Editorial

Beruflicher Hautkrebs durch Sonne: Die neue Berufskrankheit 5103 kommt Die WHO hat UV-Strahlung als Gruppe-1-Karzinogen eingeordnet und sie damit bemerkenswerterweise auf eine Stufe mit Plutonium gestellt. Da wurde es Zeit, dass das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hieraus Schlussfolgerungen bezüglich der Auslösung von Hautkrebs durch berufliche UV-­ Exposition am Arbeitsplatz zog. Im August 2013 hat das BMAS die wissenschaftliche Begründung für eine neue Berufskrankheit „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung (BK 5103)“ veröffentlicht. Seit September 2014 liegt nun auch der Referentenentwurf für die Neufassung der Berufskrankheitenverordnung vor, die nun von Kabinett und Bundesrat beschlossen werden kann. Es wird damit gerechnet, dass die Ergänzung der amtlichen Liste der Berufskrankheiten mit der BK 5103 zum 01.01.2015 in Kraft treten wird. Mit der Einführung der neuen Berufskrankheit wird auch der Weg frei für einen wesentlich verbesserten Arbeitsschutz der Menschen mit hoher beruflich bedingter natürlicher UV-Belastung („Outdoor“-Arbeiter). Vordringlich ist die überfällige Umsetzung zeitgemäßer Strategien zur Primärprävention UV-bedingter Hauttumoren mit wirksamen Lichtschutzkonzepten in Beruf und Freizeit einschließlich der Etablierung interdisziplinärer Schulungsmaßnahmen. Bei bereits Erkrankten gilt es, nachhaltige Algorithmen zu Erkennung und Behandlung aktinischer Keratosen sowie der Prävention invasiver Plattenepithelkarzinome ebenso zu entwickeln wie eine wirksame dermatologische Sekundärprävention bei noch erwerbstätigen Hochrisikopatienten; hier sind Verhandlungen mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) im Gange. In enger Zusammenarbeit stellen sich die zuständigen Fachgesellschaften der DDG (ABD, ADP und ADO) und der BVDD dieser gemeinsamen Herausforderung und positionieren sich als Partner für die gesetzliche Sozialversicherung in Deutschland. Natürlich sind wir auch die primären Ansprechpartner für die Betroffenen. Hier sind in letzter Zeit bereits große Fortschritte erzielt worden, dies auch vor dem Hintergrund von Ihrer aller Einsatz im Rahmen der jährlich stattfindenden Aktionswochen „Haut & Job 2010–2014“ mit dem Ziel einer verbesserten, wirtschaftlich zu erbringenden Versorgung unserer Patienten mit berufsbedingten Hauterkrankungen – vom Ekzem bis zum Hautkrebs [1]. Konstruktive Verhandlungen der ABD mit der DGUV haben unter anderem zu einem international wegweisenden und in dieser Form unerreichten Honorarsystem für die Versorgung unserer­

Swen Malte John

Michael P. Schön

Patienten geführt, das fortlaufend weiter verbessert wird. Entsprechend ist in diesem Jahr eine neue Auflage der Schrift „Honorare in der Berufsdermatologie. Ein Leitfaden zur Abrechnung von A–Z“ fällig geworden [2]. Hier finden Sie sämtliche aktuellen, die Berufsdermatologie betreffenden Verbesserungen der UV-GOÄ, darunter auch die neuen, wesentlich verbesserten Onkologie-Ziffern. Beruflicher Hautkrebs wird sich absehbar zu einem wesentlichen weiteren Standbein „extrabudgetärer“ Versorgung in der Dermatologie entwickeln. Die erforderliche langjährige und regelmäßige Nachsorge der Patienten mit chronischen beruflichen Lichtschäden läuft auf ein eigenes Chronikerprogramm in Erweiterung der Möglichkeiten der Prävention in den dermatologischen Praxen und Kliniken hinaus und wird wesentlich verbesserte Optionen einer leitliniengerechten Versorgung unserer Patienten mit sich bringen. Die gemeinsame Publikation der ABD und der DGUV in diesem Heft [3] fasst alles Wissenswerte auf dem gegenwärtigen Stand zusammen und definiert die Kriterien, die Sie Verdachtsmeldungen beruflichen Hautkrebses zugrunde legen sollten. Die DGUV fördert zurzeit eine bundesweite Multicenter-Studie, bei der es auch um die Frage geht, unter welchen Umständen Basalzellkarzinome bei Outdoor-Arbeitern als beruflich bedingt anerkannt werden können. Hier ist noch einige Arbeit zu leisten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang bereits jetzt, dass eine parallel von der DGUV durchgeführte dosimetrische Studie unerwartet hohe ­A rbeitsplatzexpositionen von bis zu 33 Standard-Erythemdosen (SED) pro Woche ergeben hat. Dies unterstreicht die Forderung nach verbessertem Arbeitsschutz.

© 2014 Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Published by John Wiley & Sons Ltd. | JDDG | 1610-0379/2014/1212

1077

Editorial

Die Anstrengungen für eine verbesserte Prävention werden derzeit mit Unterstützung der WHO parallel auch auf der Ebene der europäischen Kommission und des EU-Parlaments vorangetrieben. Wissenschaftliche Ansätze zu verbesserter Prävention von Berufsdermatosen sind mittlerweile von der EU-Kommission als breakthrough scientific developments eingeordnet worden. Letzteres hat dazu geführt, dass nun in ganz Europa systematisch die Basis für eine evidenzbasierte Prävention geschaffen werden soll; das hierzu kürzlich eingerichtete EU-Horizon-2020-Forschungsvorhaben „StanDerm“ hat bereits begonnen, auch auf europäischer Ebene einheitliche dosimetrische Messungen bei Outdoor-Arbeitern, die Präzisierung des Arbeitsschutzes und dermatologisches Screening von Risikogruppen voranzutreiben. Ergänzend zur Verbesserung der wissenschaftlichen Erkenntnisbasis lenken nationale Kampagnen im Rahmen der EADV „Healthy Skin @ Work“ (Slogan: „Your skin. The most important 2 m 2 of your life“) die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Politik auf das Thema. So wurde es möglich, dass im April 2014 die europäischen dermatologischen Fachgesellschaften gemeinsam mit namhaften Abgeordneten und Sozialpartnern einen politisch viel beachteten Call-to-Action, der den Handlungsbedarf zusammenfasst, an die EU Kommission auf den Weg gebracht haben. Hiermit ist auch eine wesentliche Stärkung unserer Disziplin als Organfach verbunden. Für politische Entscheidungsträger wird deutlich, dass der Dermatologe der maßgebliche Ansprechpartner für alle beruflichen Hauterkrankungen ist, von der Kontaktdermatitis bis zum Hautkrebs.

Swen Malte John

1078

Korrespondenzanschriften Prof. Dr. med. Swen-Malte John Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, ­Gesundheitstheorie Niedersächsisches Institut für Berufsdermatologie (NIB) Universität Osnabrück Sedanstraße 115 49069 Osnabrück Germany E-Mail: [email protected] Prof. Dr. med. Michael P. Schön Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Niedersächsisches Institut für Berufsdermatologie (NIB) Universitätsmedizin Göttingen Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen E-Mail: [email protected]

Literatur 1

2 3

Gemeinsame Kampagnen-Homepage „Aktionswoche Haut & Job“ von ABD, DDG, BVDD und der übrigen Träger. 2014; www.hautgesund-im-beruf.de. Honorare in der Berufsdermatologie. Ein Leitfaden zur ­A brechnung von A–Z. 2014; www.bgw-online.de. Diepgen TL, Brandenburg S, Aberer W, Bauer A et al. Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit – ­Voraussetzungen für eine Meldung und Anerkennung. J Dtsch Dermatol Ges 2014; 12: 1102–6.

Michael Schön

© 2014 Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Published by John Wiley & Sons Ltd. | JDDG | 1610-0379/2014/1212

[Occupational skin cancer due to sun: the new occupational disease 5103 is instituted].

[Occupational skin cancer due to sun: the new occupational disease 5103 is instituted]. - PDF Download Free
513KB Sizes 0 Downloads 7 Views