft betont, dass diese Angaben lediglich der Information dienen. Ziel entsprechender Internetsites ist oft allerdings nicht die akademische Vermittlung von Wissen, sondern die Werbung für den Konsum der entsprechenden Drogen. Oft besteht auf entsprechenden Internetseiten die direkte oder indirekte Möglichkeit des Kaufs, indem die für den Konsum notwendigen Informationen entweder in den Diskussionsforen der Online-Shops selbst zu finden sind oder von diesen Seiten auf entsprechende Online-Shops verlinkt wird. Insgesamt ist ein wesentlicher Aspekt der Diskussion um die neuen psychotropen Substanzen das Aufkommen eines neuen Vertriebswegs für Drogen, nämlich das Internet. Ohne die über das Internet hergestellte Nähe zwischen den Informationen über die neuen psychotropen Substanzen und den Produkten selbst würde deren Konsum Insidern vorbehalten bleiben. Außerdem können durch diesen neuen Vertriebsweg potentiell auch neue Kunden für den Drogenkonsum rekrutiert werden, eben junge Erwachsene, die selbstverständlich im Internet einkaufen.

Klinische Schlussfolgerungen !

Abb. 5

Hanfsamen (Sinsemilla) in der handelsüblichen Form zum Anbau zu Hause [24].

wortlichkeit der Zulässigkeitsprüfung der Einfuhr ihrer Produkte dem Käufer auferlegen. Dieser begeht dann ggf. nach seinem nationalen Recht eine Straftat, sodass die Ware, die grundsätzlich vorher zu bezahlen ist, am Zoll beschlagnahmt wird. In diesem Zusammenhang ist auch der Handel mit Pflanzensamen beliebt, deren ausgewachsene Pflanzen psychoaktive Substanzen enthalten, da bei einer Zollprüfung dem Samen in der Regel nicht anzusehen ist, welche Pflanze daraus entsteht. Der Handel mit Pflanzen bzw. deren Steck-

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Klinische Schlussfolgerungen können aktuell nur vorläufig sein. Niemand kann zur Zeit die Prävalenz des Konsums neuer psychotroper Substanzen, insbesondere einzelner Substanzen, und damit die entsprechenden Folgen für die Konsumenten bzw. das Hilfesystem voraussehen. Grundsätzlich sollte insbesondere in der Suchthilfe und Suchtmedizin das Phänomen bekannt sein. Professionelle Helfer riskieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn Hilfesuchende feststellen, dass die Helfer über aktuelle Entwicklungen ihres Fachs nicht Bescheid wissen. Dabei kann nicht die Forderung im Raum stehen, jede einzelne Substanz zu kennen. Allerdings sollte in der Anamnese gezielt nach neuen psychotropen Substanzen, z. B. mit Hinweis auf Beispiele und Vertriebswege (wie das Internet), gefragt werden. Für den klinischen Alltag gelten für den Fall des schädlichen Gebrauchs und der Abhängigkeit von neuen psychotropen Substanzen bis zum Bekanntwerden

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Bei Drogennotfällen mit schwerwiegenden körperlichen oder psychischen Komplikationen einer Intoxikation ist an die neuen psychotropen Substanzen zu denken und eine entsprechende Diagnostik (Anamnese, Analyse von Körperflüssigkeiten z. B. mit GC-MS) durchzuführen.

Es gibt Hinweise, dass der Konsum der neuen psychotropen Substanzen eher sporadisch als regelmäßig erfolgt. Nichtsdestoweniger können auch bei seltenem Konsum schwerwiegende akute psychische und körperliche Komplikationen auftreten. Hier gilt es also in entsprechenden Notfallsituationen eine Verursachung durch eine neue psychotrope Substanz differentialdiagnostisch zu erwägen. Ein Standarddrogenurinscreening (Enzymimmunoassay) ist zur Diagnostik allerdings unzureichend. Daher sind entsprechende Körperflüssigkeiten z. B. in der GC-MS (Gaschromatografie gekoppelt mit Massenspektrometrie) zu untersuchen. Angesichts des verbreiteten Mischkonsums kann die Zuordnung von Symptomen zu bestimmten Substanzen auch bei ausgezeichneten Kenntnissen über die neuen Drogen schwierig sein. Auch bei forensischen und verkehrsmedizinischen Fragestellungen sind die neuen Drogen zu berücksichtigen. Hier wäre es fatal, wenn ein Cannabisabhängiger seine Fahrerlaubnis nach zahlreichen drogenfreien Urinscreenings zurückerhielte, wenn ein etwaiger Konsum synthetischer Cannabinoide nicht überprüft worden ist.

Die neuen psychotropen Substanzen werden meist nicht in den üblichen Verfahren des Urindrogenscreenings (Enzymimmunoassay) erfasst. Im Hinblick auf die Prävention, insbesondere von akuten Komplikationen des Konsums, ist zur Aufklärung etwaiger Konsumenten darauf hinzuweisen, dass bei den neuen psychotropen Substanzen oft keine ausreichenden Erkenntnisse zu einer Abschätzung der akuten Konsumrisiken, dem Abhängigkeitspotenzial und etwaigen sozialen Komplikationen des Konsums vorliegen [19], z. B. zur Häufigkeit von schwerwiegenden Nebenwirkungen oder zu neurotoxischen Wirkungen. Zu den Risiken eines langfristigen wiederholten Konsums können zudem allenfalls Analogieschlüsse zu besser erforschten Substanzen gezogen werden. Hier ist es z. B. aufschlussreich, dass das Narkosemittel Ketamin bei häufigem Konsum (als Droge) eine ulzerative Cystitis (Blasenentzündung) auslösen kann [20], eine Nebenwirkung, die bei dem bloß sporadischen Einsatz als Narkosemittel nicht auftritt. Darüber hinaus gibt es die Risiken, die ohnehin beim Konsum illegaler Drogen bestehen, z. B. Ungewissheiten zur korrekten Deklaration des Inhalts der Droge sowie zur Konzentration der entsprechenden Wirkstoffe bei unklarem Anteil von Streckungsmitteln. So können gleich aussehende Tabletten durchaus grob unterschiedlich wirkende Drogen enthalten. Durch den häufigen Mischkonsum kann es zu nicht vorhersehbaren Drogenwirkungen kommen. Auch sind dem Konsumenten individuelle Dispositionen für bestimmte Erkrankungen, z. B. für Krampfanfälle oder schizophrene Psychosen, die sich in der Interaktion mit einer Droge manifestieren können, oft nicht bekannt.

Die Wirkung der neuen psychotropen Substanzen entspricht grundsätzlich den Wirkungen bekannter Drogen (cannabisartig, stimulatorisch, halluzinogen). Die neurologischen (z. B. Krampfanfälle), psychiatrischen (z. B. psychotisches Erleben, Agitation) und internistischen (z. B. Bluthochdruckkrise) Nebenwirkungen sind z. B. aber ausgeprägter als bei den Drogen, vor denen durch „Legal Highs“ ausgewichen wird.

Gesundheitspolitische Erwägungen !

Die Bedeutung der neuen psychotropen Substanzen für die gesellschaftliche Drogenproblematik und die Organisation von Drogenhilfe und Suchtmedizin bzw. die Ausbildung von deren Mitarbeitern ist bislang nicht absehbar. Für die gesundheitspolitische Diskussion erscheinen insbesondere folgende Aspekte von Bedeutung: ▶ Auch schon vor dem Auftreten der neuen psychotropen Substanzen waren weitaus mehr

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grundsätzlich neuer Erkenntnisse die Therapieprinzipien, die auch bei der Behandlung der Substanzen angewandt werden, die durch die neuen Substanzen von den Konsumenten umgangen werden. Zu vielen der neuen Substanzen kann man sich im Internet rasch orientierend informieren, z. B. auf Wikipedia oder auf der Website der EMCDDA. Eine der weltweit umfassendsten Informationsseiten über psychotrope Substanzen ist die englischsprachige Plattform Erowid. Diese bietet neben einer umfangreichen Darstellung der Wirkung zahlreicher psychoaktiver Pflanzen ebenso Informationen über synthetische Drogen. Auf dieser Plattform sind z. B. auch die Bücher des Chemikers Shulgin über die von ihm synthetisierten und getesteten Phenotylamine und Tryptamine zum kostenlosen Download verfügbar. Die Plattform Erowid ist allerdings ein gutes Beispiel für die Ambivalenz der Darstellung von Drogen im Internet. Erowid ist nicht Ausdruck einer Aufklärungskampagne zur Verhinderung des Drogenkonsums. Vielmehr vertritt die Plattform eine Pro-Drogenkonsum-Einstellung. Die Bereitstellung umfangreicher Informationen kann man so interpretieren, dass der etwaige Konsument kompetent entscheiden soll, ob für seine persönliche Wahl z. B. die Wirkungen einer Droge attraktiv und die Nebenwirkungen zu rechtfertigen sind.

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Drogen bekannt, als z. B. in epidemiologischen Erhebungen zur Konsumsituation in Deutschland fassbar wurden. Auch wenn seit Langem alternative Drogen zur Verfügung gestanden haben, ist es de facto nicht zu einem massenhaften Konsum von z. B. Fliegenpilz oder Stechapfel gekommen. Vielmehr sind Nikotin, Alkohol, Cannabis, Heroin, Amphetamine und Kokain seit Langem die vorherrschenden Drogen. Möglicherweise haben die aktuell und seit Jahrzehnten vorherrschenden Drogen ihren Status als Ergebnis eines Selektionsprozesses erlangt. Dies mag daran liegen, dass aus Sicht der Konsumenten in der Abwägung von jeweils angestrebter Wirkung gegenüber diversen gesundheitlichen und sozialen Nebenwirkungen die etablierten Drogen günstiger abschneiden als unter Umständen schon lange alternativ verfügbare Drogen oder auch gegebenenfalls neue psychotrope Substanzen. Nach den bisherigen, allerdings nur bedingt aussagefähigen Daten stagniert der Konsum der neuen psychotropen Substanzen. Konsumenten haben die Substanzen zumeist nur sporadisch eingenommen. Mutmaßlich ist die halluzinogene Wirkung von Drogen ohnehin nur für eine Minderheit von Interesse und dann auch nicht im Hinblick auf einen kontinuierlichen Konsum. Dies begrenzt dann auch das Interesse an neuen halluzinogenen Drogen. Zum anderen könnten Eigenschaften der neuen psychotropen Substanzen wie höhere Intensität der Wirkung oder häufigere Nebenwirkungen die Präferenz in Richtung der etablierten Drogen beeinflussen. Die langfristige Vorhersage von Konsumtrends ist außerordentlich schwierig. Ohne das Problem des Ecstasy-Konsums verharmlosen zu wollen, ist doch festzuhalten, dass Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts von manch einem eine regelrechte Ecstasy-Epidemie prophezeit wurde. Dies wurde zum Teil untermauert mit gesellschaftspolitischen Überlegungen zur Passung einer stimulierenden Tanzdroge, die Tanzpartys über viele Stunden ermöglicht, zu Trends der Freizeitgestaltung in einer Leistungsgesellschaft. Tatsächlich beträgt die aktuelle 12-Monatsprävalenz [13] über alle Altersgruppen 0,4 % (unter den 18- bis 20-Jährigen: 0,7 %) und entspricht damit dem Niveau von vor 10 Jahren. Auch ist nicht auszuschließen, dass die mediale Aufmerksamkeit nicht immer den für die gesundheitliche Entwicklung einer Bevölkerung wichtigsten Drogen und Suchtmitteln gilt. Nach dem aktuellen Suchtsurvey gaben 0,2 % der Befragten an, „Spice“ oder Ähnliches in den letzten 12 Monaten eingenommen zu haben, jedoch 61,9 % ein Schmerzmittel [13]. Der in den USA bereits erkennbare Trend zu einem epidemischen Konsum von Opioidanalgetika könnte bei Betrachtung entsprechender Ver-

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ordnungszahlen auch für Deutschland zutreffend sein [21]. Im Übrigen gehört auch „Crystal Meth“, also hoch gereinigtes kristallines Methamphetamin, zu den seit Jahren bekannten und dem BtMG unterstellten Substanzen und nicht zu den neuen psychotropen Substanzen. Gesundheitspolitisch brisant ist die Möglichkeit, dass Konsumenten durch das Ausweichen vor dem BtMG unterstellten Substanzen dann gefährlichere neue psychotrope Substanzen konsumieren. So haben einige synthetische Cannabinoide eine höhere Affinität zum CB1Rezeptor und dort eine höhere intrinsische Aktivität als THC [10]. Dies erklärt mutmaßlich die Komplikationen, über die in Fallserien zu Notfallaufnahmen bei Intoxikation mit synthetischen Cannabinoiden berichtet wird, z. B. ausgeprägte Unruhe, epileptische Anfälle, ausgeprägter Bluthochdruck und schwerwiegende Hypokaliämie. Cannabis (mit THC als wichtigster, aber nicht einziger psychotroper Substanz) hingegen gilt, trotz aller Diskussion um langfristige Folgen wie Cannabisabhängigkeit und das Triggern einer Psychose, im Hinblick auf die akuten Risiken für die körperliche Gesundheit im Rausch in den weitaus meisten Fällen als harmlos. Auch unter synthetischen Cannabinoiden wurden Psychosen beschrieben [22]. Ob das Psychoserisiko bei Konsum synthetischer Cannabinoide im Vergleich zu THC erhöht ist, kann aufgrund des Mangels an entsprechenden epidemiologischen Daten allerdings aktuell nicht beurteilt werden. Auch die in mehreren Fällen beobachteten Herzinfarkte [23] sind noch nicht abschließend zu bewerten.

Danksagung !

Das Manuskript entstand im Rahmen des EU-geförderten Projekts Recreational Drugs European Network (ReDNeT; Public Health Programme, Contract No 2009 12 16). Zudem wurden Ressourcen des EU-geförderten Projektes EU-Madness (2014–2016; Contract No.: JUST2013/DPIP/ AG/. 4823) bei der Erstellung des Manuskriptes genutzt. Dank an Dr. Markus Riehl, Bundesopiumstelle, für die Zusammenstellung der BtMG-Unterstellungen von Substanzen in den letzten 3 Jahrzehnten. Interessenkonflikt: Bei Prof. Scherbaum bestehen keine Interessenkonflikte in Hinblick auf dieses Manuskript. Prof. Dr. N. Scherbaum hat für Tätigkeiten in Advisory Boards, Vortragstätigkeit, Erstellung von Manuskripten sowie Erstellung von Weiterbildungsmaterial Honorare von den Firmen Sanofi-Aventis, Reckitt-Benckiser, Lundbeck und Janssen-Cilag erhalten. Er hat in den letzten 3 Jahren an Medikamentenprüfungen teilgenommen, die von der pharmazeutischen Industrie fi-

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nanziert wurden. Prof. Fabrizio Schifano ist sowohl festes Mitglied des Advisory Council on the Misuse of Drugs (ACMD, UK) als auch Vorsitzender der Specialist Advisory Group (Psychiatry) for the European Medicines Agency (EMA). Es bestehen seinerseits keine Interessenkonflikte, die die Interpretation der vorliegenden Daten in irgendeiner Form beeinflusst haben könnten. Hr. Siemann gab an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

01 Geschwinde T. Rauschdrogen. 7. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer; 2013 02 Rätsch C. Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. 9. Aufl. Aarau: AT; 2009 03 European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA). Annual Report 2012 – The state of the drugs problem in Europe. Luxemburg: EMCDDA; 2012 04 EMCDDA. Europäischer Drogenbericht – Trends und Entwicklungen. Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union; 2013 05 Meyer MR, Maurer HH. Neue Designer-Drogen – Chemie, Pharmakologie und Metabolismus. Suchtmedizin 2012; 14: 29 – 38 06 Schäper J. Inhaltsstoffe von Legal Highs und Research Chemicals – Ein Kurzüberblick aus chemisch-toxikologischer Sicht. Konturen – Fachzeitschrift zu Sucht und sozialen Fragen. 2012; 2: 11 – 13 07 Hohmann N, Mikus G, Czock D. Wirkungen und Risiken neuartiger psychoaktiver Substanzen. Deutsches Ärzteblatt 2014; 111: 139 – 147 08 Corazza O, Schifano F, Farre M et al. Designer drugs on the internet: a phenomenon out-of-control? The emergence of hallucinogenic drug Bromo-Dragonfly. Curr Clin Pharmacol 2011; 6: 125 – 129 09 Sainsbury PD, Kicman AT, Archer RP et al. Aminoindanes – the next wave of ‘legal highs’? Drug Testing and Analysis 2011; 3: 479 – 482 10 Hermanns-Clausen M, Kneisel S, Szabo B et al. Acute toxicity due to confirmed consumption of synthetic cannabinoids: clinical and laboratory findings. Addiction 2012; 108: 534 – 544 11 Shulgin A, Shulgin A. PIHKAL – A Chemical Love Story. Berkeley: Transform Press; 1991 12 Shulgin A, Shulgin A. TiHKAL – The Continuation. Berkeley: Transform Press; 1997 13 Pabst A, Kraus L, Gomes de Matos E et al. Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen im Jahr 2012. Sucht 2013; 59: 321 – 331 14 Weaver MF, Schnoll SH. Hallucinogens and Club Drugs. In: Galanter M, Kleber HD (Hrsg.). Textbook of Substance Abuse Treatment. 4. Aufl. Arlington, USA: American Psychiatric Publishing; 2008: 191 – 200 15 Dirks H, Esser S, Borgmann R et al. Substance use and sexual risk behaviour among HIV-positive men who have sex with men in specialized out-patient clinics. HIV Med 2012; 13: 533 – 540 16 Maier C, Iwunna J, Soukup J et al. Abhängigkeitssyndrome bei Anästhesisten. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45: 648 – 654 17 Bernard C, Werse B, Schell-Mack C. MoSyD Jahresbericht 2012 – Drogentrends in Frankfurt. Centre for Drug Research, Goethe Universität Frankfurt a. M; 2013, Im Internet: https://www.frankfurt.de/sixcms/media. php/738/MoSyD_Jahresbericht-2012.pdf Stand: 15.07.2014 18 Weidig B. Zur Strafbarkeit von „Legal Highs“. Blutalkohol 2013; 50: 57 – 73 19 Nutt D, King LA, Saulsbury W et al. Development of a rational scale to assess the harm of drugs of potential misuse. Lancet 2007; 369: 1047 – 1053 20 Lieb M, Bader M, Palm U et al. Ketamininduzierte Vesikopathie. Psychiatr Praxis 2012; 39: 43 – 45 21 Scherbaum N, Jage J, Kindler D et al. Diagnostik, Therapie und Prävention der Opioidabhängigkeit. In: Diener HC, Maier C (Hrsg.) Die Schmerztherapie. 4. Aufl. München, Jena: Urban & Fischer; 2011: 301 – 312 22 Hurst D, Loeffler G, McLay R. Psychosis associated with synthetic cannabinoid agonists: a case series. Am J Psychiatry 2011; 168: 1119 23 Mir A, Obafemi A, Young A et al. Myocardial infarction associated with the synthetic cannabinoid K2. Pediatrics 2011; 128: e1622 – e1627 24 Scherbaum N, Parnefjord R. Das Drogentaschenbuch. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014 (geplanter Erscheinungstermin: Herbst 2014)

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Literatur

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CME-Fragen Neue psychotrope Substanzen – „Legal Highs“ A B C D E

opiathaltige Schmerzmittel Crystal Meth Spice Kath Ketamin

2 █

Synthetische Cannabinoide wirken vor allem als Agonisten am: CB1-Rezeptor μ-Rezeptor des körpereigenen Opioidsystems D2-Rezeptor HT2A-Rezeptor NMDA-Rezeptor

0

A B C D E

0 Welche Aussage zu pflanzlichen Drogen ist richtig? 6 █ A B

C

D

E

0 Welche Aussage zu Designerdrogen ist falsch? 3 █ A B C D E

Sie werden gezielt zur Umgehung des BtMG entwickelt. Sie bestehen aus der Abwandlung einer chemischen Grundstruktur. Sie werden nahezu ausschließlich in der Modebranche eingenommen. Die Einnahme kann zu akuten psychischen oder körperlichen Komplikationen führen. Es liegen oft nur unzureichende pharmakologische Daten vor.

0 Welche Aussage bezüglich der rechtlichen Aspekte beim 4 Vertrieb und Erwerb von „Legal Highs“ ist richtig? █ A

B

C

D

E

Als „Legal Highs“ werden nur solche Substanzen bezeichnet, bei deren Vertrieb in Deutschland auf keinen Fall mit juristischen Konsequenzen zu rechnen ist. Obwohl die Substanzen als „Legal Highs“ beworben werden, ist der Handel mit diesen Substanzen in jedem Fall strafbar. Wenn eine Substanz im europäischen Ausland legal ist, ist aufgrund der europäischen Binnenhandelszone auch die Einfuhr nach Deutschland gesetzlich erlaubt. Eine Substanz kann nur dann dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt werden, wenn durch ihren Konsum gesundheitliche Schäden zu befürchten sind. Alle psychotropen Substanzen unterstehen automatisch dem Arzneimittelgesetz, da sie im Körper eine Wirkung auslösen und deswegen wie Medikamente zu behandeln sind.

0 Welcher der folgenden Stoffe ist nicht als pflanzliche Droge 5 zu bewerten? █ A B C D E

Holzrose Aztekensalbei Marihuana Kratom Spice

Da es sich um pflanzliche Produkte handelt, sind diese für die Gesundheit ungefährlich. Da es sich um pflanzliche Produkte handelt, unterstehen diese nicht dem Betäubungsmittelgesetz, das ausschließlich synthetische Substanzen erfasst. Die psychotropen Wirkungen pflanzlicher Drogen sind erst in den letzten Jahren entdeckt worden, als die synthetischen Drogen verboten wurden und die Konsumenten begannen, nach Alternativen zu suchen. Nur der Handel mit Pflanzen, die psychotrope Inhaltsstoffe besitzen, ist verboten. Der private Anbau zu Konsumzwecken ist hingegen nach aktueller Rechtsprechung legal. Die Utensilien für die Aufzucht pflanzlicher Drogen, wie z. B. Gewächshäuser oder Wärmelampen, sind in sog. Grow-Shops im Internet erhältlich.

0 Welche Aussage zur Epidemiologie von neuen psychotro7 pen Substanzen trifft am ehesten zu? █ A

B

C

D

E

Aktuell liegen zu wenige epidemiologische Daten zum Konsum neuer psychotroper Substanzen vor, sodass schlecht abzuschätzen ist, welche Bedeutung neue psychotrope Substanzen in den kommenden Jahren haben werden. Da es sich um legale Substanzen mit psychotroper Wirkung handelt, werden diese die illegalen Drogen wie Heroin und Kokain mit großer Wahrscheinlichkeit verdrängen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass der Konsum von neuen psychotropen Substanzen in den kommenden Jahren epidemische Ausmaße annehmen wird. Neuen psychotrope Substanzen werden sicher nicht zu einem relevanten Risiko für die Gesundheit, da die meisten Substanzen aus der medizinischen Forschung stammen und kaum Nebenwirkungen zeigen. Speziell synthetische Cannabinoide werden zu einem großen Problem werden, da bereits jetzt 61,9 % der 15- bis 18-Jährigen regelmäßig synthetische Cannabinoide konsumieren.

0 Welcher Wirkmechanismus trifft nicht auf die Cathinone 8 zu? █ A B C D E

Hemmung der präsynaptischen Wiederaufnahme von Dopamin Hemmung der präsynaptischen Wiederaufnahme von Adrenalin Hemmung der präsynaptischen Wiederaufnahme von Serotonin Hemmung der präsynaptischen Aufnahme von Ketamin Freisetzung von Dopamin

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0 Ein typisches Beispiel für die neuen psychotropen 1 Substanzen: █

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0 Welche klinische Wirkung ist nach der Einnahme von 9 Cathinonen eher nicht zu erwarten? █ Tachykardie psychotisches Erleben mit Halluzinationen Agitation und Aggressivität Hypersomnie Hypertonie

0 Zu welcher Gruppe gehören bisher keine als „Legal Highs“ 10 bezeichneten Substanzen? █ A B C D E

Cathinone Piperazine Pipamperone Piperidine synthetische Cannabinoide

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A B C D E

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CME•thieme.de CME-Teilnahme ▶ Viel Erfolg bei Ihrer CME-Teilnahme unter http://cme.thieme.de ▶ Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate online für eine CME-Teilnahme verfügbar. ▶ Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, unter http://cme.thieme.de/hilfe finden Sie eine ausführliche Anleitung.

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