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Der Peritonsillarabszdll im Ultraschallbild* R. Mosges', G. Kuth', L. Klimek , B. Wein2 A. Kurzeja', G. Schldndorff' Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenhe,lkunde und Plastische Kopf- und Halschirurgie der RWTH Aachen (Direktor: Prof. Dr. mcd. G. Schldndorff) Kl,n,k für Radiologische Diagnostik der RWTH Aachen (Direktor: Prof. Dr. med. R. W. Gunther)

In einer prospektiven Studie wurden von 1986 bis 1989 36 bereits zur Tonsillektomie vorgesehene Patienten mit unklarer Peritonsillitis präoperativ einer B-mode-Ultraschalluntersuchung unterzogen. Der sonographischen Beurteilung wurden operative Befunde gegenubergestellt. Die Sensitivität des Ultraschallverfahrens bei der Diagnosestellung eines Peritonsillarabszesses betràgt 82%. In nur vier Fallen wurde em falsch-positiver Befund erhoben. Durch die gezielte Ultraschalluntersuchung läIt sich eine höhere differentialdiagnostische Sicherheit bei fraglicher Einschmelzung einer Pentonsillitis gewinnen. Peritonsillar Abscess in B-mode Ultrasonography

A prospective study was carried out to

abszei wegen der rnoglichen lebensbedrohlichen Komplikationen urn einen HNO-ãrztlichen Notfall handelt (2), sollte eine umfassende diagnostische Abklärung erfolgen.

Deshalb wurde irn Klinikum Aachen eine prospektive Studie durchgefuhrt, in der sämtliche Fälle eincr fraglichen Einschrnelzung einer Peritonsillitis vor der Tonsillektornie zunãchst einer B-mode-Ultraschalluntersuchung unterzogen wurden. Die durch das Ultraschallbild gewonnene Diagnose wurde durch die Tonsillektomie erhärtet bzw. verworfen. Patienten und Methode In den Jahren 1986 bis 1989 wurden in dcr Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und Plastische Kopf- und Halschirurgie der R'WTH Aachen 36 Patienten in die prospektive Studie eingeschlosscn. Der Erkrankungsgipfel des Patientenkollektivs lag im 3. Dezenium. 45 O/, der Patienten waren männlich, 55 % weiblich, der jOngste 5 und der dlteste 60 Jahre alt.

evaluate the sensitivity of ultrasonography in diagnosis of peritonsillar abscess (Quinsy). In 1986 through 1989

all cases of doubtful peritonsillitis were subjected to B-mode ultrasonography of tonsils before tonsillectomy was carried out. 36 patients were included in this clinical

study. In cases of clinically incertain peritonsillar abscesses the sensitivity of the method was 82%. However only four false positive cases ("abscess in the scan but no pus during surgery") occurred.

Einleitung

Der PenitonsillarabszeI ist die hãufigste Komplikation der Tonsillitis (7). Für das therapeutische Vorgehen ist die Beantwortung der Frage, ob eine Peritonsillitis einschmilzt oder nicht, von entscheidender Bedeutung. Während eine nichteinschrnelzende Peritonsillitis im allgemeinen durch Antibiose beherrschbar ist, müssen bei einem PeritonsillarabszeI neben der Verabreichung von Antibiotika auch chirurgische MaLnahmen getroffen werden. Nicht immer lã& sich durch die klinischc Symptomatik oder eine Probepunktion ausreichend klären, ob eine Abszedierung eingetreten ist. Da es sich beim Peritonsillar-

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Georg Thieme Verlag Stuttgart New York

Abb. 1 Schematische Darstellung der Lage der Schnittebene des Ultraschallkopfes.

vorgetragen auf der 59. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkundc und Plastischc Auszugsweise

Kopf- und Halschirurgie in NOrnherg, 15.—19.Mai 1988.

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Zusammenfassung

R. Mdsges und Mitarb.

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Abb. 2 B-Scan-Ultraschallbefund eines Feritonsillarabszesses. Polyzyklische, echoleere Raumforderung (RE) in dec linken Ton-

sillenregion. Z=Zungenoberflhche, L=vergroIlerter Lymphknoten, M=Teilanschnitt der Mundbodenmuskulatur,

L



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Zur Ultraschalldiagnostik verwendeten wir cinen Picker 7000 mit einem konvexen 5-MHz-Linearsehallkopf. Unter die Patienten wurde in der Mitte der HWS eine flaehe Rolle gelegt. Der Kopf wurde leieht rek]iniert und zur Gegenseite geneigt. In der auch

zur Darstellung der Glandula submandibularis Obliehen, 45 naeh kranial abgewinkelten Transversalsehnittebene parallel zur MandibuIa lãllt sieh die Tonsille im Ultrasehallbild gut darstellen (Abb. 1). Der relativ hoehfrequente und damit aueh hoehauflösende Sehallkopf ermôglieht im zweidimensionalen, grauwertabgestuften Ultrasehallbild eine detaillierre Darstellung der Tonsille und der periton-

Ergebnisse ______ -

-

-

--

Von den 36 Patienten konnte die Ultrasehaildiagnose einer Einschmelzung bei 22 Fallen durch die Operation bestãtigt werden. Bei 5 Patienten sah der Untersueher keine F.insehmelzung, intraoperativ entleerte sieh je-

doeh weniger als 1 ml Eiter. In 4 Fallen wurde eine Em-

auf Rontgenfilm dokumentiert.

schmelzung sonographisch diagnostiziert, die jedoch intraoperativ nieht bestatigt werden konnte. In S Fallen wurde die Diagnose einer Peritonsillitis ohne Abszedierung sonographiseh und operativ gesteilt.

Die Ultrasehallbilder der Tonsille bzw. des pentonsilliiren Prozesses wurden naeh folgenden Strukrurmusrern beur-

Em typiseher Ultrasehallbefund eines Pentonsillarabszesses ist in Abb. 2 dargestellt.

sillären Region. Die Unrersuehungen wurden als B-Sean im realtime-Verfahren durehgefiihrt und dureh Polaroidaufnahmen baw.

wilt: — — — —

Form und Gröule, Strukturbegrenzung: seharf, unseharf, durehbroehen, Reflexverhalten: eehoreieh, eehoarm, eeholeer, Eehotextur: homogen fein, homogen vergröbert, irreguläre Bin-

neneehos.

Sonographiseh sind entzQndliehe Infiltrate als echoarme Strukturalteration gut faI?bar. Die anfiinglieh eher unseharf begrenzten, eehoarmen, entzündliehen Infiltrate grenzen sieh zunehmend seharfer ab; aystoide Strukturen im Zentrum der Raumforderung zeigen eine Kolliquation und Eiterbildung an. In den gewinkelten Transversalsehnittebene stellt sieh den PenitonsillanabsaeIl als solide imponierender Knoten in der Tonsillenregion mit konve-

xer Verwôlbung der Pharynxwandkontur gegen die Zunge dar (3).

Diskussion

Der Zeinpunkt des operativen Vorgehens beim Penitonsillarabszeg wurde schon in der vorantibiotischen Ara von Linch 1932 (5) und 1936 (6), Eckert—Mobius 1947 (1) u. a. diskutiert. Der Maxime Lincks zur grundsdtzlichen Abszef?tonsillektomie, die zuletzt wieder von Matsch1w und Plath 1987 (8) vertreten wurde, stelite Zollner 1934

(10) eine differenziertere Indikationsstellung entgegen. Zollner plhdierte für die Tonsillektomie, falls vergeblich durch Inzisionen versucht worden war, Abszesse zu entlasten, da diese multipel und an nicht typiseher Stelle auftreten kdnnen.

Bei 36 bereits zur Tonsillektomie vorgesehenen

Ala eine nicht-invasive, emnfach zu hand}sa-

Patienten wurde naeh der sonographisehen Diagnostik eine Abszeultonsillektomie (ii ehaud) in Intubationsnarkose durehgefflhrt.

bende Untersuchungsmethode mit einer Sensitivitat von 82% empfehlen wir, bei einer Penitonsillitis mit fraglicher

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1sr76

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Der Peritonsi11arabsze/? irn Ultraschallbild

Literatur

Therapiekriterien: Kiinisch eindeutig Nein

Abs z eli tons i lie k torn i e

2

Sonographie: Einschrneizung 9 Ja

Abszefltoosiliektomie

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Antibiose, Kon trolls onogra ph ie

einc B-Mode-Ultraschalluntersuchung Einschmelzung durchzuführen. Ergibt sich sonographisch der Verdacht elncr Abszedierung, so ist die chirurgische Intervention (AbszeIspa1tung und/oder AbszeItonsi11ektomie) nach dem ehirurgischen Grundprinzip ,,ubi pus ibi cvacua" indiziert. In anderen F6llen solltc zunächst em Antibiotikum hoch dosiert i. v. vcrabreicht werden, da im Frühstadium der Infiltration des peritonsilldren Gewebes durch cine hochdosierte Antibiotikatherapie eine Einschmclzung verhindert werden kann (4). Abhdngig vom klinischen Vcrlauf sind Kontrolisonographien angczcigt. Die Vorgehensweise in der Behandlung dcr Patienten ist schematisch in Abb. 3 dargestellt.

Es wird zu prüfen sein, inwieweit bei nicht narkosefdhigen Patienten untypisch lokalisierte Abszcssc mit ultraschallgesteuerter Punktionstechnik entlastet werden können.

Danksagung Unscr Dank gilt Herrn Dr. M. Leibold und Hcrrn J. Schlee für die Anfertigung cines Teds dcr sonographischen Befundc.

Eckert-Möbius, A.: 1st die grundsatzlichc Abszegtonstllcktomie ubcrhaupt noch berechtigt? HNO 1(1947) 29 Feldmann, H.: HNO-Notfälle. Springer-Verlag, Berlin-HeidelbergNew York 1981

Frühwald, F.: Mundhôhlc und Oropharynx (Zunge, Mundhodcn, Tonsillen). In: H. Czembirek, F. Frühwald, N. Gritzmann: Kopf-

Nein

Abb. 3 Therapeutisches Vorgehen bei fragicher Ernschmeizung.

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6

8

Linck, A.: Für die grundsätzlichc AbszeItonsillcktomic! Archiv Ohr.-, Nas.- u. Kchlk.-Hcilk. 141 (1936) 255

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4j3i1.1ng. Ralph Mösges

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Klinik für Hals-, Nascn- u. Ohrenheilkuride und Plastische Kopf- und Halschirurgie der RWTH Aachen Pauwelsstra(e D-5100 Aachcn

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in

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[Peritonsillar abscess in the ultrasonic image].

A prospective study was carried out to evaluate the sensitivity of ultrasonography in diagnosis of peritonsillar abscess (Quinsy). In 1986 through 198...
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